In Deutschland nimmt die Zahl der Bankfilialen immer weiter drastisch ab. Oder positiver formuliert, der Trend bewegt sich hin zum Online-Banking. So oder so ähnlich titeln fast alle Anzeigen in Bezug auf den Filialabbau. Welche Gründe gibt es hierfür? Wen betrifft es wie stark? Welche Alternativen bieten sich? Diese Fragen sollen im Verlauf dieser Hausarbeit beleuchtet werden.
Die zur Verfügung stehende Literatur wird dafür kritisch hinterfragt.
Inhaltsverzeichnis
1. EINLEITUNG
2. BANKENSYSTEM IN DEUTSCHLAND
3. CHARAKTERISIERUNG DES STATIONÄREN VERTRIEBS
3.1. Begriff der Filiale
3.2 Entwicklung der Filiallandschaft in Deutschland
4. AKTUELLE SITUATION
4.1. Generelle Ursachen und Gründe für FiLiALSCHLiEßUNGEN
4.1.1. Konsequenzen der Digitalisierung
4.1.2. Zunehmender Wettbewerb
4.1.3. Veränderte Kundenbedürfnisse
4.2. Beschleunigung von FILIALSCHLIEßUNGEN durch COVID-19
4.3. FILIALSCHLIEßUNGEN BEI EINZELNEN INSTITUTSGRUPPEN
4.3.1. Private Kreditbanken
4.3.2. Sparkassen
4.3.3. Kreditgenossenschaften
5. BEURTEILUNG DER FOLGEN VON FILIALSCHLIEßUNGEN
5.1. Sicht der Bankkunden
5.2. Sicht der Kreditinstitute
5.3. Sicht der Bankmitarbeiter
6. MÖGLICHKEITEN STRATEGISCHER NEUAUSRICHTUNGEN
6.1. Moderner Filialbetrieb
6.2. Flagship-Stores
6.3. Bankfiliale der Zukunft
7. FAZIT
LITERATURVERZEICHNIS
ABBILDUNGSVERZEICHNIS
1. Einleitung
In Deutschland nimmt die Zahl der Bankfilialen immer weiter drastisch ab. Oder positiver formuliert, der Trend bewegt sich hin zum Online-Banking.
So oder so ähnlich titeln fast alle Anzeigen in Bezug auf den Filialabbau.1 Welche Gründe gibt es hierfür? Wen betrifft es wie stark? Welche Alternativen bieten sich? Diese Fragen sollen im Verlauf dieser Hausarbeit beleuchtet werden.
Die zur Verfügung stehende Literatur wird dafür kritisch hinterfragt.
2. Bankensystem in Deutschland
Das deutsche Bankensystem umfasst zwei Ebenen. Auf der ersten Ebenen befinden sich kundenorientierte Kreditinstitute, welche mit Gewinnerzielungsabsicht agieren. Die zweite Ebene beinhaltet die europäischen Zentralbanken, zu welcher unter anderem die Deutsche Bundesbank und deren Hauptverwaltungen gehören. Die Aufgaben der zweiten Ebene liegen darin die Preisstabilität, den Geldumlauf und die Versorgung der Wirtschaft mit Krediten zu gewährleisten. Der innerdeutsche Bankenmarkt stützt sich auf drei Säulen. Als erste Säule betrachtet man die privaten Geschäftsbanken. Diese sind privatrechtlich organisiert und darunter zählen zum Beispiel Großbanken wie die Deutsche Bank AG, Commerzbank AG aber auch Regionalbanken und Privatbankiers. Die zweite Säule sind öffentlich-rechtliche Kreditinstitute. Darunter zählen Sparkassen und Landesbanken, welche nach dem öffentlichen Wirtschaftsrecht organisiert sind und danach handeln. Als letzte Säule gelten die Genossenschaftsbanken. Diese besitzen die Struktur des wirtschaftlichen Vereins und vertreten die Idee der organisierten Selbsthilfe. Beispiele sind Volksbanken, Raiffeisenbanken, WGZ-Bank und DZ- Bank.2
3. Charakterisierung des stationären Vertriebs
3.1. Begriff der Filiale
Für den wirtschaftlichen Aspekt der Begrifflichkeit lohnt es sich den Begriff der Filialunternehmung einmal näher zu betrachten. So zeichnet es eine Filialunternehmung aus, dass die zwar Niederlassungen räumlich voneinander getrennt sind, diese jedoch einer einheitlichen Leitung unterstehen. Das ermöglicht eine rasche Reaktion auf sich wandelnde Märkte. Es kann aber auch zur Vernachlässigung regionaler Besonderheiten führen.3
3.2 Entwicklung der Filiallandschaft in Deutschland
Die Gesamtanzahl deutscher Bankfilialen lag wie aus Abb. 1 zu entnehmen im Jahr 2004 noch bei 47.835. Davon entfielen nach Abb. 2 mit 15.107, 31,6% auf die Kreditbanken, 15.330 oder 32,0% auf die Sparkassen und Landesbanken, 14.318 (29,9%) auf Genossenschaftsbanken und sonstige Institute deckten mit 3112 Filialen 6,5% der Gesamtmenge. Im Vergleich zum Jahr 2004 sank die Zahl der Bankfilialen im Jahr 2019 auf 28.384 ab, was einem Rückgang insgesamt von 40,7% gleichkommt. 2019 sind 27,7% aller Banken Kreditbanken, 33,8% zählen zu den Sparkassen und Landesbanken und 32,8% entfallen auf die Genossenschaftsbanken. Diese Zahlen verdeutlichen das Ausmaß der Entwicklung weg von Filiale, hin zum Onlinebanking. Dabei bleibt zu beachten, dass dies nicht über Nacht geschieht, sondern wie hier auch benannt und Abb.1 zu entnehmen ist, einen fortlaufenden Prozess über 15 Jahre darstellt. Dieser Trend unterliegt bisher auch keinen starken Schwankungen. Der Abbau von Filialen lag bei allen Institutstypen jährlich im einstelligen Prozentbereich ohne zwischenzeitliche Wiederaufstockungen.
4. Aktuelle Situation
4.1. Generelle Ursachen und Gründe für Filialschließungen
4.1.1. Konsequenzen der Digitalisierung
Im Bereich der Digitalisierung treten drei Ebenen besonders hervor. Als erstes zu nennen ist hierbei die Entstehung einer neuen Gattung von privaten Kreditbanken, den sogenannten FinTechs. Diese operieren zumeist gänzlich ohne Filialen und haben Vorteile durch eine schlankere Struktur im digitalen Management. Die zweite Ebene stellt Prozessoptimierung sowie Automatisierung und Modularisierung dar. Das Ziel hierbei ist es mit hohen Anfangsinvestitionen in Infrastruktur und ChangeConsulting langfristig die Prozesskosten senken. Als letzte Ebene trägt der Kunde durch sein verändertes Verhalten zu einer Veränderung der Bank-Kunden-Beziehung bei. Gleichwohl wissen die Kreditinstitute, dass auf diesen Ebenen Handlungsbedarf besteht. In der Realität wird jedoch zumeist nur in bestehende Infrastruktur investiert.4
4.1.2. Zunehmender Wettbewerb
Die etablierten Finanzunternehmen stehen unter enormen Druck. Start-Ups unter dem Begriff FinTech machen sich in der Finanzindustrie breit. Durch das Auftreten in ausschließlich digitaler Form schaffen sie es mit Hinblick auf die vergangenen Jahre kundenzentrierter als etablierte Finanzunternehmen zu arbeiten. FinTechs selbst gibt es in verschiedenen Typ. Die Kundenschnittstelle bietet dem Verbraucher eine neue Oberfläche, die beispielsweise Angebote in eine App überträgt. Es entstehen durch Unternehmen wie Debitos neue Assetklassen und damit auch völlig neue Marktplätze für den Kunden. Durch die Trägheit der etablierten Kreditinstitute im Bereich Prozessoptimierung haben auch hier viele FinTechs eine Disziplin für sich entdecken können. Aber auch völlig neue Geschäftsmodelle wie Social-Trading- Plattformen, welche den Austausch über Anlagestrategien ermöglichen, finden sich bei den FinTech-Unternehmen.5
4.1.3. Veränderte Kundenbedürfnisse
Die Digitalisierung führt einen unaufhaltsamen Siegeszug auch in unserer Gesellschaft. Allein die Smartphone-Nutzung stieg im Vergleich zum Jahr 2009 mit knapp 6,31 Millionen Nutzern auf 57,7 Millionen Nutzern im Jahr 2019 an.6 Demnach ist es nicht verwunderlich, dass sukzessive auch die Nutzung von OnlineBanking ansteigt, da dieses anders wie die herkömmliche Bankfiliale, überall und jederzeit verfügbar ist. Abb.4 zufolge stieg der Anzahl an Kunden in Deutschland die Online-Banking nutzen von 8% im Jahr 1998 auf 50% der Bankkunden im Jahr 2018 an. Dieser rapide Anstieg konfrontiert alle Institutstypen mit der Herausforderung eine möglichst anwenderfreundliche Oberfläche für den Kunden bereitzustellen.
Die Customer Experience ist hier also besonders hervorzuheben. Diese zeichnet sich im Allgemeinen durch vier Punkte aus. Beim ersten Punkt geht es darum möglichst komfortabel orts- und zeitunabhängig auf die benötigten Informationen zugreifen zu können. Der zweite Punkt zielt mehr auf die Servicekomponente des Kundenerlebnisses ab. Hierbei soll der Aufwand für den Nutzer bei Vorgängen möglichst minimiert werden. Der dritte Punkt ist die Individualisierung von Produkt- und Servicelösungen durch welche sich der Kunde mehr einbezogen fühlt und das Nutzererlebnis maximiert wird. Den letzten Punkt verkörpert Collaborative Consumption7, statt also Eigentum an einem Produkt oder einer Dienstleistung zu erwerben wird diese zwischen Privatpersonen und Konsumenten „Peer-to-Peer“ (P2P) geteilt und genutzt.8
4.2. Beschleunigung von Filialschließungen durch COVID-19
Die Commerzbank ist einer der Vorreiter in Bezug auf Filialschließungen im Zusammenhang mit der Corona-Krise. Gleichzeitig zeigt es wie die Filialbanken angesichts der Situation aus finanziellen Zwängen reagieren müssen. Von den insgesamt ca. 1000 Zweigstellen der Privatbank sind im August 2020 nur 460 geöffnet. Von den restlichen 540 Standorte sollen nun 200 gar nicht erst wiedereröffnen.9
Zu den Filialschließungen kommt die Verstärkung der Nutzung von Angeboten im digitalen Bereich hinzu, da die Pandemie es vielerorts nicht erlaubte eine Bankfiliale aufzusuchen.
4.3. Filialschließungen bei einzelnen Institutsgruppen
4.3.1. Private Kreditbanken
Die Privaten Kreditbanken sind diejenigen, welche in den letzten 15 Jahren die meisten Filialen geschlossen haben. Zu den privaten Kreditbanken zählen zum Beispiel Deutsche Bank AG, Commerzbank und mehr. Seit 2004 hat sich das Filialnetz bei deutschen Privatbanken um 47,9% gelichtet. In absoluten Zahlen sprechen wir hier von über 7000 Filialschließungen.10 Zwischen den Jahren 2011 und 2015 steigerte sich die jährliche negative Veränderung der Filialzahlen nach Recherchen der KfW von -1,4% auf -3,8%.11
Anlass dieser zahlreichen Filialschließungen der Privatbanken ist zumeist die Kostensenkung. Der Chef für das Privatkundengeschäft der Deutschen Bank hat beispielsweise das Ziel, Einsparungen in Höhe von einer Milliarde Euro bis 2022 vorzunehmen. Davon ließen sich nach eigenen Angaben 200 Millionen Euro über die Ausdünnung des Filialnetzes realisieren.12
4.3.2. Sparkassen
Gegenüber den privaten Kreditbanken schließt die Sparkasse weniger Filialen. Im Hinblick auf den Zeitraum von 2004 bis 2019 ist der Abbau jedoch auch hier erheblich. 2004 betrug das Gesamtnetz der Sparkassen noch 14.769 Filialen. 2019 sind davon nur noch 9351 geöffnet. Das entspricht einem Schwund von 36,7%.13 Die Sparkassen stehen besonders unter Druck. Die wichtigste Ertragsposition ist der Zinsüberschuss. Dieser schwindet aber zunehmend durch das niedrige Zinsniveau insgesamt. Dadurch verengen sich die Margen und es wird schwieriger diese Erträge aufrecht zu erhalten. Dadurch erhöht sich der Druck auf der Aufwandsseite. Es kommt zu Kosteneinsparungen in vielen Segmenten, insbesondere in Bezug auf die Filialen.14
[...]
1 Beispiel 1: wiwo.de, Nach dem Filialsterben kommt die Handy-Bank, Internetrecherche 21.10.2020 https://www.wiwo.de/unternehmen/banken/banken-schliessen-zweigstellen-die-kunden-sind- verunsichert-beratungsbedarf-ist-da/12267760-2. html Beispiel 2: focus.de, So viele Filialen werden noch schließen, Internetrecherche 21.10.2020 https://www.focus.de/fmanzen/banken/tid-32947/filialsterben-in-deutschland-der-lange-abschied-von- den-dorf-sparkassen-so-viele-filialen-werden-noch-schliessen_aid_1072882.html
2 Vgl. Wissenschaftlicher Dienst des Bundestags, Bankensystem und Bankenaufsicht in Deutschland, S.3f., 2009 https://www.bundestag.de/resource/blob/409624/7592c651aef84a826a8e2251d4d676ff/WD-4-094- 09-pdf-data.pdf
3 Vgl. wirtschaftslexikon.gabler.de, Filialunternehmung, Internetrecherche 14.10.2020 https ://wirtschaftslexikon. gabler. de/defmition/fihaluntemehmung-32053
4 Vgl. Böhnke, Werner / Rolfes Bernd: Neue Erlösquellen oder Konsolidierung? - Geschäftsmodelle der Banken und Sparkassen auf dem Prüfstand, S. 11f., Springer Verlag, Düsseldorf / Duisburg, 2018
5 Vgl. - Tiberius Victor / Rasche Christoph: FinTechs Disruptive Geschäftsmodelle im Finanzsektor, S. 28f. Springer Verlag, Potsdam, 2016
6 Vgl. Abb.3 Anzahl der Smartphone-Nutzer in Deutschland in den Jahren 2009 bis 2019 (in Millionen) https://de.statista.com/statistik/daten/studie/198959/umfrage/anzahl-der-smartphonenutzer-in- deutschland-seit-2010/
7 engl.: gemeinschaftlicher Konsum
8 Vgl. Pommerening, Corinna: New Leadership im Finanzsektor, S.6f., Springer Verlag, Schenefeld, 2020
9 Vgl. handelsblatt.com, Commerzbank macht Tempo bei Filialschließungen, Internetrecherche 16.10.2020 https ://www. handelsblatt. com/finanzen/banken-versicherungen/sparpaket-commerzbank-macht- tempo-bei-filialschliessungen/26095996.html?ticket=ST-1214536-TAnPnN2OJMGOJOFfrpG0-ap5
10 Vgl. Abb. 1
11 Vgl. Schwartz, Michael: Deutschlands Banken schalten bei Filialschließungen einen Gang höher - Herkulesaufgabe Digitalisierung, S.2, KfW Research, Online Ausgabe, Siegen, 2017 https://www.kfw.de/PDF/Download-Center/Konzernthemen/Research/PDF-Dokumente-Fokus- Volkswirtschaft/Fokus-2017/Fokus-Nr. -181-Oktober-2017-Bankfilialen.pdf
12 Vgl. fondprofessionell.de, Deutsche Bank macht bei Filialschließungen Tempo, Internetrecherche 16.10.2020 https://www.fondsprofessioneU.de/news/unternehmen/headhne/deutsche-bank-macht-bei- filialschliessungen-tempo-198365/
13 Vgl. Abb.1
14 Deutsche Bundesbank: Die Ertragslage der deutschen Kreditinstitute im Jahr 2018, S. 90ff., Frankfurt, 2019 https://www.bundesbank.de/resource/blob/807246/81c4d8a4375fa08eb2cffa406720445d/mL/2019- 09-monatsbericht-data.pdf