Die Arbeit befasst sich mit der Frage, wie Rechtsrockmusik Jugendliche beeinflussen kann. Durch die Arbeit soll herausgefunden werden, unter welchen Umständen Rechtsrock Einfluss auf die Entwicklung der Jugendlichen nimmt. Außerdem beschäftigt sich die Autorin mit der Frage, was der Kontakt zu Rechtsrockmusik für Gefahren mit sich bringt.
Kapitel 1 beschreibt zuerst die verschiedenen Entwicklungsaufgaben, die Jugendliche zu bewältigen haben und das Zusammenschließen zu Jugendkulturen, außerdem betrachtet es das Thema Vorurteile und deren Entstehung. Das Kapitel 2 geht speziell auf die Jugendgruppen in der rechtsextremen Szene und die dahinter stehende Ideologie ein. Nach dieser Grundlage wird in Kapitel 3 mit dem Thema Rechtsrock fortgefahren. Dieses Kapitel erläutert zuerst die Wirkung von Musik als Gefühlsträger und daraufhin den radikalen und aggressiven Musikstil der rechtsextremen Bewegung. Der Hauptteil beschreibt aus unterschiedlichen Quellen, welche Jugendliche aus welchen Gründen wie auf Rechtsrock reagieren können. Das abschließende Fazit greift offene Fragen auf, dazu gehören Themen, die auf Grund von Platzmangel nicht erscheinen sowie Möglichkeiten mit Jugendlichen in Bezug auf Rechtsrock umzugehen.
Inhaltsverzeichnis
Einleitung
1. Persönlichkeitsentwicklung im Jugendalter
1.1. Beitritt zu einer Jugendkultur
1.2. Von Vorurteilen bis hin zur Fremdenfeindlichkeit
2. Rechtsextremismus - Verbreitung von rechtextremen Gedankengut unter Jugendlichen
3. Rechtsrock – Musik mit radikalen Botschaften
3.1. Wirkung von Musik auf Jugendliche – Schwerpunkt Rockmusik
3.2. Rechtsrockkonzerte – Gruppenerlebnisse in der rechten Szene
Fazit
Literaturverzeichnis
Anhang
Einleitung
„Die Retter Deutschlands, das sind wir,
für mein Heimatland kämpf‘ ich wie ein wildes Tier,
mit neuem Blut und Ehre, all unserm Stolz
denn wir sind hart wie deutsches Eichenholz.“
(Radikahl: Retter Deutschlands, LP, ROR, 1992, gefunden in Seeßlen 2002, S.135)
Stolz darauf zu sein, Deutscher mit seiner ganzen negativen Vergangenheit zu sein und die „weiße Rasse“ als Übermenschen zu sehen, sind Themen, die viele Menschen in unserem Land endlich gerne ruhen lassen wollen, die jedoch heute topaktuell sind. Die Radiosendung „Allein unter Nazis, Das dreifache Leben des Thomas Kuban“ (gesendet Montag, den 15.10.12 um 10:05 auf SWR2) hat mich das erste Mal bewusst auf das Thema Rechtsrock aufmerksam gemacht. Thomas Kuban, ein freier Journalist, hat sich über 15 Jahre der Gefahr angenommen und verdeckt Rechtsrockkonzerte besucht. Er hat versucht all den Hass und die Aggressionen von solchen Konzerten an die Öffentlichkeit zu bringen. Seine gesammelten Recherche-Inhalte, darunter einige Filmaufnahmen verschiedener Konzerte, veröffentlichte Thomas Kuban mit dem Regisseur Peter Ohlendorf in dem Film „Blut muss fließen“ – Undercover unter Nazis. Um weitere möglichst sachlich korrekte Informationen zu erhalten, schreibe ich über dieses Thema eine Hausarbeit.
Meine Arbeit befasst sich mit der Frage, wie Rechtsrockmusik Jugendliche beeinflussen kann.
Durch die Arbeit möchte ich herausfinden, unter welchen Umständen Rechtsrock beeinflussen kann. Außerdem beschäftige ich mich mit der Frage, was der Kontakt zu Rechtsrockmusik für Gefahren mit sich bringt. Kapitel 1 Persönlichkeitsentwicklung im Jugendalter beschreibt zuerst die verschiedenen Entwicklungsaufgaben, die Jugendliche zu bewältigen haben und das Zusammenschließen zu Jugendkulturen, außerdem betrachtet es das Thema Vorurteile und deren Entstehung. Das Kapitel 2 Rechtsextremismus – Verbreitung von rechtextremen Gedankengut unter Jugendlichen geht speziell auf die Jugendgruppen in der rechtsextremen Szene und die dahinter stehende Ideologie ein. Nach dieser Grundlage wird in Kapitel 3 Rechtsrock – Musik mit radikalen Botschaften mit dem Thema Rechtsrock fortgefahren. Dieses Kapitel erläutert zuerst die Wirkung von Musik als Gefühlsträger und daraufhin den radikalen und aggressiven Musikstil der rechtsextremen Bewegung. Der Hauptteil beschreibt aus unterschiedlichen Quellen, welche Jugendliche aus welchen Gründen wie auf Rechtsrock reagieren können. Das abschließende Fazit greift offene Fragen auf, dazu gehören Themen, die auf Grund von Platzmangel nicht erscheinen, sowie Möglichkeiten mit Jugendlichen in Bezug auf Rechtsrock umzugehen.
1. Persönlichkeitsentwicklung im Jugendalter
„Die Entwicklung von der kindlichen zur erwachsenen Persönlichkeit erfolgt […] in mehreren Schritten und nicht in einer kurzfristigen und plötzlichen Verwandlung.“ (Zimmermann 2003, S. 168) Am Anfang ist die Entwicklung in der Jugendphase (vgl. Zimmermann 2003) zu betrachten, gefolgt von den Ursachen, die Jugendliche zum Beitritt in Jugendgruppen bewegen (vgl. Wetzstein 2005, vgl. Hitzler 2005). Das Kapitel 1.2. stellt das Auftreten von Vorurteilen und wie diese schnell zu Fremdenfeindlichkeit werden können dar. (vgl. Bergmann 2005, vgl. Heitmeyer 1993)
1.1. Beitritt zu einer Jugendkultur
Junge Menschen möchten gerade in ihrer Jugendphase rebellieren und aus Altbekanntem herausbrechen. Sie wollen sich von ihren Eltern und den vertrauten Strukturen lösen und ihre eigenen Erfahrungen machen, etwas Neues erleben. Um in der Gesellschaft als selbstständiger, verantwortungsbewusster Mensch existieren zu können, sind im Jugendalter einige Aufgaben zu bewältigen. (vgl. Zimmermann 2003)
Zimmermann (2003, S. 177) hat folgende Entwicklungsaufgaben zusammengefasst, mit denen sich die meisten Jugendliche in unterschiedlicher Geschwindigkeit und Reihenfolge auf ihrem Weg ins Erwachsenenalter befassen: die Entstehung eines eigenen Körperbewusstseins, der Umgang mit dem eigenen und dem anderen Geschlecht und das Finden einer eigenen geschlechterspezifischen Position in der Gesellschaft, der Aufbau von sozialen und intimen Beziehungen zu Gleichaltrigen, die Abnabelung von den Eltern und die Zuwendung zu Jugendgruppen, der Weg ins Berufsleben, die Vorbereitung auf Partnerschaften und ein eigenes Familienleben, die Verantwortung gegenüber Einzelnen und der Gemeinschaft, das Bewusstsein für Werte, der Aufbau eines gesunden Selbstbewusstseins und die Vorstellung eines zukünftigen Lebensweges.
Nach Zimmermann (2003, S. 178) „bewältigen die meisten Heranwachsenden die Ansprüche und Herausforderungen relativ gut.“ Was ist jedoch mit all jenen, die diese Aufgaben mit weniger Bravour lösen?
Um all jene Aufgaben zu lösen, müssen Jugendliche selbst aktiv werden. Antworten auf ihre Fragen finden sie durch Gespräche. Experimentieren und Rebellieren kann ihnen helfen Entscheidungen zu treffen. So entsteht mit der Zeit ein Bewusstsein dafür, wer man ist, was man will und was nicht. (vgl. Zimmermann 2003, S. 179)
Um eine stabile Identität zu entwickeln, muss eine Sicherheit für das eigene Handeln und ein Bewusstsein für die eigenen Stärken und Schwächen entstehen. Neben der inneren Stabilität ist auch der soziale Kontakt zu anderen zu pflegen, um zu Beobachten, Gutes und Schlechtes zu erkennen und selbst dementsprechend zu handeln, um sich Beachtung zu verschaffen. (vgl. Zimmermann 2003, S. 180f)
„Auf der Suche nach Identität wird die Identifikation mit Gleichaltrigen wichtig, weil Jugendliche in den peer-groups sich ihrer ‚Normalität‘ versichern können.“ (Zimmermann 2003, S.181)
Um gemeinsame Interessen zu erkennen, ist die Kommunikation zwischen Jugendlichen sehr von Bedeutung. Man sucht nach gegenseitiger Anerkennung und Zugehörigkeit. Dieses Wir-Gefühl entsteht durch und in sogenannten Gruppen oder Cliquen. (vgl. Wetzstein u.a. 2005, S. 196f) In diesen Gruppen mit Gleichaltrigen können gemeinsame, gruppeninterne Regeln und Werte ausgetauscht werden, die sich meist von den Meinungen des Elternhauses unterscheiden. (vgl. Zimmermann 2003, S. 174) Diese regionalen Jugendgruppen können zu verschiedenen Szenen, die überregionale Kontakte pflegen, gehören.
Nach Hitzler (2005, S.19f; vgl. auch Zimmermann 2003, S. 184) finden Jugendliche heutzutage ihre Verbündeten neben den traditionellen sozialen Einrichtungen vermehrt auch über die Medien. So sind oft kleine regionale Jugendgruppen, Teil eines nicht mehr ortsgebundenen, oft unstrukturierten, Netzwerkes: einer Szene. Durch gemeinsame Themen und Einstellungen fühlt man sich verbunden und es kommt zur Abgrenzung von fremden Gruppen. Um sich innerhalb einer Szene zu erkennen, gibt es meist gemeinsame szenetypische Merkmale. Durch typische Zeichen, Symbole oder Rituale kann man, ohne dass man sich persönlich kennt, Rückschlüsse auf die Szenezugehörigkeit schließen. (vgl. Hitzler 2005, S. 25) Diese Rückschlüsse dürfen jedoch nicht zu schnell gefestigt werden, da man auf dieser Ebene den Menschen hinter der Fassade voreingenommen beurteilt.
1.2. Von Vorurteilen bis hin zur Fremdenfeindlichkeit
Jeder Mensch sucht in bestimmten Situationen Urteile gegenüber anderen, um durch gewisse Verallgemeinerungen schneller handeln zu können. Diese Urteile und Wertungen können, wenn sie nicht kritisch überprüft werden, jedoch schnell zu negativen Vorurteilen werden. Diese Vorurteile werden zum Problem, wenn der Sachverhalt nicht genauer betrachtet und trotzdem auf die Meinung bestanden wird. Es kann auch vorkommen, dass Mitglieder einer anderen Gruppe nicht mit dem gleichem Respekt behandelt und sogar abgelehnt werden. (vgl. Bergmann 2005, S.4)
Für die einfachere Orientierung in der wahrnehmbaren Umgebung bildet man stereotype Kategorien und Gruppen. Durch diese Stereotypen wird oft zwischen der eigenen Gruppe und fremden Gruppen unterschieden, wobei die eigene Gruppe meist sehr viel positiver bewertet wird, als die Fremde. Vor allem Menschen mit einem schwachen Selbstbewusstsein schieben gerne ihre Aggressionen auf die in ihren Augen Schwächeren und projizieren ihre eigenen negativen Eigenarten ebenfalls auf diese. (vgl. Bergmann 2005, S.8)
Wertungen gegenüber anderen entstehen selten durch eigene Erfahrungen, sondern werden meist von Vorbildern übernommen. Teilen mehrere Mitglieder der eigenen Gruppe ein solches Vorbild und die von ihm ausgehende negative Wertung, so stärken solche Bewertungen den Zusammenhalt und die positive Wertung der eigenen Gruppe. (vgl. Bergmann 2005, S. 12) Diese positive Begegnung mit Vorurteilen macht es angenehmer bei den bestehenden Urteilen zu bleiben und diese nicht kritisch zu hinterfragen.
„Die Forderung nach Toleranz war“ - und ist meiner Meinung auch noch heute - „eng mit der nach einer vorurteilsfreien Haltung verbunden“ (Bergmann 2005, S.5). Diese beiden Werte sind gerade bei Menschen mit fremdenfeindlicher Einstellung kaum zu finden. Heitmeyer (1993, vgl. S.68) führt für fremdenfeindliche Vorurteile folgende Abstufung an:
Die harmloseste Form, die in der Gesellschaft stark vertreten ist, sind Fremdheitsgefühle, welche sich durch eine distanzierte Haltung gegenüber Fremden widerspiegeln. Auf dieser Ebene wird der Fremde zwar toleriert, jedoch negativ bewertet. Es kommt zu der schon genannten Bildung von Vorurteilen und Stereotypen.
Entsteht aus der distanzierten Haltung ein Gefühl der Konkurrenz, sodass der Fremde aus materiellen und/oder kulturellen Gründen als Rivale betrachtet wird, nennt Heitmeyer diese Stufe Fremdenangst. Der Fremde wird nur noch begrenzt toleriert und es kommt zur defensiven Abwehr auf kommunikativer Ebene.
In der äußersten Stufe der Fremdenfeindlichkeit wird der Fremde als Feind unterschieden. Toleranz ist auf dieser Ebene nicht mehr vorhanden. Heitmeyer spricht von Fremdenhass. Anhänger dieser Vorurteile wollen ihre Feinde mittels psychischer und physischer Gewalt offensiv bekämpfen.
Auch wenn das Leben mit voreingenommenen Urteilen oft einfacher zu bestreiten ist, stellen solche Vorurteile gerade bei gewaltbereiten Menschen eine nicht zu verharmlosende Gefahr dar.
2. Rechtsextremismus - Verbreitung von rechtextremen Gedankengut unter Jugendlichen
Nachdem der erste Abschnitt die Entwicklung von Jugendlichen in die erwachsene Gesellschaft und die Probleme von extremen Vorurteilen beschreibt, veranschaulicht der zweite Abschnitt die Ideologie des Rechtsextremismus in Verbindung mit Jugendlichen. Er erläutert die Existenz rechtsextremer Jugendkulturen und im Allgemeinen den Begriff Rechtsextremismus. (vgl. Hafeneger, Becker 2007; vgl. Farin 2011, vgl. Rommelspacher 2006, vgl. Grumke 2007)
„In der Suche von Jugendlichen und jungen Erwachsenen nach Zugehörigkeit und Anerkennung, nach Selbstwirksamkeit und Sinn bietet die rechtsextreme Jugendkultur […] eine einbindende Lebenswelt und spezifische Deutungsangebote.“ (Hafeneger, Becker 2007, S. 9) Nach Hafeneger und Becker gibt es einige Gründe sich der „rechtsextremen Erlebniswelt“ (vgl. 2007, S.16) zuzuwenden. Sie hilft bei dem Prozess des Erwachsenwerdens; Jugendliche erfahren soziale Kontakte zu anderen in einem Gruppengefüge, wodurch die Abnabelung vom Elternhaus erleichtert wird. Außerdem wird der Zusammenhalt der eigenen Gruppe durch die Abwertung fremder Gruppen gestärkt. (vgl. Kapitel 1.2.) Der gruppeninterne bzw. szenespezifische Stil mit dem die Zugehörigkeit zur Gruppe stolz gezeigt wird, wirkt für die Außenwelt meist auffallend und provozierend. Rechtsextreme Gruppen leben ihre ideologischen Ideen, wie zum Beispiel Fremdenfeindlichkeit, Rassismus und die Abwertung anderer Gruppen, offen aus. Durch die rebellischen und provozierenden Einstellungen haben Jugendliche eine Grundlage, um gegen die Erwachsenenwelt zu protestieren. Die meisten rechtsextremen Gruppen stellen eine aggressive Männlichkeit dar, ihre „demonstrative Körperlichkeit“ soll Stärke zeigen und Angst einflössen. In Verbindung mit dieser Darstellung von körperlicher Stärke kommt es oft zu gewalttätigen Handlungen von Seiten der Jugendlichen. (vgl. Hafeneger, Becker 2007, S. 16f)
Eine typische Biographie der Jugendlichen, die sich der rechten Szene zugehörig fühlen, gibt es nicht. Niedrige Bildungsabschlüsse lassen sie nicht gleich rechtsextrem werden. Ebenso wenig werden alle Jugendliche mit gestörten Familienverhältnissen, die auf staatliche Hilfe angewiesen und/oder ohne Schulabschluss sind, zu rechtsextremen Jugendlichen. (vgl. Farin 2011, S. 149f) Vereinzelt gibt es auch „die ideologisch sattelfesten, belesenen, intellektuell anspruchsvollen Neo-Nationalsozialisten“. (vgl. Farin 2011, S. 151) Viele Angehörige rechtsextremer Jugendgruppen interessieren sich wenig für die politische Einstellung und den Ursprung der Ideologie, sondern wollen eher provozieren und „das eigene Revier unter Kontrolle“ halten. (vgl. Farin 2011, S. 152) Auch hier gibt es große Unterschiede: Farin beschreibt „das bloße, scheinbar sinnlose Abhängen tagein, tagaus“ (2011, S. 152) in rechtsextremen Jugendgruppen, wobei nach Rommelspacher (2005, vgl. S. 13) Jugendliche das große Abenteuer in rechten Jugendgruppen suchen.
Die rechtsextreme Lebenseinstellung ist sehr eingeschränkt: „alles ist entweder gut oder böse, schwarz oder weiß; hier ist kein Millimeter Platz für Kompromisse und Differenzierungen.“ (Farin 2011, S.154) In dieser Aussage ist das Problem der festgefahrenen Vorurteile (vgl. Kapitel 1.2.) zu erkennen. Die strengen politischen Überzeugungen entwickeln sich bei vielen Jugendlichen erst nach Eintritt in eine rechte Gruppe. (vgl. Rommelspacher 2005, S.41)
Doch was genau verbirgt sich hinter den rechtsextremen Überzeugungen? Warum erscheinen sie in vielerlei Hinsicht so gefährlich? Um diese Frage zu beantworten, wird im Weiteren ein Beitrag von Grumke (2007) genauer betrachtet. Es existiert keine anerkannte Definition des Begriffes Rechtsextremismus. Man kann zum Beispiel zwischen einem staatlichen und politikwissenschaftlichen Rechtsextremismusbegriff unterscheiden. Aus Sicht der staatlichen Institutionen gilt eine radikale Gruppierung als extremistisch, wenn sie „auf die Beseitigung wesentlicher Merkmale der freiheitlichen demokratischen Grundordnung hinarbeitet“. (Grumke 2007, S.21) Als Werteprinzipien der freiheitlichen demokratischen Grundordnung gelten: Gewaltenteilung, Achtung der Menschenrechte, Unabhängigkeit der Gerichte, Volkssouveränität, Verantwortlichkeit der Regierung, ein Mehrparteiensystem, Chancengleichheit für alle politischen Parteien sowie Bildung und Ausübung einer Opposition. (vgl. Grumke 2007, S.20)
Über die Politikwissenschaft versucht man den Rechtsextremismusbegriff als gesellschaftliches Phänomen zu erfassen. Hier begegnet man zwei unterschiedlichen Ebenen: der Einstellungs- und Verhaltensebene. Eine rechtsextreme Einstellung, das heißt die Befürwortung von Autoritarismus, Nationalismus, Fremdenfeindlichkeit, Antisemitismus und Pro-Nazismus, führt nicht automatisch zu einem rechtsextremen Verhalten. Zu der Verhaltensebene gehören zum Beispiel das Wahlverhalten, eine Mitgliedschaft in rechtsextremistischen Vereinigungen, das Verüben von Gewalt, öffentlicher Protest oder Provokation. Dieses rechtsextreme Verhalten setzt jedoch meistens eine rechtsextreme Einstellung voraus. (vgl. Grumke 2007, S. 22f)
Einige ideologische Merkmale kann man in beiden Ebenen erkennen: die Vorstellung des Rassismus, der Volksgemeinschaft, des Kollektivismus, des Nationalismus und der Verharmlosung des Nationalsozialismus. (vgl. Grumke 2007, S. 24) Anhänger des Rechtsextremen leben meist mit einer stark ausgeprägten Ideologie und mit einer stark ausgeprägten Zugehörigkeit zu ihrer sozialen Gruppe mit der sie sich identifizieren. (vgl. Grumke 2007, S. 26) In ihrer Selbstwahrnehmung fühlen sich die extremen Rechten „politisch verfolgt und – sowohl als ‚weiße Rasse‘ als auch individuell – bedroht bzw. den Repressionen eines als illegitim empfundenen Staates ausgesetzt“. (Grumke 2007, S.26) Nach Farin mögen Neonazis „keine Überraschungen, alles Unbekannte macht ihnen Angst“. (2011, S. 153) So führen auch die Globalisierungsprozesse in dem Milieu zur Angst und damit zur Ablehnung. (vgl. Grumke 2007, S.31)
Die „subkulturelle Basis des organisierten Neonazismus“ bilden die freien Kameradschaften. (vgl. Farin 2011, S.150) Farin zitiert hierzu die Sinus-Studie aus dem Jahr 1981: „Die fast mythologische Verehrung der Gewalt und der unerschütterliche Glaube an ihre konfliktlösende, ‚reinigende‘ Kraft kennzeichnen die Gefährlichkeit des neonazistischen Terrorismus in der Bundesrepublik. […]“ ‘ (zit. nach: Farin 2011, S.150)
Es gibt jedoch auch in diesen Gruppen die unterschiedlichsten Varianten in Bezug auf ihr Auftreten und ihre Ziele. So gibt es rechtsextreme Skinheads, die gewalttätig auftreten, den Nationalsozialismus zum „Ausdruck des Protests gegen Staat und Gesellschaft“ sehen und deren bevorzugtes Gruppenerlebnis, die „rituell durchgeführte[n] Trinkgelage und ein gemeinsames gewalttätiges Auftreten“ ausmachen. Diese Skinheads interessieren sich jedoch weniger für aktuelle Politikthemen. (vgl. Rommelspacher 2005, S. 63) Daneben gibt es noch die Neonazis; diese Szene wendet sich von der grundlosen Sauferei ab. Für sie stehen „Disziplin, Ordnung und Politik“ im Mittelpunkt. (vgl. Rommelspacher 2005, S. 63)
Durch Musik kommen diese beiden Gruppen immer wieder zusammen, meist veranstalten richtungsweisenden Neonazis für die rechte Skinhead-Szene Konzerte und verdienen damit ihr Geld. (vgl. Dollase 1999, S.115f, vgl. auch Seeßlen 2002, S.129) Sowohl Parteien wie die NPD, als auch andere neofaschistische Organisatoren stehen in Beziehung zu solchen Skinhead-Bands. Einige „profitieren davon, dass das Netzwerk rechter Strukturen so dicht ist, dass sie trotz Illegalität ihre Kunden erreichen.“ (Seeßlen 2002, S.129) Durch solche oft verbotenen Konzerte ist eine Grundlage für die rechte Erlebniswelt geschaffen.
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