Die vorliegende Arbeit versucht, die Nebenaussagen der vorliegenden Vita im Hinblick auf drei Lebensbereiche des norischen Alltags auszuwerten. Welche Aufschlüsse gibt die VS (Vita Sancti Severini) in Bezug auf das christliche Leben, die Koexistenz mit den Germanen und die wirtschaftlichen und sozialen Verhältnisse in den Donauprovinzen am Ende der Römerzeit?
Nach der Vorstellung des Forschungsstandes und der Diskussion der möglichen Verfremdung der Fakten durch Intentionen und Projektionen des Autors oder durch die Problematik hagiographischer Schriften im ersten Kapitel nimmt der zweite Abschnitt die Fragestellung in Angriff. Einleitend steht ein Überblick über die historische Entwicklung am Schauplatz der VS vom Beginn der Römerherrschaft bis zur Zeit Severins. Danach erfolgt eine Auswertung auf Basis einer Liste, in der weitgehend alle Textaussagen zur Leitfrage gesammelt und nach den Themenkreisen klassifiziert wurden. Das Fazit fasst dann das sich aus den Details ergebende Bild vom Leben in Ufernorikum zusammen.
Inhalt
Einleitung
1. Forschungsstand
1.1 Überblick zur VS Forschung
1.2 Die VS als historische Quelle
1.2.1 Der Hagiograph Eugippius und sein Werk
1.2.2 Parallelüberlieferungen
2. Der Alltag im spätantiken Ufernorikum nach der VS
2.1 Die Historie der Donauprovinzen im Imperium Romanum
2.2 Die Auswertungen
2.2.1 Das christliche Leben
2.2.2 Die Germanen
2.2.3 Wirtschaftliches und soziales Zusammenleben
Fazit
Abkürzungen:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Einleitung
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Die Holzfigur links zeigt den hl. Severin in seiner üblichen Pose. Mit der warnend erhobenen Rechten ermahnte er seine Schützlinge in Ufernorikum zum Beten, Fasten und zur Gabe von Almosen, um ein von ihm vorhergesehenes Unheil abzuwenden. Severin war jedoch nicht nur Prediger und Mahner, sondern auch ein Mann der Tat, wie uns der Abt Eugippius in seiner Severinsvita überlieferte.1 Ohne ein offizielles Amt übernahm der eigentlich weltabgewandte Asket in der radikalen Umbruchszeit am Ende der Römerherrschaft die Führungsrolle in der bedrohten ufernorischen Gesellschaft.2 Als Legitimation genügten sein charismatisches Auftreten und der feste Glaube der Provinzialen an seine göttliche Begnadung.3 Die 511 verfasste Vita Sancti Severini (VS) ist die einzige schriftliche Quelle, die über die Verhältnisse im Gebiet des Donaualpenlandes am Ende der Spätantike berichtet. Sie umfasst den Zeitraum vom Tod Attilas (453) bis zur Ankunft der Mönche des Severinsklosters in Lucullanum bei Neapel (ca. 492), nachdem sie 488 entsprechend der Weissagung Severins ihre Heimat verlassen hatten. Der am 8.1.482 bereits verstorbene Heilige hatte die Mönchsgemeinschaft gebeten, seinen Leichnam mitzunehmen,4 nachdem er über Jahrzehnte hinweg in den römischen Grenzprovinzen Noricum Ripense (Ufernorikum), Noricum Mediterraneum (Binnennorikum) und Raetia secunda das Leben der Bevölkerung durch zahlreiche Wunder erleichtert hatte. Einige seiner Wirkungsstätten sollten am Ende der Völkerwanderung Bestandteile des Stammesherzogtums der Bajuwaren werden, die sich in der nun siedlungsarmen Region etablieren konnten. Dazu gehörten die Orte an der Donau von Quintanis /Künzing bis Batavis /Passau und die Gegend um Iavum /Salzburg. Severin zählte also zu den bedeutenden Persönlichkeiten in der bayerischen und in der österreichischen Frühgeschichte. Er rangiert noch heute unter den Schutzheiligen Österreichs, die Albrecht Dürer 1517 in Holz geschnitten hat (ABB. 1). Aufgrund ihrer Fülle an Details liegt die VS allen Publikationen zugrunde, die die Verhältnisse im Donaualpenland in der Spätantike zu rekonstruieren versuchten.5 Eugippius allerdings verfolgte vorrangig das Ziel, die vollkommene Lebensweise und die Wundertaten Severins als Vorbild für seine Mönchsgemeinschaft und die christliche Nachwelt in Erinnerung zu halten.6 Der Abt von Lucullanum hat sein Ziel offensichtlich erreicht, denn die VS ist in zahlreichen Handschriften erhalten. Im 11. Jahrhundert soll sogar jedes Stift in Österreich ein Exemplar besessen haben.7 Zur Beliebtheit trug sicher der schlichte, leicht verständliche Stil des Autors bei, der mit vielen interessanten Details und ohne die üblichen panegyrischen Phrasen arbeitete. Auch ist die Struktur der VS als Folge von 46 in Anlehnung an das Evangelium lose verbundenen Perikopen8 gut geeignet, einzelne Stellen auszuwählen und z. B. beim gemeinsamen Mahl im Kloster vorzulesen. Waren für die Mönche allein die Wundergeschichten spannend, interessierten sich die Historiker für die zur Erhöhung der Glaubwürdigkeit angeführten neutralen Informationen, die nicht zur Apologie des Heiligen beitrugen und deswegen eine hohe faktische Wahrscheinlichkeit haben sollten.9 Die vorliegende Arbeit versucht, die Nebenaussagen im Hinblick auf drei Lebensbereiche des norischen Alltags auszuwerten. Welche Aufschlüsse gibt die VS in Bezug auf das christliche Leben, die Koexistenz mit den Germanen und die wirtschaftlichen und sozialen Verhältnisse in den Donauprovinzen am Ende der Römerzeit? Nach der Vorstellung des Forschungsstandes und der Diskussion der möglichen Verfremdung der Fakten durch Intentionen und Projektionen des Autors oder durch die Problematik hagiographischer Schriften im ersten Kapitel nimmt der zweite Abschnitt die Fragestellung in Angriff. Einleitend steht ein Überblick über die historische Entwicklung am Schauplatz der VS vom Beginn der Römerherrschaft bis zur Zeit Severins. Danach erfolgt eine Auswertung auf Basis einer Liste, in der weitgehend alle Textaussagen zur Leitfrage gesammelt und nach den Themenkreisen klassifiziert wurden. Das Fazit fasst dann das sich aus den Details ergebende Bild vom Leben in Ufernorikum zusammen.
1. Forschungsstand
Als nahezu einzige Schrift aus der quellenarmen Endphase der Römerzeit im Donaualpenraum stand die VS im Zentrum vielfältigen wissenschaftlichen Interesses. Sie ist als interdisziplinär nutzbare Quelle zu betrachten, da sie Informationen für Althistoriker, Mediävisten, lateinische Philologen, Byzantinisten, Theologen, Kirchenhistoriker und vor allem auch für die Archäologen bietet.10 Die folgenden Abschnitte stellen die wichtigsten Ergebnisse der historischen Forschung zusammen und befassen sich kritisch mit der Vertrauenswürdigkeit der VS als Quelle für geschichtliche Studien.
1.1 Überblick zur VS Forschung
Anfang des 20. Jahrhunderts galten hagiographische Schriften bei den Historikern noch als „Kirchliche Schwindelliteratur“.11 Die Forscher neigten dazu, einzelne Aussagen als Fakten anzunehmen, ohne den spezifischen Charakter der Texte zu berücksichtigen. So setzten sich auch zur VS einige nicht weiter hinterfragte Annahmen durch, die Friedrich Lotter als „fables convenues“ bezeichnete. So sei z. B. Severin ein völlig unbekannter, schlichter Mönch, Eugippius sein Schüler gewesen.12 Mitte des letzten Jahrhunderts lebte die bereits im Mittelalter geführte Diskussion über die Lokalisierung des Severinsklosters in Ufernorikum wieder auf, als Archäologen bei Wien eine Kirche mit einem leeren Grab entdeckten. Ernst Karl Winter und Klemens Kramert verfochten daraufhin die alte Theorie, das historische Favianis wäre nicht Mautern, sondern Wien-Heiligenstadt gewesen.13 Der Diskurs konnte jedoch mit der Arbeit von Albrecht Aign von 1959 endgültig zugunsten Mauterns beigelegt werden.14
Friedrich Lotter konzentrierte sich 1976 auf die ebenfalls noch nicht gelöste Frage nach der Identität des Gottesmannes. Er analysierte die VS im Kontext zur Parallelüberlieferung und unter Berücksichtigung ihres hagiographischen Charakters. Mit Hilfe einer Folge von sehr wahrscheinlichen Annahmen gelang ihm die Identifizierung Severins mit dem römischen Consul von 461, Flavius Severinus. 15 Lotters Ergebnisse führten zu einer heftigen Debatte, wobei einige Historiker die Argumentationskette als zu schwaches Fundament kritisierten,16 während andere ihm zwar nicht völlig folgten, aber den Wert von Lotters Methode für die Analyse der VS anerkannten.17 Die Antikenforscherin Averil Cameron konnte 1982 nachweisen, dass Flavius zur fraglichen Zeit in Rom weilte, nachdem Ausgrabungen am Kolosseum einen Logensitz mit seinem Namen für die Jahre 476–482 zu Tage gebracht hatten.18 Obwohl damit der letzte Schluss in Lotters Indizienkette widerlegt war, verfestigte sich die Überzeugung, dass Severin kein einfacher Mönch und Asket gewesen sein konnte, sondern es sich um einen herausragenden weltlichen oder geistlichen Führer gehandelt haben muss.19 Favorisiert wurde die schon 1973 entwickelte These von Istvan Bóna, der Heilige sei ein hoher Offizier am Hof Attilas mit engen Beziehungen zur römischen Elite um den letzten Kaiser Romulus Augustulus und dessen Vater Orestes gewesen. Einen Überblick der wichtigsten Theorien zur Identitätsfrage gab Rajko Bratož in einem Aufsatz von 1994.20 Herwig Wolfram erklärte schließlich das Rätsel als unlösbar.21 Unabhängig von der Suche nach der historischen Persönlichkeit Severins entstanden im Rahmen der Sozial- und Mentalitätsgeschichte Publikationen, die die VS unter einzelnen soziokulturellen Fragestellungen auswerteten. Die Studien konzentrierten sich z. B. auf Kirchenorganisation und christlichen Alltag22 oder auf die Germanen.23 Zu Beginn des neuen Jahrtausends beschäftigten sich die VS Forscher zunehmend mit dem Autor Eugippius. Der im Jahr 2000 von Walter Pohl und Maximilian Diesenberger herausgegebene Sammelband zu einer Historikertagung in Wien fasste einige neue Denkansätze zum Hagiographen Eugippius zusammen.24 Einige der vorgestellten Thesen erschienen sehr gewagt, was Lotter zu harscher Kritik anregte.25 So vermutete z. B. Walter Goffart in der VS einen historischen Roman, in dem die Kritik des Autors am Gotenkönig Theoderich verbrämt propagiert werden sollte. Die Person Severins wäre damit rein fiktiv.26
1.2 Die VS als historische Quelle
Um die faktische Aussagekraft der VS einschätzen zu können, ist es nötig, Ereignisnähe, Quellen und mögliche Intentionen des Verfassers zu kennen. Eventuell können auch Parallelüberlieferungen oder die Existenz archäologischer Befunde bei der Einschätzung helfen.
1.2.1 Der Hagiograph Eugippius und sein Werk
Über die Person des Eugippius ist sehr wenig bekannt. Der um 460 geborene Sohn einer vornehmen römischen Familie, die möglicherweise in Ufernorikum gelebt haben könnte,27 ist sicher mit der Mönchsgemeinschaft des Severinsklosters nach Italien gekommen, wo diese mit Unterstützung der alten, von den Goten entmachteten Elite um den exilierten Ex-Kaiser Romulus Augustulus zwischen 492 und 496 in Lucullanum bei Neapel ein neues Kloster und ein Mausoleum für die Gebeine des Heiligen einrichten konnte.28 Spätestens 509 wählten ihn seine Klosterbrüder zum Abt. Gut überliefert sind seine Briefwechsel mit geistlichen Größen der Zeit, wobei sein letzter Brief von 532 auf einen Todeszeitpunkt kurz darauf deuten lässt.29 Aufgrund der adressierten Personen verorteten ihn Geschichtswissenschaftler als römisch-national, pro-byzantinisch30 und als Parteigänger des unterlegenen Gegenpapstes Laurentius im akazianischem Schisma (498–519).31 Es ist jedoch unklar, inwieweit Eugippius sich wirklich politisch aktiv engagierte.32 Seine zwei weiteren Werke hatten rein theologische Inhalte, nämlich eine Sammlung von Augustinus Exzerpten33 und eine Mönchsregel, die Severins in der VS vorgelebten Verhaltensweisen als Normen spiegelt.34 Zu Abfassungsweise und Intention lieferte der Autor selbst Angaben in einem Briefwechsel mit dem römischen Diakon Paschasius, den er der VS als eine Art Vorwort voranstellte. Im Brief an Paschasius erläuterte Eugippius die Motivation für die Schrift, seine Quellen und seine Vorstellungen zum idealen Stil. Als Antrieb nannte er den Wunsch, die wunderbaren Taten Severins als Belehrung und Ansporn für die Nachwelt festzuhalten, also ein rein hagiographisches Ziel. Ohne auf eine eigene Augenzeugenschaft einzugehen, bezeichnete er die im Kloster häufig wiederholten Erzählungen der Mönche als alleinige Quellen. Paschasius sollte die Materialsammlung im Briefanhang zu einer Vita ausarbeiten, dabei aber gut verständliche, schmucklose Formulierungen verwenden. Eugippius fürchtete nämlich, dass ein säkularer Auftragsschreiber mit der damals üblichen, an panegyrischen Phrasen reichen Sprache die Legende so überfrachten könnte, dass die einfachen Mönche sie nicht mehr verstehen würden.35 Nach der Absage des Diakons36 gab Eugippius die beiden Briefe, ein Inhaltsverzeichnis über die 46 Kapitel37 und die wohl leicht modifizierte Materialsammlung mit dem Titel commemoratorium heraus. Der Philologe Hermann Baldermann führte 1961 eine Untersuchung zu Aufbau, Sprache und Darstellungstechnik durch. War die VS wirklich, wie im Brief behauptet und lange Zeit in der Forschung angenommen, nur eine schlichte Notizensammlung ohne Ordnung oder doch eine durchdachte Komposition? Baldermann kam zu dem Ergebnis, dass Eugippius ein elaboriertes Werk unter Verwendung des rhythmischen Satzschlusses (Cursus) geschaffen hatte.38 Komposition und Intention reihen die Lebensbeschreibung in den Typ der hagiographisch-stilisierenden Legenden ein. Die Schrift soll den Heiligen in seiner Vollkommenheit darstellen, die geschilderten Ereignisse sind nur seine Bühne. Die Forschung entdeckte einige Fälle, bei denen Eugippius aus der hagiographischen Perspektive heraus den historischen Kern des Geschehens verfremdete.39 So ließe z. B. die Mameritus Episode eine eingeschränkte Verteidigungsfähigkeit der römischen Grenztruppen vermuten.40 Lotter sah dagegen diese Geschichte als Beleg, dass die Sicherheit der Provinzialen gewährleistet war. Die Römer unter Tribun Mamertinus erzielten einen Erfolg gegen räuberische Barbaren. Die Prophezeiung Severins stellt dabei eine hagiographische Stilisierung dar, die Eugippius zufügte, weil es ihm nicht um den Sachverhalt, sondern um die besondere Gabe Severins ging.41 Deutlicher noch ist die Anpassung der Realität im Fall des von Severin vorhergesagten Auszugs der Provinzbevölkerung erkennbar. Um den Heiligen in eine Reihe mit biblischen Patriarchen wie Moses zu stellen, ließ der Autor ihn weissagen, die Romanen würden aus Norikum wie die Söhne Israels aus Ägypten errettet werden.42 Angeblich emigrierten 488 alle Provinzialen freiwillig,43 obwohl Archäologie und Ortsnamenforschung dies eindeutig widerlegen konnten44 und Eugippius selbst zugab, dass der Abmarsch nur unter Zwang erfolgte.45 Dennoch bleiben nach Elimination der Erzählelemente, die zur Inszenierung des Heiligen in der Tradition gängiger Legendenmotive oder biblischer Beispiele dienten,46 und unter Berücksichtigung möglicher Projektionen aus der Zeit der Abfassung47 noch zahlreiche Einzelangaben übrig, die die VS zu einer wertvollen Quelle machen. Besonderes Augenmerk ist dabei auf atypische und tendenzneutrale Aussagen zu legen, die nichts zur Glorifizierung des Gottesmannes beitragen.48 Deren Güte hängt wiederum von der Nähe des Hagiographen zur Person des Heiligen, vom Zeitpunkt seiner Niederschrift und von der Vertrauenswürdigkeit seiner Quellen ab.
a) Die Frage der Augenzeugenschaft
Bis heute zeigten sich die Forscher uneins darüber, ob Eugippius Severin selbst noch gekannt habe. Gerade an der einzigen aussagekräftigen Stelle weichen die Exemplare der beiden ältesten Handschriftenklassen der VS voneinander ab.49 Während die Forschung früher eher kritiklos von einer Schülerschaft ausging,50 plädierten spätere Autoren für die Präsenz des späteren Abtes erst bei der Erhebung der Gebeine 488.51
b) Der zeitliche Abstand
Ein Kriterium für die Vertrauenswürdigkeit einer Legende ergibt sich aus der zeitlichen Entfernung zwischen den Ereignissen und der Niederschrift.52 Entsprechend den Angaben im Paschasius Brief sammelte Eugippius die indicia, also das Material für seine Episoden, in den Jahren 509 bis 511, d. h. 27 Jahre nach dem Tod Severins.53 Eingedenk der Unsicherheit der Augenzeugenschaft und eines Abstandes von schon einer ganzen Generation ordnete Friedrich Lotter die VS als eine Erinnerungslegende ein. Damit ist der faktische Gehalt besser als bei Traditionslegenden anzusetzen, kann aber durch die fehlende Überprüfungsmöglichkeit des Autors und Missverständnisse beim Erheben der Einzelheiten eingeschränkt sein.54
c) Die alten Mönche als Zeitzeugen
Im Hinblick auf den langen Abstand zum aktuellen Geschehen müssen die erzählenden Mönche bereits uralt oder zur Zeit Severins noch sehr jung gewesen sein. Noch lebende Zeitzeugen sind denkbar, wie das Beispiel des Barbaren Bonosus zeigt, der zu Severins Lebzeiten in das Kloster eingetreten war und dort mehr als 40 Jahre verblieb.55 Die wieder und wieder erzählten Geschichten könnten bewusst oder unbewusst den Vorstellungen der Sprecher, den Erwartungen der Hörer oder auch den üblichen Wundermodellen angepasst worden sein.56 Nach der Theorie von Jan Assmann ist der kritische Moment, an dem eine Gemeinschaft beschließt, was erinnert werden soll, nach 30–40 Jahren erreicht.57 So könnten Abt und Mönche z. B. die Lebenszeit Severins vor seiner conversio verdrängt haben, weil aus ihrer Sicht die Fakten nicht zum irdisch heimatlosen Asketen passten58 oder weil ein fragwürdiger Asket als legendärer Gründer das respektable Kloster möglicherweise diskreditiert hätte.59 Die unterschiedliche Qualität der Zeugenberichte spiegelt sich in der stark divergierenden Länge und Detaillierung der Episoden wieder.60 Die zwei sehr ähnlichen Reliquienübergaben sprechen z. B. dafür, dass mehrere Mönche identische Ereignisse mit unterschiedlich erinnerten Einzelheiten berichteten, die Eugippius dann als Redakteur mehrfach aufnahm.61 In einigen Fällen könnte er auch zusätzlich noch auf die in der VS erwähnten Aufzeichnungen der Mönche zu den Weissagungen des Propheten zugegriffen haben.62
1.2.2 Parallelüberlieferungen
Als einzige weitere literarische Quelle erwähnte die Vita beati Antoni von Lérins (VA) ebenfalls einen heiligen Severin.63 Ennodius als Auftragsschreiber der rhetorisch-idealisierenden Legende konnte nur auf spärliche Informationen zurückgreifen.64 Er referenzierte den Heiligen einmal als vir inlustrissimus, einmal als beatus vir, also einmal als römischen Senator der höchsten Ebene, einmal als heiligen Gottesmann.65 Die erste Anrede inspirierte Lotter zur Identifikation Severins mit dem Consul Flavius Severinus. 66 Christian Rohr dagegen interpretierte den ungewöhnlichen Superlativ als Epitheton für hochgeschätzte Personen im moralischen Sinn.67 Frank Ausbüttel wiederum stellte jüngst sogar die gemeinhin akzeptierte Annahme der Identität der beiden Severine in Frage, da bei einer Abfassungszeit der VA von 506 das Alter des Antonius beim Treffen mit Severin nicht mehr passen würde. Er hielt jedoch an der Gleichheit fest und vermutete daher ein Entstehungsjahr der VA um 520.68 Danach hätte Ennodius die VS gelesen haben können. Beide Viten berichteten übereinstimmend über die Menschenopfer heidnischer Germanen, die dabei bevorzugt gefangene Kleriker durch Erhängen töteten.69 Auch ein Bischof Constantius begegnet in der VA als mögliches Opfer der Heiden, allerdings ohne Nennung seines Bischofssitzes, der in der VS mit Lauriacum angegeben ist.70 Eine weitere Nachricht aus der VS lässt sich mit Hilfe der Gotengeschichte des Jordanes ansatzweise nachvollziehen. Die dort berichteten Kämpfe zwischen den Ostgoten und den mit weiteren Germanenstämmen verbündeten Rugiern könnte die Erklärung für die in der VS geschilderte Furcht des Rugierkönigs Flaccitheus vor den Ostgoten liefern.71 Vor allem die seit dem letzten Viertel des 20. Jahrhunderts zahlreichen archäologischen Funde belegen Details aus der VS. Peter Stockmeier stellte in seinem Aufsatz von 1963 bei Ausgrabungen entdeckte Kirchen zusammen, die die Angaben in der Vita bestätigen können.72 Rainer Christlein gelang es zur Landesausstellung in Linz 1982, das Umland von Boiotro zur Zeit Severins vollständig zu rekonstruieren.73 Bei allen Erfolgen besteht natürlich die Gefahr, dass die Kenntnis der VS den unvoreingenommenen Blick des Archäologen auf die Relikte beeinträchtigt.74
[...]
1 Eugippius, Das Leben des Heiligen Severin, lateinisch und deutsch, Einführung, Übersetzung und Erläuterung von Rudolf Noll, Passau 1981. Im Folgenden wird die Vita Sancti Severini mit VS abgekürzt; Géza Alföldy, Norikum, London, Boston 1974, S. 220.
2 Rajko Bratož, Der „heilige Mann“ und seine Biographie (unter besonderer Berücksichtigung von: Eugippius, Leben des heiligen Severin), in: Anton Scharer, Georg Scheibelreiter (Hg.), Historiographie im frühen Mittelalter, Wien, München 1994, S. 222–252, hier: S. 244; Friedrich Lotter, Severinus und die Endzeit römischer Herrschaft an der oberen Donau, in: DA 24 (1968), S. 309–338, hier: S. 327.
3 Patrick Geary, The Discourse of Herrschaft as the Practice of Herrschaft in the Fifth Century, in: Medieval Worlds, 2015/1 (2015), S. 5–15, hier: S. 6–8; Herwig Wolfram, Die Geburt Mitteleuropas. Geschichte Österreichs vor seiner Entstehung 378–907, Wien 1987, S. 61.
4 VS, 40, 5, S. 106.
5 Carl I. Hammer, ´The example of the Saints`. Reading Eugippius Account of Saint Severin, in: Classica et Mediaevalia. Danish Journal of Philology and History, 59 (2008), S. 155–186, hier: S. 155.
6 VS, Eugippii epistola ad Paschasium, 1–2, S. 40.
7 Klemens Kramert, Ernst Karl Winter, St. Severin. Der Heilige zwischen Ost und West, Teil 2: Studien zum Severinsproblem, Klosterneuburg 1959, S. 17; Walter Pohl, Einleitung: Commemoratorium – Vergegenwärtigungen des heiligen Severin, in: ders., Maximilian Diesenberger (Hg.), Eugippius und Severin. Der Autor, der Text und der Heilige, Wien 2001, S. 9–23, hier: S. 19.
8 Bratož, Der heilige Mann, S. 229f; Marc van Uytfanghe, Die Vita im Spannungsfeld von Legende, Biographik und Geschichte (mit Anwendung auf einen Abschnitt aus der Vita Amandi prima), in: Anton Scharer, Georg Scheibelreiter (Hg.), Historiographie im frühen Mittelalter, Wien, München 1994, S. 194–221, hier: S. 203; Walter Bulst, Eugippius und die Legende des hl. Severin. Hagiographie und Historie, in: Die Welt als Geschichte 1 (1950), S. 18–27, hier: S. 21: Lektionenbuch zum Gebrauch der Brüder.
9 Friedrich Lotter, Die historischen Daten zur Endphase römischer Präsenz in Ufernorikum, in: Joachim Werner, Eugen Ewig (Hg.), Von der Spätantike zum frühen Mittelalter. Aktuelle Probleme in historischer und archäologischer Sicht, Sigmaringen 1979, S. 27–90, hier: S. 33; ders., Legenden als Geschichtsquellen?, in: DA 27 (1971), Miszellen, S. 195–200, hier: S. 196; Pohl, S. 12; Uytfanghe, Spannungsfeld, S. 206.
10 Pohl, S. 9; Marc van Uytfanghe, Les avatars contemporains de l`Hagiologie. A propos d´un ouvrage récent sur Séverin de Norique, in: Francia 5 (1977), S. 639–673, hier: S. 642.
11 Bruno Krusch, Nochmals die Taufe Chlodowechs in Tours 507/8 und die Legende Gregor von Tours (496/7), Historische Vierteljahrschrift 28 (1934), S. 560–566, hier: S. 562; Friedrich Lotter, Severinus von Noricum. Legende und historische Wirklichkeit. Untersuchungen zur Phase des Übergangs von spätantiken zu mittelalterlichen Denk- und Lebensformen, Stuttgart 1976, S. 3.
12 Lotter, historische Daten, S. 35.
13 Klemens Kramert, Ernst Karl Winter, St. Severin. Der Heilige zwischen Ost und West Teil 1, Klosterneuburg 1958, S. 46.
14 Albrecht Aign, Favianis und der hl. Severin, in: Ostbairische Grenzmarken. Passauer Jahrbuch für Geschichte, Kunst und Volkskunde 3 (1959), S. 168–200, hier: S. 193; Pohl, S. 10.
15 Lotter, Severin, S. 178–260.
16 Rajko Bratož, Severinus von Noricum und seine Zeit, Wien 1983, S. 20: „schwaches Fundament von Hypothesen“; Gert Haendler, Rezension zu Friedrich Lotter, Severinus von Noricum, in: Theologische Literaturzeitung. Monatsschrift für das gesamte Gebiet der Theologie und Religionswissenschaft 102 (1977), S. 889–893, hier: S. 893: nur Vermutungen ohne Beweis; Friedrich Prinz, Zur Vita Severini, in: DA 25 (1969), S. 531–536: Unhaltbare Schlüsse; Gerhard Wirth, Rezension zu Friedrich Lotter, Severinus von Noricum, in: Militärgeschichtliche Mitteilungen, 26/2 (1979), S. 185–187, hier: S. 187: Kontinuitätsbruch in der Persönlichkeit Severins.
17 Bratož, Severinus, S. 20: Vertiefung der Kenntnisse; Pohl, S. 9: Herausarbeitung des hagiographisch-stilisierenden Charakters der VS; Uythange, Les avatars, S. 644 und S. 668: „Schritt in methodisches Neuland“.
18 Averil Cameron, Buchbesprechung zu Friedrich Lotter, Severin von Noricum, in: American Historical Review 83 (1978), S. 139. Die Referenz zur Inschrift ist CIL VII, 32206.
19 Karlheinz Dietz, Die Römerzeit, in: Alois Schmid (Hg.), Handbuch der bayerischen Geschichte, Band I/1, begründet v. Max Spindler, München 2017, S. 45–123, hier: S. 121: „Severin ersetzt bis 482 in Osträtien und Ufernorikum die wegbrechende zivile Macht“; Lotter, Endzeit, S. 338: „neben jene Persönlichkeiten zu stellen, die mit oder ohne Titel […] in den letzten Jahrzehnten des römischen Reiches in Teilgebieten die Macht übernahmen“; Noll in der VS, S. 22: „politisches Oberhaupt der Provinz“; Uytfanghe, Les avatars, S. 668f: Severin hat die Funktion des höchsten politisch-administrativen Organs der Provinz inne.
20 Bratož, Der heilige Mann, S. 247–252; S. 248: Zusammenfassung der Theorie Bónas. Das Original: Istvan Bóna, Severi(ni)ana, Acta Antiqua Academise Scientiarum Hungaricae 21 (1973), S. 281–338 war mir leider nicht zugänglich.
21 Wolfram, S. 62: „es bleibt ein ungeklärter Rest“.
22 Beispiele: Ambros J. Pfiffig, Christliches Leben im norischen Österreich zur Zeit des hl. Severin, in: Unsere Heimat 31 (1960), S. 99–112; Kurt Reindel, Die Bistumsorganisation im Alpen-Donau-Raum in der Spätantike und im Frühmittelalter, in: MIÖG 72/3 (1964), S. 277–310; Peter Stockmeier, Die spätantike Kirchen-Organisation des Alpen-Donauraumes im Licht der literarischen und archäologischen Zeugnisse, in: Jahrbuch für altbayerische Kirchengeschichte, München 1963, S. 40–76.
23 Beispiele: Friedrich Lotter, Völkerverschiebungen im Ostalpen-Mitteldonau-Raum zwischen Antike und Mittelalter (375–600), Berlin, New York 2003; Klaus Gamber, Die kirchlichen und politischen Verhältnisse in den oberen Donauprovinzen zur Zeit Severins, in: Verhandlungen des Historischen Vereins für Oberpfalz und Regensburg 122 (1982), S. 255–270; Karl-Heinz Ziegler, Zwei römische Kriegsverträge in der Vita Sancti Severini, in: Zeitschrift der Savigny-Stiftung für Rechtsgeschichte. Romanistische Abteilung, 110/1 (1993), Miszellen, S. 638–640.
24 Walter Pohl, Maximilian Diesenberger (Hg.), Eugippius und Severin. Der Autor, der Text und der Heilige, Wien 2001. Die Texte umfassen ein weites Themenspektrum, wie z. B. die Rolle der Frauen in der VS.
25 Lotter, Völkerverschiebungen, S. 3, Anm. 7.
26 Walter Goffart, Does the Vita S. Severini have an underside?, in: Walter Pohl, Maximilian Diesenberger (Hg.), Eugippius und Severin. Der Autor, der Text und der Heilige, Wien 2001, S. 33–40, hier: S. 36–39.
27 Alföldy, S. 222; P. Maximilian Krausgruber, O. Cist., Die Regel des Eugippius. Die Klosterordnung des Verfassers der Vita Sancti Severini im Lichte ihrer Quellen. Text, Übersetzung und Kommentar, Thaur bei Innsbruck 1996, hier: S. 24; Noll in VS, S. 13.
28 VS, 46, S. 114: die vornehme Frau Barbaria, möglicherweise die Mutter des abgesetzten Kaisers Romulus Augustulus, lud Severins Mönche ein und stiftete die Grabstätte.
29 Krausgruber, S. 24f; der letzte Brief ging an Ferrandus von Carthago; weitere hochstehende Briefpartner: Proba (Nichte des hohen Beamten Cassidior), Dionysius Exiguus, Fulgentius von Ruspe und viele von den Vandalen aus Afrika verbannte, pro-byzantinische Geistliche.
30 VS, 32, 1, S. 100: Severin wünschte sich die Begnadigung eines vornehmen Römers; Bratož, Severinus, S. 9f; Lotter, S. 36: Anhänger der byzantinischen Partei wegen enger Beziehungen zum römischen Senatorenadel; Wolfram, S. 24: Angehöriger der antigotischen Minderheit im römischen Klerus.
31 Bratož, Severinus, S. 10; Hammer, S. 161: „ Lucullanum is the prominent center of the loosing Laurentian party“; Lotter, Severin, S. 35: Bekanntschaft mit Paschasius, der Papst Synmachus nie anerkannte und damit 511 schon gar kein Diakon mehr war; Uytfanghe, Les avatars, S. 656.
32 Hammer, S. 155: Eugippius in Opposition zum Arianer Theoderich, der das Schisma 498 für Synmachus entschied, allerdings ohne nähere Erläuterung über mögliche Aktivitäten.
33 Krausgruber, S. 26: Die excerpta ex operibus sancti Augustini sind in zahlreichen Handschriften überliefert. Eugippius gehörte wohl zu den einflussreichsten Experten der Theologie des heiligen Augustinus.
34 Bratož, Der heilige Mann, S. 241; Krausgruber, S. 26.
35 VS, Eugippi Epistola ad Paschasium, 1–3, S. 40f; Lotter, Severin, S. 46: VS war für die breite Masse der neu Bekehrten bestimmt; Uytfanghe, Les avatars, S. 657: elocutio simplex statt sermo.
36 VS, Paschasii epistola ad Eugippium, 2f, S. 46.
37 Bratož, Der heilige Mann, S. 245: 46 Tage = Erbauungszeit des Tempels in Jerusalem; Hammer, S. 158: „a mystical number explicated by Eugippius´ theological mentor Augustine; Krausgruber, S. 23.
38 Hermann Baldermann, Die Vita Severini des Eugippius, in: Wiener Studien 74 (1961), S. 142–155, passim; Bulst, S. 22f: Kunstprosa; Hammer, S. 158: „artful constructs arranged consciously”; Lotter, historische Daten, S. 37; Régerat in Vie de Saint Séverin, S. 22: redaktionell mit grosser Sorgfalt und literarischem Plan.
39 Bratož, Der heilige Mann, S. 225; Lotter, Endzeit, S. 310; Uytfanghe, Les avatars, S. 669.
40 VS, 4, 1–4, S. 62; Alföldy, S. 222f: keine regulären Truppen mehr in Ufernorikum.
41 Lotter, Endzeit, S. 314: Mamertinus ist immerhin ein Tribun mit einer regulären Einheit (limitanei); ders., Severin, S. 124: „Das kriegerische Ereignis als solches ist als gegeben vorauszusetzen“.
42 VS, 40, 4, S. 106: „ sicut filios Israel constat ereptos esse de terra Aegypti, ita cunctos populos terrae huius oportet ab iniusta barbarorum dominatione liberari.“; Bratož, Der heilige Mann, S. 229f; Uytfanghe, Les avatars, S. 661: Eugippius ordnete die Wahrheit unter, um Severin zu einem Moses zu machen.
43 VS, 44, 7, S. 114: „ cunctis nobiscum provinicialibus idem iter agentibus”.
44 Lotter, historische Daten, S. 28f. und S. 53: Unterschiedliche Kontinuität der Ortsnamen in den Gebieten oberhalb der Enns und Niederösterreich (rugisches Protektorat); Wolfram, S. 65: Zwang.
45 VS, 44, 5, S. 112: „ dum universi per comitem Pierium compellerentur exire “.
46 Bratož, Der heilige Mann, S. 229: mehr als 100 Anspielungen auf altes und neues Testament; Lotter, Severin, S. 113–140; Pfiffig, S. 105f: Liste der Bibelzitate.
47 Pohl, S. 14; Uytfanghe, Spannungsfeld, S. 194: „Autoren wie Jordanes, […] erzählten mehr über sich selber und ihre Zeit als über die Geschichte, die sie zu schreiben glaubten.“
48 Lotter, Legenden, S. 196; Uytfanghe, Spannungsfeld, S. 206 und S. 217: Beispiele.
49 Kramert, Winter, Teil 2, S. 19: Die Handschriften der Klasse I verwenden in der Todesszene Severins (VS, 43, 9, S. 110) „ nobis “, als ob der Autor dabei gewesen wäre, die der Klasse II „ nostris “, was sich nur auf die Mönche beziehen könnte. Seit der Edition von Noll galt die Klasse II als die ältere (Noll in VS, S. 30–35); Régerat in Eugippe, Vie de Saint Séverin. Introduction, Texte latin, Traduction, Notes et Index par Philippe Régerat, Paris 1991, S. 47–52 teilte Nolls Einschätzung.
50 z. B. Alföldy, S. 220; Baldermann, S. 144; Bratož, Severinus, S. 9; Noll in VS, S. 13; Pfiffig, S. 99; Stockmeier, S. 43; Wolfram, S. 23: „in dessen letzten Lebensjahren nahegestanden.“
51 z. B. Bratož, Der heilige Mann, S. 226 (!); Hammer, S. 156: „shortly before or even possibly after Severin´s death“; Krausgruber, S. 24; Lotter, historische Daten, S. 46; Theodor Nüsslein in Eugippius, Vita Sancti Severini. Das Leben des heiligen Severin. Lateinisch/Deutsch übersetzt und herausgegeben von dems., Stuttgart 1998, bibliographisch ergänzte Auflage 1999, S. 143.
52 Lotter, Legenden, S. 198: das entscheidende Kriterium.
53 VS, Eugippi epistola ad Pauschasium, 1, S.40: „ consulatu scilicet Inportuni“; „ Ante hoc ferme biennium “: Inportunus war 509 Konsul gewesen, der Brief datierte zwei Jahre später; Lotter, historische Daten, S. 30: weit entfernt, bis zu 50 Jahre nach den Ereignissen aus zweiter Hand aufgeschrieben.
54 Lotter, Severin, S. 16–18: Lotter gruppierte die Texte in Erlebnislegenden = Bericht eines Augenzeugen, Erinnerungslegenden = Augenzeugen berichten rückblickend einem Autor und Traditionslegenden = der Autor schreibt Jahrhunderte später ohne jegliche Zeugen.
55 VS, 35, 2. S. 102: „ quadraginta fere annis in monasterii excubis perseverans“.
56 Hammer, S. 176: „they (the pericopes, CG) are still highly-selective messages of how the members of Severin´s monastic congregation […] wished his ministry to be seen“; Lotter, Legenden, S. 199: die Erwartungen der Zeitgenossen könnten sogar das Verhalten des Heiligen selbst beeinflusst haben.
57 Jan Assmann, Das kulturelle Gedächtnis. Schrift, Erinnerung und politische Identität in frühen Hochkulturen, München 1992, S. 50f.
58 Lotter, Severin, S. 65–67; Uytfanghe, Les avatars, S. 658: Eugippius benutzte die asketische Heimatlosigkeit statt des wahren Lebens Severins vor der conversio, damit er nicht lügen musste (tabula rasa).
59 VS, 4, 9, S. 64; VS, 39, 1f, S. 104: nur zwei Kapitel handeln von der Askese des Heiligen; Geary, S. xx: Severin als verachteter gyrovagus; Hammer, S. 158: „the immense trouble, skill and sophistication Eugippius applied to remake his saintly hero, Severin, from a questionable anchorite into a proper coenobite suitable as the founder saint for a respectable monastery.”
60 Lotter, historische Daten, S. 45.
61 VS, 9, 1–3, S. 70f und 23, 1f, S. 88; Lotter, historische Daten, S. 31f. und S. 39; Uytfanghe, Les avatars, S. 660.
62 VS, 37, 2, S. 102: „ tunc monachi quae ab eo dicta sunt protinus adnotantes “; Bratož, Der heilige Mann, S. 246.
63 Magnus Felix Ennodius, Die beiden Heiligenviten. Vita beatissimi viri Epifani episcopie Ticinensis ecclesiae. Vita beati Antoni. Lateinisch und deutsch. Eingeleitet, übersetzt und kommentiert von Frank M. Ausbüttel, Darmstadt 2016. Im Folgenden referenziert als VA.
64 Ausbüttel in VA, S. 24–26; Lotter, Severin, S. 224; Christian Rohr, Ergänzung oder Widerspruch? Severin und das spätantike Noricum in der Vita Antonii des Ennodius, in: Maximilian Diesenberger, Walter Pohl (Hg.), Eugippius und Severin. Der Autor, der Text und der Heilige, Wien 2001, S. 109–122, hier: S. 111f. und S. 117.
65 VA, 9, S. 142: „ mox tamen ad inlustrissimum virum Severinum ignara fuci aetas evolavit“; VA, 10, S. 142 : „ Sed postquam beatus vir rebus exemptus est. “
66 Ausbüttel in VA, S. 160f: Ennodius meinte mit vir inlustrissimus immer einen Senator, der Superlativ ist aber ungewöhnlich; Lotter, Severin, S. 234–240.
67 Rohr, S. 114: der Superlativ meinte keine senatorische Stellung, sondern nur eine Person mit hoher Autorität.
68 VA, 35, S. 152: „ iam grandaevus “; Ausbüttel in VA, S. 23: Antonius starb vor 506 als sehr alter Mann, müsste also schon um 450 geboren sein, wird aber kurz vor Severins Tod noch als puer bezeichnet.
69 VA, 13f, S. 144; VS, 24, 3, S. 90; Rohr, S. 115.
70 VA, 14, S. 144: „ inter quas temporum procellas Constantius pontifex, […] humana lege liberatus est“; VS, 30, 2, S. 96; Rohr, S. 115.
71 Jordanes, Die Gotengeschichte, übersetzt und erläutert von Lenelotte Möller, Wiesbaden 2012, §259–§271, S. 161–168; VS, 5, 1, S. 66; Lotter, Severin, S. 201–204.
72 Stockmeier, S. 50–64.
73 Rainer Christlein, Die rätischen Städte Severins. Quintanis, Batavis und Boiotro und ihr Umland im 5. Jahrhundert aus archäologischer Sicht, in: Dietmar Straub (Hg.), Severin zwischen Römerzeit und Völkerwanderung, Ausstellung des Landes Oberösterreich 24.4.–26.10.1982 im Stadtmuseum Enns, Linz 1982, S. 217–254, hier: S. 236, Abbildung 16.
74 Lotter, Völkerverschiebungen, S. 5: häufig nur Hypothesen; Pohl, S.10f.