Die folgende Arbeit verfolgt das Ziel, einen einführenden Überblick über die wichtigsten Konzepte und Menschenbilder der Philosophie und Ethik und ihre jeweilige Bedeutung für die Soziale Arbeit zu geben. Dabei werden das Aristotelische Menschenbild ebenso angesprochen wie die grundlegenden Konzepte des Utilitarismus. Anhand der Flüchtlingskrise werden die jeweiligen Konzepte zudem kurz mittels eines aktuellen Problems anschaulich dargestellt.
Zu Beginn stellt sich die Frage, welche Rolle Menschenbilder in der Sozialen Arbeit spielen. Sozialarbeitende haben in ihrem beruflichen Alltag täglich mit pädagogischen Interventionen zu tun, mit denen sie direkt in das Leben der betreffenden Person eingreifen. Das ist dem doppelten Mandat der Sozialen Arbeit geschuldet. Dieses besteht aus Hilfe und Kontrolle. Der Sozialarbeitende hat zum einen den gesellschaftlichen Normalisierungsauftrag, welcher dem Element der Kontrolle entspricht und den Auftrag, die Autonomie und Eigenverantwortlichkeit der Klienten zu stärken, was dem Element der Hilfe entspricht. Dem Klienten soll Hilfe zur Selbsthilfe ermöglicht werden und auch normabweichende Lebenseinstellungen sollen toleriert werden. Dieser gesellschaftliche Normalisierungsauftrag wird von Menschenbildern geprägt.
Diesem Ideal entsprechen aber nicht alle Menschen einer Gesellschaft, was einen Widerspruch zu unserem Grundgesetz darstellt, da jeder Mensch gleichbehandelt werden sollte und keiner diskriminiert werden soll, weil er diesem Ideal nicht entspricht. Nicht desto trotz prägen diese Menschenbilder die Soziale Arbeit, da Menschen, die von den Normvorstellungen abweichen, trotzdem in die Gesellschaft integriert werden sollen. In früheren Zeiten herrschten andere Rollenbilder. So spielte beispielsweise die individuelle Freiheit eine kleinere Rolle.
Inhalt
1. Ist das Aristotelische Menschenbild zöon politikon ein deskriptives oder normatives?
2. Wie kann die praktische Philosophie im Berufsalltag hilfreich sein?
2.1 Verankerung einer moralischen Grundhaltung im Beruf
2.2 Reflexion des eigenen beruflichen Handelns
2.3 Ethische Prinzipien in der Sozialen Arbeit, die Berliner Erklärung des DBSH e.V
3. Wie verpflichtet ist ein Ethikkodex in der Sozialen Arbeit?
4. Welchen Umgang mit Flüchtlingen würde Kant nach seiner Ethiktheorie empfehlen?
5. Welchen Umgang mit Flüchtlingen würde der Utilitarismus nach seiner Theorie empfehlen? ..
6. Welchen Umgang mit Flüchtlingen würde Aristoteles nach seiner Ethiktheorie empfehlen?
7. Literaturverzeichnis
8. Abbildungsverzeichnis
1. Ist das Aristotelische Menschenbild zöon politikon ein deskriptives oder normatives?
Zu Beginn stellt sich die Frage, welche Rolle Menschenbilder in der Sozialen Arbeit spielen. Sozialarbeitende haben in ihrem beruflichen Alltag täglich mit pädagogischen Interventionen zu tun, mit denen sie direkt in das Leben der betreffenden Person eingreifen. Das ist dem Doppelten Mandat der Sozialen Arbeit geschuldet. Dieses besteht aus Hilfe und Kontrolle. Der Sozialarbeitende hat zum einen den gesellschaftlichen Normalisierungsauftrag, welcher dem Element der Kontrolle entspricht und den Auftrag die Autonomie und Eigenverantwortlichkeit der Klienten zu stärken, was dem Element der Hilfe entspricht. Dem Klienten soll Hilfe zur Selbsthilfe ermöglicht werden und auch normabweichende Lebenseinstellungen sollen toleriert werden. Dieser gesellschaftliche Normalisierungsauftrag wird von Menschenbildern geprägt. Diesem Ideal entsprechen aber nicht alle Menschen einer Gesellschaft, was einen Widerspruch zu unserem Grundgesetz darstellt, da jeder Mensch gleichbehandelt werden sollte und keiner diskriminiert werden soll, weil er diesem Ideal nicht entspricht. Nicht desto trotz prägen diese Menschenbilder die Soziale Arbeit, da Menschen, die von den Normvorstellungen abweichen, trotzdem in die Gesellschaft integriert werden sollen. In früheren Zeiten herrschten andere Rollenbilder. So spielte beispielsweise die individuelle Freiheit eine kleinere Rolle.
Die Wissenschaft, die sich mit der Entwicklung des Menschen befasst ist die Anthropologie. Sie untersucht das Verhalten und das Wesen des Menschen. Pädagogische Menschenbilder enthalten Vorstellungen darüber, was als „normal“ in der jeweiligen Gesellschaft zu gelten hat. Hier wird zwischen deskriptiven und normativen Menschenbildern unterschieden. Deskriptive Menschenbilder sollen Menschen möglichst genau beschreiben. Die Biologie versucht den Menschen zum Beispiel möglichst genau darzustellen, wie er ist und konzentriert sich auf körperliche und genetische Merkmale. Normative Menschenbilder geben an, wie ein Mensch sein soll? Diese normativen Menschenbilder legitimieren pädagogischen Interventionen, die zum Beispiel im Rahmen der Sozialpädagogischen Familienhilfe durch den Sozialarbeitenden umgesetzt werden. Diese Vorstellungen geben vor, welcher Lebensentwurf als richtig und welcher als falsch in einer Gesellschaft angesehen wird. Menschenbilder werden durch die jeweilige Kultur, Geschichte und aktuelle Situation in der Gesellschaft geprägt. Die Wissenschaft, die sich mit Menschenbildern auseinandersetzt, nennt man Anthropologie und reicht bis in die Antike zurück (Wulf & Zirfas, 2014, S. 42-45).
Aristoteles war ein Philosoph, der von 384-322 vor Christus lebte. Er hat das Menschenbild des zöon politikon geschaffen. Der Mensch ist einerseits sozial und andererseits politisch geprägt. Aristoteles sagt, dass der Staat bereits im Menschen veranlagt ist. Der Mensch ist also einerseits ein ,,zöon politikon“, was bedeutet, dass er politisch geprägt ist und andererseits ein ,,zöon logon echon“. Das bedeutet, dass er sich mit Hilfe von ,,Logos“, also der Sprache ausdrückt. Der Mensch muss sich seines Verstandes bemächtigen, um einen Staat zu bilden zu können. Er schildert hier einen Realismus und ist der Meinung, dass jeder Mensch die Möglichkeit der Vervollkommnung besitzt, wenn er sich seines Verstandes und der Sprache bemächtigt (Wulf & Zirfas, 2014, S. 45).
Das wird auch in folgendem Zitat deutlich: ,,Wie im Samen der ganze Baum veranlagt ist, so ist im Menschen der Staat veranlagt" (Aristotle & Schütrumpf, 2012, S. 1252a1f).
Aristoteles will damit aussagen, dass Menschen das Verlangen haben sich zu vergesellschaften, sich also mit anderen zu einem Staat zusammenzuschließen. Der Mensch kann sich in diesem Staat dann optimal verwirklichen und aufblühen. Es gibt aber auch Kritik an dieser Theorie, da der Verdacht besteht, dass Aristoteles ein traditionalistisches und tendenziell elitäres Politikverständnis präferieren würde, dass der Entwicklung von Individualität im Weg steht. Menschenbilder haben sich im Laufe der Zeit immer wieder verändert und an die gesellschaftlichen und politischen Strukturen angepasst, da sie immer nur in die aktuelle Zeit passen und nur Teilaspekte bestehen bleiben. Bei den heutigen Menschenbildern steht Individualität und Autonomie des Einzelnen mehr im Fokus als in früheren Zeiten (Münkler, Straßenberger, Rzepka & Wassermann, 2016, S. 36-38).
Die Annahme, dass der Mensch von Natur aus, das Verlangen hat sich zu Vergesellschaften, ist deskriptiv, da es eine Beschreibung des Menschen ist. Durch Beobachtungen hat Aristoteles hier eine Eigenschaft des Menschen beschrieben. Um dieses Verlangen zu befriedigen, muss er sich seiner Sprache bemächtigen. Das wiederum ist normativ, da es das Idealbild des Menschen, der sich mit Hilfe seiner Sprache vergesellschaftet, um sich dann optimal zu verwirklichen, vertritt. Tut ein Mensch dies nicht, weicht er von diesem normativen Bild ab. Hier würde dann wieder die Soziale Arbeit und ihr Normalisierungsauftrag ins Spiel kommen. Somit ist das Menschenbild des Aristoteles sowohl deskriptiv als auch normativ.
2. Wie kann die praktische Philosophie im Berufsalltag hilfreich sein?
Praktische Philosophie beschäftigt sich mit konkreten Alltagsproblemen und hilft Fachkräften in der Sozialen Arbeit bei der Bewältigung von beruflichen Herausforderungen. Ethik gehört zum praktischen Bereich der Philosophie. In Zeiten des wissenschaftlichen und technischen Fortschritts, der Globalisierung und dem wirtschaftlichen Verwertungsinteresse der Menschen gibt Ethik der Sozialen Arbeit eine gesellschaftliche, kulturelle und religiöse Orientierung (Begemann, Heckmann & Weber, 2016, S. 15).
Bereits Aristoteles hat in der Nikomachischen Ethik beschrieben, dass eine ethische Haltung durch Übung und Gewöhnung entsteht. Das bedeutet, dass sich bereits Studenten der Sozialen Arbeit mit diesem Thema auseinandersetzen müssen, um eine ethische Grundhaltung für ihr späteres pädagogisches Handeln zu entwickeln (Begemann et al., 2016, S. 34-3).
2.1 Verankerung einer moralischen Grundhaltung im Beruf
Heutzutage ist die Beschäftigung mit ethischen Fragen in der Sozialen Arbeit ein sehr wichtiges Thema. Die Gründe hierfür sind vielfältig. Aufgrund des Doppelten Mandats in der Sozialen Arbeit, welches bereits im ersten Kapitel erklärt wurde, stehen Sozialarbeitende oft vor der Herausforderung, die bestmögliche Balance zwischen Hilfe und Kontrolle zu finden. Jegliche Interventionen müssen angemessen und ethisch vertretbar sein. Auf dieser Grundlage hat bereits Silvia Staub-Bernasconi das Doppelmandat um drei weitere Eigenschaften erweitert. Soziale Arbeit orientiert sich zusätzlich an Menschenrechten und Gerechtigkeit, einer ethischen Basis und der Wissenschaftsorientierung. Durch die Pluralisierung der Lebenswirklichkeiten wird die Arbeit immer komplexer. Eine ethische Basis, die die Sozialarbeitenden flexibel in ihrer Berufspraxis anwenden ist sehr wichtig. Die Grundhaltungen des Doppel- und Triplemandats sollten in jedem Fall eingehalten werden. Sozialarbeiter und Sozialarbeiterinnen stehen hier vor großen Herausforderungen. Neben der Pluralisierung der Lebenswirklichkeit müssen sie auch die Ökonomisierung der Sozialen Arbeit beachten und immer zwischen dem Wohl des Klienten und der Effizienz bzw. dem Mitteleinsatz abwägen. Der aktivierende Sozialstaat stellt die Klienten immer mehr in Eigenverantwortung und fordert Hilfe zur Selbsthilfe. Sozialarbeitende sollen die Probleme der Klienten aber nicht nur auf individueller Ebene betrachten, sondern auch gesellschaftliche Entwicklungen. Hier können die ethischen Grundeinstellungen helfen solche gesellschaftlichen Probleme offen anzusprechen. Bei jedem Einzelfall muss eine Methode ausgewählt werden, die dem Klienten die bestmögliche Hilfe bietet und dabei die ethischen Prinzipien der Sozialen Arbeit achtet. So findet die Beschäftigung mit philosophischen Themen nicht nur ihren Platz in der Theorie, sondern auch in der praktischen Anwendung im Alltag (Thole, 2012, S. 989-990).
2.2 Reflexion des eigenen beruflichen Handelns
Nicht nur im praktischen Alltag der Sozialen Arbeit spielen Werte und Normen eine große Rolle. Die Fachkräfte der Sozialen Arbeit müssen ihr eigenes berufliches Handeln stets neu reflektieren und überprüfen, ob sie auch tatsächlich die ethischen Rahmenbedingungen eingehalten haben. Dies kann mithilfe von Supervision und Selbstevaluation geschehen. Jeder hat eigene Gefühle und moralische Ansichten, sodass die Betrachtung des eigenen Handelns durch eine neutrale Person sehr wichtig ist, um das eigene Handeln aus einer anderen Perspektive zu betrachten. Hierbei geht es nicht darum eine fertige Anleitung parat zu haben, wie ethisches Handeln funktioniert, sondern immer wieder neu zu reflektieren und die eigene Wahrnehmung zu Sensibilisieren. Sie gibt Orientierung im Alltag. (Schmid Noerr, 2018, S. 28-29).
2.3 Ethische Prinzipien in der Sozialen Arbeit, die Berliner Erklärung des DBSH e.V.
Der Deutsche Berufsverband für Soziale Arbeit hat sich damit beschäftigt, was die ethischen Prinzipien in der Sozialen Arbeit sind. Im Jahr 2014 wurde die „Berliner Erklärung" verabschiedet. Diese soll das Grundgerüst für die Soziale Arbeit und die Entwicklung einer Berufsethik sein. Sie soll verhindern, dass die Machtposition, in der sich die Fachkräfte befinden, nicht zu ethisch fragwürdigen Zwecken ausgenutzt wird und unreflektiertes berufliches Vorgehen verhindert wird. Dies hat auch geschichtliche Gründe, da die Soziale Arbeit zum Beispiel in der Zeit des Zweiten Weltkrieges für ethisch nicht vertretbare Zwecke genutzt wurde. Und auch in späteren Zeiten agierten Sozialarbeitende als ,,Soziale Ärzte" und Klienten wurden pathologisiert, anstatt die gesellschaftlichen und äußeren Ursachen zu betrachten (Begemann et al., 2016, S. 47ff).
Soziale Arbeit braucht die praktische Philosophie, die sich mit der Berufsethik beschäftigt, um jegliche unethischen Handlungen und Haltungen, die es in früheren Zeiten gab zu verhindern und um sich ständig durch Reflexion des eigenen beruflichen Handelns zu verbessern und weiter zu entwickeln.
3. Wie verpflichtend ist ein Ethikkodex in der Sozialen Arbeit?
Wie bereits im oberen Abschnitt beschrieben, ist eine ethische Grundhaltung ein wichtiger Teil in der beruflichen Praxis. Wie verpflichtend diese einzelnen Werte, sind hängt von der Art des Wertes ab. An oberster Stelle stehen Internationale Menschrechtserklärungen und Übereinkommen. Hierzu zählen zum Beispiel die allgemeinen Menschenrechte, Übereinkommen zu Themen der Rassendiskriminierung oder Frauendiskriminierung, die Kinderrechte usw. Diese Internationalen Übereinkommen sind für alle Menschen gültig und Fachkräfte in der Sozialen Arbeit müssen sich unter allen Umständen zwingend an diesen Rechten orientieren. Sie sind also verpflichtend (IFSW, IASSW, 2014, S.2).
Im Grundgesetz Artikel 1, Absatz 1 steht: ,,Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlicher Gewalt". Die Menschenrechte sind unverletzlich und unveräußerlich. In Absatz 3 wird Folgendes fortgeführt: ,, Die nachfolgenden Grundrechte binden Gesetzgebung, vollziehende Gewalt und Rechtsprechung als unmittelbar geltendes Recht". In diesem Fall haben wir ein Grundgesetz, an welches sich jeder Mensch, der in der Bundesrepublik Deutschland wohnt, halten muss. Die Einhaltung ist also auch im beruflichen Alltag verpflichtend.
Die International Federation of Social Workers ist eine internationale Organisation, die aus nationalen Sozialarbeiter Berufsverbänden, wie dem Deutschen Berufsverband für Soziale Arbeit e.V. Diese Verbände haben zusammen eine Erklärung mit einer globalen Definition für Soziale Arbeit, ethischen Prinzipien und Richtlinien für das Verhalten von professionell Tätigen in der Sozialen Arbeit erstellt. Diese Erklärung soll ein allgemeiner Leitfaden für alle Arbeitenden in der Sozialen Arbeit sein. Inhaltliche Punkte sind die Menschenrechte und Menschenwürde, soziale Gerechtigkeit. Diese Richtlinien werden bereits im Studium den Studierenden der Sozialen Arbeit vermittelt und es ist die Pflicht sich in der späteren Berufspraxis an diese Richtlinien zu halten. Der genaue Wortlaut in der Erklärung lautet: ,,Sozialarbeiter/innen sollten in Übereinstimmung mit dem in ihrem Land aktuell geltenden ethischen Kodex oder Richtlinien handeln" (IFSW, IASSW, 2014, S.3).
Diese Richtlinien beinhalten, dass Sozialarbeiterinnen und Sozialarbeiter nicht zulassen sollen, dass ihre Fertigkeiten für inhumane Zwecke, wie Folter und Terrorismus genutzt werden. Sozialarbeitende sollen die Vertrauensbeziehung zu ihren Klienten nicht ausnutzen und ihre Stellung nicht zu ihrem persönlichen Vorteil nutzen. Menschen sollen mit Mitgefühl und Achtsamkeit behandelt werden und die eigenen Interessen müssen denen, der Klienten untergeordnet werden. Jegliche Informationen müssen vertraulich behandelt werden und jeder Mitarbeiter ist für sein eigenes Handeln verantwortlich. Weiterhin müssen Fachkräfte in der Sozialen Arbeit das Thema Ethik in ihrem Berufsalltag reflektieren (IFSW, IASSW, 2014, S.3-4).
Sozialarbeiter müssen ihr Handeln immer aufgrund des beruflichen Ethikkodex rechtfertigen können. Sowohl Organisationen der Sozialen Arbeit, Verbände und Ausbildungsstätten, sind dazu verpflichtet die Einhaltung dieses Ethikkodex zu überprüfen. Somit sind die professionell Tätigen in der Sozialen Arbeit auf diesen Kodex verpflichtet, da ein abweichendes Verhalten nicht toleriert wird. Der Ethikkodex der Sozialen Arbeit ist also für alle Sozialarbeiterinne und Sozialarbeiter durchaus verpflichtend und zusätzlich müssen alle entsprechenden Gesetze und andere Vorschriften eingehalten werden. Die oben gestellte Frage, ob der Ethikkodex verpflichtend ist, muss also mit ja beantwortet werden.
4. Welchen Umgang mit Flüchtlingen würde Kant nach seiner Ethiktheorie empfehlen?
Immanuel Kant lebte von 1724 bis 1804. Er ist einer der wichtigsten Vertreter der deontologischen Ethiktheorie. Hier wird die Richtigkeit einer Handlung nicht nach ihren Folgen bemessen, sondern daran, ob eine bestimmte Regel besteht und diese Handlung, aufgrund dieser Regel so ausgeführt wurde. Das bedeutet, dass allein der ,,Gute Will" zählt und die moralische Handlung nicht nur wegen der folgenden Konsequenzen ausgeführt wurde. Der Nutzen der Handlung ist laut Kant also nicht aussagekräftig darüber, ob eine Handlung moralisch gut oder schlecht ist. So kann eine Handlung eine negative Konsequenz haben und trotzdem eine moralische Handlung sein, da der Ursprung der Handlung der ,,Gute Wille" war. Laut Kant gehört der Mensch einer Sinneswelt und einer geistigen Welt an. Handlungen, die aufgrund dieser Sinneswelt, also unseren Trieben getroffen worden, sind laut Kant keine moralischen Handlungen. Nur Handlungen, die aus der Auseinandersetzung mit unserer Geisteswelt erfolgen und der in ihr enthaltenen moralischen Pflichten, sind Handlungen aus ,,Gutem Willen". Kant beschreibt auch das Prinzip des kategorischen Imperativs. Dass Menschen nur nach diesen Maximen handeln wollen, von denen sie sich wünschen, dass alle so handeln. Am Beispiel der Flüchtlingsdebatte wäre die Frage also, ob ich möchte, dass alle anderen Menschen bzw. Ländern genauso handeln und Flüchtlinge aufnehmen und versorgen. Dies würde im Umkehrschluss bedeuten, dass wenn ich einmal Flüchtling bin, ich wollen würde, dass ich von einem anderen Land aufgenommen werden. Wenn alle Menschen dies bedenken würde, gäbe es viel mehr moralisches Handeln und weniger egoistisch motiviertes Handeln. Nach dieser Ansicht Kants muss Flüchtlingen geholfen werden, da der moralische Grundsatz, Flüchtlingen zu helfen wünschenswert wäre und sich alle Menschen daran halten sollten. Dafür würden keine Gesetze benötigt werden, da sich jeder aufgrund des „Guten Willens" an diesen moralischen Grundsatz halten würde. Folgen dieser Handlung spielen bei dieser Ansicht keine Rolle, sowohl die negativen als auch die positiven. (Frankena, 2017, S. 18ff).
[...]