Trotz fortschreitender Professionalisierung und Aneignung von Handlungsfeldern kann die Soziale Arbeit ihrem Anspruch nach Unterstützung marginalisierter Gruppen im Bereich der Prostitution nicht gerecht werden. Zu gering ist die bisherige Datenlage, und sowohl im Fachdiskurs, als auch in der Forschung findet Prostitution als Feld potenzieller HilfeempfängerInnen kaum Beachtung.
Dabei kann hier angesichts der unterschiedlich auftretenden Problemfelder von einem hohen Bedarf ausgegangen werden,, den zu decken Soziale Arbeit imstande sein muss. Prostitution unterliegt einer gesellschaftlichen Tabuisierung, die ihre AkteurInnen als von hegemonialen Normalitätsvorstellungen abweichend konzipiert und somit in einen Randbereich verdrängt. Ihre Lebenswelt ist häufig geprägt von moralischen Bewertungen, Stigmatisierung und sozialer Diskriminierung woraus unweigerlich eine Benachteiligung erwächst.
Soziale Arbeit soll hier an der „Schnittstelle zwischen Marginalisierung und Inklusion“ agieren und das Interesse der Klientel im öffentlichen Diskurs vertreten.
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung...2
2. Begriffsbestimmung...2
2.1 Zwischen Freiwilligkeit und Zwang...3
3. Rechtliche Rahmungen...4
4. Problemlagen...6
4.1 Hürden bei Ausstieg...7
4.2 Heterogenität im Klientenfeld...8
4.3 Gesamtgesellschaftliche Problemlagen...8
5. Professioneller Umgang...9
5.1 Berufliche Haltungen...10
5.2 Grundsätze der Beratung...11
5.2.1 Kompetenzen...11
5.2.2 Angebote der Beratung...12
6. Fazit...12
Literaturverzeichnis...14
1. Einleitung
Trotz fortschreitender Professionalisierung und Aneignung von Handlungsfeldern kann die Soziale Arbeit ihrem Anspruch nach Unterstützung marginalisierter Gruppen im Bereich der Prostitution nicht gerecht werden. Zu gering ist die bisherige Datenlage und sowohl im Fachdiskurs als auch in der Forschung findet Prostitution als Feld potenzieller HilfeempfängerInnen kaum Beachtung (vgl. Wege 2016, S. 89). Dabei kann hier angesichts der unterschiedlich auftretenden Problemfelder von einem hohen Bedarf ausgegangen werden (vgl. ebd.), den zu decken Soziale Arbeit imstande sein muss. Prostitution unterliegt einer gesellschaftlichen Tabuisierung, die ihre AkteurInnen als von hegemonialen Normalitätsvorstellungen abweichend konzipiert und somit in einen Randbereich verdrängt. Ihre Lebenswelt ist häufig geprägt von moralischen Bewertungen, Stigmatisierung (vgl. ebd.) und sozialer Diskriminierung, woraus unweigerlich eine Benachteiligung erwächst.
Soziale Arbeit soll hier an der „Schnittstelle zwischen Marginalisierung und Inklusion“ (Blessing 2019, o.S.) agieren und das Interesse der Klientel im öffentlichen Diskurs vertreten (vgl. Wege 2016, S.89). Zuvor muss jedoch die Konstruktion von Prostitution als soziales Problem vorgenommen werden, damit ihre AkteurInnen als AdressatInnen von Sozialer Arbeit kategorisiert werden. Erst dann wird es möglich, Prostitution zum Gegenstand sozialarbeiterischer Aufmerksamkeit und Intervention zu machen. Gelingen kann dies im Folgenden über eine eingehende Auseinandersetzung mit dem Handlungsfeld der Prostitution, welche über die Betrachtung von rechtlichen Rahmungen, Problemlagen und Handlungsweisen im professionellen Umgang geleistet werden kann. Konkret soll folgender These nachgegangen werden: In ihren verschiedenen Lebens- und Bedürfnislagen stellen SexarbeiterInnen im Bereich der Prostitution eine heterogene Zielgruppe dar, welche das Handlungsfeld der Sozialen Arbeit maßgeblich beeinflusst (vgl. Albert 2015, S.10).
Soziale Arbeit in ihrem Selbstverständnis als praxisorientierte Profession sollte der Vulnerabilität dieser Bezugsgruppe gerecht werden, indem man beginnt ihre Lebenswelt und zugrundeliegende Systeme zu verstehen, zu analysieren und zu beschreiben (vgl. Kocher/Herzig 2017, S.10).
2. Begriffsbestimmung
Die Heterogenität des Handlungsfeldes spiegelt sich bereits in den unterschiedlichen Begriffsbezeichnungen der Profession wider, die allzu häufig fälschlicherweise unter Prostitution subsumiert werden und damit wichtige Differenzen übergehen. Zwecks Annäherung an die Thematik soll an dieser Stelle eine Definition der einzelnen Bereiche erfolgen. Der Begriff der Sexarbeit enthält die Idee von gleichberechtigten TransaktionspartnerInnen, bei der es nicht zwangsläufig zur Ausübung sexueller Dienstleistungen kommt (vgl. Tünte/Apitzsch/Shire 2017, S.846). Er bezieht sich in Gänze auf die gesamte Sexindustrie (vgl. ebd.) und umfasst somit mehrere Ausprägungen in dieser Branche. Julia Wege sieht die Abgrenzung zur Prostitution in dem Erwerbscharakter gelegen, der Sexarbeit inhärent ist (vgl. Wege 2016, S.90), wohingegen Prostitution die „Tätigkeit im Kontext der subjektiven Lebenswelt und Netzwerke“ (ebd.) meint. Prostitution verbindet demnach die beiden Aspekte Geld und Sexualität dahingehend stärker miteinander, als das zwangsläufig eine Körperlichkeit zwischen den InteraktionspartnerInnen entsteht. Sie ist damit gekennzeichnet durch das Anbieten und den Konsum von kommerzieller Sexualität (vgl. Wege 2016, S.90). Aus ökonomischer Sichtweise handelt es sich also um eine „sexuelle Erwerbstätigkeit, für die eine [materielle] Gegenleistung erbracht wird“ (ebd., S.91). Der monetäre Aspekt unterstreicht die Inszenierung, die dabei ohne affektive Anteile seitens der/des Prostituierten vonstattengeht (vgl. ebd., S.90). Organisiert ist der „marktförmige Tausch“ (Tünte/Apitzsch/Shire 2017, S.846) von Sexualität gegen ein vorher vereinbartes Entgelt häufig in einer „trianguläre[n] (Dienstleistungs-)Beziehung“ (ebd.) zwischen Prostituierter/Prostituiertem, Freier und einem/einer ZuhälterIn.
Demgegenüber steht die durch Druckausübung und Ausnutzung von Hilflosigkeit (vgl. Frank 2015, S.38) charakterisierte Zwangsprostitution. Ihre Mechanismen von psychischer und physischer Gewalt, Manipulation und Illegalität wirken so stark, dass Selbstbestimmungs- und Freiheitsrechte der Betroffenen nachhaltig beeinträchtigt werden (vgl. ebd., S.37) und feste Abhängigkeiten durch entzogene Ausweispapiere (vgl. ebd., S.38) beispielsweise etabliert werden. Auf die spezifischen Problemlagen soll im weiteren Verlauf dieser Arbeit noch näher eingegangen werden. Festzuhalten bleibt, dass die Differenz der beschriebenen Ausprägungsformen zum einen in der Art des Arbeitsverhältnisses und zum anderen in den jeweiligen Motivlagen liegt.
2.1 Zwischen Freiwilligkeit und Zwang
Vor dem Hintergrund der vorfindbaren Risiken für Prostituierte wird das Spannungsfeld zwischen selbstbestimmtem Handeln und auferlegtem Zwang sichtbar. Nicht zuletzt durch überwiegend viktimisierende, einseitige mediale Repräsentation bleibt undifferenziert, ob und inwiefern Freiwilligkeit der Betroffenen eine Rolle spielt (vgl. Kähler 2015, S.195). Deshalb erscheint es an dieser Stelle unerlässlich, den Diskurs über die Frage, ob Prostitution per se „Zwangs- und Ausbeutungsverhältnisse“ (Tünte/Apitzsch/Shire 2017, S.845) zugrunde liegen, kurz zu beleuchten.
Katharina Kähler zufolge deutet sich trotz etablierter Gesetzesnormen zwangsläufig eine
„Grauzone verschiedener Lebenswelten“ (Kähler 2015, S.196) an, innerhalb derer die Balance zwischen Freiwilligkeit und Unfreiwilligkeit ständigen Schwankungen unterliegt (vgl. ebd.). Faktisch bewegen sich die meisten in der Prostitution Tätigen in einer
„schwierigen sozialen Interaktion“ (Wege 2016, S.91), bei der der eigene Körper als Tauschgut eingesetzt wird. Dabei kann klar zu bedenken gegeben werden, dass dem menschlichen Körper ein intrinsischer Wert beizumessen ist (vgl. ebd.) und er zudem eng mit der Persönlichkeit eines Individuums zusammenhängt (vgl. ebd.). Indem ein/e Prostituierte/r Körperlichkeit als Gut in einem Tauschgeschäft geltend macht, vollzieht sich eine Unterordnung unter die Bedürfnisse Anderer (vgl. ebd.). Formen von Gewalt, Traumatisierungen und eine Manifestation von Geschlechterungleichheiten durch sexuelle Ausbeutung können die Folge sein (vgl. Tünte/Apitzsch/Shire 2017, S.849).
Umgekehrt spricht eine in der öffentlichen Wahrnehmung vorherrschende Defizitorientierung den Prostituierten häufig potenziell selbstbestimmte Motivlagen ab (vgl. Kähler 2015, S.195), wodurch Intentionen wie „Freude an der beruflichen Identität oder Möglichkeit des leichten Geldverdienens“ (Frank 2015, S.40) ausgeblendet werden. So betont unteranderem das „empowerment paradigm“ die vorhandenen Autonomiepotenziale der/des Einzelnen, Einfluss auf einen strikt geregelten Austausch zu nehmen (vgl. Tünte/Apitzsch/Shire 2017, S.848). Bedingungen von Freiwilligkeit wären demzufolge eine „Abwägung mehrerer realer Optionen“ (Frank 2015, S.39) an Erwerbsmöglichkeiten sowie Formen von Anerkennung und Respekt (vgl. Wege 2016, S.91), damit eine Tauschbeziehung zufriedenstellend funktionieren kann.
Den Antagonismus von Autonomie und Heteronomie zu überblicken und die jeweiligen Rahmenbedingungen einer/eines Prostituierten zu erkennen und notfalls zu bearbeiten, obliegt der Sozialen Arbeit (vgl. Kocher/Herzig 2017, S.11).
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