Die vorliegende Arbeit beschäftigt sich mit der Frage, welchen Einfluss Onboarding-Instrumente auf das affektive Commitment haben.
Zunächst werden die theoretischen Grundlagen der Thematik vorgestellt. Diese beinhalten die Definition und Abgrenzung der
wesentlichen Begrifflichkeiten. Zudem wird der aktuelle Stand der Forschung, bezogen auf die Einflussfaktoren des affektiven Commitments sowie dessen Zusammenhang mit Fluktuation erläutert. Die Vorstellung der Ebenen des Onboardings, sowie der verschiedenen Phasen der organisationalen Sozialisation und die zeitlichen Phasen des Onboarding-Prozesses runden die theoretischen Grundlagen ab. Die praktische Untersuchung der Arbeit erfolgte anhand eines Online-Fragebogens. Insgesamt beantworteten 113 Probanden Fragen bezüglich ihres Onboarding-Prozesses, der eingesetzten unterstützenden Instrumente und ihres affektiven Commitments. Die beiden Untersuchungsgruppen, Probanden mit Onboarding und
Probanden ohne Onboarding, zeigten dabei signifikante Unterschiede beim affektiven Commitment. Es konnte zudem festgestellt werden, dass die Anzahl der eingesetzten Onboarding-Instrumente einen Einfluss auf das affektive Commitment hat. Außerdem wurde ein signifikanter Unterschied zwischen dem affektiven Commitment von Berufseinsteigern mit
Onboarding und Berufseinsteigern ohne Onboarding nachgewiesen.
Da die herrschende Literaturmeinung affektives Commitment als Prädikator für Fluktuationsneigung bzw. Fluktuation deklariert, können basierend auf den Ergebnissen der praktischen Untersuchung Rückschlüsse auf die Fluktuationsneigung der Probanden gezogen werden. Es lässt sich schlussfolgern, dass Onboarding und dessen Instrumente einen Einfluss auf die Frühfluktuation haben und gelungenes Onboarding Fluktuation entgegenwirken kann. Die in der Untersuchung festgestellten Ergebnisse unterliegen gewissen Einschränkungen, welche in einer kritischen Würdigung diskutiert werden. Ein abschließendes Fazit rundet die Arbeit ab.
Inhaltsverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
Tabellenverzeichnis
Zusammenfassung
1. Einleitung
2. Theoretische Grundlagen
2.1 Frühfluktuation
2.2 Organisationales Commitment
2.2.1 Definition
2.2.2 Einflussfaktoren des affektiven Commitments
2.2.3 Zusammenhang zwischen affektiven Commitment und Fluktuation
2.3 Onboarding
2.3.1 Definition und Abgrenzung
2.3.2 Ebenen des Onboardings
2.3.3 Phasen der organisationalen Sozialisation
2.3.3.1 Phase 1: Antizipatorische Sozialisation
2.3.3.2 Phase 2: Konfrontation
2.3.3.3 Phase 3: Einarbeitung
2.3.3.4 Phase 4: Integration
2.3.4 Onboarding-Instrumente in der jeweiligen zeitlichen Phase
2.3.4.1 Pre-boarding vor dem ersten Arbeitstag
2.3.4.2 Maßnahmen am ersten Arbeitstag
2.3.4.3 Maßnahmen nach Arbeitsbeginn
2.4 Hypothesenbildung
3. Methode
3.1 Stichprobe und Messinstrument
3.2 Studiendesign
3.3 Darstellung der Durchführung
4. Ergebnisse
4.1 Überblick über die Daten
4.2 Deskriptive Statistik
4.3 Inferenzstatistische Auswertung
5. Diskussion
5.1 Detaillierte Auswertung der Ergebnisse
5.2 Kritische Würdigung
6. Fazit
Literaturverzeichnis
Anhang
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1. Boxplot für die Gruppe „mit Einsatz von Onboarding-Instrumenten“
Abbildung 2. Boxplot für die Kontrollgruppe
Abbildung 3. Erfolgskriterien für die Integration neuer Mitarbeiter
Tabellenverzeichnis
Tabelle 1: Deskriptive Auswertung der gesamten Stichprobe
Tabelle 2: Deskriptive Auswertung nach Berufserfahrung
Tabelle 3: Deskriptive Auswertung nach Berufserfahrung und Onboarding-Einsatz
Tabelle 4: Betagewichte, p-values und t-values der unabhängigen Variablen
Tabelle 5: Deskriptive Statistik nach Anstellungsart
Tabelle 6: Deskriptive Statistik nach Unternehmensgröße
Zusammenfassung
Die vorliegende Arbeit beschäftigt sich mit der Frage, welchen Einfluss Onboarding-Instrumente auf das affektive Commitment haben. Zunächst werden die theoretischen Grundlagen der Thematik vorgestellt. Diese beinhalten die Definition und Abgrenzung der wesentlichen Begrifflichkeiten. Zudem wird der aktuelle Stand der Forschung, bezogen auf die Einflussfaktoren des affektiven Commitments sowie dessen Zusammenhang mit Fluktuation erläutert. Die Vorstellung der Ebenen des Onboardings, sowie der verschiedenen Phasen der organisationalen Sozialisation und die zeitlichen Phasen des Onboarding-Prozesses runden die theoretischen Grundlagen ab. Die praktische Untersuchung der Arbeit erfolgte anhand eines Online-Fragebogens. Insgesamt beantworteten 113 Probanden1 Fragen bezüglich ihres Onboarding-Prozesses, der eingesetzten unterstützenden Instrumente und ihres affektiven Commitments. Die beiden Untersuchungsgruppen, Probanden mit Onboarding und Probanden ohne Onboarding, zeigten dabei signifikante Unterschiede beim affektiven Commitment. Es konnte zudem festgestellt werden, dass die Anzahl der eingesetzten Onboarding-Instrumente einen Einfluss auf das affektive Commitment hat. Außerdem wurde ein signifikanter Unterschied zwischen dem affektiven Commitment von Berufseinsteigern mit Onboarding und Berufseinsteigern ohne Onboarding nachgewiesen. Da die herrschende Literaturmeinung affektives Commitment als Prädikator für Fluktuationsneigung bzw. Fluktuation deklariert, können basierend auf den Ergebnissen der praktischen Untersuchung Rückschlüsse auf die Fluktuationsneigung der Probanden gezogen werden. Es lässt sich schlussfolgern, dass Onboarding und dessen Instrumente einen Einfluss auf die Frühfluktuation haben und gelungenes Onboarding Fluktuation entgegenwirken kann. Die in der Untersuchung festgestellten Ergebnisse unterliegen gewissen Einschränkungen, welche in einer kritischen Würdigung diskutiert werden. Ein abschließendes Fazit rundet die Arbeit ab.
1. Einleitung
Ein lebenslanges Verbleiben eines Mitarbeiters in einem Unternehmen wird immer seltener. Die Gründe hierfür sind vielfältig. Einerseits liegt es daran, dass ein Arbeitgeberwechsel für Mitarbeiter eine Chance für einen Karrieresprung darstellen kann, andererseits bietet eine berufliche Veränderung gegebenenfalls die Möglichkeit, in einem neuen und eventuell spannenderen Aufgabengebiet zu arbeiten. Auf Grund der skizierten Entwicklung sind Unternehmen dazu angehalten, die Personalauswahl bzw. die Besetzung vakanter Stellen mit Bedacht durchzuführen (Kieser, Nagel, Krüger & Hippler, 1990). Dieser Auswahlprozess geht mit hohen monetären Kosten und großem zeitlichen Aufwand einher. Sind die Mitarbeiter dann im nächsten Schritt akquiriert, betonen Kieser et al. (1990), dass dem darauffolgenden Einarbeitungsprozess der Mitarbeiter häufig unzureichend Aufmerksamkeit gewidmet wird.
Beim Eintritt in ein Unternehmen werden neue Mitarbeiter nicht nur mit unbekannten Herausforderungen und Aufgaben konfrontiert, sondern auch mit neuen Strukturen und Kollegen. Um den Mitarbeitern den Einstieg in ein neues Unternehmen zu erleichtern, empfiehlt es sich, Onboarding-Instrumente einzusetzen. Durch die zuvor angesprochene sinkende Mitarbeiterbindung steigt die Bedeutung des Onboardings, auch als organisationale Sozialisation bezeichnet (Snell, 2006), weiter an. Unternehmen stehen vor der Herausforderung, sich vielfach mit neuen Mitarbeitern und deren Einarbeitung beschäftigen zu müssen (Bauer, Erdogan, Bodner, Truxillo, & Tucker, 2007). Ein weiterer Grund für die Bedeutungszunahme ist der in vielen Bereichen und Branchen präsente Fachkräftemangel sowie der daraus resultierende „War for Talents“. Der Begriff „War for Talents“ umschreibt den Konkurrenzkampf von Unternehmen um hochqualifizierte Mitarbeiter (Chambers, Foulon, Handfield-Jones, Hanking & Michaels III, 1998). Gegenwärtig können Bewerber aus einem umfangreichen Angebot an Arbeitgebern auswählen. Gemäß Schermuly (2016) ist es heutzutage zudem üblich, insbesondere am Anfang der Karriere des Öfteren den Arbeitgeber zu wechseln.
In diesem Zusammenhang ist die Identifikation des Mitarbeiters mit der Organisation („Commitment“) ein wichtiger Faktor (Stritzke, 2011). Diese beeinflusst die Arbeitgeberbindung des Mitarbeiters. Laut den Autoren Fischer, Stams und Titzkus (2010) wirkt sich starkes Commitment positiv auf die Mitarbeitermotivation und das Engagement dieser aus. Wird der neue Mitarbeiter weder fachlich noch sozial ausreichend in die Organisation integriert, sinken die Leistungsbereitschaft und die Motivation (Brenner & Brenner, 2001). Kieser et al. (1990) postulieren, dass vor allem im ersten Beschäftigungsjahr zahlreiche Arbeitsverhältnisse gekündigt werden. Dadurch entstehen für das Unternehmen zusätzliche Kosten, beispielsweise durch eine erneute Stellenausschreibung, das redundante Durchlaufen des Auswahlprozesses und eine zusätzliche Einarbeitung (Schanz, 2000). Eine Onboarding-Studie aus dem Jahr 2018 ergab, dass 60% der Befragten glauben, dass die im ersten Jahr stattfindende Anfangsfluktuation durch bessere Onboarding-Maßnahmen verringert werden könnte (Haufe, 2018). Schanz (2000) vertritt die Meinung, dass sich die Kosten für eine qualitativ hochwertige Einarbeitung zeitnah amortisieren.
Die vorliegende Arbeit beschäftigt sich mit dem Einfluss von Onboarding-Instrumenten auf die Frühfluktuation. Konkret soll dabei folgende Forschungsfrage beantwortet werden: „Welchen Einfluss haben Onboarding-Instrumente auf das affektive Commitment (von Berufseinsteigern)?“
Zunächst werden dafür die notwendigen theoretischen Grundlagen der Thematik erörtert. Diese beinhalten die Definition der Begriffe „Frühfluktuation“ und „Organisationales Commitment“ sowie die Definition und Abgrenzung des Begriffs „Onboarding“. Im nächsten Schritt werden die verschiedenen Ebenen des Onboardings vorgestellt. Darauffolgend werden die unterschiedlichen Phasen der organisationalen Sozialisation und die zeitlichen Phasen des Onboarding-Prozesses mit den jeweils relevanten Onboarding-Instrumenten behandelt. Anschließend werden zum Abschluss des theoretischen Teils der Arbeit die Hypothesen der Untersuchung aufgestellt. Zu Beginn des praktischen Teils werden zunächst das methodische Vorgehen sowie das Studiendesign vorgestellt, bevor im darauffolgenden Kapitel die Untersuchungsergebnisse dargelegt werden. Die daraus gewonnenen Erkenntnisse werden im nächsten Schritt umfangreich erläutert und reflektiert. Ein abschließendes Fazit rundet die Arbeit ab.
2. Theoretische Grundlagen
2.1 Frühfluktuation
In der Literatur ist man sich einig, dass sich gelungenes Onboarding positiv auf das Verbleiben des Mitarbeiters in der Organisation auswirkt und die Gefahr der Frühfluktuation minimiert (Berthel & Becker, 2013; Hofmann & Schmidt, 1988; Mayerhofer & Riedl, 2002). Es gibt jedoch kontroverse Diskussionen was der Begriff „Frühfluktuation“ beinhaltet bzw. wie dieser definiert wird. Gemäß Schulte (2011) findet die arbeitnehmerveranlasste Kündigung noch während der Probezeit, also in den ersten sechs Monaten nach Einstellung statt. Der Autor Frey (1997) hingegen begrenzt den Zeitraum der Frühfluktuation auf die ersten beiden Beschäftigungsjahre mit einer Fokussierung auf die ersten sechs Monate. Da sich die Integration neuer Mitarbeiter bzw. der Onboarding-Prozess im Regelfall über die Probezeit hinaus erstreckt, wird in der folgenden Arbeit der Ansicht von Bisani (1976) gefolgt. Dieser versteht Frühfluktuation als eine aus Demotivation resultierende arbeitnehmerseitige Kündigung innerhalb des ersten Beschäftigungsjahres.
2.2 Organisationales Commitment
2.2.1 Definition
Der Begriff „Commitment“ wird gemäß Nerdinger, Blickle und Schaper (2008) häufig mit Bindung gleichgesetzt. Zudem wird unter Commitment laut Meifert (2005) ein psychologischer Zustand verstanden, der die Wahrscheinlichkeit erhöht, dass Mitarbeiter nicht die Organisation verlassen. Meyer und Allen (1997) unterteilen organisationales Commitment in die drei folgenden Komponenten:
- Kalkulatorisches Commitment
- Normatives Commitment
- Affektives Commitment
Kalkulatorisches Commitment basiert auf einer Kosten-Nutzen-Kalkulation. Sofern der Austritt aus einem Unternehmen mit ökonomischen Nachteilen für ein Individuum verbunden ist, welche den Nutzen des Austritts überschreiten, entsteht eine Bindung und der Mitarbeiter verbleibt im Unternehmen. Diese Bindung kann zudem aus einem Mangel an Alternativen entstehen. Im Gegensatz dazu basiert normatives Commitment auf den Wertevorstellungen eines Individuums und dessen wahrgenommener moralischen Verpflichtung, einem Unternehmen gegenüber loyal bleiben zu müssen. Affektives Commitment hingegen wird von Meyer und Allen (1997) als „the psychological state that binds the individual to the organization“ (S. 20) definiert. Es beschreibt somit die emotionale Bindung an die Organisation und hat seinen Ursprung in positiven Erfahrungen mit dem Unternehmen (Meyer & Allen, 1997). Zudem wird diese Form des Commitments als die stärkste Form der Mitarbeiterverbundenheit zur Organisation deklariert (Westphal, 2011). Für Unternehmen geht ein hohes affektives Commitment von Mitarbeitern mit einer erhöhten Wahrscheinlichkeit einher, dass diese regelmäßig zur Arbeit erscheinen, überdurchschnittlichen Einsatz zeigen und zusätzliche Aufgaben übernehmen (Mathieu & Zajac, 1990). Schneider und Ryser (2015) ergänzen, dass Mitarbeiter, die affektives Commitment aufweisen, in der Regel Freude und Stolz aufgrund ihrer Organisationszugehörigkeit innehaben.
Da affektives Commitment negativ mit Fluktuationsneigung korreliert, dient es als Prädikator für Fluktuationsneigung und die wahrscheinlich folgende tatsächliche Fluktuation (Nerdinger et al., 2008; Riketta & van Dick, 2009; Weller, 2001). Aus diesem Grund liegt in dieser Arbeit der Fokus auf dem affektiven Commitment.
2.2.2 Einflussfaktoren des affektiven Commitments
Affektives Commitment unterliegt gewissen Einflussfaktoren welche von Unternehmen zielgerecht eingesetzt werden können, um negative Folgen von mangelndem Commitment zu vermeiden. Dabei haben Organisationen die Möglichkeit, auf das Commitment der Mitarbeiter bewusst einzuwirken um Potentiale sowohl zu entdecken als auch zu fördern und um Risiken, die zu einer Reduzierung des Commitments beitragen, früh zu erkennen und zu eliminieren (Felfe, 2008). In der Literatur herrscht jedoch Uneinigkeit bezüglich der Einteilung dieser Einflussfaktoren. Im Folgenden wird der Einteilung nach Westphal (2009) gefolgt. Diese nimmt eine Unterteilung in drei Faktoren vor: mitarbeiterbezogen, arbeitssituationsbezogen und organisationsbezogen. Dabei stützt sie sich auf zahlreiche internationale Metaanalysen, unter anderem von Mathieu und Zajac (1990) sowie von Meyer et al. (2002). Zudem basieren ihre Ergebnisse auf weiteren Primärstudien, die sie in einer eigenen Metaanalyse zusammenfasst und nach Korrelationsstärke der Einflussfaktoren bzw. nach Intensität des Einflusses kategorisiert.
Zu den mitarbeiterbezogenen Einflussfaktoren zählt Westphal soziodemografische Faktoren, wie zum Beispiel „Geschlecht“, „Familienstand“ und „Einkommen“. Diese korrelieren kaum bzw. nicht signifikant zum affektiven Commitment. Einen moderaten Einfluss (r < .02) hingegen haben Faktoren wie die „Zufriedenheit mit der Arbeit und Vorgesetzten“, „berufliche Effizienz“ und „Übertragbarkeit der Fähigkeiten“. Einen mittelstarken Einfluss (.04 >= r => .02) hat unter anderem die „Zufriedenheit mit Karriereperspektiven“. Eine Korrelation zum affektiven Commitment von r > .04, und somit ein starker Einfluss, geht von Faktoren wie „wahrgenommene persönliche Kompetenz“, „Zufriedenheit mit dem Management und mit der Kommunikationsbeziehung zum Vorgesetzen“ sowie „(System-)Vertrauen“ aus.
Die arbeitssituationsbezogenen Faktoren lassen sich wie folgt unterteilen. Einen moderaten Einfluss auf das affektive Commitment haben zum Beispiel „Gruppenzusammenhalt und Kommunikation mit dem Vorgesetzten“. Einen mittelstarken Einfluss hingegen haben unteranderem „transaktionaler Führungsstil“, „Unterstützung durch die Arbeitsgruppe“ sowie „Situationskontrolle“. Zudem geht ein positiver starker Einfluss beispielsweise von „transformationaler Führungsstil“, „Kommunikation (akkurat und zeitnah)“ sowie „Arbeitsumfang“ aus. Im Gegensatz dazu korrelieren „Rollenmehrdeutigkeit“ sowie „Rollenkonflikt“ stark negativ zum affektiven Commitment.
Westphal (2009) untergliedert die organisationsbezogenen Einflussfaktoren ebenfalls nach Korrelationsstärke. „Intensität der betrieblichen Personalarbeit“ und „Mentoring“ werden dabei der Kategorie „moderater Einfluss“ zugeordnet. Des Weiteren haben „Entwicklungsangebote“, „familienfreundliche Unternehmenspolitik“ sowie „humanistische und visionäre Kultur“ einen positiven mittelstarken Einfluss. Ferner korrelieren unter anderem „unterstützende Personalpolitik“, „Partizipation“ und „Innovation“ stark zum affektiven Commitment.
2.2.3 Zusammenhang zwischen affektiven Commitment und Fluktuation
Durch ein gesteigertes organisationales Commitment der Mitarbeiter erhoffen sich Unternehmen eine geringere Fluktuationsneigung bzw. eine niedrigere Fluktuation. In diesem Zusammenhang liegen einige Metaanalysen vor, welche die negative Korrelation zwischen affektivem Commitment und Fluktuationsneigung bestätigen.
Gemäß der Metaanalyse von Mathieu und Zajac (1990) beträgt die Korrelation zwischen affektivem Commitment und Fluktuationsneigung r = -.52, sowie zwischen affektivem Commitment und der tatsächlichen Fluktuationsneigung r = -.28. Des Weiteren geben Cooper-Hakim und Viswesvaran (2005) eine negative Korrelation zwischen affektivem Commitment und Fluktuation von r = -0.20 an. Im Gegensatz dazu beobachteten Meyer, Stanley, Herscovitch und Topolnytsky (2002) einen niedrigeren Wert von r = -.17 zwischen affektivem Commitment und Fluktuation. Die Autoren konnten zudem auch jeweils eine negative Korrelation zwischen kalkulatorischem Commitment und Fluktuation sowie normativem Commitment und Fluktuation nachweisen. Diese Zusammenhänge sind allerdings schwächer. Es kann folglich festgehalten werden, dass die negative Korrelation zwischen affektivem Commitment und Fluktuationsneigung stärker ist, als die Korrelation zwischen Commitment und tatsächlicher Fluktuation. Die Korrelationswerte der Metaanalysen liegen dabei im mittleren bis starken Bereich.
Darüber hinaus wurde auch der Einfluss des Onboardings auf die Fluktuationsneigung in diversen Studien untersucht. In einer Studie von Tauber (2011), gaben beispielsweise 90% der insgesamt 794 befragten Personal-und Geschäftsleiter an, dass die Entscheidung neuer Mitarbeiter über ihren Verbleib im Unternehmen innerhalb der ersten sechs Monate getroffen wird. Aus diesem Grund ist es wichtig, während der Integrationsphase eine emotionale Bindung zwischen Mitarbeiter und Unternehmen aufzubauen. Zu ähnlichen Ergebnissen kam auch eine Studie der Aberdeen Group aus dem Jahr 2013. In dieser zeigte sich, dass 90% der Unternehmen glauben, dass Mitarbeiter sich innerhalb des ersten Jahres entscheiden, ob sie im Unternehmen bleiben oder nicht. Zudem konnte in dieser Untersuchung gezeigt werden, dass Organisationen mit einem strukturierten Onboarding-Prozess bzw. -Konzept, 91% der Neueinstellungen über das erste Beschäftigungsjahr hinaus im Unternehmen halten können.
2.3 Onboarding
2.3.1 Definition und Abgrenzung
Im Folgenden werden die Begriffe „Integration“, „Onboarding“, „Sozialisation“ und „Einarbeitung“ definiert und voneinander abgegrenzt. Unter Integration von Mitarbeitern versteht Lange (2011) den „Prozess der Eingliederung neuer Mitarbeiter auf sachlicher und sozialer Ebene in die Organisation“ (S. 6). Demzufolge ist nicht ausschließlich die fachliche Integration von Bedeutung, sondern zusätzlich dazu auch die Aufnahme und Eingliederung auf sozialer Ebene.
Der Begriff „Onboarding“ wird als modernere Ausdrucksweise für den Integrations- prozess im Rahmen einer Neueinstellung verstanden (Brenner, 2014). Neue Mitarbeiter werden sozusagen an Bord genommen und erhalten während des Prozesses systematische Unterstützung (Schmidt, 2014). In dieser Arbeit werden die Begriffe „Onboarding“ und „Integration“ folglich synonym verstanden.
Ebenfalls synonym zu den beiden Begrifflichkeiten „Integration“ und „Onboarding“, kann der Begriff „(organisationale) Sozialisation“ verwendet werden. Laut Bauer und Erdogan (2011) wurde der Begriff „Sozialisation“ früher in der Literatur verwendet, bis der Begriff „Onboarding“ publik wurde. Organisationale Sozialisation wird als Prozess verstanden, der das Ziel der erfolgreichen Eingliederung neuer Mitarbeiter in die Organisation verfolgt. Van Maanen und Schein (1979) sind der Überzeugung, dass während des Prozesses die geforderten Einstellungen, das gewünschte Verhalten, das erforderliche Wissen und weitere Fähigkeiten vom Mitarbeiter angenommen werden müssen, um das Ziel zu erreichen. Auf die weiteren Ziele des Onboardings wird gesondert in Abbildung 3 im Anhang A1 eingegangen.
Im Gegensatz dazu ist der Begriff „Einarbeitung“ von den vorherigen Begrifflichkeiten abzugrenzen und kann nicht synonym verwendet werden. Dies liegt hauptsächlich daran, dass beim Begriff „Einarbeitung“ vor allem die fachliche Ebene im Vordergrund steht. Neuen Mitarbeitern werden im Rahmen der fachlichen Einarbeitung zusätzlich zu ihren bereits bestehenden fachlichen Fähigkeiten, erforderliche (neue) berufliche Fähigkeiten vermittelt, damit sie künftige Aufgaben in ihrem Arbeitsbereich absolvieren können (Verfürth, 2010).
In der Literatur herrscht außerdem Uneinigkeit über den Zeitverlauf bzw. die Dauer des Onboardingprozesses von neuen Mitarbeitern. Nach Brenner (2014) dauert der Prozess bis zu sechs Monate. Schmidt (2014) merkt zudem an, dass die Intensität der zu besetzenden Stelle ausschlaggebend für die Dauer des Onboarding-Prozesses ist. Die Autoren Christiansen und Stein (2010) postulieren, dass ein wirksamer Onboarding-Prozess bis zu einem Jahr in Anspruch nehmen kann. In der Literatur wird darüber hinaus auch zwischen den verschiedenen Ebenen des Onboardings und den Phasen der organisationalen Sozialisation unterschieden.
2.3.2 Ebenen des Onboardings
Brenner und Brenner (2001) unterscheiden beim Onboarding die folgenden drei Ebenen:
- Fachliche Integration
- Soziale Integration
- Werteorientierte Integration
Auf der fachlichen Ebene liegt der Fokus auf der Integration von neuen Mitarbeitern in die bestehenden Unternehmensstrukturen. Zudem erfolgt auf dieser Ebene die Vermittlung von Fachwissen sowie die Vorstellung von fachlichen Ansprechpartnern. Die soziale Integration hingegen ist von Bedeutung, um ein Gemeinschaftsgefühl im Team bzw. in der Organisation aufzubauen. Dieses entsteht durch die Vorstellung von Kollegen und das Finden der eigenen Rolle im Unternehmen bzw. im Team. Die dritte Ebene des Onboardings beinhaltet die werteorientierte Integration. Hier ist es wichtig, dass das dem neuen Mitarbeiter vermittelte Unternehmensleitbild und dessen Werte von den Vorgesetzten und weiteren Organisationsmitgliedern vorgelebt werden. Für eine erfolgreiche Integration neuer Mitarbeiter ist die Berücksichtigung aller drei Ebenen essentiell.
2.3.3 Phasen der organisationalen Sozialisation
Über die Anzahl sowie die Bezeichnungen der einzelnen Prozessphasen herrscht in der Literatur Uneinigkeit. Im Folgenden werden die vier Phasen der organisationalen Sozialisation nach Kieser et al. (1990) beschrieben.
2.3.3.1 Phase 1: Antizipatorische Sozialisation
Unter der „antizipatorischen Sozialisation“ ist die Vorbereitung auf den Arbeitsantritt zu verstehen (Kieser et al., 1990). Dieser Einführungsprozess beginnt bereits durch die Erziehung im Elternhaus und erstreckt sich über weitere Institutionen wie z.B. den Kindergarten und die Schule. Durch die Sozialisationserfahrungen erfolgt die Vermittlung und Aneignung gesamtgesellschaftlicher Werte und Normen wie zum Beispiel Fleiß und Pünktlichkeit. Kieser et al. (1990) mahnen, dass das individuelle Wertesystem des neuen Mitarbeiters mit dem der Organisation kongruent sein sollte. Dies führt ihrer Meinung nach zu einer problemloseren Integration in das Unternehmen. Sofern Mitarbeiter sich freiwillig für eine Institution entscheiden und diese nicht aufgrund eines Mangels an Alternativen wählen, steigt die Mitarbeiterbindung und –motivation. Ein weiterer wichtiger Faktor in der ersten Phase des Integrationsprozesses ist, dass Arbeitnehmer und Arbeitgeber während des Bewerbungsverfahrens realistische Informationen austauschen. Da sich allerdings beide Parteien möglichst positiv darstellen wollen, erleiden neue Mitarbeiter häufig nach Arbeitsantritt einen Realitätsschock, welcher schlimmstenfalls zu einer Kündigung des Arbeitsverhältnisses durch den enttäuschten Mitarbeiter führen kann (Kieser et al., 1990; Rehn, 1990).
2.3.3.2 Phase 2: Konfrontation
Die Phase der Konfrontation beginnt am ersten Arbeitstag und kann gemäß Ströker (2012) bis zum Ende der Probezeit andauern. Charakteristisch für die zweite Phase ist das Auftreten von Konfrontationen sowohl mit dem neuen Vorgesetzten, als auch mit weiteren Organisationsmitgliedern. Zudem erfolgt in dieser Phase die Kommunikation der neuen Werte und die Realisierung der eigentlichen Einarbeitung. Kieser et al. (1990) beschreiben dabei fünf potentielle Formen von Überraschungen auf welche im Anhang A2 näher eingegangen wird.
Treten im Integrationsprozess zu viele dieser Überraschungen auf, kann nach Kieser et al. (1990) von einem Realitäts- oder Kulturschock gesprochen werden. Diese Situation ist durch einen realistischen Rekrutierungsprozess (Wanous, 1992), den Vorgesetzen, die Organisationsmitglieder, die Organisationskultur und durch die erlebten Konflikte während des Onboardings beeinflussbar. Es ist essentiell, in dieser Phase ein Vertrauensverhältnis aufzubauen, die Rolle des neuen Mitarbeiters in der Organisation festzulegen und die Struktur als auch die Werte der Organisation zu vermitteln (Engelhardt, 2006).
2.3.3.3 Phase 3: Einarbeitung
In der Einarbeitungsphase liegt der Fokus auf dem Entwickeln von Strategien, damit die Anforderungen der Stelle und deren Aufgaben erfüllt werden können. Dem zugrunde liegt die allgemeine Entschlüsselung der Anforderungen der Stelle. Neue Mitarbeiter entwickeln in dieser Phase Verhaltensweisen, die darauf abzielen, den Vorgaben der Organisation zu entsprechen. Nach Kieser et al. (1990) ist es in diesem Zusammenhang wichtig, dass neue Mitarbeiter ihre eigene Identität berücksichtigen und mit einfließen lassen können. Ist dies nicht der Fall, leidet die Bindung zum Unternehmen (Althauser, 1982). Zur Entschlüsselung der Anforderungen können folgende Informationsquellen hilfreich sein:
- Stellenbeschreibung
- Aufzeichnungen und Akten der Vorgänger
- Qualitätshandbuch
- Vorgesetzte und Kollegen
Das Vorgehen gestaltet sich jedoch schwierig, sofern die Informationsquellen nicht ausreichend zur Verfügung stehen. Das Verwenden eines Einarbeitungsplanes kann in diesem Zusammenhang den Integrationsprozess unterstützen. Ein regelmäßiger Austausch und konstruktive Feedbackgespräche sind ebenso vorteilhaft (Kieser et al.,1990).
2.3.3.4 Phase 4: Integration
Die Integrationsphase ist die letzte Phase des Prozesses und soll nach Brenner (2014) Stabilität und Akzeptanz für beide Parteien schaffen. Demnach kann die Phase auch als Stabilitäts- und Akzeptanzphase bezeichnet werden. Es wird von Mitarbeitern erwartet, dass sie ihre Aufgaben selbstständig bewältigen und sich erfolgreich als vollwertiges Mitglied in die Organisation integriert haben. Eine erfolgreiche Konfrontations- und Einarbeitungsphase sind dafür von hoher Bedeutung.
Die innere Bindung wird als wichtigste Komponente der Verbundenheit angesehen und symbolisiert die Identifikation und Einsatzbereitschaft gegenüber dem Unternehmen. Somit entsteht ein psychologischer Vertrag zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber (Kieser et al.,1990). Dieser basiert auf unausgesprochenen Wünschen und gegenseitigen Erwartungen. Diese Erwartungen werden von Mitarbeiter und Unternehmen nicht schriftlich im Arbeitsvertrag festgehalten, bilden allerdings trotzdem eine signifikante Grundlage für das Arbeitsverhältnis (Klimecki & Gmür, 2005). Als Beispiel lassen sich auf der Arbeitgeberseite unter anderem Loyalität und Zuverlässigkeit nennen, und auf der Arbeitnehmerseite eine gerechte Behandlung und der Schutz vor Unter- bzw. Überforderung. Die innere Bindung zum Unternehmen äußert sich bei Mitarbeitern dadurch, dass sie die Ziele der Organisation anerkennen, diese verfolgen und nachhaltig motiviert ihren Beitrag zur Erreichung dieser leisten. Eine langfristige Beschäftigungsdauer wird angestrebt. Im Gegensatz zur inneren Bindung ist die äußere Bindung gekennzeichnet von externen Umständen, wie zum Beispiel dem Gehalt (Kieser et al., 1990). Diese Art der Bindung kann eintreten, auch wenn die Konfrontations- und Einarbeitungsphase misslungen sind.
2.3.4 Onboarding-Instrumente in der jeweiligen zeitlichen Phase
Damit die Ziele des Onboarding-Prozesses erreicht werden können (siehe Anhang A1), empfehlen Berthel und Becker (2013) Unternehmen Onboarding-Instrumente einzusetzen. Bei der Gestaltung der Integrationsprogramme ist die Berücksichtigung von Besonderheiten der Organisation und der neuen Mitarbeiter essentiell. Im Folgenden werden Maßnahmen und Onboarding-Instrumente erläutert, und der jeweiligen zeitlichen Phase, in welcher sie eingesetzt werden können, zugeordnet.
2.3.4.1 Pre-boarding vor dem ersten Arbeitstag
Es ist zu unterscheiden, ob eine Maßnahme vor oder nach der Vertragsunterzeichnung zum Einsatz kommt. Vor der Vertragsunterzeichnung liegt der Fokus auf der bereits beschriebenen realistischen Rekrutierung (Wanous, 1992). Diese ist notwendig, damit die Erwartungen neuer Mitarbeiter an die Tätigkeit zu Arbeitsbeginn nicht enttäuscht werden. In der zeitlichen Phase nach der Vertragsunterzeichnung und vor dem ersten Arbeitstag, streben neue Mitarbeiter danach, möglichst viele Informationen über die neue Stelle und die Organisation zu erhalten. Dieses Verhalten kann für die Integration auf der fachlichen, als auch auf der sozialen Ebene genutzt werden (Berthel & Becker, 2013).
Booz (2008) empfiehlt beispielsweise die Versendung eines Willkommensbriefes von der Organisation an den Mitarbeiter. Dieser sollte Informationen über den Ablauf des ersten Arbeitstages, allgemeine Informationen über die Organisation sowie Formulare, die für den ersten Arbeitstag relevant sind, enthalten. Eine ausführlichere Variante dieses Onboarding-Instruments ist die Begrüßungsmappe.
Die Organisation sollte in dieser Phase alle notwendigen Vorbereitungen treffen, damit der Start neuer Mitarbeiter möglichst unproblematisch verläuft. Dazu gehören unter anderem die Bereitstellung eines funktionstüchtigen Arbeitsplatzes, Aufnahme in einen Informationsverteiler, Namensschilder etc. Zudem sind Vorgesetzte und Kollegen über den Starttermin, das Einsatzgebiet und über die Qualifikationen neuer Mitarbeiter zu informieren (Lohaus & Habermann, 2016). Ein Einarbeitungsplan kann den Integrationsprozess zusätzlich unterstützen und als Orientierungshilfe dienen. Dieser legt fest, in welcher Reihenfolge Aufgaben übernommen und beherrscht werden sollen, welche Informationen Mitarbeiter benötigen und wie bzw. von wem sie diese erhalten. Die Erstellung des Einarbeitungsplans liegt im Tätigkeitsbereich des direkten Vorgesetzten (Ströker, 2012).
2.3.4.2 Maßnahmen am ersten Arbeitstag
Ziel der Maßnahmen am ersten Tag ist es neuen Mitarbeitern ein Willkommensgefühl zu vermitteln und ihnen Wertschätzung entgegenzubringen. Gemäß Booz (2008) sollte der erste Arbeitstag unbedingt eine wertvolle Erfahrung sein. Brenner (2014) ergänzt, dass die Vermittlung sachlicher Informationen am ersten Arbeitstag eine untergeordnete Rolle spielt.
Das Einführungs- bzw. Begrüßungsgespräch dient dazu, neue Mitarbeiter durch den jeweiligen Vorgesetzten herzlich willkommen zu heißen. Vorgesetzte geben hierbei wichtige Informationen zur Organisation und Tätigkeit weiter. Zudem sollten neue Mitarbeiter dazu motiviert werden, bei Problemen Fragen zu stellen (Ströker, 2012). Im Anschluss erfolgt die Vorstellungsrunde der Kollegen. Es stellen sich sowohl bereits im Unternehmen tätige Mitarbeiter vor, als auch das neue Organisationsmitglied. Sofern Unternehmen auf ein Paten-System zurückgreifen, ist es sinnvoll, dass sich der Pate oder Mentor ebenfalls am ersten Tag vorstellt (Lohaus & Habermann, 2016).
[...]
1 In der folgenden Arbeit wird aus Gründen der besseren Lesbarkeit ausschließlich die männliche Form verwendet. Sie bezieht sich auf Personen beiderlei Geschlechts.