Diese Arbeit soll unter Einbezug von fachwissenschaftlichem Diskurs sowie der Analyse und dem Vergleich zweier Fallstudien herausfinden, welche Merkmale eine erfolgreiche bilinguale Erziehung ausmachen und herausfinden, ob eine bilinguale Erziehung wirklich zu kompliziert ist.
In unserer global vernetzten Gegenwart ist Mehrsprachigkeit keine Seltenheit mehr. Mehr als 50 Prozent unserer Gesellschaft lebt in einer mehrsprachigen Umgebung. Auch die heutige Forschung spricht von immer mehr Vorteilen der Mehrsprachigkeit. Viele Studien einig, dass das Risiko an Alzheimer zu erkranken sinkt, sobald ein Mensch eine neue Sprache lernt. Das liegt daran, dass Gehirnregionen für Sprache, das Gedächtnis sowie andere geistige Leistungen aktiver und besser verknüpft sind. Dadurch können Alzheimer oder andere Arten von Demenz besser aufgehalten werden. Weiterhin werden einem durch weitreichende sprachliche Kenntnisse, wie zum Beispiel Spanisch oder Chinesisch, neue berufliche Chancen eröffnet. Da Kinder Sprachen in jungen Jahren sehr einfach lernen, wäre es am effizientesten einem Kind gleich mehrere Sprachen beizubringen, um ihm berufliche Mobilität zu ermöglichen sowie die Chance neue Kulturen kennenzulernen. Jedoch wird eine bilinguale Erziehung oft als zu kompliziert angesehen – trotz der Tatsache, dass viele Kinder erfolgreich mehrsprachig aufwachsen.
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. Wie erlernen Kinder eine Sprache?
3. Was ist Bilingualismus?
3.1. Umgebungskonstellationen bilingualerKinder
3.2. Vor- und Nachteile von Bilingualismus
4. Fallstudien frühkindlicher Mehrsprachigkeit
4.1. Francesca und Alessio
4.2. Yvonne und Nicole
4.3. Vergleich derFallstudien
5. Methoden zu bilingualen Erziehung in der frühen Familiensituation
6. Fazit
7. Quellen
1. Einleitung
In unserer global vernetzten Gegenwart ist Mehrsprachigkeit keine Seltenheit mehr. Mehr als 50 % unserer Gesellschaft lebt in einer mehrsprachigen Umgebung (Schneider 2015: 10). Auch die heutige Forschung spricht von immer mehr Vorteilen der Mehrsprachigkeit. Viele Studien einig, dass das Risiko an Alzheimer zu erkranken sinkt, sobald ein Mensch eine neue Sprache lernt. Das liegt daran, dass Gehirnregionen für Sprache, das Gedächtnis sowie andere geistige Leistungen aktiver und besser verknüpft sind. Dadurch können Alzheimer oder andere Arten von Demenz besser aufgehalten werden (o. A. 2012). Weiterhin werden einem durch weitreichende sprachliche Kenntnisse, wie zum Beispiel Spanisch oder Chinesisch, neue berufliche Chancen eröffnet. Da Kinder Sprachen in jungen Jahren sehr einfach lernen, wäre es am effizientesten einem Kind gleich mehrere Sprachen beizubringen, um ihm berufliche Mobilität zu ermöglichen sowie die Chance neue Kulturen kennenzulernen. Jedoch wird eine bilinguale Erziehung oft als zu kompliziert angesehen - trotz der Tatsache, dass viele Kinder erfolgreich mehrsprachig aufwachsen.
Diese Arbeit soll unter Einbezug von fachwissenschaftlichem Diskurs sowie der Analyse und dem Vergleich zweier Fallstudien herausfinden, welche Merkmale eine erfolgreiche bilinguale Erziehung ausmachen und herausfinden, ob eine bilinguale Erziehung wirklich zu kompliziert ist. Die Fallbeispiele stammen aus einem Buch von 1996, welches moderne Aspekte von Erziehung und Spracherwerb wie Technologie nicht miteinbezieht. Sie wurden trotzdem ausgewählt, da die Umgebungssituationen sowie der Verlauf ausführlich beschrieben wurden und diese Detailliertheit den Umfang vieler der modernen Fallbeispiele übertraf. Zunächst soll in Kapitel zwei ein kurzer Einblick in den frühen Spracherwerb eines Kindes gegeben werden, um herauszufinden wie Kinder Sprache lernen und welche wichtige Faktoren sind. Kapitel drei definiert den Begriff der Bilingualismus. Weiterhin werden die Umgebungssituationen bilingualer Kinder beschrieben, um einen Einblick in die verschiedenen Kombinationsmöglichkeiten hinsichtlich der involvierten Personen und Sprachen zu erhalten. Anschließend sollen Vor- und Nachteile von Bilingualismus genannt werden. Dies soll verdeutlichen, welche Vorteile und Probleme auftreten können, wenn eine zweisprachige Erziehung verfolgt wird. Im vierten Kapitel werden zwei Fallbeispiele beschrieben. Hier soll untersucht werden, welche Merkmale der im dritten Kapitel erarbeiteten Aspekte beobachtet werden können und inwiefern sich weitere familien- und situationsspezifische Merkmale sich auf den bilingualen Spracherwerb auswirken. Darauffolgend werden die beiden Beispiele hinsichtlich ihrer Merkmale und ihres Erfolgs verglichen. Abschließend soll das fünfte Kapitel generelle Empfehlungen für eine erfolgreiche bilinguale Erziehung aussprechen. Wenige negative, unbedingt zu vermeidende Merkmale werden auch genannt, bevor die Arbeit im Fazit die Frage beantwortet, ob eine bilinguale Erziehung möglich ist.
2. Wie erlernen Kinder eine Sprache?
Dieses Kapitel soll kurz umreißen, wie Kinder eine Sprache lernen. Dazu gehört sowohl die frühe Sprachwahrnehmung, als auch die Rolle der Eltern. Der Spracherwerb ist ein sehr komplexes Feld, doch da sich die Hausarbeit auf bilinguale Erziehung fokussiert, werden nur relevante Punkte hinsichtlich dieses Themas angesprochen.
Innerhalb der ersten vier Lebensjahre verinnerlicht ein Kind die elementaren Strukturen seiner Erstsprache leicht. Ein vergleichbar erfolgreicher Spracherwerb ist sehr schwer nachzuahmen (Kersebaum 2006: 47). Der Prozess des Spracherwerbs konnte von Forschern noch nicht komplett determiniert werden. Es wird angenommen, dass es sich um eine Mischung aus genetischer Prädisposition und Nachahmung handelt (Szagun 2013: 36). Babys können die lautlichen Eigenschaften jeder Sprache erwerben, jedoch lässt diese Fähigkeit bereits nach ca. einem Lebensjahr nach. Danach nehmen sie lediglich die Unterschiede der Lauteigenschaften ihrer Umgebungssprache(n) wahr (Bickes & Pauli 2009: 49f.). Eine emotionale Bindung ist für das Erlernen von Sprachen mindestens genauso wichtig wie der sprachliche Input (Schneider 2015: 138). Als engste Bezugsperson des Kindes spielen die Eltern daher eine wichtige Rolle innerhalb des Spracherwerbs. Diese Rolle spielen sie nicht erst nach der Geburt eines Kindes. Die prosodischen Eigenschaften werden bereits pränatal gelernt, da das auditive System ab der 24. Schwangerschaftswoche Reize empfängt. Durch den Input der Eltern eignet sich das Kind Klangeigenschaften, Wortakzente und Intonation an, die nicht nur ein wichtiger Bestandteil von Sprache, sondern auch von sozialer Kommunikation sind (Kersebaum 2006: 43).
„Zusammenfassend kann man sagen, dass der Aufbau eines sozialen Netzwerks, der Erwerb elementarer pragmatischer Fähigkeiten und die sprachanalytische Information und Motivation durch intensive Interaktion mit den erwachsenen Bezugspersonen darauf hinweisen, dass die präverbale Zeit im ersten Lebensjahr eine Phase entscheidender Weichenstellungen für den Spracherwerb im Allgemeinen wie auchfürden bilingualen Erstspracherwerb darstellt.“(Schneider 2015: 138)
3. Was ist Bilingualismus?
Heutzutage wird Bilingualismus als der regelmäßige und kommunikative Gebrauch mehrerer Sprachen definiert. Als simultaner Bilingualismus wird das Erlernen von mehreren Sprachen bis zum dritten Lebensjahr bezeichnet. Als sukzessive Bilingualismus beschreibt man einen frühen Spracherwerb einer zweiten Sprache, wenn er nach dem dritten Lebensjahr stattfindet. Ein späterZweitspracherwerb findet in der Pubertät statt. Die mehrsprachigen Fähigkeiten müssen alle sprachlichen produktiven und rezeptiven Kompetenzen - Sprechen, Lesen, Hören, Schreiben - abdecken, um als erfolgreich zu gelten. Wenn die Kompetenzen beider Sprachen hoch sind, spricht man von balanciertem Bilingualismus. Ist eine der beiden Sprachen besser ausgebildet, wird dies dominanter Bilingualismus genannt. Kinder, die Defizite innerhalb beider Sprachen auf qualitativer und quantitativer Ebene aufweisen, werden als semilingual bezeichnet. Jedoch ist dieser Begriff aufgrund der Stigmatisierung von Migrationshintergründen vorsichtig zu verwenden (Bickes & Pauli 2009: 103f.).
Die Situationen frühkindlicher Mehrsprachigkeit sind sehr unterschiedlich. Verschiedenste Kriterien können die sprachliche Biografie eines Kindes bestimmen. Dazu gehören die Anzahl der involvierten Sprachen, die Zeit zu der der Spracherwerb einsetzt sowie die kommunikative Situation in der Familie (Schneider 2015: 16f.). Diese kommunikativen Situationen werden im folgenden Kapitel beschrieben. Da Eltern die engste Bezugsperson des Kindes sind, verantworten sie daher die Rahmenbedingungen, in welchen ihre Kinder aufwachsen. Wenn sich die Eltern für eine bilinguale Erziehung entschieden haben, liegt es in ihrer Hand Gelegenheiten für ihr Kind zu schaffen, um die Zielsprachen erfolgreich zu erlernen. In Fällen von Trilingualismus werden diese Entscheidungen natürlich komplexer (Schneider 2015: 22). Zudem müssen die sprachlichen Kompetenzen lebenslang weiter ausgebildet werden, um die bestehende Kompetenz aufrecht zu erhalten und weitere Details der Sprache zu lernen (Schneider 2015: 30).
3.1. Umgebungskonstellationen bilingualerKinder
Innerhalb der bilingualen Erziehung lässt sich zwischen drei Konstellationen der sprachlichen Verteilung im Leben eines bilingualen Kindes unterscheiden.
Die erste Konstellation Eine Sprache - Eine Person beschreibt eine Situation, in der jeder Elternteil sich konsequent in einer Sprache an ihr Kind wenden sollte. Die Elternteile können entweder unterschiedliche Erstsprachen haben oder auch dieselbe. Sollte dies der Fall sein, wendet sich ein Elternteil in einer gut beherrschten Zweitsprache an das Kind. Weiterhin muss auch die Umgebungssprache beachtet werden. Diese kann entweder eine der beiden von den Eltern beherrschten Erstsprachen oder auch eine gänzlich andere sein.
Die zweite Konstellation Familiensprache + Umgebungssprache fokussiert sich auf die Trennung der Familiensprache und der Umgebungssprache. Die Eltern mit gleicher Erstsprache sprechen nicht die Umgebungssprache und das Kind muss diese daher durch andere Personen bzw. Institutionen erwerben. Eine andere Variante dieser Konstellation beschreibt Eltern mit unterschiedlichen Erstsprachen, von denen eine auch die Umgebungssprache ist. Diese wird jedoch innerhalb der Familie nicht verwendet. In der letzten Variante wird mit dem Kind in einer gut beherrschten Zweitsprache innerhalb der Familie gesprochen, da die Erstsprache beider Eltern auch die Umgebungssprache ist.
Die letzte Konstellation ist die kontextuelle Verteilung der Sprachen. Da die Eltern entweder selber bilingual sind oder ein hohes sprachliches Level in der Sprache ihres Partners erreicht haben, richten sie die Wahl ihrer Sprache nach anderen situationsabhängigen Faktoren aus wie z. B. Thema oder Gesprächspartner (Schneider 2015: 20f.). Die bilinguale Erziehung folgt in diesem Fall keinem strikten Muster, kann aber Erfolg haben. Grundsätzlich kann man sagen, dass allen Sprachen ein bestimmtes Anwendungsgebiet zugeordnet wird. Das bedeutet, dass es innerhalb von alltäglicher Kommunikation oft zu einer kontextuellen Verteilung von Sprachen kommt (Schneider 2015: 22).
3.2. Vor- und Nachteile von Bilingualismus
Das folgende Kapitel wird einige Vor- und Nachteile von Bilingualismus benennen. Diese sind von der spezifischen Situation des Kindes abhängig und müssen innerhalb der Familie hinsichtlich ihrer Wünsche und Möglichkeiten gewertet und umgesetzt werden.
Ein Vorteil bilingualer Kinder ist ihre Weltoffenheit. In vielen Fällen von frühkindlicher Zweisprachigkeitserziehung wird ihnen die Umgebungssprache ihres Wohnortes sowie die Erstsprache eines oder beider Elternteile vermittelt. Diese Erstsprachen sind für die Eltern in der Regel emotional konnotiert, da sich die Kultur der Familie sowie ein Gefühl von Heimat in dieser verbirgt (Schneider 2015: 267). Sprache ist immer mit Identität zu verknüpfen. Somit sind mehrsprachige Kinder oft bikulturell (Baker2006: 46).
In der Regel sind bilinguale Kinder sprachlich interessierter. Dadurch dass sie bereits zwei sprachliche Systeme kennen, entwickeln sie früh ein metalinguistisches Bewusstsein. Weiterhin sind sie im Umgang mit Sprachen selbstbewusster. Dies kann bei einem weiteren Fremdsprachenerwerb helfen. Auf sozialer Ebene entwickeln diese Kinder eine hohe Feinfühligkeit, da sie pragmatisch und adressatenorientiert ihre Sprache auswählen müssen. Dies stellt eine Herausforderung sowohl an das Taktgefühl, als auch an das Einfühlungsvermögen dar. Studien mit bilingualen Kindern zeigten außerdem Vorteile im kreativen und divergenten Denken. Unsicher bleibt jedoch, ob diese Vorteile andauern oder ob monolinguale Kinder aufholen können (Bickes & Pauli 2009: 88ff.). Fest steht, dass die Beherrschung mehrerer Sprachen einen Vorteil für den Arbeitsmarkt und damit verbunden ein höheres Einkommen mit sich bringen kann (Baker2007: 2). Dies istjedoch auch vom Prestige und Anwendungsgebiet derjeweiligen Sprachen abhängig.
Ein Nachteil an der bilingualen Erziehung ist die Tatsache, dass der die frühkindliche Mehrsprachigkeit auch misslingen kann. Dies passiert häufiger mit der Nichtumgebungssprache, wenn der Input quantitativ weniger und auch die Notwendigkeit dieser Sprache nicht gegeben ist. Grundzüge der weniger dominanten Sprache können trotzdem erlernt werden, jedoch ohne aktive Sprachproduktion. Dieser Fall wird als passiver Bilingualismus bezeichnet (Schneider2015: 265).
Weiterhin kann die Methode Eine Sprache - Eine Person scheitern, wenn ein Elternteil bedeutend weniger zuhause ist und daher der Kontakt zu der Zielsprache dieses Elternteils zu gering ist (Schneider 2015: 24). Der motivationale und zeitliche Aufwand einer bilingualen Erziehung ist sehr hoch und darüber müssen sich die Eltern bewusst sein (Baker 2007: 67f.). Außerdem bieten Kontakte mit der Außenwelt ebenfalls Konfliktpotenzial, da Außenstehende den Zweck hinter einer bilingualen Erziehung nicht kennen oder verstehen könnten. Somit kann das Prinzip Eine Sprache - Eine Person in der Öffentlichkeit schwerer durchzuführen sein, wenn die gewählte Sprache nicht der Umgebungssprache entspricht (Baker2007: 69).
Die Vorteile von Bilingualismus beziehen sich zum größten Teil auf den Charakter und die zukünftigen Chancen der Kinder. Es ist jedoch auffällig, dass die negativen Aspekte sich auf das Umfeld eines lernenden Kindes beziehen und hauptsächlich für eine Behinderung des Sprachlernen sorgen.
4. Fallstudien frühkindlicher Mehrsprachigkeit
Dieses Kapitel dient als Veranschaulichung der konkreten Situationen mehrsprachiger Familien. Es sollen zwei Fallbeispiele von bilingualer Erziehung beschrieben und im Anschluss hinsichtlich ihrer situationsspezifischen Kriterien hinsichtlich ihres Erfolges verglichen werden. Weiterhin ist es fraglich inwiefern die Eltern Vor- und Nachteile von bilingualer Erziehung aktiv verfolgen, sofern diese in den Berichten überhaupt angesprochen werden. Anschließend werden im folgenden Kapitel einige allgemeingültige Empfehlungen für eine erfolgreiche bilinguale Erziehung genannt.
4.1. Francesca und Alessio
Emilia und Carlo leben gemeinsam in Italien. Zu Beginn warSpanisch ihre Partnersprache, da Emilias Italienischkenntnisse begrenzt waren. Seit der Geburt ihrer Tochter Francesca hat sich Emilia bemüht schnell Italienisch zu lernen, auch um nicht unhöflich gegenüber ihren Schwiegereltern zu wirken. Spanisch verwendete sie nur noch im alleinigen Umgang mit Carlo und Francesca. Mit derZeitwurde Emilias Italienisch besser und sie musste nicht mehr oft auf Spanisch zurückgreifen. Weiterhin würde sie es als anstrengend empfinden, wenn sie die ganze Zeit zwischen zwei Sprachen wechseln müsste. Durch ihre gesteigerte Italienischkompetenz fühlt sich Emilia immer heimischer in Italien. Weiterhin steht sie der Zweisprachigkeitserziehung negativ gegenüber, da ihren Kindern Probleme ersparen will, wie zum Beispiel Sprachmischung sowie eine Mutter, die die Landessprache nicht spricht.
Francesca spricht aufgrund vieler Spanienaufenthalte, wo sie viele Freundschaften mit spanischsprachigen Kindern schloss, sehr gut Spanisch. Heutzutage liest sie Bücher in Spanisch, um die Sprache zu bewahren. Mit ihrer Mutter spricht sie Spanisch, wenn sie etwas vordem kleinen Bruder Alessio verheimlichen wollen. Jedoch entwickelt Alessio keine Neugier auf die Sprache und lehnt es ab, sie zu sprechen. Auch in Spanien war er nur einmal. Spanien gegenüber vertritt er eine negative Haltung, da er eine Dokumentation über die spanische Reconquista gesehen hat und die Geschehnisse dieser mit der Mentalität jedes Spaniers in Verbindung bringt. Dies wirkt sich negativ auf sein Interesse an der Sprache aus. Aufgrund der langjährigen, arbeitsabhängigen Auslandsaufenthalte musste Emilia Alessio primär Italienisch beibringen, um ihn auf die Schule in Italien vorzubereiten. Eigentlich denkt Emilia, dass Alessio durch die spanische Sprache berufliche Vorteile hätte und würde ihm gerne ihre Erstsprache beibringen. Sie wartet jedoch auf den richtigen Zeitpunkt. Weiterhin weigert sich Alessio, mit seiner Mutter und Schwester, nach Spanien zu reisen. Durch die Akzeptanz seiner Weigerung wurde die Notwendigkeit für das Spanische nie gegeben (Mahlstedt 1996: 151ff.).
Francesca hat im Gegensatz zu ihrem Bruder eine Spanischkompetenz erworben. Jedoch weist sie im Gegensatz zu ihm auch Interesse an der Sprache auf. Ob Alessio eine gewisse passive Kompetenz aufweist, wurde nicht beschrieben. Emilie erzieht ihre Kinder bzw. ihre Tochter unbewusst bilingual. Da Emilia zur Geburt ihrer Tochter erst Italienisch lernte, verwendete sie primär Spanisch und in Kombination mit der hohen Sprachkompetenz des Vaters lernt Francesca recht viel Spanisch. Dies entspricht jedoch keiner aktiven und intentionalen Methode der Zweisprachigkeitserziehung, da die Minderheitssprache als Familiensprache nur aufgrund der Notwendigkeit von Emilia besteht.
Jedoch wechselt die Familiensprache von Spanisch auf Italienisch mit Emilia fortschreitende Sprachkompetenz. Da Alessio zehn Jahre jünger ist als Francesca, ist seine Mutter zum Zeitpunkt seiner Geburt der italienischen Sprache aufgrund ihres Assimilationsverlangens fähig, weshalb er primär italienischen Input erhielt. Auch entwickelte er nie einen affektiven Bezug zur Sprache, da er aufgrund von fehlenden Spanienaufenthalten nie Beziehungen zu spanischsprachigen Kindern aufbaute. Aufgrund ihrer Assimilationsbestrebungen fehlt es Emilia an Motivation ihrem Sohn ihre Erstsprache näher zu bringen. Weiterhin kommt auch ihre negative Einstellung zum Bilingualismus zum Tragen, obwohl sie einsieht, dass ihr Mann durch seinen Bilingualismus berufliche Vorteile genießt (Mahlstedt 1996: 154ff.).
Die Art, wie sie ihre Kinder erzieht, macht sie von ihrem eigenen Assimilationsbestreben abhängig. Sie möchte sich integrieren und innerhalb ihres sozialen Umfelds einen Aufstieg erleben. Dies tut sie durch den erfolgreichen Erwerb des Italienischen. Jedoch wurde dadurch die Chance, für die Kinder bilingual aufzuwachsen, nicht genutzt. Der Vater, der selber erfolgreich zwei Sprachen spricht, wurde augenscheinlich nicht genug involviert, da er sicherlich einen positiven Einfluss auf die Sprachentwicklung hätte nehmen können.
4.2. Yvonne und Nicole
Die Familie um Natalie und Klaus spricht nur Französisch, solange keine weiteren Personen anwesend sind. Sie leben in Deutschland, doch Klaus spricht seinerseits gut Französisch und bemüht sich bei Frankreichaufenthalten nicht als Deutscher aufzufallen. Wenn Freunde zu Besuch sind, wird nur Deutsch gesprochen, da der Übersetzungsaufwand zu hoch wäre. Yvonne besucht eine deutsche Krippe, daher ist ihr deutscher Wortschatz ein wenig größer. Ihre zweijährige Schwester Nicole spricht sowohl deutsche als auch französische Wörter. Es wurde sich bewusst für Französisch als Familiensprache entschieden, da Yvonne das Deutsche, welches die Umgebungssprache innerhalb ihrer Babygruppe ist, sehr sicher erwerben würde.
Natalie hat sich mit Fachliteratur zu dem Thema bilinguale Erziehung auseinandergesetzt, da sie gerne möchte, dass ihre Kinder bilingual werden. Jedoch hält sie nichts davon, diese Erziehung zu streng durchzuführen, da sie das Missfallen anderer Eltern auf z. B. Sprachmischung für sich persönlich als negativ eingestuft hat. Wenn Yvonne aus dem Kindergarten kommt und in Deutsch redet, wiederholt Natalie den Inhalt auf Französisch, um Yvonne den Wechsel auf Französisch zu erleichtern und ihren Wortschatz zu erweitern. Mit ihrer kleinen Schwester spricht Yvonne oft Deutsch, da sie mit anderen Kindern in der Regel Deutsch spricht und nur in Frankreich redet sie komplett auf Französisch. Natalie pflegt ihr eigenes Französisch durch Literatur und Konversationen mit anderen Franzosen. Sie könnte sich zudem vorstellen, wieder nach Frankreich zu ziehen. Mit den Schwiegereltern gibt es jedoch Konflikte hinsichtlich der sprachlichen Erziehung der Kinder. Sie erwarteten die Erziehung auf deutscher Sprache, da sie laut Klaus sehr nationalistisch veranlagt seien.
Dies ist ein erfolgreiches Beispiel der Methode der Familiensprache + Umgebungssprache. Sehr positiv hebt sich in diesem Fall die nötige Sprachkompetenz des Vaters hervor. Weiterhin wirkt es unterstützend, dass er Französisch als Familiensprache akzeptiert. Somit sind beide Elternteile bilinguale Vorbilder. Der Erwerb des Deutsch ist weiterhin gesichert, da es die nötigen sozialen Kontakte außerhalb der Familie gibt. Der Erfolg liegt auch daran, dass Natalie ihre eigene Identität wichtig ist und sie diese ihren Kindern primär über die Sprache, aber auch durch Besuche in Frankreich näherbringen will. Zusätzlich verbessert sie Interferenzen, jedoch auf eine nicht aufdringliche Weise, sodass dies von ihren Kindern gut aufgenommen wird. Weiterhin konsultiert Natalie Fachliteratur zu dem Thema. Somit ist ihre Herangehensweise nicht nur emotional, sondern auch wissenschaftlich basiert. Gegenüber den Schwiegereltern verteidigt Natalie ihre Entscheidung der bilingualen Erziehung. Auch dies ist ein enorm wichtiges Kriterium, da eine Überzeugung der eigenen Entscheidungen positiv auf die Person und deren Umfeld auswirkt (Mahlstedt 1996: 162ff.).
4.3. Vergleich der Fallstudien
Dieses Kapitel wird die beiden Fallbeispiele hinsichtlich der Rolle der Mutter, dem wissenschaftlichen Interesse über Bilingualismus, die Motivation der Kinder, die konsequente Durchführung der Erziehung sowie der Rolle des Vaters vergleichen.
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