Die vorliegende Arbeit behandelt die Rationalitätsfiktionen nach Uwe Schimank, welcher einen Ansatz dafür liefert, wie Menschen rationale Entscheidungen treffen, ohne sie jedes Mal kritisch hinterfragen zu müssen, und den Rational-Choice-Ansatz. Zunächst wird definiert, welche Gesellschaftsform die Grundlage für die Theorien bildet, bevor es zu den Definitionen beider Theorien kommt. Im letzten Schritt soll es um einen Vergleich von Rationalitätsfiktionen und der Rational-Choice-Theorie gehen.
Im Alltag müssen viele Entscheidungen getroffen werden - und das von jedem einzelnen Individuum. Dabei scheinen viele Entscheidungen zunächst unbedeutend zu sein, wie beispielsweise die Entscheidung, ob man zu Fuß geht oder das Fahrrad nutzt, um an sein Ziel zu kommen oder ob man selbst kocht oder Essen bestellt.
Andere Entscheidungen hingegen beeinflussen bemerkbar das ganze Leben, weswegen solche Entscheidungen häufig schwieriger zu fällen sind. Zum Beispiel sind die Partnerwahl und die Frage, wo man denn gerne leben möchte, große Faktoren, die unser Leben nachhaltig beeinflussen, wobei einem bewusst sein sollte, dass es nicht selbstverständlich ist, dass man darüber selbst entscheiden darf.
In altmodischen Gesellschaften war vieles schon gegeben: als Mann übte man häufig den Beruf des Vaters aus, während man als Frau zu Hause blieb und sich um die Kinder kümmerte. Heute liegt es in einer modernen Gesellschaft in der eigenen Hand des Menschen, was er studiert und welchen Beruf er ausübt, ob er wirklich in einer monogamen Beziehung mit dem gegensätzlichen Geschlecht leben und Kinder zur Welt bringen möchte.
Die Möglichkeit selbstständig Entscheidungen zu fällen gibt dem Individuum natürlich die Freiheit, sein Leben so zu gestalten, wie es das gerne machen möchte, was gesellschaftlich insgesamt als positiv bewertet wird. Da aber viele Handlungen, vor allem auch viele alltägliche Handlungen mit Entscheidungen zusammenhängen, haben sich in der Gesellschaft Muster herausgebildet, die erklären, wie ein Mensch seine Entscheidungen trifft, die in der Gesellschaft als rational gelten und somit gesellschaftlich auch legitimiert sind.
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. Definition einer Entscheidungsgesellschaft
3. Rationalitätsfiktionen
4. Rational-Choice-Theorie
5. Vergleich von Rationalitätsfiktionen und Rational-Choice-Theorie
6. Fazit
Literaturverzeichnis
1. Einleitung
Im Alltag müssen viele Entscheidungen getroffen werden - und das von jedem einzelnen Individuum. Dabei scheinen viele Entscheidungen zunächst unbedeutend zu sein, wie beispielsweise die Entscheidung, ob man zu Fuß geht oder das Fahrrad nutzt, um an sein1 Ziel zu kommen oder ob man selbst kocht oder Essen bestellt. Andere Entscheidungen hingegen beeinflussen bemerkbar das ganze Leben, weswegen solche Entscheidungen häufig schwieriger zu fällen sind. Zum Beispiel sind die Partnerwahl und die Frage, wo man denn gerne leben möchte, große Faktoren, die unser Leben nachhaltig beeinflussen, wobei einem bewusst sein sollte, dass es nicht selbstverständlich ist, dass man darüber selbst entscheiden darf. In altmodischen Gesellschaften war vieles schon gegeben: als Mann übte man häufig den Beruf des Vaters aus, während man als Frau zu Hause blieb und sich um die Kinder kümmerte. Heute liegt es in einer modernen Gesellschaft in der eigenen Hand des Menschen, was er studiert und welchen Beruf er ausübt, ob er wirklich in einer monogamen Beziehung mit dem gegensätzlichen Geschlecht leben und Kinder zur Welt bringen möchte. Die Möglichkeit selbstständig Entscheidungen zu fällen gibt dem Individuum natürlich die Freiheit, sein Leben so zu gestalten, wie es das gerne machen möchte, was gesellschaftlich insgesamt als positiv bewertet wird. Da aber viele Handlungen, vor allem auch viele alltägliche Handlungen mit Entscheidungen zusammenhängen, haben sich in der Gesellschaft Muster herausgebildet, die erklären, wie ein Mensch seine Entscheidungen trifft, die in der Gesellschaft als rational gelten und somit gesellschaftlich auch legitimiert sind.
Die vorliegende Arbeit konzentriert sich hierbei einmal auf die Rationalitätsfiktionen nach Uwe Schimank, der einen Ansatz dafür liefert, wie Menschen rationale Entscheidungen treffen, ohne sie jedes Mal kritisch hinterfragen zu müssen, und dem Rational-Choice-Ansatz. Zunächst wird definiert, welche Gesellschaftsform die Grundlage für die Theorien bildet, bevor es zu den Definitionen beider Theorien kommt. Im letzten Schritt soll es um einen Vergleich von Rationalitätsfiktionen und der Rational-Choice-Theorie gehen, bevor es letztendlich zum Fazit am Ende der Arbeit kommt.
2. Definition einer Entscheidungsgesellschaft
Die moderne Gesellschaft, wie wir sie heute (hier in Deutschland und anderen fortgeschrittenen Ländern) kennen, ist in der Grundstruktur eine funktional differenzierte Gesellschaft. Allerdings hat eine Gesellschaft auch unterschiedliche Dimensionen, unter denen sie sich betrachten lässt, wodurch eine Vielzahl an Definitionsmöglichkeiten entsteht. Einer dieser Möglichkeiten ist die Definition der Gesellschaft als Entscheidungsgesellschaft. Dieser Begriff wurde vor allem durch Uwe Schimank geprägt, der 2005 das Buch „Die Entscheidungsgesellschaft- Komplexität und Rationalität der Moderne" veröffentlichte, in dem es darum geht, wie Individuen dem Anspruch gerecht werden, in der modernen Gesellschaft möglichst viele Entscheidungen rational zu treffen, obwohl dies ein immer komplexer werdender Prozess ist. Doch bevor die Arbeit auf seine Definition einer Entscheidungsgesellschaft eingeht, wird zunächst beschrieben, was unter einer funktional differenzierten Gesellschaft zu verstehen ist.
Niklas Luhmann definiert drei unterschiedliche Gesellschaftsformen: archaische Gesellschaften waren segmentär differenziert, hochkultivierte Gesellschaften stratifikatorisch differenziert und die moderne Gesellschaft ist funktional differenziert. Das typische Charakteristikum einer archaischen Gesellschaft war, dass sie aus unterschiedlichen Segmenten bestand, wobei alle Segmente die gleichen Aufgaben hatten. Dabei waren diese Aufgaben noch geschlechterspezifisch getrennt: die Frauen waren dem inneren Bereich zugeteilt und mussten sich um Haushalt und Kinder kümmern, während Männer dem äußeren Bereich zugeteilt waren und auf Arbeit gingen. Die segmentäre Differenzierung änderte sich dann mit der Zeit des Mittelalters. Hier war das prägende Merkmal die Hierarchie der sozialen Schichten. Das Individuum ist in eine Schicht hineingeboren, in der es seine Aufgabe hatte. Allerdings gab es hier schon die ersten Formen einer Arbeitsteilung innerhalb einer Gesellschaft, da Produktion und Konsumtion nun nicht mehr in einem Segment, wie es in den archaischen Gesellschaften der Fall war, zusammenfielen. Letztendlich entwickelte sich die Gesellschaft dann zu einer funktional differenzierten Gesellschaft und ist das Merkmal der modernen Gesellschaft, wie sie heutzutage existiert. Dies bedeutet, dass es viele unterschiedliche Funktionssysteme gibt, die jeweils eine Aufgabe für die gesamte Gesellschaft übernehmen. Diese Funktionssysteme unterscheiden sich alle untereinander, sind aber für eine Gesellschaft von gleichrangiger Bedeutung. So gibt es zum Beispiel das Gesundheits- Recht- oder Bildungssystem. Sie alle sind autonome Systeme und es kann auf keines verzichtet werden oder durch ein anderes ersetzt werden. (Luhmann 2017, 426ff.)
Mit der Ausdifferenzierung der Teilsysteme in den modernen Gesellschaften kam auch eine Rationalisierung einher, was bedeutet, dass der Anspruch auf Rationalität jeder Handlung und Entscheidung zunahm. Max Weber unterscheidet zunächst zwischen vier Arten von sozialem Handeln. Die erste Art ist traditional, was bedeutet, dass Handlungen sich durch Gewohnheiten begründen lassen. Dies war zum Beispiel eine Legitimationsmöglichkeit alter Herrschaftsformen, da somit begründet werden konnte, welche Schicht hierarchisch an höchster Stelle steht. Daneben gibt es noch affektuelle Handlungen, die aus aktuellen Emotionen entstehen. Angstreaktionen sind ein Beispiel dafür, da man in einer Situation, in der man Angst verspürt, nicht nachdenkt, sondern meist aus Instinkt handelt. Wertrationale Handlungen richten sich nach eigenen ethischen, ästhetischen oder religiösen Werten und Überzeugungen. Die vierte Art ist zweckrationales Handeln: hier wägt der Akteur alle Möglichkeiten rational miteinander ab und entscheidet sich letztendlich für die Handlung, die den größten Erfolg verspricht. (Weber 1988, S. 565)
Natürlich gibt es auch heutzutage noch alle genannten Arten des sozialen Handelns, doch in der modernen Gesellschaft gewinnt das zweckrationale Handeln immer mehr an Bedeutung und ist zum wesentlichen Charakteristikum der heutigen Gesellschaft geworden. Dies setzt voraus, dass sich der Akteur für eine Handlung aktiv entscheiden muss, weswegen Uwe Schimank die moderne Gesellschaft als Entscheidungsgesellschaft definiert. Akteure werden tagtäglich mit Situationen konfrontiert, in denen sie sich entscheiden müssen. Dabei wird von ihnen erwartet, dass vor allem Entscheidungen, die wichtig zu sein scheinen, rational getroffen werden. Dadurch ist das Individuum dem Druck von außen ausgesetzt, den Erwartungen der Gesellschaft zu genügen, da es von ihnen beobachtet wird und in bestimmten Situationen sogar Sanktionen erwarten könnte. Doch dadurch, dass rationales Handeln in der modernen Gesellschaft so einen hohen Stellenwert hat, wird der Akteur schon von Kindesalter dahingehend sozialisiert, dass es diesen Anspruch einer rationalen Entscheidung auch an sich selber hat, wodurch dies an Bedeutung im Leben eines jeden Individuums zunimmt. (Schimank 2005, S. 11)
Auf dieser Grundlage kann der Akteur selbst als homo optionis definiert werden, da der Mensch in der heutigen Gesellschaft viele Optionen hat und man als Individuum über alles, was das eigene Leben betrifft, entscheiden kann - von Körperlichkeit über Religion bis hin zu sozialen Beziehungen. (Beck und Beck-Gernsheim 2015, 16f.) Im weiteren Sinne lässt sich auch das Modell des Homo oeconomicus anwenden. Dieses sieht den Menschen als Nutzenmaximierer, der zweckrational handelt, um das bestmögliche für sich erzielen zu können. (Dudenredaktion o.D.) Allerdings ist dieses Modell in erster Linie an die Wirtschaft ausgelegt, wobei aber Uwe Schimank in seiner Theorie der Entscheidungsgesellschaft alle Entscheidungen miteinbezieht und nicht nur auf einen Bereich, wie der Wirtschaft, begrenzt.
Dabei muss beachtet werden, dass Entscheidungen alle sehr unterschiedlich sind. Während einige Entscheidungen eher klein sind und weder das eigene noch das Leben Anderer bemerkbar beeinflussen, gibt es auch große Entscheidungen. Diese können entweder das eigene Leben stark verändern, aber auch das Leben anderer Akteure, wenn man zum Beispiel die Entscheidung darüber trifft, wer eingestellt werden soll. In dieser Situation wäre der Entscheidungsträger auch der Rollenträger für eine Organisation. Darüber hinaus haben einige Entscheidungen nur kurzfristige Folgen, andere aber lange. So hat zum Beispiel die Wahl des Mittagsessens zunächst keine langfristigen Folgen, die Entscheidung ein Kind zur Welt zu bringen aber schon. Auch gibt es Entscheidungen, die alleine gemacht werden müssen, während andere gemeinschaftlich besprochen und getroffen werden. Außerdem ist zu beachten, dass einige Entscheidungen regelmäßig - mal tagtäglich, mal nur in bestimmten Jahresabständen (wie bei den Wahlen beispielsweise) - getroffen werden müssen, während andere einmalige Entscheidungen sind. Wichtig ist außerdem noch zu unterscheiden, welche Handlungen tatsächlich auf Entscheidungen beruhen und welche nicht. Viele unserer Handlungen gehören zu einer Routine, die man anerzogen bekommen hat, so dass sie keine aktiven Entscheidungen sind. Dazu gehört zum Beispiel das Zähneputzen am frühen Morgen nach dem Aufstehen. Hier ist es normalerweise keine Frage, ob man es tut oder nicht. Andere Handlungen waren anfangs eine Entscheidung, doch durch das Abwägen möglicher Alternativen, hat man eine zweckrationale Entscheidung getroffen, die man nicht mehr jedes Mal treffen muss und dadurch dann zur Routine wird. Als Beispiel lässt sich hier der wöchentliche Einkauf sehen: zunächst probiert man die unterschiedlichen Alternativen an Läden aus. Wenn ein Laden dann zum Beispiel durch besonders günstige Preise oder besondere Produkte positiv hervorsticht, wird man nicht jedes Mal darüber nachdenken, in welchen Laden man geht, sondern bleibt bei dem, was sich für einen selbst am besten herausgestellt hat, wodurch dies wieder zur Routine wird. (Schimank 2005, 11ff.)
Ein weiteres bedeutendes Merkmal einer Entscheidungsgesellschaft sind drei Spannungsverhältnisse, die Schimank formuliert. Zum einen existiert ein Spannungsverhältnis zwischen den idealen Anforderungen an einer rationalen Entscheidung, die logisch formulierbar sind, und den Mustern des Entscheidungshandelns, die in der Realität aufzuweisen sind. Das nächste Spannungsverhältnis beschreibt die Überforderung des Individuums, da Entscheidungen komplexe Prozesse sind und der Tatsache, dass sie dennoch im Alltag ständig zu treffen sind. Das letzte Spannungsverhältnis bezieht sich darauf, dass Akteure zwar Entscheidungen für sich treffen, aber sich dennoch viele Entscheidungen auch auf andere Individuen auswirken. (ebd,, S. 28)
Durch diese Spannungsverhältnisse stellt es eine Herausforderung für Individuen dar, regelmäßig Entscheidungen treffen zu müssen. Dadurch haben sich Muster entwickelt, die Akteure unbewusst nutzen, um Entscheidungen treffen zu können. Das folgende Kapitel beschreibt eines dieser Muster.
3. Rationalitätsfiktionen
Besonders im Alltag muss man viele kleine Entscheidungen treffen. Dabei entscheidet man sich häufig für etwas, ohne aktiv darüber nachgedacht zu haben. Als Erklärung hierfür hat Schimank das Modell der Rationalitätsfiktionen herausgearbeitet. Dies soll nun definiert und erklärt werden.
Uwe Schimank schreibt dazu:
Unter Rationalitätsfiktionen verstehe ich dabei Wissensvorstellungen, die sich auf die erfolgsträchtige Bearbeitung mehr oder weniger eng umschriebener Handlungsprobleme beziehen und innerhalb einer bestimmten Kollektivität von Akteuren geteilt und anerkannt sind. Die Kollektivität kann aus den Inhabern bestimmter Rollen bestehen, oder aus allen Rollenträgern eines Teilsystems, oder auch in manchen Fällen aus mehr oder weniger allen Gesellschaftsmitgliedern. (Schimank 2006, 57f.)
Doch was genau bedeutet das?
Rationalitätsfiktionen sollen den Akteuren helfen, vermeintlich rationale Entscheidungen zu treffen. Sie sind also Vorstellungen darüber, was eine gute und was schlechte Handlungsoption ist. Kommt ein Individuum also in eine Situation, in der es vor einem Entscheidungsproblem steht, wird eine Handlungsweise empfohlen oder es wird zumindest die Auswahl an Handlungsalternativen stark eingegrenzt. Dabei handelt es sich um Routinen oder Meinungen innerhalb einer Gemeinschaft. Je mehr Akteure eine Rationalitätsfiktion für plausibel halten und eine bestimmte Meinung vertreten, desto größer ist das Generalisierungsniveau. Und je höher das Generalisierungsniveau ist, desto leichter oder offenkundiger ist die Entscheidung für den Akteuren, der auf die Rationalitätsfiktion zurückgreift. Wichtig ist dabei zu beachten, dass der Akteur selbst tatsächlich denkt, er hätte eine rationale Entscheidung getroffen. Zwar ist er sich einerseits unterbewusst im Klaren, dass er keine selbstständige Entscheidung getroffen hat, da er den Aufwand einer Entscheidung - also das Suchen fehlender Informationen, um eine Situation umfassend einschätzen zu können und das darauffolgende Abwägen möglicher Alternativen - nicht auf sich nimmt, andererseits geht er davon aus, dass die Rationalitätsfiktion, der er sich bedient, der Wahrheit entspricht. Somit täuscht er sich zwar selbst, hat aber trotzdem die Möglichkeit, die getroffene Entscheidung als rationale Entscheidung zu sehen und auch dies in der Öffentlichkeit so darzustellen. Dabei lassen sich vor allem drei Vorteile herausarbeiten. Der erste Vorteil ist ein enormer Zeitgewinn. Um eine aktive rationale Entscheidung treffen zu können ist ein komplexer Bewertungsprozess nötig, der so umgangen wird. Akteure sind somit anhand von Rationalitätsfiktionen in der Lage, viel schneller Entscheidungen zu treffen. Die Umgehung des Bewertungsprozesses hat auch einen weiteren Vorteil, und zwar die Unsicherheitsabsorption. Denn dadurch, dass wir nicht nach weiteren Informationen suchen und die Gesamtsituation bewerten müssen, ist uns nicht bewusst, wie wenig wir eigentlich über diese Situation wissen, was zur Unsicherheit über eine Entscheidung führen kann. Der letzte wesentliche Vorteil ist die Legitimität, die eine Handlung durch die Rationalitätsfiktionen bekommt. Wenn man etwas tut, was in der Allgemeinheit als rational gilt, ist erstens das Risiko von Meinungsverschiedenheiten verringert, da die meisten Menschen genauso gehandelt hätten, und zweitens ist die Entscheidung auch bei Nicht-Erfolg gut begründbar. Denn es gilt die Vorstellung, dass wenn man etwas tut, was allgemein als rational angesehen wird, es nicht falsch sein kann. Somit lassen sich unerwünschte Folgen oder Nebenwirkungen auf äußere Zustände zurückführen, wodurch man sich selbst aus der Verantwortung ziehen kann. Allerdings sind nicht alle Rationalitätsfiktionen in allen Situationen hilfreich, denn es lassen sich auch Probleme entdecken. Eins davon ist, dass es teilweise zwei oder sogar mehr Rationalitätsfiktionen gibt, mit denen man in derselben Situation für unterschiedliche Handlungsoptionen argumentieren kann. Uwe Schimank nennt hier das Beispiel der Studienwahl: einerseits hört man häufig, dass man sich unbedingt eine Fachrichtung aussuchen soll, die gute Karrierechancen für die Zukunft bietet, während andererseits die Meinung existiert, dass es viel wichtiger ist, das zu machen, worauf man wirklich Lust hat. Des Weiteren ist es auch problematisch, dass Fiktionen mit der Zeit wechseln. Insbesondere in einer schnelllebigen Gesellschaft, wie der heutzutage, können sich Meinungen und Vorstellungen rasch ändern, was zur Verwirrtheit von den Akteuren führen kann. (ebd., 62ff.)
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1 Aus Gründen der besseren Lesbarkeit wird in dieser Arbeit die Sprachform des generischen Maskulinums angewandt. Es wird an dieser Stelle darauf hingewiesen, dass die ausschließliche Verwendung der männlichen Form geschlechtsunabhängig verstanden werden soll.