Diese Arbeit handelt von der Entstehung, dem Inhalt und der Wirkung des SPD-SED-Papiers.
Gegenstand der nachfolgenden Betrachtung ist das sog. "SPD-SED-Papier", ein 1987 von der Grundwertekommission der SPD und der Akademie für Gesellschaftswissenschaften beim ZK der SED erarbeitetes Dokument, in dem sich beide Seiten Existenzberechtigung, Reform- und Friedensfähigkeit zugestanden.
Im folgenden soll nun versucht werden den Ost-West-Konflikt der achtziger Jahre im Überblick darzustellen, sodann Ursachen und Gründe der Entstehung, zentral Inhalte und schließlich Folgen und Auswirkungen dieses Papiers näher zu beleuchten, das seit
Unterzeichnung im August 1987 immer wieder Anlaß zur Diskussion gegeben und im Zuge der Umbrüche in der DDR im Okt./Nov. 1989 und der (Wieder-)Vereinigung am 03. Oktober 1990 eine neue Bedeutung und Dimension erlangt hat. Schwerpunktartig soll die ostdeutsche Sichtweise vor und nach dem Umbruch erläutert und, soweit möglich, auch die innerparteiliche Kontroverse der SPD zu diesem Thema berücksichtigt werden.
I. Inhaltsverzeichnis:
1. Vorbemerkung
2. Der lange Weg zum SPD-SED-Papier
2.1 Die Ost-West-Politik der achtziger Jahre
2.2 Neues Denken
3. Entstehung des SPD-SED-Papiers
3.1 Die 'Nebenaußenpolitik' der SPD
3.2 Sicherheitspolitische Parteitagsbeschlüsse.
3.3 Die "Experten-Treffen".
3.3.1 Das vierte Treffen von
4. Der Inhalt des SPD-SED-Papiers
4.1 Formale Gliederung des Papiers.
4.2 Die Thesen.
4.3 Die Kultur des politischen Streits.
4.4 Gründe für die Zustimmung der SED
5. Wirkungen des SPD-SED-Papiers
5.1 Unmittelbare Wirkung
5.2 Die Wirkung des Papiers in der SED.
5.3 Die Wirkung auf Kirche und Opposition
5.4 Die weitere Entwicklung des SPD-SED-Papiers
5.5 Kritik am SPD-SED-Papier
6. Fazit
II. Literaturverzeichnis
1. Vorbemerkung
Gegenstand der nachfolgenden Betrachtung ist das sog. "SPD-SED-Papier", ein 1987 von der Grundwertekommission der SPD und der Akademie für Gesellschaftswissenschaften beim ZK der SED erarbeitetes Dokument, in dem sich beide Seiten Existenzberechtigung, Reform- und Friedensfähigkeit zugestanden.
Im folgenden soll nun versucht werden den Ost-West-Konflikt der achtziger Jahre im Überblick darzustellen, sodann Ursachen und Gründe der Entstehung, zentral Inhalte und schließlich Folgen und Auswirkungen dieses Papiers näher zu beleuchten, das seit Unterzeichnung im August 1987 immer wieder Anlaß zur Diskussion gegeben und im Zuge der Umbrüche in der DDR im Okt./Nov. 1989 und der (Wieder-)Vereinigung am 03. Oktober 1990 eine neue Bedeutung und Dimension erlangt hat.
Schwerpunktartig soll die ostdeutsche Sichtweise vor und nach dem Umbruch erläutert und, soweit möglich, auch die innerparteiliche Kontroverse der SPD zu diesem Thema berücksichtigt werden.
Trotzdem kann die vorliegende Arbeit angesichts der seitenmäßigen Begrenztheit nur einen groben Überblick über das Thema geben und versuchen, unter Zuhilfenahme neuerer und neuester Literatur die weitreichende Bedeutung dieses Papiers bis in die Gegenwart hinein darzustellen. So kann auf das Verhältnis von KPD und SPD aus Raumgründen nur verwiesen werden. Eine eingehende Betrachtung bieten hier jedoch bereits die Werke von Tessmer und Wisch.
Die ungeheuere Bedeutung des Papiers hat dabei in der Vergangenheit immer wieder zu genauerer Beschäftigung angeregt. Auf die, in diesem Zusammenhang entstandenen Arbeiten von Brinkel, Phillips, Tessmer und Wisch sei daher an dieser Stelle besonders hingewiesen. Sie bildeten die Grundlage dieser Betrachtung, die in Abhängigkeit zu diesen Werken und unter Berücksichtigung des gegenwärtigen Forschungsstandes neuere Erkenntnisse einzubringen und darzustellen versucht.
2. Der lange Weg zum SPD-SED-Papier
2.1 Die Ost-West-Politik der achtziger Jahre
Die deutsch-deutschen Beziehungen standen zu Beginn der achtziger Jahre in einem angespannten Verhältnis. Der sowjetische Staats- und Parteichef Leonid Breschnew hatte bereits 1977 damit begonnen, die auf Westeuropa gerichteten Raketen durch neuere 'treffsichere' des Typs SS 20 zu ersetzen.1 Die Reaktion der NATO folgte zwei Jahre später mit dem Nachrüstungsbeschluß auf westlicher Seite.
Die Zeichen der Zeit standen damit erneut auf Hochrüstung und dies, obwohl beide Blöcke USA und UdSSR sich in den 'Verhandlungen über beiderseitige ausgewogene Reduzierungen von Streitkräften und Rüstungen und damit zusammenhängende Maßnahmen in Mitteleuropa (MBFR)' 1972 verpflichteten, keine weitere Rüstung, mit Ausnahme vertraglich nicht erfaßter Raketen, zu betreiben.2
Es soll hier gar nicht spekuliert werden, was die UdSSR dazu bewogen haben könnte, weiter aufzurüsten. Vielmehr soll verdeutlicht werden, welche Auswirkungen solche Aktionen an den Nahtstellen der Blöcke, in den beiden deutschen Staaten, hervorrufen konnten und tatsächlich hervorriefen.
So schien die Entspannungspolitik der beiden deutschen Staaten durch den Einmarsch der sowjetischen Truppen in Afghanistan im Dezember 1979 ernsthaft gefährdet.
2.2 Neues Denken
Doch das Gegenteil trat ein, da die DDR-Spitze die Friedenssicherung und Fortführung der Entspannung in Europa als vorrangiges Ziel erklärte und in diesem Bemühen mit der Bundesrepublik übereinstimmte.3
Tatsächlich war die DDR-Außenpolitik von einem "ständigen Zickzackkurs"4 geprägt, der einerseits durch die starke Bindung in den osteuropäischen Block, andererseits durch die wirtschaftliche Abhängigkeit der DDR von den westlichen Industriestaaten, insbesondere von der Bundesrepublik zustande kam. Dabei war der DDR bewußt, "daß die politische Stabilität nicht zuletzt von ökonomischen Erfolgen"5 abhing.
Insoweit mußte sie ein großes Interesse an der Fortführung des Dialogs mit dem Westen haben. Ihre Außenpolitik in dieser Zeit war denn auch von dem Versuch geprägt, "ihren westpolitischen Handlungsspielraum auszuloten, eine eigenständigere, von Rücksichten auf die Vormacht UdSSR freiere Westpolitik zu versuchen und die Entspannungspolitik zumindest für das Verhältnis der beiden deutschen Staaten zueinander zu retten."6
Damit in direktem Zusammenhang standen wohl zum einen die Rede Honeckers auf dem X. Parteitag der SED 1981, wo er ein "konsequentes Bemühen um den Ausbau von Beziehungen der friedlichen Koexistenz zu den kapitalistischen Ländern"7 forderte, zum anderen die 'Friedenskonferenz' von Schriftstellern und Wissenschaftlern und der fast gleichzeitige Staatsbesuch Bundeskanzler Schmidts in der DDR 1981.8
Trotzdem schien die Entspannungspolitik bereits seit 1980 erneut gefährdet. Der neue US-Präsident Reagan hatte bereits im Wahlkampf damit gedroht zur 'Politik der Stärke' zurückzukehren.9
Mit dem Abbruch der erst 1981 aufgenommenen Genfer Abrüstungsverhandlungen zwischen den Blöcken USA und UdSSR durch den amerikanischen Präsidenten 1982 und die Raketenstationierung in Europa 1983 schien eine 'neue Eiszeit' vorprogrammiert.
In dieser Situation wandte sich der DDR Staats- und Parteichef Erich Honecker 1983 an Bundeskanzler Helmut Kohl und schlug ihm eine 'Koalition der Vernunft' vor, in der er ihn bat, die Haltung in der Raketenstationierung zu revidieren.10
Honecker selbst distanzierte sich im November 1983 von der herrschenden sowjetischen Führung, in dem er erklärte, daß die Stationierungsvorbereitung von sowjetischen "operativ-taktischer Raketen größerer Reichweite" in der DDR "keinen Jubel" auslöse.11
Dabei führte Honeckers 'Politik des Dialogs' zu einem Schlagabtausch zwischen Prawda und Neuem Deutschland.12
Erst mit der Machtübernahme Gorbatschows 1985 und den eingeleiteten Reformen von Glasnost und Perestroika konnte sich auch die DDR eine größere Unabhängigkeit von Moskau bewahren.
3. Entstehung des SPD-SED-Papiers
Die Entstehung des SPD-SED-Papiers war sehr eng mit der deutsch-deutschen Entspannungspolitik verwoben, die wiederum, von bundesdeutscher Seite, während der sozialliberalen Koalition, mit den Ostverträgen eingeleitet wurde.
Durch das konstruktive Mißtrauensvotum gegen Bundeskanzler Helmut Schmidt vom 1. Oktober 1982 und den Bruch der sozialliberalen Koalition, sah sich die SPD fortan in der Rolle der Opposition wieder.
3.1 Die Nebenaußenpolitik der SPD
Man befürchtete, daß die neue Regierung aus CDU und FDP die 'Ostpolitik' nicht mit derselben Intensität weiterführen würde. Da die SPD aber gerade auf dem Gebiet der Außen- und Sicherheitspolitik "über eine Mannschaft mit einer Vielzahl von Talenten"13 verfügte, konzentrierte man sich, dem Beispiel Willy Brandts folgend, auf diesen Bereich.
Zudem hatte man sich, Brandt folgend, gegen den von Schmidt und der christlich-liberalen Koalition bejahten NATO-Doppelbeschluß ausgesprochen und damit Übereinstimmung im Bereich der Friedenssicherung mit der DDR erzielt. Das hatte zur Folge, daß diese auf Angriffe gegen die SPD verzichtete.14
So entsprach denn auch Honecker dem Wunsch Brandts15, zusätzlich zu den Kontakten auf Regierungsebene "die Verbesserung der Lage der Menschen im geteilten Deutschland durch flankierende Parteibeziehungen zu unterstützen."16
Anschließend gründete man in Bonn drei sicherheitspolitische Arbeitsgruppen, von denen die mit der SED im Nachhinein die größte Bedeutung erlangen sollte.17 Dies brachte der SPD jedoch auch den Vorwurf der Regierungskoalition ein, daß sie als Opposition 'Nebenaußenpolitik' betrieben hätte.18
3.2 Sicherheitspolitische Parteitagsbeschlüsse
Auf dem zweiten Münchner Parteitag von 1982 wurde daher öffentlich eine zweite Phase der Entspannung gefordert, nachdem die erste sich im militärischen Bereich festgefahren hatte.19 Man bildete eine Strategiekommission unter Vorsitz Egon Bahrs, deren Richtung durch die Parteitage von 1983/84 festgelegt wurde, so daß es auf dem Nürnberger Parteitag 1986 zur Verabschiedung der 'sicherheitspolitischen Plattform' der SPD kommen konnte, deren charakteristische Stichworte 'Sicherheitspartnerschaft' und 'Gemeinsame Sicherheit' waren. Ziel war die Rücknahme der nuklearen Potentiale auf beiden Seiten auf die Rolle der Abschreckung sowie die Reduktion der konventionellen Potentiale bzw. deren Umbau, so daß keine Seite mehr zum Angriff fähig gewesen wäre. Zudem ging man davon aus, daß es für beide Seiten Sicherheit nicht mehr gegeneinander, sondern nur noch miteinander hätte geben können.20
3.3 Die "Experten-Treffen"
Ab 1984 fand, nach bereits 1983 vorausgegangenen21 regelmäßigen Treffen zu humanitären oder deutschlandpolitischen Themen erstmals der Versuch statt, "über das zu reden und im besten Sinne des Wortes zu streiten, was Sozialdemokraten und Kommunisten voneinander trennt."22 Daraus ergaben sich insgesamt sieben Treffen von 1984-1989, die dem politisch-ideologischen Meinungsaustausch dienen sollten.
Ziel dieses engeren Dialogs war es "anhand verschiedener zur Diskussion gestellter Grundsatzfragen auszuloten, wo gemeinsame Antworten gegeben wurden, wo Differenzen und wo Möglichkeiten bestanden, unterschiedliche Standpunkte einander anzunähern. 'Es ging nicht darum, die andere Seite zu überzeugen, sondern sie zu verstehen'."23
Die Diskutanten kamen zum einen von der Akademie für Gesellschaftswissenschaften beim ZK der SED. Zu ihnen gehörten Otto Reinhold und Rolf Reißig24, zum anderen von der Grundwertekommission beim Parteivorstand der SPD mit Erhard Eppler25 und Thomas Meyer.
3.3.1 Das vierte Treffen von 1986
Gegenstand des vierten Treffens war das Thema "Friedliche26 Koexistenz und Sicherheitspartnerschaft". Anders als bei den vorangegangenen Gesprächen waren hier erstmals Journalisten aus beiden Teilen Deutschlands eingeladen worden.27
Es entwickelte sich ein massiver und leidenschaftlicher Streit, der einerseits um den Bereich der neuen Hochrüstung in Europa, andererseits um die grenzüberschreitende Gefährdung der ökologischen Grundlagen geführt wurde. Die sich hieraus entwickelte Fragestellung nach der Möglichkeit einer neuen Art von Gesprächen mit der SED über den Bereich der gemeinsamen Interessen und bleibenden Konflikte hinaus, schloß sich zunächst an die Diskussion an. Diese gelangte zu der Erkenntnis, daß man "eine zweipolige, eine zweigleisige Deutschland- oder Ostpolitik entwickeln" müßte, "bei der die Auseinandersetzung über Menschenrechte und Demokratie eine zentrale Rolle spielen müßte und bei der" man "viel stärker, als es zu diesem Zeitpunkt der Fall war, auch öffentlich sichtbar Kontakte zu denen in der DDR suchen und entwickeln" müßte, die den Grundwerten der SPD näherstanden.28
Die spätere Entstehung des Papiers wurde damit begründet, daß die Annäherung (der beiden Seiten, H. E.) soweit gegangen sei, "daß man sich darauf verständigte, die Ergebnisse der Freudenberger Diskussion schriftlich festzuhalten; dabei war eher an eine Arbeitsgrundlage für die Folgetreffen gedacht als an ein gemeinsames Dokument"29, so die ursprüngliche Absicht.
Trotzdem wollte man versuchen, die DDR-Vertreter auch beim Wort zu nehmen. So sollte durch der Herstellen der Öffentlichkeit gewährleistet werden, daß die Vertreter der DDR aus dem, was sie sagten, auch Konsequenzen ziehen sollten.30
Es war auf SPD-Seite der Eindruck entstanden, daß die ostdeutschen Vertreter "in ganz wesentlichen Fragen Konzessionen machten, von denen wir (SPD, H. E.) dachten, daß sie sehr wirkungsvoll sein könnten, wenn sie öffentlich wären."31
Nach der Zustimmung Otto Reinholds32 wurde das Papier am 27. August 1987 in West und Ost veröffentlicht.
[...]
1 Helmut Müller, u.a. :Schlaglichter der Weltgeschichte, Mannheim, Wien, Zürich 1992, S. 531, Stichw.: "NATO-Doppelbeschluß"
2 Ebd., S. 515f.: Stichw.:"SALT-I-Abkommen; MBFR-Verhandlungen"
3 Hermann Weber: DDR - Grundriß der Geschichte 1945-1990, Hannover 1991, S. 172.
4 Ebd., S. 172
5 Ebd., S. 172
6 Uwe Ziegler, Die neue Sicht der DDR zur "Systemauseinandersetzung" in: APuZ (1989), S. 28.
7 Weber, a.a.O., S. 173 Friedliche Koexistenz wurde nach Ziegler (a.a.O., S. 30) jedoch noch anders als 1987 als 'konfrontatives Verständnis' charakterisiert. Danach bedeutete Koexistenz zum damaligen Zeitpunkt noch eine "wichtige Form des internationalen Klassenkampfes".
8 Weber, a.a.O., S. 176 Die Friedenskonferenz oder offiziell "Berliner Begegnung zur Friedensförderung" wurde von Stephan Hermlin mit Honeckers Unterstützung organisiert. An ihr nahmen auch in der DDR verfemte Schriftsteller wie Stefan Heym teil.
9 Horst Ehmke: Mittendrin. Von der großen Koalition zur Deutschen Einheit, Berlin 1994, S. 313: Reagan nutzte die 'kalte-Kriegs-Rhetorik' und die Forderung zur Rückkehr zur 'Politik der Stärke' zur eigenen Wahlkampfprofilierung.
10 Ziegler, a.a.O., S. 28. Wörtlich heißt es in Honeckers Brief:"In vollem Einklang der Interessen und Wünsche der Bürger der DDR ist es meine Auffassung, daß sich alle, die das Abgleiten der Menschheit in eine nukleare Katastrophe verhindern wollen, zu einer Koalition der Vernunft zusammentun sollten, um beruhigend auf die internationale Lage einzuwirken." Nach Ziegler war die 'Koalition der Vernunft' bereits im April 1983 auf der internationalen Karl-Marx-Konferenz als außen- und friedenspolitisches Credo der SED angeklungen.
11 Weber, a.a.O., S. 206
12 Carl-Christian Kaiser: Der General ging unter die Decke. In: Die Zeit Nr. 36 (1992), Sp. 1
13 Ehmke, a.a.O., S. 346
14 Tessmer, a.a.O., S. 86f.: Im Gegensatz zu früherer Kritik versuchte die SED jetzt durch Kooperationsbereitschaft "Einfluß auf deren (SPD, H.E:) innerparteiliche Meinungsbildung sowie Entscheidungsfindung und damit auf das politische Leben der Bundesrepublik auszuüben." Ziegler, a.a.O., S. 34: 1983 machte die SED-Führung auf der Gesellschaftswissenschaftlichen Konferenz des ZK deutlich, "daß sie zur Verteidigung des Friedens gegen die atomare Bedrohung eine Zusammenarbeit zwischen 'Marxisten, Sozialdemokraten(..)' trotz aller Meinungsverschiedenheiten für unentbehrlich halte." Dadurch sollte der Eindruck erweckt werden, daß nicht die SPD ihrerseits, sondern die SED die dialogbereite Seite war und letztlich den Ausschlag der Annäherung der beiden Parteien gegeben hätte. Dies wird durch das Gespräch des Chefredakteurs der Zeitung "Einheit" Banaschak mit Otto Reinhold deutlich. Vgl. 'Der Streit der Ideologien und die gemeinsame Sicherheit. Gespräch des Chefredakteurs der "Einheit" Manfred Banaschak mit Otto Reinhold, in: Einheit, Nr. 42 (1987), S. 771.'
15 Brandt war zum damaligen Zeitpunkt Präsident der Sozialistischen Internationale und konnte daher weltweit seinen Einfluß geltend machen, "um den Spannungen in den Ost-West-Beziehungen entgegenzuwirken". In diese Zeit fällt auch der Vorschlag Olof Palmes über ein Sicherheitskonzept des atomaren Zeitalters nachzudenken. Dieser Begriff der 'gemeinsamen Sicherheit' wurde urspr. 1982 von der Palme-Kommission übernommen. Vgl. Eberhard Schulz: Das 'neue politische Denken' und die Deutschen. DA, Nr. 9 (1988): S. 972.
16 Carsten Tessmer: Innerdeutsche Parteienbeziehungen vor und nach dem Umbruch in der DDR, Erlangen 1991, S. 88: Danach wurde der Vorschlag Brandts von Honecker positiv aufgenommen.
17 Ehmke, a.a.O., S. 348: Es handelte sich dabei um die Gruppe von Egon Bahr und Hermann Axen. Die beiden anderen Gruppen bildete man mit der KPdSU und der poln. PVAP
18 Ehmke, a.a.O., S. 349: Tatsächlich wurde dieser Vorwurf auch von Ehmke gesehen, doch dadurch entkräftet, daß man die Regierung (Außenminister Genscher, Kanzleramtsminister Schäuble u. Kanzlerberater Teltschik) eingehend informiert habe.
19 Wie dargelegt waren die Abrüstungsverhandlungen von 1972 durch die sowjetische Aufrüstung der SS-20 Raketen 1977 und die Reaktion auf US-amerikan. Seite durch den Nachrüstungsbeschluß 1979 festgefahren.
20 Ehmke, a.a.O., S. 344
21 Vgl. Tessmer, a.a.O., S. 90
22 Tessmer, a.a.O., S. 91
23 Tessmer, a.a.O., S, 91
24 René Wisch: Entstehung und Wirkungen des SPD-SED-Papiers: "Der Streit der Ideologien und die gemeinsame Sicherheit", Mannheim 1990, S. 1: Prof. Rolf Reißig war als Direktor des Instituts für wissenschaftlichen Kommunismus an der von Prof. Otto Reinhold als Rektor geleiteten Akademie für Gesellschaftswissenschaften beim ZK der SED (im folgenden kurz: AfG) beschäftigt. Dr. Erhard Eppler nahm als SPD-Präsidiumsmitglied neben Dr. Thomas Meyer, Direktor der Gustav-Heinemann-Akademie Freudenstadt an den Gesprächen teil.
25 Wisch, a.a.O., S. 36: Zu der Frage nach dem Wechsel von Bahr zu Eppler ist festzustellen, daß die Gespräche zwischen AfG und Grundwertekommission nur ein Teil des Dialogs waren, die auf der privaten Ebene zwischen dem Leipziger Philosophieprofessor Helmut Seidel und Erhard Eppler zustandekam.
26 Wisch, a.a.O., S. 38: Das Treffen fand vom 27.02.-01.03.1986 in Freudenberg statt. Vgl. Harald Lange/Rolf Reißig: Friedliche Koexistenz und Sicherheitspartnerschaft. IPW-Berichte, Nr. 6 (1986), S. 37-39.
27 Wisch, a.a.O., S. 49; Presseeinladungen fanden im übrigen ab dem dritten Treffen statt
28 Thomas Meyer: Der Streit der Ideologien und die gemeinsame Sicherheit. Zur Diskussion um das Streitkultur-Papier von SPD und SED. In: Dieter Dowe (Hg.): Die Ost- und Deutschlandpolitik der SPD in der Opposition 1982-1989, Bonn 1993, S. 57f. (zitiert: Meyer)
29 Tessmer, a.a.O, S. 92
30 Meyer, a.a.O., S. 59
31 Meyer, a.a.O., S. 60
32 Meyer, a.a.O., S. 62: Reißig wollte, nach Rückversicherung Reinholds im Politbüro lediglich eine kleine Änderung. So hieß es ursprünglich: "Jede Seite muß berechtigt sein, einzelnen und Gruppen im anderen System praktische Hilfen (..) zu leisten (u.a. auch durch Zurverfügungstellen technischer Hilfen, wie Schreibmaschinen(..)". Dazu Reißig: ""Dieses muß raus. Das ist das einzige. Das ist ja eher ein polnisches Problem. Schreibmaschinen können Sie sich bei uns doch kaufen." Rolf Reißig/Gert-Joachim Glaeßner (Hg.): Das Ende eines Experiments. Umbruch in der DDR und deutsche Einheit, Berlin 1991 (zitiert: Reißig), S. 30f.: "Obwohl das Politbüro der SED am Zustandekommen und der Ausarbeitung des Papiers nicht unmittelbar beteiligt war, 'billigte' es dieses in einer gesonderten Sitzung." Wisch, a.a.O., S. 53: Die Billigung kam von Honecker persönlich. Zitat: "Für O. Reinhold. Einverstanden. E.H., 17.7.1987. P.B.(Politbüro, d. Verf.) zur Entscheidung vorzulegen. Dokument wäre von großer historischer Bedeutung für Wirken und Aktion der Arbeiterbewegung."