Ziel der Arbeit ist es, einen Einblick in die Epidemiologie von Alkoholkonsum zu geben und den Arbeitsplatz als geeignetes Setting zur Primärprävention von riskantem Alkoholkonsum vorzustellen. Anschließend werden die Grundlagen betrieblicher Suchtprävention dargestellt und versucht, anhand einer europaweiten Handlungsempfehlung sich der Implementierung von betrieblichen Präventionsstrategien in Bezug auf Alkohol zu nähern. Hierdurch soll die Frage beantwortet werden, wie Prävention von riskantem Alkohol im Setting Arbeitsplatz unter Beachtung von Qualitätskriterien stattfinden kann.
Deutschland stand weltweit auf Platz 7 und europaweit auf Platz 5 in Bezug auf den höchsten Pro-Kopf-Alkoholholkonsum unter Erwachsenen im Jahr 2018. So tranken Deutsche 2018 im Schnitt 12,9 Liter puren Alkohol. Weltweit liegt der durchschnittliche Konsum bei 6,2 Litern pro Person (WHO, 2020). Dies macht deutlich, dass Deutschland ein Hochkonsumland darstellt und es notwendig ist, Maßnahmen zu ergreifen, die einen moderaten Alkoholkonsum begünstigen.
Inhaltsverzeichnis
Inhaltsverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
Tabellenverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
1. Einleitung
2. Epidemiologie und Einordnung von Alkoholkonsum
3. Folgen von riskantem Alkoholkonsum
3.1 Gesundheitliche Folgen
3.2 Gesellschaftliche Folgen
3.3 Betriebliche Folgen
4. Arbeitsplatz als Setting zur Suchtprävention
5. Grundlagen der betrieblichen Suchtprävention
6. Implementierung von Alkoholprävention am Arbeitsplatz nach EWA
6.1 Vorstellung EWA
6.2 Entwicklung von Problembewusstein
6.3 Beurteilung und Verbesserung / Einführung betrieblicher Präventionsstrategien
6.4 Schulungen zum Kompetenzerwerb
6.5 Kurzinterventionen und Beratung
6.6 Umfassendes Gesamtkonzept
7. Einschätzung der Qualität der Handlungsempfehlung der EWA
8. Diskussion
9. Literaturverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1: Das BGM-Haus
Abbildung 2: Bausteine EWA
Tabellenverzeichnis
Tabelle 1: Bereiche suchtpräventiver Arbeit
Abkürzungsverzeichnis
AUDIT Alcohol Use Disorders Identification Test
BEM Betriebliches Eingliederungsmanagement
BGF Betriebliche Gesundheitsförderung
BGM Betriebliches Gesundheitsmanagement
DHS Deutsche Hauptstelle für Suchtfragen
DSM Diagnostic and Statistical Manual of Mental Disorders
EU Europäische Union
EWA European Workplace and Alcohol
WHO World Health Organization
1. Einleitung
Deutschland stand weltweit auf Platz 7 und europaweit auf Platz 5 in Bezug auf den höchsten Pro-Kopf-Alkoholholkonsum unter Erwachsenen im Jahr 2018. So tranken Deutsche 2018 im Schnitt 12,9 Liter puren Alkohol. Weltweit liegt der durchschnittliche Konsum bei 6,2 Litern pro Person (WHO, 2020). Dies macht deutlich, dass Deutschland ein Hochkonsumland darstellt und es notwendig ist, Maßnahmen zu ergreifen, die einen moderaten Alkoholkonsum begünstigen.
Ziel der Arbeit ist es, einen Einblick in die Epidemiologie von Alkoholkonsum zu geben und den Arbeitsplatz als geeignetes Setting zur Primärprävention von riskantem Alkoholkonsum vorzustellen. Anschließend werden die Grundlagen betrieblicher Suchtprävention dargestellt und versucht, anhand einer europaweiten Handlungsempfehlung sich der Implementierung von betrieblichen Präventionsstrategien in Bezug auf Alkohol zu nähern. Hierdurch soll die Frage beantwortet werden, wie Prävention von riskantem Alkohol im Setting Arbeitsplatz unter Beachtung von Qualitätskriterien stattfinden kann.
Ausgangspunkte für die Recherche dieser Arbeit waren die Internetpräsenz der DHS und die Datenbanken Google Scholar und EBSCO. In den Datenbanken wurde anhand der Suchbegriffe Prävention Arbeitsplatz, prevention workplace, betriebliche Suchtprävention, workplace alcohol, Suchtprävention Arbeitsplatz die Recherche gestartet.
Die formale Gestaltung der vorliegenden Arbeit orientiert sich am FOM-Leitfaden zur formalen Gestaltung von Seminar- und Abschlussarbeiten, Stand Februar 2018.
2. Epidemiologie und Einordnung von Alkoholkonsum
Der Konsum von Alkohol ist in Deutschland gesellschaftlich anerkannt und teilweise auch obligatorisch (Brinkmann, 2014). Das Konsumieren von Alkoholika ist Bestandteil des sozialen und kulturellen Lebens. Alkohol wird bei diversen sozialen Anlässen, wie z.B. auf Festen und bei geschäftlichen Verhandlungen getrunken. Alkoholische Getränke erleichtern auf Grund ihrer berauschenden Wirkung soziale Kontakte, begünstigen eine subjektive Entspannung, stimulieren Kommunikation und stehen für Lebensfreude. Alkoholika gehören rechtlich betrachtetet zu den Genuss- und somit zu den Lebensmitteln (Burger & Mensink, 2003). Durch die soziale Akzeptanz sowie die mit dem Konsum verknüpften sozialen „Vorteilen“ erscheint es sinnvoll, primärpräventiv eher auf eine Reduktion, statt auf eine Karenz von Alkohol zu zielen.
Laut Freyer-Adam & John (2009), zitiert nach Brinkmann (2014), werden vier Formen des problematischen Alkoholkonsums unterschieden:
- Die Alkoholabhängigkeit
- Der Alkoholmissbrauch
- Der riskante Alkoholkonsum
- Rauschtrinken (Binge Drinking)
Da nach DSM IV die Alkoholabhängigkeit sowie der Alkoholmissbrauch zu den psychischen Störungen gehören (Brinkmann, 2014) und somit bereits eine Pathogenität besteht, wird in der vorliegenden Arbeit der Fokus auf die Primärprävention von riskantem Alkoholkonsum gelegt.
Aus dem aktuellsten Alkoholatlas Deutschland aus dem Jahr 2017 geht hervor, dass 14 % Der Frauen und 18 % der Männer riskante Mengen Alkohol zu sich nehmen. Besonders die Gruppe der unter 25-Jährigen und Personen zwischen 45 und 65 Jahren sind hiervon betroffen (Schaller & Kahnert, 2017). Betrachtet man die 30-Tage-Prävalenz von Alkoholkonsum, kamen Atzendorf, Rauschert, Seitz, Lochbühler & Kraus (2019) zu dem Ergebnis, dass die 18 – 64-Jährigen in Deutschland eine gesamte Konsumprävalenz von rund 72 % aufwiesen. Hierunter entfielen 34,5 % auf das sogenannte Binge Drinking oder auch episodisches Rauschtrinken. 18,1 % nahmen riskante Mengen Alkohol zu sich, was sich auch mit den Zahlen von Schaller & Kahnert (2017) deckt. Unter riskantem Alkoholkonsum versteht man Mengen, die bei Frauen 10 – 12 g Reinalkohol und bei Männern 20 – 24 g Reinalkohol täglich überschreiten (Seitz & Bühringer, 2010). Dies bedeutet, dass Frauen beispielsweise ein 0,1 l Glas Wein und Männer 500 ml Bier am Tag konsumieren können, ohne als riskante Trinker eingestuft zu werden. Dabei sollten aber mindestens zwei Karenztage pro Woche eingehalten werden (Wolter, 2015).
Geht man somit von einer relativ unbedenklichen Trinkmenge von 100 g Reinalkohol pro Woche aus (20 g x 5 Tage) und rechnet dies mit 52 Wochen auf ein Jahr hoch, sollte die jährliche konsumierte Menge Reinalkohol 5,2 Liter nicht überschreiten. Wie eingangs aber dargestellt, lag der Pro-Kopf-Konsum in Deutschland im Jahr 2018 lt. der WHO (2020) bei 12,9 Litern.
Ferner erfüllen 3,1 % der Bevölkerung die diagnostischen Kriterien für eine Alkoholabhängigkeit (Atzendorf et al., 2019). Laut dem Statistischen Bundesamt (2016) waren Psychische und Verhaltensstörungen durch Alkohol im Jahr 2015 mit 326.971 Fällen die zweithäufigste Ursache für eine stationäre Krankenhausbehandlung.
3. Folgen von riskantem Alkoholkonsum
Der Konsum riskanter Mengen Alkohol kann sich negativ auf verschiedene Bereiche des privaten und gesellschaftlichen Lebens auswirken. Im folgenden Abschnitt soll kurz dargelegt werden, welche Negativfolgen der Konsum auf die Gesundheit, die Gesellschaft und die Arbeitswelt haben kann.
3.1 Gesundheitliche Folgen
Übermäßiger Alkoholkonsum kann über einen Gewöhnungs- bzw. Toleranzeffekt zur Alkoholabhängigkeit führen. Doch auch ohne diese diagnostizierte Pathogenese steht riskanter Alkoholkonsum in Verbindung mit mehr als 200 Erkrankungen, darunter auch 17 Erkrankungen, die ausschließlich alkoholbedingt sind. Hierzu zählen beispielsweise die Degeneration des Nervensystems durch Alkohol oder die Schädigung des Fötus durch Alkoholkonsum der Mutter (Rommel, Saß, Rabenberg, 2016). Somit zählt riskanter Alkoholkonsum zu den fünf maßgebenden Risikofaktoren für Krankheiten, Beeinträchtigungen und Todesfällen (Rommel et al., 2016).
Neben den direkten internistischen Folgen kann der riskante Konsum auch zu vermehrten Unfällen und Verletzungen führen (Rommel et al., 2016). Dies lässt sich einerseits durch die motorische Beeinträchtigung, als auch durch die herabgesetzte Risikowahrnehmung erklären.
Die hier dargelegten Punkte lassen also darauf schließen, dass der übermäßige Konsum nicht nur die Konsumenten selbst schädigen kann, sondern auch physische und psychische Auswirkungen auf Dritte haben kann.
3.2 Gesellschaftliche Folgen
Die gesellschaftlichen Folgen machen sich vor allem über die entstehenden Kosten bemerkbar. In Deutschland belaufen sich die direkten und indirekten volkswirtschaftlichen Kosten des Alkoholkonsums auf rund 57,04 Milliarden Euro (Effertz, 2020). Hiervon entfallen ca. ein Viertel als direkte Kosten auf das Gesundheitssystem (Effertz, 2015). Zum Vergleich: 2019 nahm die Bundesrepublik ca. 2,12 Milliarden Euro durch die Alkoholsteuer ein (Statista, 2020).
3.3 Betriebliche Folgen
1975 wurden im Zuge einer Studie des Stanford Research Instituts Daten in 20 Firmen der USA erhoben, die die betrieblichen Folgen problematischen Trinkens aufzeigen sollten (DHS, 2019.). Laut der Deutschen Hauptstelle für Suchtfragen haben die Ergebnisse hieraus auch nach rund 45 Jahren noch nicht an Aktualität verloren und werden laufend durch Praktiker und Experten bestätigt. Die Studie kam zu folgenden Ergebnissen:
- Problematisch Konsumierende fehlen 16 Mal häufiger am Arbeitsplatz
- Problematisch Konsumierende erleiden 3,5 Mal häufiger Arbeitsunfälle
- Problematisch Konsumierende sind 3 Mal häufiger arbeitsunfähig gemeldet
- Bei problematisch Konsumierenden tritt eine Reduktion der Arbeitsleistung bei Präsentismus um bis zu 25 % auf
Dies zeigt, dass riskanter Alkoholkonsum weitreichende Folgen auf z. B. die Produktivität im Betrieb haben kann. Diese Punkte könnten aber auch als Anreiz für Betriebe dienen, um ein Präventionsprogramm im Setting Arbeitsplatz zu implementieren.
4. Arbeitsplatz als Setting zur Suchtprävention
Die Ottawa Charta und auch das Präventionsgesetz fordern explizit Prävention in Settings, die das Wohnen, das Lernen aber auch das Arbeiten einschließen, um gesundheitsförderliche Lebenswelten zu schaffen (Seidler & Moebus, 2018).
Das Setting Arbeitsplatz eignet sich zu Präventionszwecken für Erwachsene hier besonders. Dies liegt zum einen daran, dass ein Großteil der erwachsenen Bevölkerung erwerbstätig ist und somit eine große Bevölkerungsgruppe am Arbeitsplatz erreicht werden kann. Vollzeitbeschäftigte verbringen einen beträchtlichen Teil ihrer Zeit im Betrieb, dies erhöht die Möglichkeit der Exposition gegenüber Präventionsbotschaften oder -programmen, die am Arbeitsplatz angeboten werden (Roman & Blum, 2002).
Hinzu kommt die bereits genannte wirtschaftliche Bedeutung problematischen Trinkens für die Betriebe und das daraus möglich entstehende Interesse zur Implementierung von Präventionsmaßnahmen Seitens der Arbeitgeber1.
5. Grundlagen der betrieblichen Suchtprävention
Betriebliche Suchtprävention erfordert verschiedene Maßnahmen und Haltungen, um ganzheitlich wirken zu können. In einem policy mix aus verhältnis- und verhaltensorientierten Maßnahmen sollen so beispielweise Health-Literacy entwickelt und Empowerment und persönliche sowie soziale Kompetenzen gestärkt werden (Wienemann & Schumann, 2011). Die Autoren beschreiben weiterhin, dass Maßnahmen zur Gesundheitsförderung und zur Erreichung einer gesundheitsförderlichen Führung im Fokus stehen sollen. Tabelle 1 gibt einen Überblick über die Bausteine, die zu einer vollumfänglichen Präventionsstrategie im Setting Arbeitsplatz in Bezug auf Alkoholkonsum zielführend sind.
Tabelle 1: Bereiche suchtpräventiver Arbeit
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Quelle: In Anlehnung an Wienemann & Schumann, 2011, S.13
Betrachtet man hier vor allem die vorgeschlagenen übergreifenden Präventionsmaßnahmen wird klar, dass effektive Suchtprävention eng mit einem funktionierenden Betrieblichen Gesundheitsmanagement verknüpft ist.
Das Betriebliche Gesundheitsmanagement (BGM) stützt sich nach Barth (2018) auf einem Fundament der gesunden Führung bzw. einer gesunden Unternehmenskultur (Abbildung 1). Darauf stehen die drei Säulen des BGM – Arbeitsschutz, Betriebliche Gesundheitsförderung (BGF) sowie Betriebliches Eingliederungsmanagement (BEM).
Abbildung 1: Das BGM-Haus
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthaltenQuelle: Barth, 2018, S. 88
Die DHS sieht nach den unter Tabelle 1 dargestellten Bereichen somit explizit gesunde Führung, aber auch BEM, als erforderliche Faktoren für eine funktionierende betriebliche Suchtprävention vor. Die Bereiche Arbeitsschutz und BGF werden nach dieser Tabelle durch beispielsweise der Forderung nach einer Gefährdungserhebung bzw. nach Fitness und Bewegung oder aber auch Stressbewältigungstrainings abgedeckt.
[...]
1 Aus Gründen der leichtbareren Lesbarkeit wird in der vorliegenden Seminararbeit die gewohnte männliche Sprachform bei personenbezogenen Substantiven und Pronomen verwendet. Dies impliziert jedoch keine Benachteiligung anderer binärer oder non-binärer Geschlechtsidentitäten, sondern soll im Sinne der sprachlichen Vereinfachung als geschlechtsneutral zu verstehen sein.