Der jährliche Umsatz der gesetzlichen Rentenversicherung liegt aktuell bei ca. 300 Milliarden Euro, sie ist der finanziell bedeutsamste Zweig der Sozialversicherung. Von rund 44 Millionen Erwerbstätigen sind über 32,5 Millionen, mithin etwa 73%, in ihr gegen Alter, Invalidität und Tod pflichtversichert. Mit mehr als 31 Millionen bilden Personen, die nach § 1 S. 1 Nr. 1 Var. 1 SGB VI infolge Beschäftigung gegen Arbeitsentgelt pflichtversichert sind, die mit Abstand größte Gruppe. Dieser Versicherungspflichttatbestand wird in der vorliegenden Seminararbeit näher untersucht.
Zunächst wird hierzu die historische Entwicklung der Pflichtversicherten in der gesetzlichen Rentenversicherung überblicksweise dargestellt. Daran anschließend werden Tatbestandsvoraussetzungen und Rechtsfolgen jeweils unter Berücksichtigung der Rspr. detailliert erläutert. Abschließend werden einige verfassungsrechtliche Erwägungen angestellt sowie damit einhergehend Neuerungsbedarf aufgezeigt.
Inhaltsverzeichnis
Literaturverzeichnis
A. Einleitung
B. Historische Entwicklung
I. Bismarck´sche Sozialversicherung und Kaiserzeit
1. Gesetz, betreffend die Invaliditäts- und Altersversicherung
2. Reichsversicherungsordnung und Versicherungsgesetz für Angestellte
II. Weimarer Republik und Nationalsozialismus
III. Nachkriegszeit bis heute
C. Versicherungspflicht von gegen Arbeitsentgelt beschäftigten Personen
I. Anspruchsvoraussetzungen
1. Beschäftigung im versicherungs- und beitragsrechtlichen Sinne
2. Arbeitsentgelt
II. Rechtsfolgen
1. Versicherungs- und Beitragspflicht ispo iure
2. Konkurrenzen
D. Verfassungsrechtliche Bewertung
I. Typus der Beschäftigung
II. Schutzbedürftigkeit in der modernen Arbeitswelt
E. Schluss
Literaturverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
A. Einleitung
„Diejenigen [Arbeiter], welche durch Alter oder Invalidität erwerbsunfähig werden, haben […] Anspruch auf ein höheres Maß staatlicher Fürsorge, als ihnen bisher hat zu Theil werden können.“1
Mit diesen Worten wurde bereits vor rund 140 Jahren der Grundstein der gesetzlichen Rentenversicherung gelegt; sie besteht bis heute unter kontinuierlicher Weiterentwicklung fort.2
Der jährliche Umsatz der gesetzlichen Rentenversicherung liegt aktuell bei ca. 300 Milliarden Euro, sie ist der finanziell bedeutsamste Zweig der Sozialversicherung.3 Von rund 44 Millionen Erwerbstätigen sind über 32,5 Millionen, mithin etwa 73%, in ihr gegen Alter, Invalidität und Tod pflichtversichert.4 Mit mehr als 31 Millionen bilden Personen, die nach § 1 S. 1 Nr. 1 Var. 1 SGB VI infolge Beschäftigung gegen Arbeitsentgelt pflichtversichert sind, die mit Abstand größte Gruppe.5 Dieser Versicherungspflichttatbestand soll im Folgenden näher untersucht werden.
Zunächst wird hierzu die historische Entwicklung der Pflichtversicherten in der gesetzlichen Rentenversicherung überblicksweise dargestellt (B.). Daran anschließend werden Tatbestandsvoraussetzungen (C. I.) und Rechtsfolgen (C. II.) jeweils unter Berücksichtigung der Rspr. detailliert erläutert. Abschließend werden einige verfassungsrechtliche Erwägungen angestellt sowie damit einhergehend Neuerungsbedarf aufgezeigt (D.).
B. Historische Entwicklung
I. Bismarck´sche Sozialversicherung und Kaiserzeit
1. Gesetz, betreffend die Invaliditäts- und Altersversicherung
Die seit Beginn des 19. Jahrhunderts einsetzende industrielle Revolution hatte in Deutschland zu tiefgreifenden gesellschaftlichen Änderungen geführt. Einhergehend mit einer zunehmenden Verstädterung und einem daraus resultierenden Überangebot an Arbeitern, wurden deren rechtlich gleiche Verhandlungsposition bei Abschluss von Arbeitsverträgen durch eine tatsächliche, strukturelle Machtdisparität entwertet. Resultat waren niedrige Löhne, schlechte und harte Arbeitsbedingungen sowie eine Verelendung der Arbeiterschaft als neue vierte Klasse.6 Ein Verlust des Arbeitsplatzes infolge Invalidität oder Alters ging notwendig einher mit dem Verlust der materiellen Existenzgrundlage, ohne dass ein funktionierendes Auffangnetz bestand.7 Insbesondere die steuerfinanzierte Armenhilfe war dazu gerade in den Städten kaum in der Lage.8 Zugleich hatten sich die Versorgungsstrukturen innerhalb der Familie aufgelöst.9
Verstärkt durch eine 1873 einsetzende Wirtschaftsdepression, lief die Arbeiterschaft deshalb sozialistischen Bewegungen zu.10
Reichskanzler Otto von Bismarck begegnete diesen Tendenzen sowie der unter dem Stichwort der sozialen Frage zusammengefassten Problematik zunächst repressiv mit der Verabschiedung des Sozialistengesetzes.11 Die Sozialversicherungsgesetzgebung wurde daraufhin maßgeblich durch die Kaiserliche Botschaft in die Wege geleitet.12 Als letzter der drei Bismarck´schen Sozialversicherungszweige bezweckte das Gesetz, betreffend die Invaliditäts- und Altersversicherung vom 22.6.188913 (folgend: IuAVG), ebenfalls eine Schwächung des Sozialismus durch positive Förderung,14 indem Not bei Invalidität oder Alter gemindert werden sollte.
Der pflichtversicherte Personenkreis erstreckte sich entsprechend zunächst gemäß § 1 Nr. 1 Var. 1 IuAVG auf Arbeiter. Dies war nach herkömmlichem Verständnis, wer auf privatrechtlicher Grundlage in persönlicher Abhängigkeit niedere, körperliche Arbeit leistete, wobei die klassenspezifische, gesellschaftliche Stellung zu berücksichtigen war.15
Weitergehend waren nach § 1 Nr. 1 Var. 2-5 IuAVG „Auszubildende“ und den Arbeitern ähnelnde Personengruppen, sowie nach Nr. 2 „kleinere Angestellte“16 pflichtversichert.17 Voraussetzung der Versicherungspflicht war außerdem stets der Bezug von Lohn oder Gehalt.
Bei diesen Personengruppen wurden individuell soziale Not und Schutzbedürftigkeit als besonders groß sowie die sozialistischen Tendenzen als besonders gefährlich eingestuft. Insbesondere Letzteres war relevant für die zunächst fehlende Einbeziehung mindestens ebenso schutzbedürftiger Personengruppen in die Pflichtversicherung.18 Die Ausgestaltung als Pflichtversicherung diente dazu, der Tendenz, „die Sorge von morgen auf übermorgen zu verschieben“, gegenzusteuern.19 Kollektiv betrachtet weiterhin zentral war der Umstand, dass die einbezogenen Personengruppen aufgrund eines stabilen Einkommens in der Lage waren, konstant Beiträge zu leisten und so die Armenhilfe planungssicher zu entlasten.20
2. Reichsversicherungsordnung und Versicherungsgesetz für Angestellte
Der Kreis der pflichtversicherten Personen im IuAVG war politisch von Beginn an hoch umstritten.21 Als Folge wurde bereits zehn Jahre später das Invalidenversicherungsgesetz22 (folgend: IVG) verabschiedet.
Neu nach § 1 Nr. 1 Var. 2, 3 und 6 IVG als Pflichtversicherte geschützt wurden nun Werkmeister und Techniker sowie sonstige hauptberufliche „kleine Angestellte“. Diese Erweiterung bezog sich insofern maßgeblich auf Personen, die wiederum aufgrund der als nieder angesehenen Tätigkeit und des geringen Verdienstes Arbeitern dem Stande nach ähnelten.23 Die Erweiterung in § 1 Nr. 1 Var. 7 und 8 IVG stellte indes eine echte Neuerung dar: Die Tätigkeit von Lehrern und Erziehern war bisher als rein ideell angesehen worden. Ihre Schutzbedürftigkeit war jedoch nicht geringer als diejenige der sonstigen Pflichtversicherten.24
1911 wurde die Rentenversicherung abermals nivelliert, in der Reichsversicherungsordnung und im Versicherungsgesetz für Angestellte.25 Im Hinblick auf den pflichtversicherten Personenkreis fanden durch die Neufassung in den §§ 1226, 1228 RVO kleinere Veränderungen statt.26 Der Stand der Angestellten hatte indes an Bedeutung gewonnen.27 Zen-trale Neuerung des pflichtversicherten Personenkreises war deshalb eine teilweise zusätzliche, privilegierte28 Absicherung derselben nach § 1 VGfA, sofern sie weniger als 5000 Mark pro Jahr verdienten. Wer diese Versicherungspflichtgrenze überschritt, könne sich, so die Argumentation, selbst absichern und bedürfe des Schutzes des AVG nicht.29
Die deutliche Segregation zwischen niederen Arbeitern und standesbewussten Angestellten, welche sich zugleich in den politischen Anschauungen wiederspiegelte, wurde mit dieser Gesetzgebung akzentuiert.30
II. Weimarer Republik und Nationalsozialismus
Die Weimarer Reichsverfassung31 bekannte sich in Art. 161 f. ausdrücklich zum Sozialstaat. Die Systeme der Altersabsicherung waren allerdings infolge des Ersten Weltkriegs und starker Inflation geschwächt.32 Die entgeltliche Arbeit als verlässliche Finanzierungsquelle der Sozialversicherung und zugleich als Instrument der Vermeidung politischen Extremismus stand deshalb im Mittelpunkt der Reformen.33
Neuerungen der historischen Rentenversicherung fanden sich zum einen in der Überführung des VGfA in das Angestelltenversicherungsgesetz,34 womit geringfügige Änderungen des pflichtversicherten Personenkreises einhergingen.35 Außerdem wurde die teilweise Doppelversicherung der Angestellten abgeschafft.36 Trotz gegensätzlicher politischer Bestrebungen konsolidierte sich die Differenzierung nach Berufsständen.37
Nach § 1226 Nr. 1a RVO38 waren nun Hausgewerbetreibende pflichtversichert.39 Diese waren nach der Legaldefinition des § 162 RVO selbständig, was mit der Tradition der Pflichtversicherung für abhängig Tätige erstmals brach.40 Durch Verordnungen wurde die Versicherungspflicht des AVG auf weitere Gruppen wirtschaftlich schwacher Selbständiger, wie Hebammen und Krankenpflegekräfte, erweitert.41
Im „Dritten Reich“ der Nationalsozialisten ab dem 30.1.1933 wurden Juden und andere „Systemfeinde“ systematisch aus den Alterssicherungssystemen ausgegrenzt. Dies geschah zwar nicht rechtlich. Es war besagten Personengruppen jedoch zunehmend faktisch unmöglich, an jenen Systemen teilzuhaben.42 Vorrangigere Probleme führten dazu, dass die angestrebte Einführung einer Staatsbürgerversorgung bis Ende des „Dritten Reichs“ nicht mehr verwirklicht werden konnte.43 Noch umgesetzt wurde als erster Schritt dorthin eine Erweiterung des nach Maßgabe des AVG pflichtversicherten Personenkreises auf Handwerker,44 womit die bisher größte Gruppe Selbständiger pflichtversichert wurde.45 Darüber hinaus wurden weitere Selbständige und sonstige Personen pflichtversichert.46
Hintergründe dieser Maßnahmen waren zum einen die Erschließung neuer Beitragsquellen und eine Ausweitung der Risikogemeinschaft. Schlussendlich zentral sollte zum anderen das einheitliche Volksempfinden – und damit die Kriegsbereitschaft – durch Überwindung des zuvor bestehenden Klassenverständnisses sowie durch Ausgrenzung der „Minderwertigen“ verstärkt werden.47
III. Nachkriegszeit bis heute
Nach Ende des Zweiten Weltkriegs entwickelte sich die Rentenversicherung in der sowjetischen Besatzungszone und der DDR schnell zu einer Erwerbstätigenversicherung. In dieser waren zuletzt48 unter anderem Arbeitnehmer, Selbständige, Angehörige freier Berufe ebenso wie Auszubildende und behinderte Menschen grds. pflichtversichert.49
In der BRD wurde die formelle Trennung zwischen Arbeitern und Angestellten sowie die Bevorzugung Letzterer zunächst beibehalten,50 wenngleich eine materielle Angleichung der Leistungen stattfand und an die Stelle der Arbeiter nach § 1227 I Nr. 1 Var. 1 RVO nun Personen, die als Arbeitnehmer gegen Entgelt beschäftigt sind, traten.51
Der Trend zur Erweiterung des pflichtversicherten Personenkreises in der gesetzlichen Rentenversicherung und damit zur Abkehr von der historischen „Arbeiterversicherung“ setzte sich dennoch ebenso in der BRD und später im wiedervereinigten Deutschland fort.52 So wurden wiederum bestimmte Selbständige,53 behinderte Menschen54 sowie weitere Personengruppen55 pflichtversichert.56
Durch Zusammenfassung der Rentenversicherungszweige im SGB VI57 wurde die mittlerweile obsolete, nur historisch zu rechtfertigende Differenzierung zwischen Arbeitern und Angestellten aufgehoben.58
Diese sind nun nach § 1 S. 1 Nr. 1 Var. 1 SGB VI als gegen Arbeitsentgelt beschäftigte Personen pflichtversichert.
C. Versicherungspflicht von gegen Arbeitsentgelt beschäftigten Personen
I. Anspruchsvoraussetzungen
1. Beschäftigung im versicherungs- und beitragsrechtlichen Sinne
a) Leistung nichtselbständiger Arbeit
(1) Arbeit
Im Ausgangspunkt richtet sich die Bestimmung der Beschäftigung59 im versicherungs- und beitragsrechtlichen Sinne60 nach § 7 I 1 SGB IV. Es bedarf mithin grds. der Leistung nichtselbständiger Arbeit.
Arbeit stellt jede freiwillige,61 zur Befriedigung eines Bedürfnisses sinnvolle und menschliche Tätigkeit in Form einer planmäßigen, zweckgerichteten Körper- oder Geistesbetätigung dar.62 Kommt der Tätigkeit keinerlei wirtschaftlicher Wert zu, wie beispielsweise bei Freizeitsport oder rein sakralen Tätigkeiten, liegt keine Arbeit vor; bei der Abgrenzung wird auf den objektiv festzustellenden Zweck des Tätigen abgestellt.63
Wie sich aus dem Wortlaut des § 1 S. 1 Nr. 1 Var. 2 SGB VI („zu ihrer Berufsausbildung beschäftigt“) ergibt, stellt eine Berufsausbildung grds. eine taugliche Tätigkeit und damit Beschäftigung dar. Der Fiktion des § 7 II SGB IV kommt für die gesetzliche Rentenversicherung mithin als lex generalis keine eigenständige Bedeutung zu.64 Der Versicherungspflichttatbestand dient als systematisches Pendant zur Beschäftigung gegen Arbeitsentgelt dazu, dass Auszubildende selbst dann der Versicherungspflicht unterliegen, wenn ihre Ausbildung unentgeltlich erfolgt.65 Auf die Entgeltlichkeit kommt es folglich generell für das Vorliegen von Arbeit und damit einer Beschäftigung nicht an; die Bezeichnung als Versicherungspflicht bei Beschäftigung gegen Arbeitsentgelt wäre andernfalls eine Tautologie. Entgeltlichkeit kann unter Umständen höchstens als Indiz heranzuziehen sein.66
Umstritten ist die Bewertung strafrechtswidriger Tätigkeiten. Zwar lässt weder der Wortlaut des § 7 I SGB IV noch derjenige des § 1 S. 1 Nr. 1 Var. 1 SGB VI erkennen, dass dieser Fall ausgenommen sein könnte. Darüber hinaus könnte eine weitere Einnahmequelle geschaffen werden, wie dies im Steuerrecht nach § 40 AO der Fall ist; die drohenden Beitragszahlungen könnten darüber hinaus abschrecken.67 Letzteres vermag allerdings wenig zu überzeugen: Wen die angedrohte Strafe nicht hindert, wird eine mögliche Beitrags- infolge Versicherungspflicht68 erst recht nicht abhalten können. Ebenso spricht das Fehlen einer dem Steuerrecht entsprechenden ausdrücklichen Anordnung gegen die Annahme einer Versicherungspflicht infolge Beschäftigung.
Darüber hinaus ist der zentrale Systemunterschied zwischen Steuer- und Sozialversicherungsrecht, dass Steuern kein konkretes Äquivalent gegenübersteht,69 Sozialversicherungsbeiträge hingegen unmittelbar mit einer Gegenleistung in Form der Absicherung gegen typische Lebensrisiken einhergehen. Pflichtversichert sind gerade diejenigen, welche durch den abgesicherten Risikoeintritt besonders schwer getroffen würden und deshalb pauschalisierend als schutzbedürftig angesehen werden. Unterfällt eine Tätigkeit, die zugleich eine schwere Straftat darstellt, nicht dem weiten verfassungsrechtlichen Berufsschutz des Art. 12 I GG, weil sie als schlechthin gemeinschädlich angesehen wird,70 so kann unter teleologischen Gesichtspunkten von einer sozialversicherungsrechtlichen Schutzbedürftigkeit resp. -würdigkeit ebenfalls nicht ausgegangen werden. Selbst wenn man den Grundsatz der Einheit der Rechtsordnung als Argument ablehnte,71 sind bei der Auslegung des Beschäftigungsbegriffs zumindest die Wertungen des Grundgesetzes zu berücksichtigen.72
Der Arbeits- und damit der Beschäftigungsbegriff umfassen folglich keine Tätigkeiten, die schwerwiegend gegen Strafgesetze verstoßen.73
Die gleichen Grundsätze gelten im Falle der Sittenwidrigkeit. Versagt das Grundgesetz sitten-, aber nicht strafrechtswidriger Arbeit den Berufsschutz, hat selbst die „Wertneutralität des Sozialrechts“ zu enden.74
(2) Nichtselbständigkeit
Ob die Arbeit nichtselbständig, sprich in persönlicher Abhängigkeit oder demgegenüber selbständig erbracht wird, ist typologisch zu bestimmen. Es existiert keine fest umgrenzte gesetzliche Definition. Vielmehr sind im konkreten Einzelfall alle Umstände zu berücksichtigen, um festzustellen, welche Merkmale des Gesamtbilds überwiegen.75
Dass Beschäftigung und Selbständigkeit Gegensätze sind, verdeutlicht der Wortlaut des § 7 I 1 SGB IV, welcher von der Nichtselbständigkeit der Arbeit spricht. Ebenso zeigt dies zum einen die Gegenüberstellung von Arbeitsentgelt in § 14 SGB IV aus einer Beschäftigung und Arbeitseinkommen nach § 15 SGB IV aus selbständiger Tätigkeit sowie zum anderen die Fiktion der Beschäftigung gemäß § 12 II SGB IV für Heimarbeiter, welche selbständig sind und der es andernfalls nicht bedürfte.76
Für persönliche Abhängigkeit sprechen laut § 7 I 2 SGB IV eine Tätigkeit nach Weisungen, sowie die Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers. Die Weisungsbefugnis bezieht sich grds. auf zeitliche Lage, Ort und Inhalt der Tätigkeit und kann in Grenzfällen etwa von werkvertraglichen Weisungen abzugrenzen sein.77 Die arbeitsorganisatorische Eingliederung findet ihren Ausdruck in der fremden Vorgabe einer Betriebsordnung; sie ist „institutionalisierte Weisungsunterworfenheit“.78
Daneben können weitere Kriterien relevant sein.79 Zusammenfassend lässt sich die persönliche Abhängigkeit als Verlust der Arbeitssouveränität infolge Unterwerfung unter fremde Verfügungsbefugnis beschreiben.
Die einzelnen Merkmale stehen in keiner festen Rangordnung zueinander; gleichsam ist keines absolut ausschlaggebend.80 Beispielsweise bei Tätigkeiten höherer Art, wie etwa derjenigen eines Chefarztes, kann die Weisungsbefugnis stark zurückgenommen und zu einer „funktionsgerecht dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess“ verfeinert sein.81 Ebenso sprechen eine fehlende räumliche Eingliederung oder eine vereinbarte Gleit- oder Vertrauensarbeitszeit nicht zwingend für Selbständigkeit.82
Keine zentrale Bedeutung kommt grds. der Höhe des Arbeitsentgelts zu. Ein solches ist nicht nur an sich keine Voraussetzung einer Beschäftigung, sondern es steht insbesondere nicht zur Disposition der Beteiligten, sich aus der Sozialversicherungspflicht durch Zahlung einer höheren Vergütung „freizukaufen“.83 Eine indizielle Wirkung der Vergütungshöhe mag neben weiteren Umständen in Betracht kommen, da Selbständige von ihrem Einkommen Steuern und (Sozial-)Versicherungsbeiträge noch abführen müssen und deshalb typischerweise höher entlohnt werden.
Davon zu unterscheiden ist die wirtschaftliche Abhängigkeit, welche keine Aussage bzgl. der Abgrenzung zur Selbständigkeit zu treffen vermag.84 Dieses Kriterium ist ungeeignet, da Selbständige gleichsam wirtschaftlich abhängig sein können.85 Bspw. wirtschaftlich abhängige, arbeitnehmerähnliche und damit selbständige Personen sind nicht von § 1 S. 1 Nr. 1 Var. 1 SGB VI, jedoch aufgrund sozialer Schutzbedürftigkeit von § 2 S. 1 Nr. 9 SGB VI erfasst.86 Daraus folgt im Umkehrschluss, dass ebenso soziale Schutzbedürftigkeit nicht als Kriterium persönlicher Abhängigkeit herangezogen werden kann.87
Mangels Dispositionsbefugnis über den Sozialversicherungsschutz kommt zum einen den subjektiven Beweggründen der Parteien grds. keine Bedeutung,88 zum anderen der tatsächlichen Durchführung des Vertrags Vorrang zu, wenn diese von der vertraglichen Vereinbarung abweicht. Letztere bedingen die Parteien in diesem Fall konkludent ab. Der Vorrang greift mithin nur bei rechtlicher Möglichkeit der Abbedingung.89
Führen die positiven Merkmale einer persönlichen Abhängigkeit zu keinem eindeutigen Ergebnis, so kann eine Negativabgrenzung zur Selbständigkeit vorgenommen werden. Hierbei ist zu untersuchen, ob Merkmale der Selbständigkeit gerade nicht vorliegen. Ein solches liegt insbesondere in einem Unternehmerrisiko, sprich der unmittelbaren Betroffenheit von der Verwertbarkeit der Arbeitsergebnisse sowie der mit einem Verlustrisiko behaftete Einsatz eigenen Kapitals.90 Darüber hinaus können unter anderem die freie Verfügungsmöglichkeit über die Arbeitskraft, Beschäftigung eigener Arbeitnehmer sowie fehlende finanzielle Absicherung bspw. bei Krankheit für Selbständigkeit sprechen.91
[...]
1 Auszug aus der Kaiserlichen Botschaft v. 17.11.1881, RT-Drs. 5/I/Bd. 1, S. 2.
2 S. näher dazu B. I. 1.
3 Stand 2017, s. RV in Zeitreihen, S. 234-235; Statistisches Jahrbuch, S. 238.
4 Stand 2017, s. RV in Zeitreihen, S. 28; Statistisches Jahrbuch, S. 334.
5 Stand 2017, s. RV in Zeitreihen, S. 28.
6 Zur Ausgangslage im 19. Jahrhundert Eichenhofer/ Eichenhofer, S. 17-18; Mommsen, Bd. 7/1, S. 624-626; Stolleis, S. 40-42; Waltermann, § 3 Rn. 55-57; Wannagat, II. § 5.
7 Überblick bei Wannagat, II. § 6.
8 S. dazu Mommsen, Bd. 7/1, S. 624-625, 627-629; Stolleis, S. 26-31; Ritter, S. 32.
9 Näher Stolleis, S. 40; Ritter, S. 10.
10 S. Eichenhofer/ Eichenhofer, S. 18-20; Mommsen, Bd. 7/1, S. 464-466; Ritter, S. 22.
11 G. v. 21.10.1878 (RGBl. 1878, 351). S. dazu Mommsen, Bd. 7/1, S. 602-624.
12 S. Fn. 1; ferner Peters, S. 39 und Wannagat, II. § 7, welche die Kaiserliche Botschaft als „Magna Charta der deutschen Sozialversicherung“ bezeichnen.
13 RGBl. 1889, 97.
14 S. dazu die Rede v. Bismarcks, in RT-Drs. 5/IV/Bd. 1, S. 481; s. ferner RT-Drs. 4/IV/Anl. 41, S. 228 zur gesetzlichen Unfallversicherung. Die Formulierung der „positiven Förderung“ findet sich ebenfalls in der Kaiserlichen Botschaft, s. Fn. 1. Überblick über Motive v. Bismarcks bei Stolleis, S. 54-58 sowie Ritter, S. 30-39.
15 S. Fuld, § 1 Anm. 5; Rosin, Bd. 1, § 25.
16 „Klein“ waren diese „Angestellten“, da nach § 1 Nr. 2 Hs. 2 IuAVG ihr Jahresverdienst 2000 Mark nicht überstieg. Der Begriff des Angestellten hatte sich noch nicht herausgebildet, sondern die in § 1 Nr. 2 Var. 1 IuAVG bezeichneten „Betriebsbeamten“ stellten nach heutigem Verständnis einen Teil dieser dar; aus historischer Sicht Rosin, Bd. 1, § 26 2.; ders., Bd. 2, § 15 1., 4.; aus moderner Sicht Nitsche, S. 35-36.
17 Zu den Motiven RT-Drs. 7/IV/Anl. 10, S. 65-66; ferner Fuld, § 1 Anm. 11; Rosin, Bd. 1, § 26 2. Zur Möglichkeit der Einbeziehung und des Ausschlusses von der Versicherungspflicht durch Verordnungen des Bundesrats gemäß § 2 IuAVG und später §§ 2, 3a IVG sowie § 1229-1233 RVO, s. Rosin, Bd. 2, § 3 II; Weymann/Laß, § 1229.
18 Dazu RT-Drs. 5/IV/Bd. 1, S. 481; ferner Fuld, § 1 Anm. 1; Klenk, S. 28-31; Ritter, S. 29. Historisch Rosin, Bd. 1, § 24.
19 So Hauck/Noftz-SGB VI/ Fichte, § 1 Rn. 4. S. ferner RT-Drs.7/IV/Bd. 4, S. 49-50.
20 Dazu RT-Drs. 7/IV/Anl. 10, S. 50; RT-Drs. 7/IV/Anl. 141, S. 909; Entwurf der Thronrede v. Boettichers v. 10.11.1881 Quellensammlung, Bd. 1, S. 43-46; Schreiben v. Mittnachts v. 10.10.1887, Quellensammlung, Bd. 6, S. 218-219; ferner Ritter, S. 29-30. Wenngleich v. Bismarck selbst eine reine Steuerfinanzierung bevorzugt hätte, s. Votum v. Bismarcks v. 11.9.1887, abgedr. in Quellensammlung, Bd. 6, S. 205-206. Näher zur Funktion als Abgrenzungsmerkmal Bosse/v. Woedtke, § 1 Anm. 3.
21 Näher Fuld, § 1 Anm. 1; Klenk, S. 27-28; Mommsen, Bd. 7/1, S. 661-662; Rosin, Bd. 2, § 1 2.-4.
22 G. v. 13.7.1899 (RGBl. 1899, 393).
23 S. Laß/Klehmet, S. 99; Rosin, Bd. 2, § 15 vor 1., 2. und 4.
24 So RT-Drs. 10/I/Anl. 93, S. 696; Rosin, Bd. 2, § 19 I 1. Rückblickend BT-Drs. 16/7300, 80; BT-Drs. 17/52, 78.
25 G. v. 19.7.1911 und v. 20.12.1911 (RGBl. 1911, 509, 989).
26 Dargestellt bei Nitsche, S. 100-101; Weymann/Laß, § 1226 Anm. 10, 16, § 1228. Weiterhin – im Gegensatz zur Krankenversicherung gemäß § 165 Nr. 6 RVO – ausgenommen waren grds. Hausgewerbetreibende, dazu Weymann/Laß, § 1229 Anm. 1.
27 Ausführlich zu den Entwicklungen Klenk, S. 42-45, 47-49; Mommsen, Bd. 7/2, S. 60-61; Ritter, S. 58-59; Stolleis, S. 102-103.
28 Hierzu Klenk, S. 46; Laß, DJZ 1913, 13 (13-14, 16-18).
29 RT-Drs. 12/II/Anl. 1035, S. 69.
30 Hintergründe bei Klenk, S. 47-51; Mommsen, Bd. 7/2, S. 75; Wannagat, II. § 9.
31 V. 11.8.1919 (RGBl. 1919, 1383).
32 Zur Situation näher Klenk, S. 53; SRH/ Hänlein, § 2 Rn. 28; Stolleis, S. 158-159.
33 Dies mündete in einer gesetzlichen Arbeitslosenversicherung durch G. v. 16.7.1927 (RGBl. I 1927, 187), hierzu Stolleis, S. 152, 160-164.
34 G. v. 10.11.1922 (RGBl. I 1922, 849).
35 S. nur Nitsche, S. 398.
36 Durch Art. 8 des G. v. 30.4.1922 (RGBl. I 1922, 465).
37 Zu den politischen Strömen Klenk, S. 52-55, 70.
38 I.d.F. des G. oben Fn. 36.
39 Zu den vorangegangenen politischen Forderungen s. Fuld, § 1 Anm. 1.
40 Zu Forderungen der Pflichtversicherung „selbständiger Angestellter“ bereits während der Kaiserzeit s. RT-Drs. 12/II/Anl. 1035, S. 93-94.
41 VO v. 8.10.1929 (RGBl. I 1929, 151) und VO v. 14.03.1932 (RGBl. I 1932, 142).
42 Ausführlich Erker, S. 225-240, 244-250, 458-471, 476-478. S. ferner Eichenhofer/ Eichenhofer, S. 34; SRH/ Hänlein, § 2 Rn. 37. Als Beispiel der rechtlichen Diskriminierung s. nur VO v. 31.10.1941 (RGBl. I 1941, 681).
43 S. Klenk, S. 71-72; Wannagat, II. § 12. S. ferner Punkt 15 des 25-Punkte-Programms der NSDAP v. 24.02.1920 („einen großzügigen Ausbau der Alters-Versorgung“).
44 Durch § 1 I G. v. 21.12.1938, (RGBl. I 1938, 1900).
45 Dazu Erker, S. 255-256; Klenk, S. 72-73; Wannagat, II. § 12.
46 Artisten durch G. v. 10.1.1938 (RGBl. I 1938, 33); Hebammen durch G. v. 21.12.1938 (RGBl. I 1938, 1893); zuletzt noch unentgeltlich „Auszubildende“ durch VO v. 17.3.1945 (RGBl. I 1945, 41).
47 Dazu sowie zur Sprachlenkung durch Begriffe wie „Arbeit der Faust“ und „Arbeit der Stirn“Klenk, S. 73-74. S. ferner Stolleis, S. 201-202, 206. Zur arbeitsmarkt- und familienpolitischen Instrumentalisierung der Rentenversicherung SRH/ Hänlein, § 2 Rn. 41.
48 Nach § 10 G. v. 13.6.1990, Drs. Nr. 70/1, 10. Volkskammer der DDR.
49 Ausführlich zur Entwicklung Klenk, S. 92-94; Ruß, S. 64-95, 410-412; Weser, S. 71-94, 107-159; s. außerdem den wegbereitenden SMAD-Befehl Nr. 28 v. 28.1.1947. Zum Übergangsrecht der Wiedervereinigung KK/ Gürtner, § 229a SGB VI Rn. 3-7. S. ferner Art. 16 I Var. 4 DDR-Verfassung v. 7.10.1949.
50 Insbesondere durch G. v. 7.8.1953 (BGBl. I 1953, 857). Hintergründe bei Klenk, S. 88-90. Der Kontrollratsentwurf einer einheitl. Sozialversicherung scheiterte, Hockerts, S. 21-36; Peters, S. 98-99; Stolleis, S. 260-265.
51 S. Arbeiterrentenversicherungs- sowie das Angestelltenversicherungs-NeuregelungsG v. 23.2.1957 (BGBl. I 1957, 45, 88). Zur materiellen Angleichung GK-SGB VI/ Ruland, Einl. Rn. 19-20; Peters, S. 132-135; Wannagat, II. § 16 4). Hintergründe bei Klenk, S. 94-95. Für Landwirte wurde durch G. v. 27.7.1957 (BGBl. I 1957, 1063) ein eigener Rentenversicherungszweig geschaffen, s. Wannagat, II. § 19; Handwerker wurden durch G. v. 8.9.1960 (BGBl. I 1960, 737) der Arbeiterversicherung angegliedert.
52 Zum Gesellschaftswandel, der diese Entwicklung beeinflusste Wannagat, II. § 15.
53 Künstler und Publizisten durch G. v. 27.7. 1981 (BGBl. I 1981, 705); Arbeitnehmerähnliche durch Art. 2 G. v. 19.12.1998 (BGBl. I 1998, 3843). Zur Entwicklung berufsständischer Versorgungswerke, s. Boecken, S. 40-51; Stolleis, S. 280-281.
54 Durch G. v. 7.5.1975 (BGBl. I 1975, 1061).
55 Etwa Rotkreuzschwestern u.a. bereits durch Art. 1 des NeuregelungsG, o. Fn. 51. Selbständige und Hausfrauen gemäß §§ 1227 I 1 Nr. 9, 1233 I RVO durch das RentenreformG v. 16.10.1972 (BGBl. I 1972, 1965), s. dazu SRH/ Hänlein, § 2 Rn. 69, der nun von einer „Volksversicherung“ spricht. Leistungsbezieher der Arbeitslosenversicherung nach § 1227 I 1 Nr. 10 RVO i.d.F. v. 1.1.1979 (BGBl. I 1977, 1040).
56 Vertiefend GK-SGB VI/ Ruland, Einl. Rn. 22; Stolleis, S. 282-284.
57 Durch das RentenreformG 1992 v. 18.12.1989 (BGBl. I 1989, 2261), die Pflichtversicherung entsprach „weitgehend dem geltenden Recht“, BT-Drs. 11/4124, 148.
58 S. BT-Drs. 11/5530, 27. Dazu Klenk, S. 166-168. Die Aufhebung der organisatorischen Trennung erfolgte erst durch Art. 1 G. v. 9.12.2004 (BGBl. I 2004, 3242).
59 Der Begriff des „Beschäftigungsverhältnisses“ wird in Gesetz, Rspr. und Literatur uneinheitlich als Synonym der Versicherungspflicht infolge Beschäftigung gegen Arbeitsentgelt, der Beschäftigung, der Arbeit oder des Rechtsverhältnisses (zu diesen Begriffen sogleich) verwendet und ist insoweit überflüssig, ebenso K/K/W/ Berchtold, § 7 SGB IV Rn. 9-10; SRH/ Axer, § 14 Rn. 16. Auf seine Verwendung wird verzichtet.
60 Zur Beschäftigung im leistungsrechtlichen Sinne s. C. I. 1. c).
61 Kritisch und überzeugend Hauck/Noftz-SGB IV/ Knospe, § 7 Rn. 4-12, 32-34. S. ferner BT-Drs. 16/11362, 1-8 sowie bereits historisch Rosin, Bd. 1, § 25 3.
62 S. ErfK/ Rolfs, § 7 SGB IV Rn. 5; GK-SGB VI/ Ruland, § 1 Rn. 48; Hauck/Noftz-SGB VI/ Fichte, § 1 Rn. 29; jurisPK-SGB IV/ Segebrecht, § 7 Rn. 44; KK/ Zieglmeier, § 7 SGB IV Rn. 44; Z/S/B/D, § 1 Rn. 11. Zur Aufgabe der Rspr. des missglückten Arbeitsversuchs, s. BSG 4.12.1997, BSGE 81, 231 (233-240).
63 Zu Profisport: BSG 20.12.1961, BSGE 16, 98 (100-102). Überzeugend zu sakralen Tätigkeiten Hauck/Noftz-SGB VI/ Fichte, § 1 Rn. 29, 71, 87 mit Verweis u.a. auf BSG 17.12.1996, BSGE 79, 307 (311-314), das insofern enger ist, als dass es nur § 1 S. 1 Nr. 4 SGB VI prüft. Zur ehrenamtlichen Tätigkeit: BSG 16.8.2017, NZS 2018, 572 (573-576); zurecht kritisch jurisPK-SGB IV/ Segebrecht, § 7 Rn. 142.2.
64 Ebenso Z/S/B/D, § 1 Rn. 71-72. Zum Hintergrund der Fiktion des § 1 S. 5 SGB VI BT-Drs. 17/6764, 19, 21 unter Bezugnahme auf BSG 1.12.2009, BSGE 105, 56 (59-65).
65 S. nur GK-SGB VI/ Ruland, § 1 Rn. 220, 222, der den solidarischen Charakter dieses Versicherungspflichttatbestands betont.
66 Ebenso Hauck/Noftz-SGB IV/ Knospe, § 7 Rn. 20; Z/S/B/D, § 1 Rn. 32; bereits historisch für „Arbeiter“Rosin, Bd. 1, § 25 3. Für eine größere Bedeutung Hauck/Noftz-SGB VI/ Fichte, § 1 Rn. 29; K/K/W/ Berchtold, § 7 SGB IV Rn. 8. Indizielle Wirkung insbesondere bei Familienangehörigen oder Ehrenamtlichen, s. grundlegend BSG 5.4.1956, BSGE 3, 30 (39-40); ferner Z/S/B/D, § 1 Rn. 35, 44.
67 So Felix, NZS 2002, 225 (227-229).
68 Näher dazu C. II. 1.
69 S. nur Maunz/Dürig/ Seiler, Art. 105 Rn. 36-37.
70 Dabei kommt es nicht auf die strafrechtliche Beurteilung an, der Umfang der Berufsfreiheit folgt aus dem Grundgesetz. Zutreffend und wegweisend BVerwG 4.11.1965, BVerwGE 22, 286 (287-289); s. außerdem Maunz/Dürig/ Scholz, Art. 12 Rn. 35-36.
71 So Felix, NZS 2002, 225 (228-229).
72 Dies selbst im Privatrecht, s. nur BVerfG 15.1.1958, BVerfGE 7, 198 (204-207).
73 Ebenso i.E. GK-SGB VI/ Ruland, § 1 Rn. 95; jurisPK-SGB IV/ Segebrecht, § 7 Rn. 51; KK/ Zieglmeier, § 7 SGB IV Rn. 45; a.A. Hauck/Noftz-SGB VI/ Fichte, § 1 Rn. 32.
74 Im Ergebnis ebenso NK-GA/ Boecken, §§ 7, 7a SGB IV Rn. 36; offengelassen BSG 10.8.2000, BSGE 87, 53 (62-63); a.A. Felix, NZS 2002, 225 (225-230) sowie Hauck/Noftz-SGB VI/ Fichte, § 1 Rn. 34. Speziell zu Prostituierten BT-Drs. 14/5958, 5 und GK-SGB VI/ Ruland, § 1 Rn. 96-98. I.E. gilt damit Gleiches wie im Arbeitsrecht, s. nur BAG 1.4.1976, BAGE 28, 83 (92-93). Zum Auseinanderfallen der Rechts- oder Sittenwidrigkeit der Arbeit und des Rechtsverhältnisses s. C. I. 1. a) (3).
75 St.Rspr., s. BSG 31.3.2017, NZS 2017, 664 (666); BSG 29.8.2012, BSGE 111, 257 (259-260); BSG 1.12.1977, BSGE 45, 199 (200-201). S. ferner BVerfG 20.5.1996, NJW 1996, 2644 (2644); GK-SGB VI/ Ruland, § 1 Rn. 33; sowie KK/ Zieglmeier, § 7 SGB IV Rn. 69 („Leitbild […] eines Fabrikarbeiters“); K/K/W/ Berchtold, § 7 SGB IV Rn. 4 („‚Archetypus‘ des Industriearbeiters“). Anschaulich zum Typusbegriff Schnapp, NZS 2014, 41 (42-44). Zur verfassungsrechtlichen Bestimmtheit s. D. I.
76 S. GK-SGB VI/ Ruland, § 1 Rn. 38; NK-GA/ Boecken, §§ 7, 7a SGB IV Rn. 7 und Seiter, VSSR 1976, 179 (208), die auf die unzutreffende Gesetzesbegründung in BT-Drs. 7/4122, 31 hinweisen. Dort heißt es, Hausgewerbetreibende seien Beschäftigte, wodurch die Fiktion des § 12 II SGB IV verkannt wird („gelten als Beschäftigte“).
77 S. KK/ Zieglmeier, § 7 SGB IV Rn. 84; Z/S/B/D, § 1 Rn. 20.
78 So Neumann, NZS 2001, 14 (15). S. ferner BSG 27.5.1959, BSGE 10, 41 (45), welches ein Unterordnungsverhältnis fordert. Zu Geschäftsführern Fabritius/Markgraf, NZS 2016, 808 (808-814).
79 So BT-Drs. 14/1855, 6. Kriterienübersicht bei GK-SGB VI/ Ruland, § 1 Rn. 59.
80 S. Hauck/Noftz-SGB IV/ Knospe, § 7 Rn. 21, 23; KK/ Zieglmeier, § 1 Rn. 69-70.
81 So BSG 29.8.2012, BSGE 111, 257 (259); BSG 30.11.1978, BSGE 47, 201 (204).
82 Näher Krauskopf/ Stäbler, § 7 SGB IV Rn. 9; Neumann, NZS 2001, 14 (16).
83 Ebenso BSG 4.6.2019, NZS 2020, 223 (228-229).
84 Dezidiert, aber undifferenziert K/K/W/ Berchtold, § 7 SGB IV Rn. 4b-4c.
85 Ebenso KK/ Zieglmeier, § 7 SGB IV Rn. 109; Z/S/B/D, § 1 Rn. 32.
86 Dazu BT-Drs. 14/45, 20.
87 Dazu Brose, NZS 2017, 7 (8-9, 13); ErfK/ Rolfs, § 7 SGB IV Rn. 16; kritisch Brand, NZS 1997, 552 (555). S. zur Schutzbedürftigkeit Selbständiger ferner D. II.
88 S. dazu nur Hauck/Noftz-SGB VI/ Fichte, § 1 Rn. 29.
89 S. BSG 29.1.1981, BSGE 51, 164 (167-168); GK-SGB VI/ Ruland, § 1 Rn. 75. Unmöglichkeit der Abbedingung bspw. im Falle einer doppelten Schriftformklausel, so in BSG 24.1.2007, BSG NZS 2007, 648 (649-650).
90 Näher KK/ Zieglmeier, § 7 SGB IV Rn. 117; Z/S/B/D, § 1 Rn. 25.
91 S. nur BSG 29.8.2012, BSGE 111, 257 (259-260) sowie den Kriterienkatalog bei jurisPK-SGB IV/ Segebrecht, § 7 Rn. 94.