Ziel dieser Seminararbeit ist es, einen Überblick über den Mittelstandsschutz innerhalb der losweisen Vergabe von öffentlichen Aufträgen zu geben und die verschiedenen Ansätze anhand von Beispielen zu veranschaulichen. Nach einem Blick auf den § 97 GWB soll zunächst die Frage geklärt werden, wozu überhaupt Mittelstandsschutz notwendig ist. Im Jahre 2009 erfolgte eine Neuregelung im Vergaberecht bezüglich des Losverfahrens. Nach einer Erläuterung dieser Neuregelung soll weiterhin auf die Pflicht zur Losvergabe eingegangen werden.
Außerdem gilt es den Unterschied zwischen Teil- und Fachlosen zu klären. Ausnahmen bestätigen die Regel, auch im Vergaberecht. Auf diese soll ebenfalls hingewiesen werden. Gegen Ende dieser Arbeit wird der Großteil dieser Punkte in einem abschließenden Beispielfall nochmals aufgegriffen und somit beispielhaft veranschaulicht. Auf Probleme und mögliche Maßnahmen, um diese Probleme zu beheben, beziehungsweise zu lösen, soll im Fazit dieser Arbeit eingegangen werden.
Inhaltsverzeichnis
Inhaltsverzeichnis
1 Einleitung
1.1 Einführung des Themas
1.2 Zielführung derArbeit
2 Überblick über den § 97 GWB
2.1 Definition
2.2 Ergänzende Anmerkungen zum § 97 GWB
3 Warum Mittelstandsschutz?
3.1.1 Definition, Mittelstand
3.1.2 Chancengleichheit
3.1.3 Das Losverfahren - Neuregelung 2019
4 Pflicht zur Losvergabe
4.1 Grundsätze
4.2 Teil-/Fachlose
4.3 Ausnahmen
5 Beispielfall
5.1 Sachverhalt
5.2 Beschluss
6 Probleme / Maßnahmen
Quellen
1 Einleitung
1.1 EinführungdesThemas
Der Mittelstand ist in Deutschland der Motor, der das Land antreibt und am Laufen hält. In Deutschland ist der Mittelstand in einer enormen Art und Weise in die Gesellschaft verflochten und kaum wegzudenken. So sind etwa 99 % der Unternehmen in Deutschland kleine und mittlere Unternehmen. Das sind in Zahlen 2,4 Millionen. 61 % der Beschäftigten sind in kleinen und mittleren Unternehmen angestellt. Im Bau und Gastgewerbe erzielte der Mittelstand im Jahr 2016 rund 84 % des Umsatzes. Was den Gesamtumsatz betrifft, waren kleine und mittlere Unternehmen im Jahr 2016 immerhin für ca. einem Drittel verantwortlich.1
Angesichts dieser Zahlen verwundert es nicht, dass dem Mittelstand und somit auch dem Mittelstandsschutz im Vergaberecht eine hohe Priorität zugerechnet wird.
1.2 ZielführungderArbeit
Ziel dieser Seminararbeit ist es, einen Überblick über den Mittelstandsschutz innerhalb der losweisen Vergabe von öffentlichen Aufträgen zu geben und die verschiedenen Ansätze anhand von Beispielen zu veranschaulichen. Nach einem Blick auf den § 97 GWB soll zunächst die Frage geklärt werden, wozu überhaupt Mittelstandsschutz notwendig ist.
Im Jahre 2009 erfolgte eine Neuregelung im Vergaberecht bezüglich des Losverfahrens. Nach einer Erläuterung dieser Neuregelung soll weiterhin auf die Pflicht zur Losvergabe eingegangen werden.
Ausnahmen bestätigen die Regel, auch im Vergaberecht. Auf diese soll ebenfalls hingewiesen werden. Gegen Ende dieser Arbeit wird der Großteil dieser Punkte in einem abschließenden Beispielfall nochmals aufgegriffen und somit beispielhaft veranschaulicht.
Auf Probleme und mögliche Maßnahmen, um diese Probleme zu beheben, beziehungsweise zu lösen, soll im Fazit dieser Arbeit eingegangen werden.
2 Überblick über den § 97 GWB
2.1 Definition
GWB steht für „Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen“. Im Rahmen des § 97 GWB sind im Bereich Mittelstandsschutz insbesondere die Absätze II und IV von Belang.
Der § 97 II GWB besagt, dass Teilnehmer an einem Vergabeverfahren gleich zu behandeln sind, es sei denn, eine Ungleichbehandlung ist aufgrund dieses Gesetzes ausdrücklich geboten oder gestattet. Dies stellt jedoch eine Ausnahme dar. Man kann somit davon ausgehen, dass die Gleichbehandlung von verschiedenen Teilnehmern der Normalfall sein sollte.
Im § 97 IV GWB ist erstmals explizit von mittelständischen Interessen die Rede. So kann man diesem Absatz entnehmen, dass mittelständische Interessen vornehmlich zu berücksichtigen sind.
Leistungen, die innerhalb eines öffentlichen Auftrages verteilt werden, sollen losweise in sogenannten Teillosen und/oder Fachlosen vergeben werden. Der Unterschied zwischen Teil- und Fachlosen wird innerhalb dieser Arbeit im Absatz „Teil- und Fachlose“ genauer erläutert. Wenn wirtschaftliche oder technische Gründe dies erfordern, dürfen zudem auch mehrere Teil- oder Fachlose zusammen vergeben werden. Auch hierzu wird es in dieser Seminararbeit weitere Erläuterungen im Folgenden geben.
Weiterhin ist im Absatz 4 zu lesen, dass mit der Durchführung oder Wahrnehmung öffentlicher Aufgaben betraute Unternehmen, welche nicht öffentliche Auftraggeber oder Sektorenauftraggeber sind, vom öffentlichen Auftraggeber oder Sektorenauftraggeber dazu verpflichtet werden nach den Absätzen 1-3 zu verfahren.
2.2 Ergänzende Anmerkungen zum § 97 GWB
Im § 97 GWB gibt es noch weitere Absätze, die hier der Vollständigkeit halber noch zu erwähnen sind. Dem Absatz 1 ist zu entnehmen, dass öffentliche Aufträge und Konzessionen im Wettbewerb und im Wege transparenter Verfahren vergeben werden müssen. Die Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und der Verhältnismäßigkeit müssen dabei gewahrt werden.
Laut Absatz 3 werden Aspekte der Qualität, der Innovation sowie soziale und umweltbezogene Aspekte nach Maßgabe dieses Teils berücksichtigt. Außerdem werden laut Absatz 5 für das Senden, Empfangen, Weiterleiten und Speichern von Daten grundsätzlich elektronische Mittel nach Maßgabe des § 113 GWB verwendet. Die Unternehmen haben laut Absatz 6 außerdem einen Anspruch auf die Einhaltung dieser Bestimmungen.
3 Warum Mittelstandsschutz?
Wie Eingangs bereits beschrieben, stellt der Mittelstand einen großen Bestandteil der deutschen Wirtschaft dar. Deswegen wird den kleinen und mittleren Unternehmen im Vergaberecht auch eine schützenswerte Stellung eingeräumt.
3.1.1 Definition, Mittelstand
Die Definition des Begriffs Mittelstand stellt immer wieder ein Problem dar, da es keine festgelegten Grenzen gibt, die ein mittelständisches Unternehmen definieren könnten. Es gibt verschiedene, wage Ansätze, welche allesamt versuchen ein Raster zu schaffen, womit man Unternehmen anhand des Umsatzes und der Beschäftigtenanzahl dem Mittelstand zuordnen kann. Diese Ansätze von Definitionen habenjedoch keinen rechtlich bindenden Charakter.
Das Institut für Mittelstandsforschung in Bonn legte eine Obergrenze von 499 Beschäftigten und 50 Millionen Euro Jahresumsatz fest um mittelständische Unternehmen zu definieren3, während die Europäische Kommission eine Obergrenze von nur 249 Beschäftigten festlegt. Beim Jahresumsatz kalkuliert die Europäische Kommission allerdings im gleichen Bereich, nämlich auch mit 50 Millionen Euro Umsatz im Jahr.2
Den Gerichten bleibt somit ein großer Ermessensspielraum bei dieser Frage, zumal noch andere Faktoren bei der Ermittlung eine Rolle spielen. So kann zum Beispiel der Mittelstandsbegriff im Baugewerbe nicht gleichgesetzt werden mit dem Mittelstandsbegriff des IT- Dienstleistungssektors und so weiter. Für jede Branche muss auch eine individuelle Marktanalyse vollzogen werden um zu klären, ob das entsprechende Unternehmen zum Mittelstand zählt oder nicht.
3.1.2 Chancengleichheit
Die Chancengleichheit ist der Hauptgrund für den Mittelstandsschutz im Vergaberecht. Nachteile gegenüber den großen, milliardenschweren Unternehmen müssen minimiert werden, sodass auch kleine und mittlere Unternehmen die Chance auf einen öffentlichen Auftrag haben. Mittelständische Unternehmen haben oft nicht die finanziellen Möglichkeiten, wie sie ein Großkonzern besitzt. Ungleichheiten sollen also verhindert werden.
Um diese Chancengleichheit zu gewährleisten hat sich der Gesetzgeber für ein Losverfahren entschieden. Dieses wird im nächsten Absatz näher beleuchtet.
3.1.3 Das Losverfahren - Neuregelung 2019
Im Vergabeverfahren werden öffentliche Aufträge in Losen vergeben. Die Arbeiten an einem größeren Auftrag werden demnach in Lose aufgeteilt und an mehrere Unternehmen vergeben, damit auch kleinere Betriebe die Chance haben an einem öffentlichen Auftrag teilzuhaben.
Seit 2019 gibt es eine Neufassung des § 97 IV GWB im Rahmen des Vergaberechts-modernisierungsgesetzes, welche die Berücksichtigung mittelständischer Interessen seitens der öffentlichen Auftraggeber verpflichtet. So ist das einstmalige Gebot zur losweisen Vergabe nicht länger ein primäres Instrument für die mittelstandsfreundliche Vergabe, sondern ist nun zum Grundsatz erhoben worden und somit obligatorisch.
Für öffentliche Auftraggeber hat sich daher Folgendes geändert. Nach der Altfassung war zu prüfen, ob ein Auftrag für eine Losverteilung überhaupt in Frage kommt. Nach der neuen Fassung von 2019 muss nun geprüft werden, ob mehrere Lose, aus denen sich ein Auftrag zusammensetzt, ausnahmsweise zusammen vergeben werden dürfen. Anders formuliert also: Ob nicht mehrere Firmen an einem Auftrag arbeiten, sondern eine Firma mehrere Arbeiten an einem Auftrag übernehmen darf.5
4 Pflicht zur Losvergabe
4.1 Grundsätze
Bei der Losvergabe stellen sich mehrere Fragen. Zunächst ist zu klären in welcher Weise die einzelnen Lose eines öffentlichen Auftrags zugeschnitten werden sollen. Dazu sagt die Rechtsprechung, dass es Sache des Auftraggebers sei, wie er den Auftragsgegenstand zuschneidet6. Allerdings muss der Zuschnitt sachlich gerechtfertigt sein. Zahl und Größe der Lose müssen so Jedoch stehen mittelständische Interessen und der Wettbewerbsgrundsatz in einem Spannungsverhältnis zueinander und daher ist es nicht erforderlich, dass alle potenziellen Bewerber immer die Chance haben müssen, sich am Wettbewerb zu beteiligen.7
4.2 Teil-/Fachlose
Um diese Gerechtigkeit bei der Vergabe von Losen zu gewährleisten, wird ein Auftrag in der Regel in Teil und/oder in Fachlosen vergeben.
Teillose sind Leistungen, die in der Menge aufgeteilt sind. Ein Beispiel hierfür wäre der Bau einer Bundesstraße deren Länge man in einzelne Bauabschnitte einteilt und diese dann als Teillose vergibt.
Fachlose sind Leistungen, die nach Art und Fachgebiet aufgeteilt sind. Ein Beispiel dazu wäre der Bau eines Bürogebäudes, welches verschiedene Aufgabenbereiche mit sich bringt. So wären Maleroder Dachdeckerarbeiten zu erledigen, es müssen Leitungen verlegt und Fenster eingesetzt werden. Diese Arbeiten könnte man dementsprechend in Fachlose aufteilen, sodass mehrere Fachbetriebe an einem Auftrag arbeiten können.
Wenn eine Vergabe in Lose aufgeteilt wird, muss dies im Bekanntmachungstext deutlich gemacht werden. Es sollte zudem eine Leistungsbeschreibung enthalten sein, indem der Bieter die Aufteilung in Lose einsehen kann. Diese darf im laufenden Verfahren nicht verändert werden.3
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1 <https://www.destatis.de/DE/Themen/Branchen-Unternehmen/Unternehmen/Kleine-Unternehmen-Mittlere-Unternehmen/aktuell-umsatz.html>, besucht am 19.08.2019 um 13:54 h
2 „KMU-Definition derEuropäischen Kommission“, <https://www.ifm- bonn.org/definitionen/kmu-definition-der-eu-kommission/>, besucht am 22.08.2019 um 14:30 h
3 „Lose, Losverfahren“, <https://www.dtvp.de/glossar/lose-losverfahren>, besucht am 24.08.2019 um 17:25 h