Die Arbeit beleuchtet die Frage, ob und welche situativen Einflussfaktoren den Erfolg eines Teams in der öffentlichen Verwaltung aus Sicht der jeweiligen Führungskraft bewirken können. Sie thematisiert die Forschungsfrage auf Basis der Überlegungen des Kontingenzmodells von Fred Fiedler.
Die Führungsqualität in einem Unternehmen ist der wohl entscheidendste Faktor für langfristigen Unternehmenserfolg. Die Frage, ob und welche Führungskonzepte und -stile dafür erfolgsversprechender sind, sorgt in der Bundesrepublik Deutschland (BRD) seit Jahrzehnten sowohl in der Praxis, als auch in der Wissenschaft für Diskussionsstoff. Diese anhaltende Diskussion zeigt die Aktualität und Brisanz der Thematik über Führungskonzepte, mit der sich die vorliegende Arbeit beschäftigt. Es existieren zahlreiche Forschungstheorien und Empirie über diverse Führungsstile sowie deren jeweilige Vorteile, Probleme und Wirksamkeit, jedoch mit teils widersprüchlichen Ergebnissen.
Einigkeit besteht darin, dass erfolgreiche Führung eine Aufgaben- und gleichzeitig Mitarbeiterorientierung braucht. Mit der Frage, ob allerdings in jeder Situation beide Faktoren gleich wichtig sind, beschäftigen sich die Führungstheorien der sogenannten Kontingenztheorien. Eine der ersten und daher wohl am besten empirisch und wissenschaftlich fundierte Kontingenztheorie stammt von Fred Fiedler anno 1967. Er hat sich primär auf den Zusammenhang zwischen der Mitarbeiterorientierung und der Gruppenleistung fokussiert. Diese Theorie ist zumeist lediglich im Kontext mit Unternehmen der freien Wirtschaft wissenschaftlich untersucht worden. Hingegen ist die Analyse der Anwendbarkeit dessen für Führungskräfte der öffentlichen Verwaltung ein offenes Forschungsfeld.
INHALTSVERZEICHNIS
Abkurzungsverzeichnis
1 Einleitung
2 Begriffsbestimmungen
2.1 Fuhrung
2.2 Fuhrungsstil
2.3. Situative Fuhrung
3 Einflussfaktoren der situativen Fuhrung
4 Kontingenzmodell von Fiedler
5 Chancen und Risiken
5.1 Offentliche Verwaltung
5.2 Kann das Fuhrungskonzept von Fiedler dabei eine Hilfestellung darstellen?
6 Fazit und Ausblick
Literaturverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
1 Einleitung
„Es gibt keine schlechten Mannschaften, Marschall. Es gibt nur schlechte Offiziere.“
Napoleon I. Bonaparte (1769 - 1821), Franzosischer Feldherr und Kaiser
Dieses von Napoleon Bonaparte, welcher franzosischer General, revolutionarer Diktator sowie Kaiser der Franzosen war, stammende Zitat verdeutlicht den Stellenwert einer guten Fuhrungskraft fur den Erfolg der gesamten Mannschaft. Napoleon ist wahrend der Franzosischen Revolution in der Armee aufgestiegen und hat sich als ein militarisches Talent ersten Ranges erwiesen. Das Zitat macht deutlich, dass bereits vor mehr als zwei Jahrhunderten der Einfluss der Fuhrungskraft auf die Leistung der „Gefuhrten“ erkannt worden ist.
Ubertragt man das Zitat sinngemaB auf die heutige Zeit, ist die Fuhrungsqualitat in einem Unternehmen der wohl entscheidendste Faktor fur langfristigen Unternehmenserfolg (Breckwoldt 2013: 16). Die Frage, ob und welche Fuhrungskonzepte und -stile dafur erfolgsversprechender sind, sorgt in der Bundesrepublik Deutschland (BRD) seit Jahrzehnten sowohl in der Praxis, als auch in der Wissenschaft fur Diskussionsstoff. Diese anhaltende Diskussion zeigt die Aktualitat und Brisanz der Thematik uber Fuhrungskonzepte, mit der sich die vorliegende Arbeit beschaftigt. Es existieren zahlreiche Forschungstheorien und Empirie uber diverse Fuhrungsstile sowie deren jeweilige Vorteile, Probleme und Wirksamkeit, jedoch mit teils widerspruchlichen Ergebnissen (Boerner 2013: 320; Ozbek-Potthoff 2014: 1). Einigkeit besteht darin, dass erfolgreiche Fuhrung eine Aufgaben- und gleichzeitig Mitarbeiterorientierung braucht (van Dick 2018: 6). Mit der Frage, ob allerdings in jeder Situation beide Faktoren gleich wichtig sind, beschaftigen sich die Fuhrungstheorien der sog. Kontingenztheorien. Eine der ersten und daher wohl am besten empirisch und wissenschaftlich fundierte Kontingenztheorie stammt von Fred Fiedler1 anno 1967 (van Dick 2018: 6 f.). Er hat sich primar auf den Zusammenhang zwischen der Mitarbeiterorientierung und der Gruppenleistung fokussiert. Diese Theorie ist zumeist lediglich im Kontext mit Unternehmen der freien Wirtschaft wissenschaftlich untersucht worden. Hingegen ist die Analyse der Anwendbarkeit dessen fur Fuhrungskrafte der offentlichen Verwaltung ein offenes Forschungsfeld. Vor diesem Hintergrund interessiert daher die Frage, ob und welche situativen Einflussfaktoren den Erfolg eines Teams in der offentlichen Verwaltung aus Sicht der jeweiligen Fuhrungskraft bewirken konnen. Die vorliegende Arbeit thematisiert die Forschungsfrage auf Basis der Uberlegungen des Kontingenzmodells von Fiedler. Die Erarbeitung erfolgt literaturbasiert.
Um die Fragestellung zu klaren, gliedert sich die Arbeit in folgende Struktur: Der erste Teil widmet sich der terminologischen Klarung der grundlegenden Begriffe Fuhrung, Fuhrungsstil und situative Fuhrung. Sodann werden die Einflussfaktoren der situativen Fuhrung erortert und im darauffolgenden Kapitel die Kontingenztheorie von Fiedler beleuchtet. AnschlieBend wird dieses Fuhrungsmodell im Kontext der offentlichen Verwaltung mitsamt Chancen und Risiken analysiert. Ein Fazit und ein Ausblick beschlieBen die Arbeit.
2 Begriffsbestimmungen
Die fur den Untersuchungsgegenstand zentralen Begriffe „Fuhrung“, „Fuhrungsstil“ und „situative Fuhrung“ werden im vorliegenden Kapitel als Grundlage des situativen Fuhrungskonzeptes zunachst geklart. Dabei bildet „Fuhrung“ die Grundlage fur die weitergehende Definition des „Fuhrungsstils“ und letzterer die Basis fur den darauf aufbauenden Begriff der „situativen Fuhrung“.
2.1 Fuhrung
Fur den komplexen Begriff der Fuhrung existiert keine uneingeschrankt gultige einheitliche Definition (Klein 2008: 8). Bereits anno 1974 hat Ralph Stogdill festgestellt, dass es fast so viele verschiedene Definitionen von Fuhrung gibt, wie Personen, die Fuhrung zu definieren versucht haben. Bis dato ist keine einheitliche Definition von Fuhrung gefunden worden (ebd.; Holzerkopf 2005: 15). Etymologisch betrachtet bedeutet das Wort "fuhren" ursprunglich "in Bewegung setzen", "leiten" und wird heute im Sinne von "leiten, die Richtung bestimmen" genutzt (Holzerkopf 2005: 19). An dieser Stelle wird angemerkt, dass als Synonyme fur Fuhrung die Begriffe, wie Leitung oder Managen angesehen werden konnen (ebd.). Grundsatzlich lasst sich bei Fuhrung differenzieren zwischen einer auf eine Organisationseinheit ausgerichtete Fuhrung, wie z. B. Fuhrung von Unternehmen oder Institutionen oder einer auf Menschen unmittelbar bezogenen Ebene, wie Personalfuhrung (ebd.). Die Vielzahl an Definitionen2 wird als angemessen angesehen, da der Grund des jeweiligen Forschungsvorhabens die Definition von Fuhrung lenkt (House et al. 2004; Yukl 1998).
Fuhrung ist nach einer Definition die Fahigkeit eines Individuums zu beeinflussen, motivieren und anderen zu ermoglichen, zur Wirksamkeit und zum Erfolg der Organisationen, denen sie angehoren, beizutragen (House et al. 2004: 15). Fuhrung ist demnach ein intentionaler, sozialer Beeinflussungsprozess, bei welchem die Fuhrungskraft versucht, den Gefuhrten zur Erfullung gemeinsamer Aufgaben und das Erreichen gemeinsamer Ziele zu veranlassen (Klein 2008: 11; Holzerkopf 2005: 19, 26 f.). Dieser Definition wird sich aufgrund ihrer Geeignetheit hinsichtlich des vorliegenden Untersuchungsgegenstandes angeschlossen. Zudem fasst sie inhaltlich diverse weitere Definitionen3 zusammen.
2.2 Fuhrungsstil
Unter Fuhrungsstil wird die Art und Weise verstanden, mit der die Fuhrungskraft ihre Mitarbeiter fuhrt. Der Fuhrungsstil ist hierbei ein langfristiges, relativ stabiles, in Bezug auf eine bestimmte Fuhrungssituation unabhangiges, konsistentes sowie wiederkehrendes Verhaltensmuster der Fuhrungskraft (Boerner 2013: 316). Der Mitarbeiter soll mit Hilfe des Fuhrungsstils dazu veranlasst werden, zielorientiertes Arbeitsverhalten zu zeigen (Jung 2006: 218). Fuhrungskonzepte formulieren praktische Handlungsempfehlungen (Boerner 2013: 316).
2.3 Situative Fuhrung
Unter situativer Fuhrung allgemein ist die situationsabhangige Auswahl eines Fuhrungsstils zu verstehen. Es existiert kein universeller Fuhrungsstil, der in allen Situationen zum Erfolg fuhrt, sondern die Wahl des optimalen Fuhrungsstils wird von der jeweiligen Fuhrungssituation bestimmt. Ein Fuhrungsstil kann in einer Situation erfolgsversprechend sein und in einer anderen Situation jedoch komplett ungeeignet (Becker 2015: 29). Um Einfluss auf die Wahl des Fuhrungsstils und dessen Effektivitat auszuuben, sind situationsbezogene Schlusselfaktoren zu analysieren. Anhand dessen konnen sodann entsprechende Fuhrungsinstrumente und -stile gewahlt und angewendet werden (Strunz et al. 2001). Situatives Fuhren bezeichnet Gruppen von Kontingenztheorien, wonach der Vorgesetzte je nach Situation unterschiedliche Fuhrungsstile wahlen soll, um erfolgreich zu sein. Kontingenztheorien gehen demnach davon aus, dass der Fuhrungserfolg neben Verhaltensweisen oder Personlichkeitsmerkmalen auch von den Rahmenbedingungen abhangig ist, in denen sich der Vorgesetzte und sein Mitarbeiter jeweils bewegen (Becker 2015: 29). Fuhrungskrafte konnen mit diesem Instrument im Arbeitsalltag ihren Mitarbeitenden gegenuber flexibler agieren (Widmer et al. 2016: 94).Situative Fuhrung kann dabei nur von Fuhrungskraften und nicht von der Organisation oder Institution selbst praktiziert werden, da nur der Fuhrungskraft primar personelle Fuhrungsinstrumente zur Verfugung stehen. In der vorliegenden Arbeit werden daher im Folgenden die Einflussfaktoren der situativen Fuhrung und im Rahmen dessen ausschlieBlich die personellen Fuhrungsinstrumente betrachtet.
3 Einflussfaktoren der situativen Fuhrung
Um situativ fuhren zu konnen, sind die zugrundliegenden Einflussfaktoren zu analysieren. Diese bestehen aus situativen Merkmalen sowie aus dem Umgang der Fuhrungskraft mit diesen. Damit die Fuhrungskraft Einflussmerkmale einschatzen kann, muss die Fuhrungskraft gleichzeitig also einem vielseitigen Anforderungsprofil entsprechen, um der Vielfalt und Individualitat der Mitarbeiter gerecht zu werden.
In der Literatur besteht breite Einigkeit daruber, dass Fuhrungseigenschaften sich auf den Fuhrungserfolg und damit auf den Organisationserfolg auswirken (Breckwoldt 2013: 16; Schindewolf 2002: 196).4 Das entsprechende Anforderungsprofil kann in vier notwendige Bereiche der Fuhrungskompetenzen geteilt werden, um aufzuzeigen, wie groB der Kompetenzumfang einer Fuhrungskraft sein muss, um erfolgreich situativ zu fuhren (Boden 2013: 2, 10 f.). Dabei muss die Fuhrungskraft zunachst uber Fachkompetenz verfugen, um Aufgaben delegieren zu konnen und gegebenenfalls Hilfestellung leisten zu konnen. Weiterhin ist Methodenkompetenz wichtig, um Entscheidungen treffen zu konnen. Hinzu kommt die Fahigkeit, Strategien einzuleiten und Handlungsfolgen abschatzen zu konnen. Daneben ist Kommunikationsfahigkeit relevant. Zu den wichtigsten Kompetenzen zahlen die sozialen Kompetenzen. Diese wirken sich direkt auf zwischenmenschliche Beziehungen aus und geben Auskunft daruber, ob situative Fuhrung fur eine Fuhrungskraft empfehlenswert ist (Boden 2013: 2, 10 f.). Ein weiteres Kompetenzfeld ist die Selbstkompetenz, wozu Stressmanagement sowie Work-Life-Balance zahlen (Boden 2013: 11).
Sofern situative Fuhrung also fur die Fuhrungskraft empfehlenswert ist, ist es fur diese weiterhin unmittelbar interessant, welche Merkmale einer Situation bedeutsam sind, um einen Fuhrungsstil festzulegen. Besonders wichtige Merkmale der Situation sind verfugbare Zeit bzw. Zeitdruck, Komplexitat der Arbeitsaufgabe, Motivationspotenzial der Arbeitsaufgabe, Machtposition der Fuhrungskraft, Abhangigkeit der Gefuhrten von der Mitgliedschaft in der Gruppe bzw. Dependenz und Kultur, in der die Fuhrung stattfindet sowie damit die etablierten sozialen Normen und Akzeptanz fur Fuhrungsverhalten (Becker 2015: 29). Hinzu kommt Qualitat bzw. Zustand der Beziehung zu den Gefuhrten gemaB Fiedler (ebd.; Fiedler 1967).
Situationen sind zunachst gegeben, aber oft veranderbar. Fuhrungskrafte konnen Fuhrungssituationen anhand der soeben genannten Merkmale analysieren und sodann entscheiden, mit welchen Merkmalen eine Fuhrungssituation gelebt werden muss und welche veranderbar sind. Besteht beispielsweise Zeitdruck, ist die Fuhrungskraft auf eher autoritare Entscheidungen und aufgabenorientierte Fuhrung angewiesen. Das Potenzial der Mitarbeiter bei Entscheidungen und bei Eigenverantwortung kann sodann nicht entsprechend genutzt und entwickelt werden. Zeitdruck kostet demnach Flexibilitat im Fuhrungsstil und ist daher, soweit moglich, praventiv zu vermeiden. Komplexe Arbeitsaufgaben fuhren zu Abhangigkeit von Experten und Gefuhrten. In dieser Situation ist durch die Fuhrungskraft eher partizipativ zu entscheiden und mitarbeiterorientiert zu fuhren. An dieser Stelle ist aufgabenorientierte Fuhrung und Kontrolle schwerer moglich. Haufig ist Komplexitat unvermeidbar. Unnotige Komplexitat kostet jedoch Flexibilitat im Fuhrungsstil und ist daher, sofern moglich, zu reduzieren. Beispielsweise konnen Aufgaben starker strukturiert werden oder fachkompetente Fuhrungskrafte ausgewahlt werden, welche durch Komplexitat nicht so schnell an eigene Grenzen geraten. Haben Arbeitsaufgaben wenig Motivationspotenzial, ist durch die Fuhrungskraft starker aufgabenorientiert zu fuhren und mehr Kontrolle auszuuben. Dies ist jedoch aufwendig. Es lohnt sich daher nachzudenken, wie Arbeitsaufgaben motivierender fur die Mitarbeiter gestaltet werden konnen. Macht ist Potenzial - auch, wenn sie nicht eingesetzt wird. Ohne entsprechende Machtbasis sind Fuhrungskrafte auf partizipative Entscheidungen und hohe Mitarbeiterorientierung im Fuhrungsstil angewiesen, auch unter dem Umstand, dass die Lage ein anderes Vorgehen erfordert. Besteht geringe Abhangigkeit der Mitglieder, dann ist mitarbeiterorientierte Fuhrung umso wichtiger, um diese zu binden (Becker 2015: 30). Zudem ist die Beziehung zu den Gefuhrten zu pflegen. Doch dies gelingt mitunter nicht, weil sich moglicherweise Interessen entgegenstehen. Ist auch ein Austausch der betreffenden Personen nicht moglich, ist die Fuhrungskraft auf autoritare Entscheidungen, hohe Aufgabenorientierung und Kontrolle angewiesen (Becker 2015: 31).
4 Kontingenzmodell von Fiedler
Wie im vorherigen Kapitel erkennbar, stellt die zentrale Bedeutung der situativen Einflusse auf den Fuhrungserfolg, der sog. Kontingenzfaktoren, ein wichtiges Kennzeichen der Kontingenztheorien der Fuhrung dar. Verschiedene Fuhrungsstile sind demnach in unterschiedlichen Situationen unterschiedlich effizient.
Als Pionier dieser Kontingenzmodelle wird Fiedler mit seiner vielbeachteten Kontingenztheorie betrachtet. Er differenziert u. a. einen aufgaben- und einen mitarbeiterorientierten Fuhrungsstil. Der Fuhrungserfolg der entsprechend eingestellten Fuhrungskraft wird nach Fiedler von der sog. situativen „Gunstigkeit“ bestimmt. Besonderheit des Kontingenzmodells von Fiedler ist dabei sein entwickelter sog. LPC- Fragebogen zur Messung des Fuhrungsstils. LPC bedeutet „Least Preferred Coworker“. Die Fuhrungskraft soll sich demnach den Mitarbeitern vorstellen, mit dem sie am wenigsten gerne zusammen arbeitet. Dieser Mitarbeiter ist sodann auf insgesamt 16 Adjektivpaare einzuschatzen.5 Zwischen den kontraren Adjektivpaaren sind je die Ziffern von eins bis acht im entsprechenden Test anzukreuzen. AnschlieBend werden die Punkte fur die positiven sowie auf die negativen Begriffe addiert und der LPC-Wert danach berechnet. Je hoher der LPC-Wert, desto eher ist die Fuhrungskraft beziehungsmotiviert.6 Ein hoher Wert sagt nach Fiedler aus, dass die Fuhrungskraft selbst den von ihr am wenigsten geschatzten Mitarbeiter noch relativ positiv beurteilt. Dies druckt nach Fiedler eine hohe Mitarbeiterorientierung aus. Ein geringer LPC-Wert bedeutet hingegen eine hohe Aufgabenorientierung (Fiedler 1967).
Ob eine hohe Mitarbeiter- oder Aufgabenorientierung fur die Teamleistung positiv ist, hangt nach Fiedler von weiteren Faktoren ab. Der Kontext zwischen Mitarbeiterorientierung und Leistung ist namensgebend „kontingent“ bzw. abhangig von drei Faktoren (van Dick et al.: 2018: 6 f.). Einen Faktor stellt dabei die Beziehung zwischen Fuhrungskraft und gefuhrtem Mitarbeiter dar. Eine gute Auspragung der Beziehung bedeutet, dass sich die Mitarbeiter und ihre Fuhrungskraft gut verstehen und sich gegenseitig vertrauen. Weiterer Faktor ist die Aufgabenstruktur. Diese ist hoch ausgepragt, wenn die Aufgabe selbst sehr klar strukturiert ist. Die Positionsmacht ist der dritte Faktor und beschreibt, ob die Fuhrungskraft viele oder wenig Moglichkeiten hat, fur die Mitarbeitenden wichtige Faktoren zu beeinflussen (z. B. Gehalt, Beforderungen etc.) (van Dick et al.: 2018: 6 f.). Diese drei Faktoren kann man nach Fiedler zu insgesamt acht Kombinationen der Situationskontrolle anordnen. Eine hohe Mitarbeiterorientierung fuhrt demnach besonders dann zu hoherer Leistung, wenn die Situationskontrolle im mittleren Bereich liegt. Wenn wenig Positionsmacht, unklare Aufgaben oder schlechte Beziehungen - also geringe Situationskontrolle vorliegt oder im Gegenteil sehr hoch ist, wird eher ein aufgabenorientierter Fuhrungsstil als erfolgreich angesehen. Nach Fiedler ist es demnach bei unzureichendem Fuhrungserfolg zweckmaBig, entweder situative Bedingungen zu verandern oder die Fuhrungsperson anders einzusetzen. Hingegen werden Anderungen des individuellen Fuhrungsstils dabei als nicht zielfuhrend angesehen, da diese von Fiedler vielmehr als uberdauerndes Personlichkeitsmerkmal, statt als kurzfristig veranderbares Verhaltensmuster interpretiert werden.
Fiedlers Theorie ist stark kritisiert worden und teils als gescheitert angesehen worden (Neuberger 2002: 528; Rosenstiel 2009: 16; Steiger 2013: 44). Eine Aussagekraft des LPC- Wertes wird bezweifelt, da z. B. ein Ergebnis im mittleren Wertebereich hinsichtlich eines Fuhrungsstils nicht klassifizierbar ist. Es fehlt zudem an einem Erklarungsmodell fur das
[...]
1 Fred Fiedler wird im folgenden Verlauf der Arbeit ausschlieBlich noch mit seinem Nachnamen bezeichnet.
2 Eine Definition von Fuhrung nach Weibler lautet: „andere durch eigenes, sozial akzeptiertes Verhalten so zu beeinflussen, dass dies bei den Beeinflussten mittelbar oder unmittelbar ein intendiertes Verhalten bewirkt“ (Weibler 2001: 29). Nach Yukl ist Fuhrung ein Prozess, bei dem ein einzelnes Mitglied einer Gruppe oder Organisation die Interpretation der Ereignisse beeinflusst, die Wahl der Ziele und Strategien, die Organisation von Arbeitsaktivitaten, die Motivation und Ziele zu erreichen, die Aufrechterhaltung von kooperativen Beziehungen, die Entwicklung der Fahigkeiten und des Vertrauens der Mitglieder und Einstellung von Unterstutzung und Zusammenarbeit von Personen auBerhalb der Gruppe oder Organisation (Yukl 1998: 5). Nach Neuberger ist personelle Fuhrung “legitimes Konditionieren bestimmten Handelns von Gefuhrten in schlecht strukturierten Situationen mit Hilfe von und in Differenz zu anderen Einflussen“ (Neuberger 2002: 47). 3 Vergleiche obige FuBnote 1.
3 Eine Definition von Fuhrung nach Weibler lautet: „andere durch eigenes, sozial akzeptiertes Verhalten so zu beeinflussen, dass dies bei den Beeinflussten mittelbar oder unmittelbar ein intendiertes Verhalten bewirkt“ (Weibler 2001: 29). Nach Yukl ist Fuhrung ein Prozess, bei dem ein einzelnes Mitglied einer Gruppe oder Organisation die Interpretation der Ereignisse beeinflusst, die Wahl der Ziele und Strategien, die Organisation von Arbeitsaktivitaten, die Motivation und Ziele zu erreichen, die Aufrechterhaltung von kooperativen Beziehungen, die Entwicklung der Fahigkeiten und des Vertrauens der Mitglieder und Einstellung von Unterstutzung und Zusammenarbeit von Personen auBerhalb der Gruppe oder Organisation (Yukl 1998: 5). Nach Neuberger ist personelle Fuhrung “legitimes Konditionieren bestimmten Handelns von Gefuhrten in schlecht strukturierten Situationen mit Hilfe von und in Differenz zu anderen Einflussen“ (Neuberger 2002: 47). 3 Vergleiche obige FuBnote 1.
4 Auch wenn durch die Wissenschaft bisher kein messbarer Zusammenhang zwischen Eigenschaften der Fuhrungskraft und dem Unternehmenserfolg nachgewiesen werden konnte.
5 Dies sind die Adjektive: angenehm - unangenehm, freundlich - unfreundlich, zuruckweisend - entgegenkommend, gespannt - entspannt, distanziert - personlich, kalt - warm, unterstutzend - feindselig, langweilig - interessant, streitsuchtig - ausgleichend, verdrieBlich - heiter, offen - verschlossen.
6 Z. B. bedeuten sodann 11 bis 46 Punkte: Aufgabenbezogener Fuhrungsstil, 47 bis 52 Punkte: Nicht klassifizierbar, 53 bis 88 Punkte: Beziehungsorientierter Fuhrungsstil.