Das Ziel dieser Arbeit ist es, die branchenspezifische Relevanz des Aftersales, die Anforderungen, die Zielkonflikte und die zukünftige Entwicklung in der Ersatzteillogistik darzustellen.
Hierzu wird nach einigen einleitenden Begriffsdefinitionen in Kapitel drei zunächst die branchenspezifische Relevanz des Aftersales-Geschäfts beleuchtet. Anschließend widmet sich Kapitel vier der Bedeutung der Ersatzteillogistik in der modernen Betriebswirtschaft. In Kapitel fünf wird auf die Ansätze zur Gestaltung der Ersatzteillogistik eingegangen. Das sechste Kapitel beschreibt zunächst die Anforderungen an die Ersatzteillogistik und beschäftigt sich im Anschluss mit der Lagerhaltung und Planung der Ersatzteile.
Inhaltsverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
1 Einführung in die Thematik
2 Definitionen
2.1 Ersatzteile
2.2 Ersatzteillogistik
2.3 Aftersales-Service
3 Branchenspezifische Relevanz des Aftersales
3.1 Differenzierungspotenzial
3.2 Umsatzträger
3.3 Kundenbindung durch Kundenzufriedenheit
4 Bedeutung der Ersatzteillogistik
5 Ansätze zur Gestaltung der Ersatzteillogistik
6 Anforderungen an die Ersatzteillogistik
6.1 Lagerhaltung
6.2 Planung der Ersatzteile
7 Zielkonflikte in der Ersatzteillogistik
8 Zukunftstrends in der Ersatzteillogistik
9 Fazit
Quellenverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
Abbildung. 1 Definition und Klassifizierung von Ersatzteilen nach DIN 24420 und 31051
Abbildung 2 Entwicklung vom reinen Produkthersteller zum Komplett-Dienstleister
Abbildung 3 Schritte zur Gestaltung der Ersatzteillogistik
Abbildung 4 Lagerhaltungsstrategien
Abbildung 5 Schematische Darstellung des Ersatzteilbedarfs
Abbildung 6 Unternehmensinterne Zielkonflikte
Abkürzungsverzeichnis
KKV….…Komparativer Konkurrenzvorteil
1 Einführung in die Thematik
Betrachtet man den globalen Wettbewerb und die weitgehend gesättigten Märkte, so stellt man fest, dass die Stärkung der eigenen Marktposition nicht mehr allein durch das Kerngeschäft wie etwa die Herstellung und den Vertrieb der Primärprodukte erfolgen kann. Somit gewinnen neben Entwicklung, Produktion und Vertrieb von Ersatzteilprodukten weitere Geschäftsfelder wie Service und Aftersales zunehmend an Bedeutung. Ein umfangreiches Aftersales-Geschäft bietet Chancen der Umsatzsteigerung und Erhöhung der Marktanteile. Durch die Differenzierung des Servicegeschäfts und die damit verbundene Kundenzufriedenheit bindet man den Kunden langfristig an das Unternehmen. Hinzu kommen die hohen erzielbaren Margen im Bereich des Ersatzteilgeschäfts. So lässt sich beispielsweise für die Nutzfahrzeugbranche konstatieren, dass die Betriebe überwiegend Verluste bei Neuverkäufen generieren. Die Haupteinnahmequelle dieser Unternehmen ergibt sich häufig durch den Handel mit Ersatzteilen und das Angebot zusätzlicher Dienstleistungen.1
Außerdem sehen sich Unternehmen zahlreicher Branchen einem immer größer werdenden Kostendruck ausgesetzt. Aus diesem Grund sind die Unternehmen gezwungen, den Produktionsfaktor Arbeit durch Kapital zu ersetzen. Somit führen die damit verbundene Komplexität der Produktionsanlagen und die enge Verflechtung der Anlagen untereinander im Falle einer Unterbrechung oftmals zu erheblichen Erfolgseinbußen.2
Das Ziel dieser Seminararbeit ist es daher, die branchenspezifische Relevanz des Aftersales, die Anforderungen, die Zielkonflikte und die zukünftige Entwicklung in der Ersatzteillogistik darzustellen. Hierzu wird nach einigen einleitenden Begriffsdefinitionen in Kapitel 3 zunächst die branchenspezifische Relevanz des Aftersales- Geschäfts beleuchtet. Anschließend widmet sich Kapitel 4 der Bedeutung der Ersatzteillogistik in der modernen Betriebswirtschaft. In Kapitel 5 wird auf die Ansätze zur Gestaltung der Ersatzteillogistik eingegangen. Das 6. Kapitel beschreibt zunächst die Anforderungen an die Ersatzteillogistik und beschäftigt sich im Anschluss mit der Lagerhaltung und Planung der Ersatzteile.
Zielkonflikte der Ersatzteillogistik werden in Kapitel 7 erörtert. Abschließend folgt in Kapitel 8 die Betrachtung der Zukunftstrends der Ersatzteillogistik und im letzten Abschnitt das Fazit.
2 Definitionen
2.1 Ersatzteile
Laut der DIN 24420 lassen sich Ersatzteile in Einzelteile, Baugruppen oder vollständige Erzeugnisse, die dazu bestimmt sind, beschädigte, verschlissene oder fehlende Teile, Gruppen oder Erzeugnisse zu ersetzen, aufteilen.3 Ersatzteile gelten generell als nichtselbständige Bestandteile von Systemen und dienen folglich dazu, den Funktionsumfang eines Primärproduktes zu erhalten beziehungsweise wiederherzustellen. Zubehörteile können hingegen nachträglich eingebaut werden um die Produktivität des Primärprodukts zu steigern. Ersatzteile können nach DIN 31051 weiter in die Klassen Reserveteile, Verbrauchsteile und Kleinteile untergliedert werden.4 Reserveteile zeichnen sich durch eine niedrige Bestandsmenge mit einem hohen Bestandswert aus, da diese meist sehr teuer sind und nur in wenigen Instandhaltungsobjekten zum Einsatz kommen. Verbrauchsteile hingegen sind in mehreren Objekten einsetzbar und meist genormt. Zudem ist die Abnutzungszeit aufgrund vorliegender Erfahrungswerte genauer vorhersagbar. Als weitere Ersatzteile, sind Kleinteile wie beispielsweise Schrauben, Muttern o.ä. zu nennen, die eine hohe Lagerbestandsmenge bei einem geringen Lagerbestandswert aufweisen. Jedoch werden diese in der Lagerbewegung meist nicht festgehalten.5
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 1: Definition und Klassifizierung von Ersatzteilen nach DIN 24420 und 310516
2.2 Ersatzteillogistik
Die primäre Aufgabe der Ersatzteillogistik im Bereich des Aftersales-Service besteht in der Bereitstellung der benötigten Ersatzteile in der erforderlichen Menge, Art und Qualität zur rechten Zeit unter minimalem Kostenaufwand. Zu den wesentlichen Bestandteilen der Ersatzteillogistik zählen die Bedarfsprognose sowie die Bestands- und Beschaffungsplanung der Ersatzteile.7 „Ziel ist die nachhaltige Reduzierung der Ersatzteilbestände und damit der Kosten für die Lagerhaltung bei gleichzeitiger Gewährleistung der geforderten Verfügbarkeit von Maschinen und Anlagen.“8
Aftersales-Service
Unter Aftersales-Service versteht man alle Tätigkeiten, die in Folge des Primärgeschäfts getätigt werden.
Der Aftersales-Service soll den Kontakt zu Kunden aufrechterhalten, denn Folgegeschäfte, beispielsweise in Form von Maschinenwartung sowie Ersatz- und Zusatzkäufen, bieten die Chance, auch bei starker Konkurrenz, eine langfristige Bindung vom Kunden an das Unternehmen zu gewährleisten.9 Dies kennzeichnet somit einen wichtigen Aspekt zum Aufbau und zur Sicherung von Wettbewerbsvorteilen.10
Unter die Serviceleistungen fallen:11
- Pre-Sales-Service (Kundenakquisition)
- At-Sales-Service (Abwicklungsservice)
- Aftersales-Service
- Erfüllung von Gewährleistungspflichten,
- Wartung und Instandhaltung
- Beseitigung von Ausfällen und Störungen
- Ersatzteilversorgung
- Durchführung von Updates oder Aufrüstung
Während Pre-Sales- und At-Sales - Service, die Funktion der Vertrauensbildung innehaben ist die Hauptaufgabe des Aftersales-Service die Sicherung des aufgebauten Vertrauens während der gesamten Produkteinsatzzeit, was am Ende erneut in der Akquisition eines Nachfolgeproduktes münden kann.12
3 Branchenspezifische Relevanz des Aftersales
Kunden vergleichen die Anbieter zunehmend nicht nur anhand des Preises, sondern auch anhand der auftragsbegleiteten Leistungen und Zusatzleistungen, die nach der eigentlichen Hauptauftragsabwicklung vom Lieferanten erbracht werden. Aftersales-Service wird im weitesten Sinne als Betreuungsdienstleistung zur Kundenbindung verstanden, die ihre Hauptaktivität im Zeitraum zwischen Güterübergabe und Neukauf entfaltet. Diese Dienstleistung soll durch eine Mischung aus hoher Leistungsqualität und Leistungsbereitschaft zu gesteigerter Kundenzufriedenheit und damit hoher Kundenloyalität führen. Eine hohe Kundenzufriedenheit kann das Image des Unternehmens oder des Markennamens aufbauen, da der Kunde positiv über seine Erfahrungen berichtet.13
Hinzu kommen hohe erzielbare Margen insbesondere im Ersatzteilgeschäft, die Chancen auf Umsatzsteigerung und einen Anstieg der Marktanteile bieten. Mit teilweise bis zu 30 Prozent Anteil am Gesamtumsatz liegen die erwirtschafteten Erlöse im Aftersales-Bereich sogar weit über dem Neuproduktgeschäft.14 Zudem lässt die wachsende Komplexität der Investitionsgüter den Bedarf und den Umfang von Aftersales-Services wachsen.
3.1 Differenzierungspotenzial
„Mit der Strategie der Differenzierung beabsichtigt das Unternehmen eine Leistung anzubieten, die auf dem Markt als einzigartig angesehen wird. Sie setzt dazu insbesondere nicht-preisliche Aktionsparameter ein, um mit abnehmergerechten Leistungen Präferenzen beim Kunden abzubauen und damit KKVs15 zu realisieren“.16
Differenzieren bedeutet in diesem Kontext, sich durch seine Leistungen vom Wettbewerber zu unterscheiden. Da zwischen den Primärprodukten kaum noch Unterschiede in der Qualität und der Funktionalität vorhanden sind, bietet der Aftersales-Service Möglichkeiten sich von der Konkurrenz abzuheben. Die Strategie der Differenzierung verfolgt dabei die Ziele der Kundenloyalität, der Verringerung der Preisempflindlichkeit beim Kunden und den Aufbau von Markteintritts- und Mobilitätsbarrieren.17
Um das Differenzierungspotenzial nutzen zu können, muss das zusätzliche Angebot als Leistungsbündel aktiv beworben werden, die Unterschiede der Leistungen und die Vorteile dieser müssen ersichtlich sein.18
Umsatzträger
Im Bereich der Industriegüter werden die Gewinnmargen immer geringer und der Gewinn aus dem Kerngeschäft geht in den letzten Jahren zunehmend zurück. Laut einer Studie erwirtschaften Investitionsgüterhersteller 20 bis 30 Prozent des Ertrags im Bereich der produktbegleitenden Dienstleistungen und mit Ersatzteilen.19 Jedoch sprechen Marktanalysten davon, dass die Gewinnmargen im Aftersales um bis zu zehn Mal höher sind als im klassischen Produktgeschäft. Der Aftersales-Bereich gilt als vom Wirtschaftszyklus unabhängig und generiert auch bei schwächerem oder auch negativem gesamtwirtschaftlichem Wachstum einen beachtenswerten Anteil am Umsatz und Ertrag.20
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 2: Entwicklung vom reinen Produkthersteller zum Komplett-Dienstleister21
Mit der zunehmenden Attraktivität des Aftersales-Geschäfts fällt es Primärproduktherstellern immer schwerer sich am Markt zu positionieren. Denn produktunabhängige Dienstleister aus den Bereichen Logistik, Wartung und Reparatur drängen zunehmend in den Markt. Um auch in Zukunft Umsatz und Ertrag weiter steigern zu können, müssen die Primärprodukthersteller ihre Service- und Dienstleistungsangebote weiter ausbauen. Diese Entwicklung führt vom reinen Neuproduktgeschäft über Ersatzteilversorger bis hin zur Ausweitung von Finanzierungsdienstleistungen.22
Zudem sind Unternehmen dazu angehalten mit den neu geschaffenen Aftersales-Services Umsätze in diesem Bereich langfristig zu steigern. Dem Kunden muss der Nutzen der zusätzlichen Leistungen im Zusammenhang mit dem Primärprodukt klar sein. Sollten Kunden das Gefühl haben unnötige Leistungen bezahlen zu müssen, wird sich das langfristig auf das Vertrauen und die Kundenzufriedenheit auswirken.
3.2 Kundenbindung durch Kundenzufriedenheit
Die Handlungen des Aftersales haben neben den wirtschaftlichen Zielen, wie Umsatz und Gewinn, auch eine langfristige Kundenbindung im Blick.
Die Basis einer langfristigen Kundenbindung ist die Kundenzufriedenheit. Um diese herzustellen, muss der Käufer während der gesamten Nutzungsphase des Produkts bestmöglich unterstützt und dessen Kundenbedürfnisse befriedigt werden.23 Beispielsweise können durch einen kontinuierlichen Kontakt zum Kunden dessen Informationen und Bedürfnisse zusammengetragen werden. Resultierend daraus ist es möglich, neue kundenspezifische Leistungsbündel zu entwickeln und das Unternehmen als Lösungsanbieter zu positionieren.24
Die Neukundenakquise ist ein zeit- und kostenaufwendiges Unterfangen, denn potenzielle neue Kunden müssen mit viel Aufwand umworben werden. Dies führt dazu, dass Neukunden bis zu fünf Mal mehr Kosten verursachen als Bestandskunden. Wenn ein Kunde mit der Gesamtleistung des Unternehmens, unter anderem also auch mit dem Aftersales-Service, zufrieden ist, wird er mit einer höheren Wahrscheinlichkeit erneut Produkte kaufen und diese weiterempfehlen. Somit steigern zufriedene Kunden die Wertschöpfung des Betriebs.25
4 Bedeutung der Ersatzteillogistik
Bereits im Jahr 1992 zeigte eine durchgeführte Befragung die steigende Bedeutung der Ersatzteilversorgung auf. Die Teilnehmenden sollten ihre Einschätzung zu den wichtigsten Kaufkriterien von Investitionsgütern angeben.
[...]
1 Vgl. Schuh, Stich (2012) S.165 ff.
2 Vgl. Biedermann (2008) S. 1.
3 Vgl. Deutsches Institut für Normung, 1976.
4 Vgl. Deutsches Institut für Normung, 1985.
5 Vgl. Biedermann (2008) S.3, sowie Pawellek (2016) S. 292.
6 Vgl. Schuh, Stich (2012) S. 167.
7 Vgl. Schuh, Stich (2012) S. 167.
8 Pawellek (2016) S. 289.
9 Vgl. Schneck, Hanh, Schramm, Stelzer (2003), S. 890.
10 Vgl. Nieschlag, Dichtl, Hörschgen (2002) S. 934.
11 Vgl. Wegner, Wegner (2017) S. 108, zitiert nach Nippa (1992) S.143.
12 Vgl. Wegner, Wegner (2017) S. 108, zitiert nach Nippa (1992) S. 143.
13 Vgl. Wegner, Wegner (2017) S. 109.
14 Vgl. https://www.vertriebsmanager.de/ (2018) Stand: 10.09.2020.
15 KKV: Komparativer Konkurrenzvorteil synonym werden benutzt: Kundenvorteil, Effektivitätsvorteil und Unique Selling Proposition.
16 Vollert (2004) S. 197.
17 Vgl. Vollert (2004) S. 197.
18 Vgl. Barkawi, Baader, Montanus (2006) S. 9.
19 Vgl. Barkawi, Baader, Montanus (2006) S. 4.
20 Vgl. ebenda.
21 Abbildung in Anlehnung an Barkawi, Baader, Montanus (2006) S. 6.
22 Vgl. Barkawi, Baader, Montanus (2006) S. 6.
23 Vgl. Wildemann (2006) S. 68.
24 Vgl. Hildenbrand, Gebauer, Fleisch (2006) S. 81.
25 Vgl. https://www.wuv.de/ (2019) Stand: 11.09.2020.