Das Portfolio dokumentiert meine Zeit am Gymnasium in Bremen und den Unterricht, den ich dort in der Klasse 5 durchgeführt habe. Das Thema für die gesamte Unterrichtseinheit war die Schöpfung. In diesem Portfolio halte ich mich an die Rahmenbedingungen, die in der Vorlesung und im Seminar gegeben wurden.
Zunächst wird in der Bedingungsanalyse dargelegt, welche Rahmenbedingungen für meine Unterrichtsstunde gegeben sind. Hierbei werde ich mich ebenso mit dem Entwicklungsstand und den Lernvorraussetzungen der Schülerinnen und Schüler der fünften Klasse beschäftigen. In der Sachanalyse stelle ich das Unterrichtsthema vor und welche Besonderheiten es mit sich bringt. Diese mündet im darauffolgenden Punkt in die Relation zur didaktischen Analyse bzw. zu den didaktischen Fragen nach Wolfgang Klafki. Darauf folgt die Begründung der didaktisch-methodischen Entscheidungen, in der ich die Inhalte, die Medien- und Methodenauswahl sowie die verwendeten Sozialformen zueinander in Beziehung setze. Den Schluss des Portfolios bildet eine Reflexion bzw. Auswertung, in welcher ich verschiedene Aspekte des Unterrichts und den Verlauf sowie das Verhalten der Akteure des Unterrichts beleuchten werde. Dabei gehe ich ebenso auf meine eigene Kompetenzentwicklung ein.
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. Bedingungsanalyse
3. Sachanalyse
3.1 Didaktische Analyse anhand von Wolfgang Klafkis Fragen
4. Begrundung der didaktisch-methodischen Entscheidungen
5. Auswertung der stattgefundenen Unterrichtsstunde
6. Fazit
7. Literaturverzeichnis
8. Anhang
1. Einleitung
Dieses Portfolio ist im Rahmen der Praxisorientierten Elementen des Faches Religion entstanden und ist somit das Ergebnis des Praxissemesters Gymnasium/Oberschule der Fachdidaktik Religi- onswissenschaft im Wintersemester 2019/2020.
Das besagte Praxissemester beinhaltete sechs Hospitationsstunden und zwei selbststandig durch- gefuhrte Unterrichtsstunden von jeweils 45 Minuten. Das Praktikum fand zeitgleich mit dem beglei- tenden Seminar statt. Dieses wurde von Jan K. geleitet, welcher ebenso die Rolle des Unterrichts- mentors einnahm und uns auf das Praktikum vorbereitete.
Das Portfolio dokumentiert meine Zeit am Gymnasium in Bremen und den Unterricht, den ich dort in der Klasse 5 durchgefuhrt habe. Das Thema fur die gesamte Unterrichtseinheit war die Schopfung. In diesem Portfolio halte ich mich an die Rahmenbedingungen, die in der Vorlesung durch Frau K. und im Seminar durch Herrn K. gegeben wurden.
Zunachst wird in der Bedingungsanalyse dargelegt, welche Rahmenbedingungen fur meine Un- terrichtsstunde gegeben sind. Hierbei werde ich mich ebenso mit dem Entwicklungsstand und den Lernvorraussetzungen der Schulerinnen und Schuler der funften Klasse beschaftigen. In der Sach- analyse stelle ich das Unterrichtsthema vor und welche Besonderheiten es mit sich bringt. Diese mundet im darauffolgenden Punkt in die Relation zur didaktischen Analyse bzw. zu den didakti- schen Fragen nach Wolfgang Klafki. Darauf folgt die Begrundung der didaktisch-methodischen Entscheidungen, in der ich die Inhalte, die Medien- und Methodenauswahl sowie die verwendeten Sozialformen zueinander in Beziehung setze. Den Schluss des Portfolios bildet eine Reflexion bzw. Auswertung, in welcher ich verschiedene Aspekte des Unterrichts und den Verlauf sowie das Ver- halten der Akteure des Unterrichts beleuchten werde. Dabei gehe ich ebenso auf meine eigene Kompetenzentwicklung ein.
2. Bedingungsanalyse
Neben den zwei Unterrichtsstunden, die in dem Praktikum durchgefuhrt wurden, standen insge- samt 12 Hospitationsstunden zur Verfugung, in der die Klasse aktiv beobachtet werden konnte.
Die Mehrheit der Schulerinnen und Schuler der Klasse 5 des Gymnasium sind deutscher Herkunft, bis auf vier Schulerinnen und Schuler. Alle Schulerinnen und Schuler befinden sich dem Anschein nach in einem guten gesundheitlichen Zustand. Bei niemandem waren beispielsweise au- genscheinliche korperliche Einschrankungen festzustellen. Diese Merkmale wurden von ihrer Reli- gionslehrerin in einem Nachgesprach bestatigt. Es herrscht ein positives und harmonisches Klima innerhalb der Klasse 5. Bezuglich der Lernweise der Schulerinnen und Schuler konnte festgestellt werden, dass viele Methoden anwendbar sind. Bei Gruppenarbeiten waren einige Schulerinnen und Schuler zwar etwas unruhig, trotzdem kamen sie zu einem Ergebnis. Allgemein haben die Schule- rinnen und Schuler sich aktiv am Unterricht beteiligt, indem sie sich gemeldet und mit Interesse am Unterricht teilgenommen haben. Fur die Bearbeitung der Aufgaben hatten sie Zeit fur Einzelarbeit. Einige Schulerinnen und Schuler haben mit ihrem Sitznachbarn die Aufgaben bearbeitet. Viele Schulerinnen und Schuler haben sich gegenseitig geholfen, doch einige zeigten auch ihre Zielstre- bigkeit und ihr Ehrgeiz, indem sie die Aufgaben fur sich alleine losen wollten. Es kam hin und wieder vor, dass eine Schulerin oder ein Schuler aufgestanden ist und eine Mitschulerin oder einen Mit- schuler nach der Antwort gefragt hat.
Fur eine visuelle Lernweise wurde nur die Tafel genutzt, beispielsweise fur ein Brainstorming oder Zeitstrahl. Zu der auditiven Lernweise zahlt das Vorlesen eines Textes der Schulerinnen und Schuler. Bezuglich der Lernschritte der Klasse konnte beobachtet werden, dass sie meistens mit dem Lesen eines Textes beginnen, woraufhin nach jedem Absatz unklare Begriffe mit der Lehrkraft besprochen wurden, sodass die Klasse sich mit angeeignetem Wissen dem nachsten Absatz widmen konnte. AnschlieBend wurden die vorgegebenen Aufgaben bearbeitet. Die Lernkapazitat der Klasse 5 scheint sehr hoch zu sein, da sie Informationen in kurzer Zeit schnell aufnehmen kann. Wenn einige Schulerinnen oder Schuler etwas nicht verstanden haben, zogerten sie nicht nachzufragen. Einige Schulerinnen und Schuler weisen fur ihr Alter bereits ein breites Spektrum an Wissen auf, insbesondere hinsichtlich des Themas des Reformationstags. Hierbei hat ein Schuler direkt den Zu-sammenhang zu Martin Luther und seinen 95 Thesen herstellen konnen.
Die Schulerinnen und Schuler befinden sich im Alter von zehn bis zwolf Jahren und lassen sich somit dem konkret-operatorischen Stadium zuordnen. Piagets Theorie der kognitiven Denkentwick- lung ordnet diesem Stadium die Fahigkeit des beschrankten logischen Denkens zu.1 Nichtsdesto- trotz konnte ebenso beobachtet werden, dass einigen Schulerinnen und Schulern bereits auch das formal-operatorische Stadium2 zugeschrieben werden kann. Sie waren beispielsweise imstande, das neue Thema aufzugreifen und es kritisch zu hinterfragen. Sie bemuhten sich darum, eine logische Erklarung zu finden. Berucksichtigt man die entwicklungspsychologische Perspektive, so kann ge- sagt werden, dass der Entwicklungsstand der Kinder in der Klasse die Erwartungen etwas ubertrof- fen hat. Es herrscht eine angenehme Atmosphare im Klassenraum, da die Schulerinnen und Schuler rucksichtsvoll miteinander umgehen und sie somit ihren Klassenkameradinnen und Klassenkamera- den ermoglichen, ihre Ideen und AuBerungen aussprechen zu lassen. Fur die meisten Schulerinnen und Schuler war es kein Problem, die Inhalte der letzten Stunde in eigenen Worten wiederzugeben. Dennoch darf nicht unerwahnt bleiben, dass einige Schulerinnen und Schuler sprachliche Schwie- rigkeiten aufweisen. Beim Lesen konnte festgestellt werden, dass sich der Lesefluss bei bestimmten Schulerinnen und Schulern von anderen unterscheidet. Bezuglich der Religiositat konnen keine konkreten Aussage getroffen werden, da die Schulerinnen und Schuler keinen eigenen religiosen Bezug zu den Themen der Stunden herstellen mussten. Dennoch konnte beobachtet werden, dass die Schulerinnen und Schuler ausgepragte Kenntnisse uber das Christentum und seine Glaubensin- halte besitzen.
In den bisher beobachteten Schulstunden haben die Lehrkraft und die Praktikantinnen und Prak- tikanten mehrere Medien genutzt, um eine Lernstandserhebung durchzufuhren. Beispielsweise wur- de zu Beginn eine Art Brainstorming gemacht, bei dem die Schulerinnen und Schuler dazu aufge- fordert wurden alles zu erzahlen, was ihnen uber das jeweilige Thema einfallt. Die einzelnen Be- griffe wurden an der Tafel gesammelt. Durch diese Methodik konnte die Lehrkraft einen ersten Ein- blick in den Wissensstand der Schulerinnen und Schuler gewinnen.
Der fachspezifische Wissenstand der Klasse 5 lag, wie bereits erwahnt, in vielerlei Hinsicht etwas uber den Erwartungen. Die Klasse bringt ein sehr ausgepragtes Repertoire an Grundwissen in den Unterricht mit und bringt dieses auch gut in das Unterrichtsgeschehen mit ein, indem sie bei- spielsweise kleine Diskussionen durchfuhrten. Das hohere Verstandnis von Religion und Geschich- te, welches einige Schulerinnen und Schuler besitzen und von sich aus sogar in Verbindung brach- ten, konnte wiederum mit dem benachbarten katholischen Kindergarten erklart werden. Sie weisen ebenso ein hohes Textverstandnis auf und konnen nicht nur den Inhalt wiedergeben, sondern auch Verstandnisfragen formulieren. Beispielsweise hat eine Schulerin in der zweiten Stunde hinterfragt, wieso Halloween am Reformationstag stattfindet. Viele Schulerinnen und Schuler brachten eigene Interessen und Ideen in den Unterricht und die Lehrkraft sowie angehende Lehrkrafte gingen des Ofteren darauf ein.
In den Hospitationsstunden konnte haufig ein Frontalunterricht mit einem Lehrer-Schuler-Ge- sprach beobachtet werden, welcher durch gemeinsames Lesen von kurzen Texten und der darauf- folgenden Klarung von einzelnen Begriffen abgelost wurde. Dabei gelingt es der Lehrkraft und den angehenden Lehrkraften, trotz des Frontalunterrichts, den Religionsunterricht so zu gestalten, dass die Schulerinnen und Schuler ihre eigene Erfahrungen, Interessen, ihre Neugier sowie ihr Vorwissen mit den jeweiligen Texten verbinden und in den Lernprozessen bedeutende Einsichten uber Glauben und Leben von Christinnen und Christen sowie Judinnen und Juden erschlieben. Dabei loben sie die Schulerinnen und Schuler, wenn sie Fragen richtig beantworten. Die Lehrkraft versucht auch durch eine Leseliste jede einzelne Schulerin und jeden einzelnen Schuler zum Lesen zu motivieren. Dabei hat sie ebenfalls den Uberblick daruber, welche Schulerinnen und Schuler haufig laut vorlesen wol- len und welche nicht. Hinsichtlich des fachlichen Stands gibt es eine Kleinigkeit zu bemangeln, in der die Lehrkraft bei der Nachbesprechung den Begriff Schopfungserzahlung als Schopfungsbericht bezeichnet hat, wobei dies ein irrefuhrender Begriff ist. Zum Thema Schopfung haben die Schule- rinnen und Schuler keinerlei Vorkenntnisse, weshalb sie keine religiosen Fachbegriffe kennen und die Lehrkraft bzw. Angehende Lehrkrafte eine umfangreiche Einleitung in das Thema geben muss- ten. Zudem sollte seitens der Lehrkraft beachtet werden, dass es sich bei der Klasse um eine funfte Klasse handelt und man dem Niveau entsprechend Texte auswahlen sollte, wenngleich einige Schu- lerinnen und Schuler Vorwissen besitzen. Je schwerer die Texte sind, desto mehr Klarungsbedarf besteht fur einzelne Begriffe, wobei einige Begriffe, die hochstwahrscheinlich den meisten Schule- rinnen und Schulern nicht bekannt sind, ubersehen werden konnen. Dementsprechend sollten die Lehrkrafte sich bewusst machen, ob die jeweiligen ausgewahlten Texte fur ihre Klasse geeignet sind.
Die aktuelle Zeitsituation wird beachtet. Beispielsweise wurde zu der Unterrichtseinheit Feierta- ge das Erntedankfest und Halloween behandelt. Mit dieser Auswahl entschied man sich fur Feierta- ge, welche zur Jahreszeit passten und in die momentane Umwelt der Schulerinnen und Schuler ge- horten. Zudem wurde in den Einfuhrungen der beiden Stunden auch uber Feiertage wie den Reformationstag oder den Tag der Deutschen Einheit gesprochen, da auch diese unmittelbar in die Zeit der Unterrichtsstunden gepasst haben. Die Impulse zu den Feiertagen, welche nicht Stundenthema waren, kamen zum Teil von den Schulerinnen und Schulern, welche ihren eigenen Input hinein- brachten.
Das Gymnasium befindet sich in Bremen. In direkter Nachbarschaft zu der Schule befindet sich ein katholischer Kindergarten, was vermuten lasst, dass einige Kinder aus dem Kindergarten anschlieBend im Gymnasium zur Schule gehen. Die Schule besteht aus einer Sekundarstufe I und einer Sekundarstufe II. Insgesamt besuchen ca. 1100 Schulerinnen und Schuler, aufgeteilt in Klassen mit ca. 30 Schulerinnen und Schuler, das Gymnasium. Eine Klasse hat eine Klassenlehrerin und einen Klassenlehrer. Im Fall der Klasse 5 sind 33 Schulerinnen und Schuler in der Klasse. In einigen Schulfachern wie Religion wird die Klasse in Halbklassen aufgeteilt. Die erste Halfte der Klasse tauscht nach 45 Minuten mit der zweiten Halfte, welche Unterricht in Natur- wissenschaften hat. Frau L. ist nicht die Klassenlehrerin und unterrichtet die 5 lediglich im Fach Religion. Aufgrund der Besonderheit der Halbklassen, unterrichtet die Lehrkraft zwei Mal hinter-einander die gleiche Stunde. Die Klasse hat Religion lediglich 45 Minuten in der Woche, was zur Folge hat, dass ausschlieBlich Basiswissen uber die Themen erzielt werden kann. Es gibt einen ei-genen Jahresarbeitsplan der Schule, welcher fur die 5. Klassenstufe in Religion folgende Themen vorgibt: Religiose Sozialisation, Schopfungsgeschichten, Was bedeutet heilig?, Die Urvater als Be-grunder des abendlandischen Monotheismus, Grundlagen des Judentums, Grundlagen des Chris-tentums und Grundlagen des Islams. Diese Themen stehen nicht wortwortlich im Bildungsplan fur die 5. Klassenstufe, lassen sich allerdings sehr gut integrieren.
Die Schulerinnen und Schuler sind erst seit einem Halbjahr auf dem Gymnasium und dem- entsprechend noch nicht lange in einer gemeinsamen Klasse. Eine leichte Gruppchenbildung lieB sich bereits erkennen, aber auch Schulerinnen und Schuler, welche vermutlich noch sogenannte Alleinganger sind, wurden beobachtet. Die Klasse ist zusammengesetzt aus Madchen und Jungen, welche schatzungsweise alle in etwa das gleiche Alter haben. Alle Schulerinnen und Schuler sind laut Frau L. in Deutschland geboren und die Anzahl der Schulerinnen und Schuler mit Migrations-hintergrund ist in der Unterzahl. Ernsthafte Konflikte zwischen den Schulerinnen und Schuler waren, bis auf harmlose Sticheleien, nicht erkennbar.
3. Sachanalyse
In der Unterrichtseinheit Schopfung wird in der dritten Stunde der Schwerpunkt auf Genesis 1 gelegt. Daneben soll ein kleiner Exkurs zum Thema Bibel, insbesondere das Alte und Neue Testament, erfolgen. Thema der Unterrichtsstunde ist demnach Genesis 1 in der Bibel - eine Schopfungs- erzahlung.
Relevante Fachliteratur fur die Planung der Unterrichtsstunde ist der Text Unterricht. Verstehen- planen-gestalten-auswerten von Hans Grunder, Ursula Ruthmann, Stefan Scherer, Peter Singer und Heinz Vettiger. Zudem ist es sinnvoll, den Text Schopfung von Andreas Benk zu lesen, um typische Fehler beim Behandeln des Themas Schopfung zu vermeiden.
Zunachst werden wesentliche Begriffe zum Thema Bibel und danach Genesis 1 erklart, die im unterrichtlichen Kontext gebraucht werden und somit fur die Unterrichtsstunde unabdingbar sind. Die wichtigsten Begriffe lauten demnach Altes Testament, Neues Testament, Genesis 1 und Schop- fungserzahlung.
Die biblische Schopfungserzahlung Genesis 1 soll etwa im 6./5. Jahrhundert vor Christus ent- standen sein. Es werde davon ausgegangen, dass die Texte von „priesterlichen Kreise in der babylo- nischen Diaspora (ungefahr 520 v. Chr.)“3 verfasst und durch die Kenntnis des babylonischen Scho- fungsmythos „Enuma Elisch“4 beeinflusst wurden. In Genesis 1 handele es sich demnach um eine priesterliche Schopfungserzahlung, die von der Schopfung der Welt handele. Zudem finde sich darin die Anweisung Gottes an den Menschen, wie dieser sich der Schopfung gegenuber stellen solle.5 Aufgrund der Entstehungszeit lasse sich ableiten, dass die Suche nach einer Antwort auf die Frage, wie der Mensch erschaffen wurde, alter sei als die Frage, wie die Welt entstand. Das Ergebnis dieses Prozesses werde in Genesis 1 dargestellt. Die Aufmerksamkeit der jahwistischen Schopfungserzah- lung richte sich weniger darauf, genau zu erzahlen, was existiere, sondern vielmehr wie die Welt sei bzw. in welchem Verhaltnis Mensch, Tier und Natur zueinander und zum Schopfer stehen.6 Dies wird beispielsweise in Gen 1, 28 dargestellt:
„Und Gott segnete sie uns sprach zu ihnen: Seid fruchtbar und mehret euch und fullet die Erde und machet sie euch untertan und herrschet uber die Fische im Meer und uber die Vogel unter dem Himmel und uber das Vieh und uber alles Getier, das auf Erden kriecht.“
Gen 1,28
Die Welt sei somit den Menschen anvertraut. Wichtig sei dabei, die Welt als Ganzheit zu begrei- fen, in der der Mensch seinen Platz habe. Aufgrund dessen werden die einzelnen Motive Licht, Himmel, Erde, Meer, Pflanzen, Meerestiere, Vogel, Landtiere, Mensch deutlich gegliedert wieder- gegeben, was sehr charakteristisch fur die Schopfungserzahlung sei.7 Der Verfasser wolle damit nicht einen Tatsachenbericht abgeben.8 Die Gliederung der Schopfungswerke wolle die Werteord- nung der einzelnen Komponenten verdeutlichen. Hohepunkt und Ziel der Schopfung sei daher die Erschaffung des Menschen. Dadurch werde deutlich, dass dem Menschen eine „besondere Wurde, aber auch eine besondere Verantwortung“9 zukomme.
3.1 Didaktische Analyse anhand von Wolfgang Klafkis Fragen
Die folgende Analyse ist durch Wolfgang Klafki begrundet, welcher sieben Fragen zu der thema- tischen Strukturierung aufgegriffen hat:10
1. Unter welcher Perspektive soll das Thema bearbeitet werden? Welchen Schwerpunkt wol- len Sie setzen? Welchen Kompetenzwachs streben Sie an?
In der Unterrichtsstunde zur Schopfung in Bezug auf die biblische Schopfungserzahlung Genesis 1 wird auf den historischen Kontext sowie die Verortung des Textes in der Bibel als auch die einzel- nen Motive eingegangen und anschliebend eine Verknupfung zum Thema Verantwortung geschaf- fen, auf welches in der nachsten Stunde naher eingegangen wird. Zum Einstieg werden die Schule- rinnen und Schuler gefragt, wie man die Bibel grob gliedern kann und welche bekannten Erzahlun- gen darin vorzufinden sind. Da sie, wie in der Bedingungsanalyse beschrieben, bereits ihr Vorwis- sen zu unterschiedlichen Themen gezeigt haben, kann davon ausgegangen werden, dass sie sich dazu aubern werden. Sie lernen die Reihenfolge der einzelnen Motive von Genesis 1, sprich Licht, Himmel, Erde, Meer, Pflanzen, Meerestiere, Vogel, Landtiere und Mensch, kennen. Hierbei wird die Deutungskompetenz ausgebildet, denn sie erlautern anhand des biblischen Textes wie und was Gott geschaffen hat. Danach uberlegen die Schulerinnen und Schuler, inwiefern die Schopfungser- zahlung mit dem Thema der Verantwortung verknupft werden kann. Dies schult die Wahrneh- mungskompetenz der Schulerinnen und Schuler, da sie sich aus ihrer Perspektive heraus unter ande- rem mit gegenwartigen Situationen auseinandersetzen. Hierbei sollte jedoch die Gefahr umgegan- gen werden, Genesis 1 als Pamphlet fur den Umweltschutz zu instrumentalisieren. Dabei sollte laut Alkemeier und Hoffmann zuallererst dieser Schopfungserzahlung einen eigenen Stellenwert gege- ben werden, anstatt sie sofort in Verbindung mit der Umwelt oder der Evolutionstheorie zu bringen. Um Genesis 1 auch als Trost- und Hoffnungserzahlung zu verstehen, solle erst einmal dem babylo- nischen Exil die Aufmerksamkeit geschenkt werden11, wie es auch bereits in der vorherigen Unter- richtsstunde umgesetzt wurde. AnschlieBend liegt dann der Fokus dieser Stunde auf Genesis 1, wel- che zum Ende hin den Fokus darauf legt, Genesis 1 als Grundvertrauen schaffendes Trostangebot auch an die Menschen heute zu verstehen.12 So kann die Gefahr umgangen werden, dass es in Genesis 1 nicht um eine naturwissenschaftliche Klarung geht.
2. Welches ist die immament-methodische Struktur der jeweils perspektivisch gefassten The- matik?
In der Unterrichtsstunde ist es zunachst wichtig den Schulerinnen und Schulern zu vermitteln, dass Genesis 1 nicht die einzige Schopfungserzahlung ist und nicht als Bericht angesehen werden kann, weshalb man sie als Erzahlung bezeichnet. Die immanent-methodische Struktur des Themas besteht ebenso darin, Genesis in der Bibel zu verorten und allgemeine Kenntnisse uber den groben Aufbau dieses Buches herzustellen. Der historische Kontext von Genesis 1 ist bereits durch die vor- angegangene Stunde thematisiert worden. Das Lesen der einzelnen Tage der Schopfungserzahlung haben den Hintergrund, dass auf diese Weise die Schulerinnen und Schuler die Tage als Abschnitte betrachten, in denen die Geschichte erzahlt wird. Die zu bearbeitenden Aufgaben sollen das ange- eignete Wissen sichern und bestenfalls vertiefen. Mit dem Thema der Verantwortung soll neben dem religiosen Aspekt auch gegenwartige Situationen abgedeckt werden. Der religiose Aspekt be- zieht sich darauf, dass die glaubigen Christinnen und Christen sowie Judinnen und Juden den von Gott gegebenen Auftrag bewahren wollen. Da jedoch nicht alle Schulerinnen und Schuler der Klas- se glaubige Christinnen und Christinnen oder Judinnen und Juden sind, ist es wichtig einen Ubergang zu schaffen, der sie alle konfrontiert.
3. Welche Momente konstruieren die Thematik?
Die zentralen Begriffe dieser Thematik sind Altes Testament, Neues Testament, Genesis 1 und Schopfungserzahlung. Der Moment, der die Thematik konstruiert, ist das Lesen von Genesis 1. Die Abfolge der Tage konstruieren das als Unterrichtsziel definierte Thema. Dass die Welt inklusive aller Lebewesen in der alttestamentlichen Schopfungserzahlung von Gott erschaffen wurde und der Mensch angehalten ist, einen Auftrag bzw. eine Verantwortung entgegenzunehmen.
Da die Schulerinnen und Schuler hochstwahrscheinlich den Umweltschutz ansprechen werden, da dieser aktuell ein groBes Thema in unserer Gesellschaft darstellt, kann das Thema der Verantwor- tung in Genesis 1 allgemeingultig und relevant fur alle Menschen sein. Dabei soll jedoch beruck- sichtig werden, dass Genesis 1 keine Antwort auf die Frage nach dem Urgrund der Welt sei, sondern eine Hoffnungsbotschaft hinsichtlich der Identitat13, auch fur das Vertrauen und die Verantwortung. Hierbei solle man dementsprechend nicht beim Thema Schopfung die globale Verantwortung und das globale Lernen ausblenden.14
4. Welcher Zusammenhang besteht zwischen ihnen?
Die Unterrichtsstunde besteht aus Momenten, welche aufeinander aufbauen. Die Schulerinnen und Schuler haben aus der vorherigen Stunde gelernt, dass die biblische Schopfungserzahlung fur Christinnen und Christen sowie Judinnen und Juden mehr ist als nur eine Erzahlung. Im christlichen und judischen Glauben gibt Gott einen Auftrag zur Bewahrung der Schopfung an die Menschen weiter. Es ergibt sich dann durch die Umweltethik oder andere gegenwartige Situationen im Alltag zum Thema Verantwortung, dass auch anders- oder nichtglaubige Menschen ihren Teil zur Bewah- rung der Schopfung beitragen konnen, auch wenn dies haufig unter dem Begriff des Naturschutzes geschieht. Hierbei sollte dann der Zusammenhang zur globalen Verantwortung und dem globalen Lernen geschaffen werden, welche fachspezifische Beitrage einbringt, wie beispielsweise die bibli- schen Visionen einer lebensfreundlichen Welt, um so die einseitige Fixierung auf evolutionsbiologi- sche Fragen zu uberwinden.15
[...]
1 Vgl. Sodian, Beate (2008): Kapitel 12 Entwicklung des Denkens, in: Oerter, Rolf/Montada, Leo: Entwicklungspsycho- logie, 442.
2 Vgl. ebd., 443.
3 Johannsen, Friedrich (2010): Alttestamentliches Arbeitsbuch fur Religionspadagogen, 36.
4 Ebd.: 67.
5 Vgl. Millard, Matthias (2006): „Genesis“, online in: Das wissenschaftliche Bibellexikon (WiBiLex), 2f.
6 Vgl. PreuB, Horst Dietrich / Berger, Klaus (2003): Bibelkunde des Alten und Neuen Testaments. Erster Teil: Altes Testament, 12ff.
7 Vgl. Schmitt, Hans-Christoph (2011): Arbeitsbuch zum Alten Testament. Grundzuge der Geschichte Israels und der alttestamentlichen Schriften, 195f.
8 Vgl. Millard 2006: 6f.
9 Preub/Berger 2003: 14.
10 Hanisch, Helmut (2007): Unterrichtsplanung im Fach Religion. Theorie und Praxis, Gottingen: Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, 116f.
11 Vgl. Benk, Andreas (2018): Schopfung: trivialisiert, separiert, historisiert und instrumentalisiert - oder eingebunden in den befreunden Horizon biblischer Hoffnung? Kritische Sichtung unterrichtspraktischer Materialien zur Schopfungs- ethik, in: Altmeyer, Stefan; Englert, Rudolf; Kohler-Spiegel, Helga; Naurath, Elisabeth; Schroder, Bernd und Schweitzer, Friedrich (hrsg.) (2018): Schopfung. Jahrbuch der Religionspadagogik. Band 34. Gottingen: Vandenhoeck & Ruprecht, 237.
12 Vgl. ebd., 237.
13 Vgl. Benk 2018, 242.
14 Vgl. ebd., 247.
15 Vgl. ebd., 248.