In der unternehmerischen Alltagspraxis sind Verträge mit Angehörigen oft keine Seltenheit. Diese dienen dabei oft der betriebswirtschaftlichem Stabilität. Grundsätzlich können diese Verträge auch steuerrechtlich mit Fremdverträgen gleichbehandelt werden. Dabei sind jedoch viele rechtliche Hürden zu sehen und zu nehmen. Insbesondere ist es neben dem sogenannten Fremdvergleich problematisch, wenn die Verträge mit nahen Angehörigen zivilrechtlich unwirksam sind. Hier stellt sich sodann die Frage, wie eine zivilrechtliche "Heilung" auf die steuerrechtliche Ebene wirkt.
Der Aufsatz skizziert die oberste Rechtsprechung zu diesen Themen und analysiert diese kritisch. Schließlich wird die Rechtsprechungsanalyse zu einem Ergebnis zusammengeführt.
Inhaltsverzeichnis
I. Problemaufriss
II. Rechtliche Einordnungen
1.) Zivilrechtliche Einordnung
2.) Steuerrechtliche Einordnung
III. Schlussbetrachtung
I. Problemaufriss
Die zivilrechtlichen Verträge sind die Grundlage für die steuerrechtliche Beachtlichkeit. Soweit ein Vertrag geschlossen wurde, kann dieser entsprechend steuerrechtlich geltend gemacht werden. Dies ist der standardisierte Fall für u.a. Betriebsausgaben sowie für die Vorsteuerabzugsfähigkeit, bei beispielsweise einem Mietvertrag. Problematisch wird dieses Konstrukt, wenn die Grundlage für die Steuer rechtlich nicht korrekt ist.
Das Zivilrecht kennt verschiedene Voraussetzungen damit Verträge wirksam werden. Diese haben stets verschiedene gesetzgeberische Hintergründe, wie beispielsweise den Minderjährigenschutz, den Übereilungsschutz oder die Sicherheit im Handelsverkehr. Soweit gegen diese Vorschriften verstoßen wird, kann es zur kompletten Unwirksamkeit der Verträge kommen. Sicherlich kennt das Zivilrecht viele Heilungsmöglichkeiten, um eben solche Verträge zur Wirksamkeit zu verhelfen. Damit soll der Wille der Vertragsparteien - unter bestimmten Voraussetzungen - trotz des Verstoßes noch Rechnung getragen werden. Wie sich solch eine Unwirksamkeit auf die steuerrechtliche Ebene auswirkt, gibt die Abgabenordnung freilich aus. Grundsätzlich gilt gem. § 41 Abs. 1 AO, dass die zivilrechtliche Lage keinen Ausfluss auf die steuerrechtliche Ebene haben kann.
Schwierig wird die rechtliche Lage dennoch, da der Bundesfinanzhof bei diesem Grundsatz eine erhebliche Ausnahme für Verträge mit nahen Angehörigen geschaffen hat.
Noch komplizierter wird es rechtlich, wenn gegen erforderliche Formverstöße im Minderjährigenrecht verstoßen wurde. Der Aufsatz untersucht, wie die steuerrechtliche Beachtlichkeit von einem Mietvertrag zu werten ist, wenn der Mietvertrag mit einem minderjährigen nahen Angehörigen geschlossen wurde; und erst Jahre später die notwendige Genehmigung des Ergänzungspflegers erfolgte und zudem nicht ein Eltern direkt, sondern mittelbar über eine Personengesellschaft handelten.
Diese komplexe Thematik wird ausgehend von der zivilrechtlichen Problematik dargestellt. Zunächst wird das familienrechtliche Problem aufgezeigt und dessen rechtliche Lösung erklärt. Letztlich wird erörtert, ob die zivilrechtliche Lösung auf die steuerrechtliche Ebene durchschlagen kann. Hier wird außerdem auf die grundlegende Rechtsprechung des Bundesfinanzhofes eingegangen. Ebenso wird die verfassungsrechtliche Dimension dieser Rechtsprechung diskutiert.
II Rechtliche Einordnungen
1.) Zivilrechtliche Einordnung
a) Zunächst kann konstatiert werden, dass Rechtsgeschäfte, welche nur mit dem Minderjährigen wirksam sind, soweit diese lediglich rechtlich-vorteilhaft sind, gem. § 107 BGB. Dies ist der Fall, soweit der Minderjährige keine Pflichten oder andere Nachteile erlangt aus dem Vertrag tragen muss. Soweit dies nicht der Fall ist, sind die Geschäfte von den vertretungsbefugten Elternteilen nach zu genehmigen, gem. § 108 Abs. 1, 1629 Abs. 1 Satz 1 BGB. Nachteile ergeben sich insbesondere bei Mietverträgen. Soweit der zukünftige Vermieter minderjährig ist, müssen die Eltern das Geschäft genehmigen, denn der Vermieter erhält nicht nur die Rechte aus dem monatliche oder jährlichen Mietzins, sondern trägt auch erhebliche zivilrechtliche Pflichten, gem. §§ 535 ff. BGB. Damit ist ein Mietvertrag niemals nur lediglich rechtlich-vorteilhaft. Daher ergibt sich die Genehmigungspflicht der beiden Eltern.
b) Problematisch wird die Situation, wenn beide Eltern, dass Kind auf der einen Vertragsseite (Vermieterseite) vertreten müssen, aber auf der anderen Vertragsseite (Mieterseite) ebenso ein Elternteil steht. Dies führt im Ergebnis faktisch dazu, dass die Eltern mit sich selbst einen Vertrags verhandeln und abschließen würden, soweit nun auf der Mieterseite ebenso ein Elternteil steht. Dadurch würde im Ergebnis ein verbotenes Insichgeschäft vorliegen, gem. § 181 BGB. Die Vertretungsbefugnis der Eltern, nach § 1629 Abs. 1 Satz 1 BGB, schließt jedoch logischerweise Geschäfte aus, für die auch ein Vormund keine Vertretungsmacht für das Mündel hätte. Dies sind insbesondere die Insichgeschäft nach § 1795 Abs. 2, § 181 BGB. Um diese Situation zu lösen, ist in solchen Fällen das zuständige Familiengericht anzurufen und für diese eine Angelegenheit ein sogenannter Ergänzungspfleger zu bestellen, gem. § 1909 Abs. 1 Satz 1 BGB. Dieser Ergänzungspfleger prüft in dieser Lage den gewünschten Vertrag und genehmigt sodann anstatt des Elternteiles. Im Übrigen kann der Elternteil, der von der Vertretung in diesem Fall ausgeschlossen ist, die Vertretungsbefugnis nicht auf den anderen Elternteil übertragen, da darin eine unzulässige Umgehung des Minderjährigenschutzes liegen würde.
c) Diese familienrechtliche Besonderheiten im Bezug auf das Insichgeschäft bzw. der Bestellung des Ergänzungspflegers gelten ebenso, wenn auch ein Elternteil nur mittelbar beteiligt ist.
Dies ist insbesondere bei Personengesellschaftern der Fall. Diese Grundsätze gelten immer dann, wenn ein naher Angehöriger oder ein Ehegatte beherrschender Gesellschafter in der Personengesellschaft ist (vgl. BFH-Urteil vom 13. Juli 1999 VIII R 29/97, BStBl. II 2000, S. 286). Soweit also ein Vertragspartner eine offene Handelsgesellschaft, Kommanditgesellschaft, Gesellschaft bürgerlichen Rechts etc. ist, ist die Genehmigungsbeschränkung zu beachten, soweit der Verwandte eine beherrschende Stellung in der Gesellschaft inne hat. Daher ist auch bei einem Vertragsschluss zwischen einem Minderjährigen und bspw. einer Gesellschaft des bürgerlichen Rechts ein Ergänzungspfleger zu bestellen, soweit nur ein Elternteil Einfluss in der Gesellschaft hat.
d) Soweit das Formerfordernisses des Ergänzungspflegers nicht eingehalten wurde und der Vertrag dennoch vollzogen wird, ist dieser aus zivilrechtlicher Sicht schwebend unwirksam sein. Dies bedeutet, dass der Vertrag erst mit der späteren Nachgenehmigung über einen Ergänzungspflegers tatsächlich Rechtskraft, ab Vertragsschluss entfalten kann. Bis zu diesem Zeitpunkt besteht kein wirksames Vertragsverhältnis. Soweit also im Rahmen des schwebend unwirksamen „Vertrages“ Gegenleistungen ausgetauscht werden, sind diese ohne Rechtsgrund geleistet wurden und können u.a. zurückgefordert werden. Ebenso können weitere zivilrechtliche schwere Folgen einschlägig sein.
Eine Nachgenehmigung schafft hier die Abhilfe, sodass der Vertrag von Beginn an als wirksam gilt.
2.) Steuerrechtliche Einordnung
Nach der zivilrechtlichen Einordnung der Problematik wird nun analysiert, wie der Bundesfinanzhof grundsätzlich Verträge mit nahen Angehörigen sieht. Daran anschließend wird erläutert, wie die Rechtsprechung die Einordnung von schwebend unwirksamen zivilrechtlichen Verträgen steuerrechtlich beachtet.
a) Grundsatz des Bundesfinanzhofes zu Verträgen mit nahen Angehörigen
Das oberstes Finanzgericht - der Bundesfinanzhof - geht von einer betrieblichen Veranlassung von Aufwendungen stets dann aus, wenn die Vereinbarung in der gesetzlich vorgeschriebenen Form zustande gekommen ist und sowohl die Gestaltung als auch die Durchführung des Vereinbarten dem zwischen Fremden Üblichen entsprechen. Diese strengen Voraussetzungen werden damit begründet, dass durch den Familienverbund ein fehlender Interessengegensatz im Vertrag vorliegen würde. Die Rechtsprechung sieht als eine grundsätzliche Missbrauchsgefahr bei Verträgen mit nahen Angehörigen. Gleichwohl möchte die Rechtsprechung jedoch solche Verträge nicht gänzlich unterbinden, da diese auch der Tatsächlichkeit entgegenstehen würde.
Vor dem Hintergrund der Missbrauchsbekämpfung wird daher die Ernsthaftigkeit des Vertrages, als Voraussetzung für die steuerrechtliche Beachtung gesetzt (vgl. m.w.N. BFH-Urteil vom 7. Juni 2006 IX R 4/04, BStBl. II 2007, S. 294). Mit dieser Prüfungserweiterung soll ergründet werden, ob die Vertragsbeziehung tatsächlich in der betrieblichen Spähre wurzeln oder doch im privaten Bereich liegen (BFH-Urteil vom 13. Juli 1999 VIII R 29/97, BStBl. II 2000, S. 386). Diese erweiterte Prüfung der Verträge ist auch verfassungsrechtlich konform. Das Bundesverfassungsgericht sieht ebenso die Missbrauchsmöglichkeit bei Verträgen mit nahen Angehörigen, sodass ein erweiterter Prüfungsmaßstab, über den Wortlaut hinaus auch vertretbar ist (hierzu Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 7. November 1995 2 BvR 802/90).
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