Versuch einer Synthese aus Systemtheorie und Konstruktivismus
§ Systemtheorie und Konstruktivismus haben gemeinsam, dass sie antirealistisch und beobachterzentriert sind, d.h. jede Weltsicht als Beobachtung begreifen.
§ Mit den beiden Großtheorien lassen sich die Grundbegriffe der KW neu bestimmen
Vergleich Systemtheorie & Konstruktivismus
1) Definitionen:
- Konstruktivismus: „Theorie, wie ein Beobachter eine Umwelt konstruiert“; Konstruktion individueller Weltbilder durch Beobachtungsoperationen (=Benennen von Unterscheidungen)
- Systemtheorie: Universale Gesellschaftstheorie, die Gesellschaft aus der Selbstbeobachtung von Systemen heraus versteht, die sich selbst über Kommunikation reproduzieren (Autopoeisis)
2) Gemeinsamkeiten:
- Thema ist klassisch abendländisch die Dualität zwischen Subjekt und Objekt (Systemtheorie: System und Umwelt -> Systemabhängigkeit der Weltsicht; Konstruktivismus: Beobachter und Welt -> Beobachterabhängigkeit)
- Start der Überlegungen ist die Differenz (Unterscheidung), nicht die Identität
3) Unterschiede:
- Systemtheorie: Makrotheorie, Individuen spielen keine Rolle, Systeme und Umwelt sind real
- Konstruktivismus: Mikrotheorie, Individuum/Beobachter steht im Mittelpunkt, Welt ist nicht real, sondern konstruiert
[...]
Skripte aus dem Themenbereich
Kommunikationstheorie
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Der Kern: Versuch einer Synthese aus Systemtheorie und Konstruktivismus
- Systemtheorie und Konstruktivismus haben gemeinsam, dass sie antirealistisch und beobachterzentriert sind, d.h. jede Weltsicht als Beobachtung begreifen.
- Mit den beiden Großtheorien lassen sich die Grundbegriffe der KW neu bestimmen
Vergleich Systemtheorie & Konstruktivismus
1) Definitionen:
- Konstruktivismus: „Theorie, wie ein Beobachter eine Umwelt konstruiert“; Konstruktion individueller Weltbilder durch Beobachtungsoperationen (=Benennen von Unterscheidungen)
- Systemtheorie: Universale Gesellschaftstheorie, die Gesellschaft aus der Selbstbeobachtung von Systemen heraus versteht, die sich selbst über Kommunikation reproduzieren (Autopoeisis)
2) Gemeinsamkeiten:
- Thema ist klassisch abendländisch die Dualität zwischen Subjekt und Objekt (Systemtheorie: System und Umwelt -> Systemabhängigkeit der Weltsicht; Konstruktivismus: Beobachter und Welt -> Beobachterabhängigkeit)
- Start der Überlegungen ist die Differenz (Unterscheidung), nicht die Identität
3) Unterschiede:
- Systemtheorie: Makrotheorie, Individuen spielen keine Rolle, Systeme und Umwelt sind real
- Konstruktivismus: Mikrotheorie, Individuum/Beobachter steht im Mittelpunkt, Welt ist nicht real, sondern konstruiert
Konstruktivistisch-systemtheoretische Kritik an der KW
- Falsche Ontologisierung (= irriger Glaube, das Wesenhafte z.B. des Journalismus zu erkennen)
- Falsche Normativität (= vorgeben, dass man weiß, wie Kommunikation sein soll)
- Falsche Trivialität (= Vereinfachung in simplen Modellen)
- Falsches Stimulus-Response-Denken
- Falsche Technikgläubigkeit (Beschreibung von Kommunikation über verwandte Technik)
- Falscher Objektivitätsglaube (=Irrtum, z.B. durch Inhaltsanalyse „objektive“ Inhalte der Texte identifizieren zu können)
- Falsche Falsifikationsversuche/Rechthaberei (=wenn Kepplinger Medienwirklichkeit an wirklicher Wirklichkeit misst mit statistischen Daten o.Ä.; „es gibt keinen privilegierten Zugang zur Realität“)
Grundbegriffe der KW – Systemkonstruktivistisch gesehen
- Kommunikation: Nicht Übermittlung, sondern Konstruktion von Information; „Information is a difference that makes a difference“ (Bateson)
- Medien: Keine Vermittler, sondern Konstrukteure der Wirklichkeit
- Medienkommunikation als Gegensatz zur interpersonalen Kommunikation
- Publizistik: alles durch technische Verbreitung Veröffentlichte; Code: veröffentlicht/nicht veröffentlicht
- Journalismus: besondere Publizistik; Code: aktuell/nicht aktuell
- Öffentliche Meinung: Beobachtung der Publizistik, „meinen, was andere meinen“ (Merten); Code: öffentlich/nicht öffentlich
- Publikum: Beobachter des Journalismus
- Wirkung: „Veränderungen, die Veränderungen verändern“ (=unsinnige Wortspielerei, Anmk.d.A.)
daraus folgen Webers Neudefinitionen:
1. Information: Ein Unterschied, der einen Unterschied macht.
2. Kommunikation: Systemische und reflexive Konsrtuktion von Information.
3. Publizistik: Generelle veröffentlichte Beobachtung von Beobachtung ... von Beobachtung = Beobachtung n-ter Ordnung.
4. Öffentliche Meinung: ALLGEMEINE Beobachtung publizistischer Beobachtung = Beobachtung n+1-ter Ordnung.
5. Journalismus: Aktuelle veröffentlichte Beobachtung von Beobachtung ... von Beobachtung = Beobachtung n-ter Ordnung.
6. Publikum: Spezifische Beobachtung JOURNALISTISCHER Beobachtung = Beobachtung n+1-ter Ordnung.
7. Wirkung: Veränderung, die eine Veränderung verändert.
Beispiel für konstruktivistische KW: Sichtweise des Internets
- Internet als Subsystem des Mediensystems, WWW als Subsystem des Internets
- Internet als Beispiel für Selbstbeobachtung: Wichtigste Information ist die der Meta- Information der Suchmaschinen
- Hypertext als reflexives Geflecht
- Kontingenz (=Tohuwabohu) als Kernzeichen des Internets
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Der Kern:
Konstruktivisten wollen die KW neu erfinden, indem sie so tun, als seien Journalisten
„Wirklichkeitskonstrukteure“, die sich nur an ihrem eigenen Mediensystem orientieren (Selbstreferenzialität) und verschweigen, wie sie die Realität zusammenkonstruiert haben.
Die Nachricht
Was bedeutet „Konstruktion der Wirklichkeit“?
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Folgerungen für die empirische Forschung:
„Wirklichkeits-Konstruktion“ beobachten durch:
- Teilnehmender Beobachtung
- Alle quantitativen Daten wie Inhaltsanalyse höchst misstrauisch begutachten, und nicht Verallgemeinern
- Subjektivität und Emotionalität untersuchen
- Selbstreferenzialität der Medien untersuchen (Medienseiten ...)
- Den Prozess untersuchen, wie eine Information entsteht (Recherche)
Sechs Thesen zur Wirklichkeit der Medien aus konstruktivistischer Sicht
1. Als neuer Leitcode gilt in den Medien Emotionserweckend / nicht emotionserweckend (nicht mehr wahr / falsch): Emotionalität statt Objektivität
2. Die Medien wollen den Zuschauer nicht beeinflussen (normativ) sondern nur ökonomisch ausnehmen: Cash statt Kontrolle
3. Die Medien berichten zunehmend nur noch über Medien oder sich selbst:
Selbstreferenz statt Fremdreferenz
4. Medien verschweigen die Recherche/ die Konstruktion ihrer Realität, sondern präsentieren sie als „die Realität“ (Was statt wie)
5. Ereignisse folgen Nachrichten, da die Nachrichten Ereignisse produzieren
6. Medien erzeugen eine kontingente Wirklichkeit, d. h. es könnte auch ganz anders sein (das wird aber von den Medien nicht dargestellt)
Einordnung der Ergebnisse durch Balthas
- Meiner Ansicht nach ist die Debatte zum großen Teil ein verbales Luftgefecht, das die Medienwissenschaft nicht weiterbringt
- Einzige heuristische Werte: Man kann eventuell die Selektion von Journalisten besser erklären, wenn man sie a) als aktive Konstrukteure begreift und dann b) untersucht, wie genau solche Konstruktionen aussehen. (Weber sagt zum Beispiel „Der Chefredakteur will es ...“ als Beispiel für „Konstruktionsanweisung“ – Wortschöpfung Balthas)
- Solche „Konstruktionsanweisungen“ gibt es aber in der KW schon lange, zum Beispiel in der Nachrichtenwert-Forschung oder den Gatekeeper-Studien oder in den Schema- Theorien und und und ...
- Somit ist der Konstruktivismus nichts wirklich neues, und in der radikalen Form von Weber bringt er der KW nichts, weil er gänzlich verneint, dass sich der Journalismus sehr wohl an einer „Realität“ ausrichtet, und wenn sie eine operative Fiktion sein sollte, dann ist das ganz egal !!!
- „Big Brother“ ist ein Format, zu dem die sechs Thesen allerdings wunderbar passen !!!!
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- Einfache Reiz-wirkungsmodelle entspringen der Angst vor manipulation und gelten als überholt
- Wirkungsforschung ist seit den 70ern wesentlich weiter gekommen: Vor allem mit rezipientenorientierten Ansätze
- Die Rolle des Zeitfaktors und die Auswirkungen auf die Gesellschaft insgesamt finden jetzt Beachtung
Ausgangspunkt: Manipulationsvorwurf
Medienwirkung wird meist als Gefahr dargestellt. Forderung: Medien sollen die Realität und die öffentliche Meinung darstellen. Allerdings werden einzelne Gruppen sich immer unter- repräsentiert fühlen und den Medien Einseitigkeit vorwerfen. Außerdem ist immer die Angst vorhanden, unbemerkt Opfer von Beeinflussung werden zu können.
Information und Meinung ist in Praxis schwer zu trennen Manipulationsvorwurf. Verstärkt durch Theorie der Massengesellschfat (Auflösung von Kleingruppenbindungen, Verfall von Traditionen und Werten): Mensch als Spielball der bösen manipulierenden Medien, der Propaganda und der trivialen Unterhaltung: Vorwurf, Medien fördern Passivität, Konformität, Mittelmäßigkeit.
Entwicklung der Wirkungsforschung: Erst: Transfer-Modelle
Ausgehend von Lasswell-Formel (ähnlich auch Maletzke): Suche nach Stimulus-Response - Beziehung. Kommunikation wird wie ein physikalischer Prozess verstanden (Übertragung von Information). Grundannahmen über Massenkommunikation:
- asymmetrisch (Einer sendet den Stimulus, ein anderer ist ihm ausgesetzt und reagiert)
- individuell (betrifft primär Einzelne)
- intendiert (zweckgerichtet, auf bestimmte Wirkung angelegt)
- episodisch (Ende und Anfang sind klar definiert)
Entspricht kulturkritischen Ideen, dass die Medien eine Art fremde, dem Menschen aufgesetzte Technik sind. Medien vermitteln Wirklichkeitr aus 2. Hand Diskreditierung der Medienwirkung.
Paradigmenwechsel ab ca. 1970: Aktiver Rezipient:
Nutzen-Ansatz: Medien wirken nur, so weit der Rez. ihnen Wirksamkeit zugesteht. Selektives Verhalten ist Voraussetzung von Wirkung. Der Rezipient ist an Input interessiert ist. funktionale Analyse
Dynamisch-transaktionaler Ansatz: Optimaler Nutzen für beide Seiten wird ausgehandelt; Medienangebot und Publikumsnachfrage bedingen sich gegenseitig.
Koorientierungsmodell: Bedeutung der interpersonalen Kommunikation; individuelles Erkennen und Vorstellen ist betont. Wechselseitige Annahmen über einander bedingen das Verhalten. In diesebe Richtung: Noelle-Neumanns Schweigespirale
Makroskopische Perspektive
(Mikroskopisch: (Hovland usw): Indivisuum im Mittelpunkt des Interesses
Makroskop.: Beschreibt Wirkung der Medien audf die gesellschaft und v.a. das politische System. Wieder verstärkt im Interesse der Forschung).:
Rolle der Medien für Sozialisation. Vermutung: Soziale Verhaltens- und Orientierungsmuster werden durch Massenkomm. vermittelt.
Konstruktion sozialer Realität durch die Medien: Meist einzige Quelle für Information und Unterhaltung. Medienbild der Wirklichkeit ist ein Konstrukt, das zum teil in die Wirklichkeit hinein projiziert wird. Indiz für diese Sicht: Wachsende Zahl von selbstinduzierten und selbstinszenierten Ereignissen in den Medien (Pseudo-Ereignisse)
Latente Folgen ? Nicht nur die Beeinflussungsabsichten des Kommunikators bestimmen Wirkung. Intentionalität wird in Frage gestellt. Auch dysfunktionale und latente (nicht beabsichtigte) Wirkungen können auftreten. Diese bleiben meist unbeachtet. Beachtung z.B. durch die Wissenskluft-Hypothese. Außerdem wird damit endgültig die Intentionalität der Medieninhalte widerlegt.
Agenda Setting -Forschung: Statuszuweisung an Themen: Massenmedien bestimmen nicht, was die Leute denken, aber worüber sie nachdenken.
Ökologisch-dynamische Betrachtung ab den 70ern betont Faktor Zeit: Komm. als Prozess, Langfristigkeit von Wirkungen, Interdependenz der am Einfluss beteiligten Faktoren. Zeit mit einzubeziehen ist nicht neu (sleeper effect schon 40er Jahre), aber meist ohne Konsequenzen geblieben. (Ökologisch heißt: Nicht isolierte Kommunikationskontakte, sondern die Gesamtheit des Komm.systems wird betrachtet).
V.a. Gerbner: Mitteilungssystem insgesamt = symbolische Umwelt. Gemeinsame Erfahrungen Kultivierung erzeugt kollektives Bewusstsein =Kultur. Dabei hat TV eine heraus ragende Rolle: weite Verbreitung, nicht-selektive Nutzung, Verbindung von fakten und Fiktionen. Gerbner: Inhaltsanalyse der TV-Botschaften liefert Inhalte der vorherrschenden Kultur. TV beeinflusst Weltsicht der Bevölkerung. (allerdings systemerhaltend)Belegt mit Gewalt-Profil (umstritten)
Noelle-Neumann: Besondere Wirkung des "Getarnten Elefanten" Fernsehen. TV verändert die Gesellschaft (zum Schlechten). Herkömmliche Wirkungsforschung missachtet soziales Umfeld und untersucht nur kurzfristige Wirkungen. N-N: Medien beeinflussen Meinungsklima (wegen Konsonanz und Anhäufung der Botschaften). Schweigespirale
Fazit Schulz: Wirkungsforschung wird immer komplexer. Deutschland pflegt allerdings seine Provinzialität (nicht über Tellerrand schauen, Rivalitäten zwischen verschiedenen Schulen...) Eine einheitliche Theorie gibt es nicht, muss es aber auch nicht geben. Theorien sollen ja nur einen Ausschnitt der Wirklichkeit beschreiben. Es fehlt nicht an Theorien, sondern an einheitlicher Sprache und präzisen Definitionen. Außerdem neue Forschungsdesigns, die die Beziehungen zwischen den Untersuchungsobjekten mit erfassen und Langzeitstudien!
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- Die Wirkung der Massenmedien wird entweder über- oder unterschätzt. Tatsächlich ist alles noch viel komplizierter.
- Eine endgültige Theorie fehlt, es wird zu wenig geforscht. (Antwort auf Schulz)
- Starke Medienwirkung ist nicht mehr wahrscheinlich, die Medien sind aber auch nicht ohnmächtig sonder wirken langfristig. Es gibt Wechselwirkungen mit der Politik.
Was heißt Wirkung?
Mögliche Wirkungen nach Dorsch:
- Meinungsänderung (Wechselwähler)
- Wahrnehmungsänderung (toter Baum wird heute anders wahgenommen als vor 20 J.)
- Gefühlsänderung (Stern verliert Leser wg. Hitler-Tagebüchern)
- Handlungsänderung (Verkehrsfunk: Stau umfahren)
Weitere mögliche Wirkungen: Wissensstand ändert sich (ja, tatsächlich, soll's geben)
Massenmedien wirken immer. Aber nur selten in spektakulärer Form. Wirkung der Massenmedien □ Macht der Massenmedien
Wirkungsideologien
Starke Medien: "Großmacht Presse", "Manipulation", "Propaganda"... aus vorwissenschaftl. Zeit – somit nicht richtig
Schwache Medien: "Ohnmacht der Medien" beruht auf Überinterpretation von Studien
Schmolke: Massenmedien bewirken selten Meinungsänderungen – jedenfalls von heute auf morgen. Sie sind aber nicht ohnmächtig
Wirkungstheorien
>Reiz -Reaktion (Stim.-Resp.): Orson Welles, Propaganda im 1. Weltkrieg... dagegen: Lazarsfeld-Studien: Keine Meinungsänderung im Wahlkampf. Entdeckung des opinion leader. Prestige des Mediums, Einfache Darstellung, Glaubwürdigkeit des Journalisten erhöhen Wirkungschance. Daraus abgeleitet: Theorien der selektiven Wahrnehmung: Wissensstand, Voreinstellungen, GefühlslageFiltern der Medienangebote. Wirkung stärker, wenn Bestärkung der eigenen Meinung; Verdrängung wenn im Gegensatz dazu (kognitive Dissonanz)
Realität ist komplizierter: Filterwirkung hängt u.a. auch von der Form der Inhalte, den Gewohnheiten des Nutzers usw. ab. Reiz-Reaktions-Theorie ist nicht widerlegt. Aber AB gilt so nicht. Veränderungen brauchen viel Zeit, Bestätigungen wirken stärker.
Ältere Wirkungsforschung geht meist um persuasive Komm. Vorwürfe: Manipulation (z.B. aus Frankfurter Schule: Menschen sind den Medien hilflos ausgeliefert), Beeinflussung durch Werbung und Gewalt im TV kommen immer wieder – es gibt aber keine neuen Erkenntnisse. Wichtig: Reiz-Reaktion-Theorie bezieht sich nicht nur auf diese Bereiche.
>Nutzen-Theorie: Annahme von Medienangeboten nur, wenn daraus Nutzen abgeleitet werden kann. Forschung setzt Wahlfreiheit aus Medienangebot und Untersuchung der Kommunikationsbedürfnisse voraus. Die Theorie ist bitter für Journalisten: Der Leser/Hörer sucht sich raus, was er zu brauchen glaubt, anderen Infos verschließt er sich. Beeinflussung/Überzeugung funktioniert nur in Richtung von Verstärkung.
SelektivitätTauschgeschäft: Information gegen Einräumung von Einfluss: Dynamisch- transaktionaler Ansatz. Aushandeln von Gratifikationen. Effekt verspricht nicht die perfekte Präsentation, sondern nur das Aufgreifen der Bedürfnisse der Mediennutzer.
>Sonderfall Fernsehen?
Auswahl beim TV ist stark eingeschränkt: Kein Zurück- oder Überblättern, Wahrnehmung immer im Zeitablauf, Gemeinsame Nutzung, bindet mehrere Sinne Selektive Wahrnehmung ist eingeschränkt. Außerdem (in den 70ern) nur wenige Programme: Kaum Auswahlchancen, dazu Tendenz unter den Jornalisten, sich auf eine Sicht der Dinge zu einigen: Noelle-Neumanns These vom "Getarnten Elefant". Demnach großer Einfluss des Fernsehens im politischen Bereich. Daraus entwickelt: Schweigespirale: (Menschen heulen lieber mit den Wölfen, als Flagge zu zeigen (Isolationsfurcht) , nehmen "Meinungsklima" wahr, vor allem durch das TV (Konsonanz-Tendenz der Journalisten), das auch die Themen für Print liefert schweigende Minderheit, Mediengestützte Minderheit setzt sich durch....)
Schmolke dazu: Zuletzt gab es immer eine Schwächung der großen Parteien und Erfolge von "Sonder-Standpunkten": Kein Indiz für Richtigkeit der Schweigespirale. Außerdem kann man inzwischen ja zappen. Wirkungsforschung beim TV konzentriert sich heute auf Wirkung der Werbung und Gewaltforschung.
>Agenda-Setting : Medien schreiben vor, welche Themen als drängend erscheinen. Lässt sich nur zum Teil belegen. Häufigkeit der Themen-Platzierung scheint eine Rolle zu spielen.
Schmolke: das widerspricht der Nutzen-Theorie (mit vielen Themen kann der Nutzer schon bald nichts mehr anfangen – dann kaum Bedürfnis, noch mehr zu hören, keine Wirkung). Agenda-Setting sollte immer durch Nutzen-Argumentation kontrolliert werden.
Langzeitforschung
Findet kaum statt, wäre aber dringend nötig. Zu wenig Geld und Personal deshalb gibt es keine klaren Befunde zum Thema "Medien und Gewalt". Programmanalysen zeigen: Gewalt im TV hat zugenommen. Einhellige Meinung: Medien spielen wichtige Rolle in Sozialisation von Jugendlichen. Wier genau, ist noch zu erforschen!
Neue Konzepte:
Medienwirkung wahrscheinlich noch komplizierter als bisher angenommen. Tendenz geht weg von den starken Medien: Medien und Politik machen sich gegenseitig zu Opfern (mediatisierte Politik). Medien wirken u.U. nicht direkt auf das Publikum – aber die Annahme der Politiker, dass die Medien stark wirken, kann bereits Wirkung haben (z.B. Medienkampagne führt zum Baustopp für österr. AKW -weil der Eindruck entstand, die Bevölkerung wäre dagegen.)
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- Alle "Realität" ist konstruiert
- Die Massenmedien, vor allem das Fernsehen prägen unsere Vorstellung von der Wirklichkeit. Gerade das Fernsehen verschleiert aber, dass es geplante, mühsam erarbeitete Bilder liefert und nicht die Wirklichkeit
- TV prägt unser Realitätsbild. Die Forderung nach Objektivität verliert daher ihren Sinn.
Was ist Konstruktivismus?
Alles was wir als Wirklichkeit empfinden ist Konstruktion unseres Gehirns. Dabei hängen wir von den (bei allen ähnlichen) Wahrnehmungs-Eindrücken ab und von der Gesellschaft. Deren Wirklichkeitskonstrukte erfahren wir durch Interaktion und gleichen es mit unserer eigenen Konstruktion ab.
Luhmann: Neuheitswert des Konstruktivismus liegt nicht in der Prämisse der Unzugänglichkeit der Außenwelt und dem Eingeschlossensein des Erkennens im kognitiven System. Sondern: in der Theorieform einer Konstruktivistischen Theorie des selbstreferentiellen, in sich geschlossenen Erkennens.
Luhmanns eigene Theorie setzt nicht beim Beobachter, sondern beim Beobachten an; jedes selbstreferentielle System hat nur die Umweltkontakte, die es sich selbst ermöglicht.
Beobachten ist Handhaben von Unterscheidungen.
Schmidt: Kognitive Eirklichkeit kann nur in ständiger sozialer Interaktion mit anderen Menschen entwickelt werden --> die vom Gehirn konstruierte Wirklichkeit ist eine soziale Wirklichkeit, subjektabhängig, aber nicht subjektiv im Sinne von willkürlich. "Gesellschaftliche Konstruktion von Realität im Individuum": individuelle Konstruktion
a) im Rahmen gesellschaftlicher Vorgaben (nicht autonom), b) Gesellschaft bestätigt die individuellen Konstrukte durch andere Konstrukte.
Schmidt richtet den Blick nicht so sehr auf die Frage nach dem Verhältnis zwischen Subjekt und Objekt, sondern vor allem auf die Voraussetzungen und Mechanismen kommunikativer Wirklichkeitskonstruktion der Systeme (= entspricht Luhmanns operativer Konstruktivismus).
Wirklichkeitskonstruktion und Massenmedien
Fernsehen ist heute ein entscheidendes Instrument der Wirklichkeitskonstruktion. Illusion, Bilder gäben die Realität wieder: Bilder gelten als wahr, verlässlich.
-wegen Verknüpfung mit Ton/Text verbaler/nichtverbaler Kanal
-wegen der stärkeren emotionalen Wirkung von Bildern
dadurch entsteht Anschluss an frühere Wahrnehmungsprozesse TV wirkt authentisch, unmittelbar, echt.
Authenzität ist aber nur simuliert: TV-Betrieb wird unsichtbar gemacht: Selektion, Schnitt usw. erkennt der Zuschauer nicht – sogar an rasante Schnittfolgen ist er inzwischen gewöhnt komplexer Produktionsprozess inkl. Planung, Vorbereitung usw. sieht der Zuschauer nicht, außerdem: Geringen Anstrengung beim TV-Schauen im Gegensatz zum Lesen. Von allen Medien verschleiert das TV seine "Medialität" am Besten. Dabeisein ("Interaktive Wahrnehmung") wird suggeriert.
"Herrschaft über die Bilder"=Herrschaft über das entscheidende Mittel sozialer Wirklichkeitserfahrung.
Tatsächlich: TV liefert keine objektiven Informationen, sondern einen Interpretations- und Orientierungsrahmen für soziale/politische ereignisse. TV ist nicht "Fenster zur Welt", sondern Fenster zu unserer Kultur und Gesellschaft. Der TV-Konsum prägt Realitätsbild entscheidend.
Schlussfolgerung: Forderung nach objektivem Journalismus ist völlig unrealistisch. Von Journalisten kann allenfalls intellektuelle Redlichkeit und handwerklich bestmögliche Recherche verlangt werden, bewusste Täuschung ist ohnehin moralisch tabuisiert.
In einer von Massenmedien geprägten Gesellschaft ist wichtig, was wir über die Medien als Wirklichkeit konstruieren. Die Differenzierung schreitet voran: Soziale Systeme entwickeln eigene Wirklichkeitsmodelle.
Konstruktivismus etabliert sich als führende Kognitionstheorie. Hört auf, zu glauben, dass die Medien die Realität abbilden!
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- Die Theorie der Nachrichten-Faktoren beschreibt die Wirklichkeit nicht
- Tatsächlich ist die nachrichtenproduktion und –rezeption eine Konstruktion sozialer Wirklichkeit. Und zwar ein mehrfach gestufter (erst in den medien, dann beim Rezipienten)
- Aus der Medien-Realität konstruieren die Rezipienten wiederum ihre eigene Wirklichkeit (Verstärkung der Selektivität): Je nach Wissen und Einstellung werden Nachrichten völlig unterschiedlich verstanden und aufgenommen
Nachrichtenfaktoren
Nach Schulz und Galtung/Ruge gibt es objektive Nachrichtenfaktoren, an denen sich sie Auswahl der Journalisten orientiert: Ein Ereignis muss:
- sich kurzfristig entwickeln
- außergewöhnlich sein
- eindeutig sein (klar, konsistent)
- bedeutsam, folgenreich
- überraschend sein
- eine Karriere als Thema machen (gemacht haben – Kontinuität)
- in die Themenvarianz passen (Nachrichtenlage, Abwechslung)
- sich auf Elitenationen beziehen (Ein Toter in USA entspricht ungefähr einem Genozid in Afrika)
- sich personalisieren lassen
- negativ ausfallen: Only bad news are good news.
Kritik am Nachrichtenfaktoren-Ansatz
Psychologische Grundlagen: Wahrnehmung wird nicht mehr als "hierarchisch strukturierter Selektionsprozess" gesehen. Journalisten haben eine soziale Wirklichkeit (konstruiert), auf deren Grundlage sie auswählen. Auswahl ist also Informations- und Sinnproduktion
Verallgemeinern auf nicht-westliche Kulturen: Viele der genannten Faktoren sind kulturspezifisch
Nachrichtenfaktoren sind nicht voneinander unabhängige Faktoren (außergewöhnlichüberraschend) – die Frage nach den Grundmerkmalen eines Ereignisses, das gemeldet wird bleibt erhalten.
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Konstruktivistisches Gegenmodell
Nicht nur Ereignismerkmale, sondern Kognitionen und "interne Konstruktion" der Journalisten beeinflussen die Auswahl
Was ist "aktuell"?
Zeit: Die unerwartete Neuigkeit wird beschrieben – Kontrast zur vorhergehenden Meldung wird gesucht/betont. Das setzt eine Erwartungshaltung voraus. Ereignisse, die sich beschleunigen, oder bei denen eine Entwicklung "sich ankündigt" werden bevorzugt
Sachliche Selektion: Orientierung an Hand von wenigen Kennziffern und Trends (v.a. in der Wirtschaft). Abweichende, fallende Kurse/Trends provozieren Berichterstattung.
Außerdem hat der Journalist "kognitive Landkarten" im Kopf, die über "Nähe" entscheiden
Soziale Selektivität: Konflikte sind gut, weil sich Zwei-Seiten-Schema zeigen lässt. Bekannte Akteure und Verstärkung schon eingeführter Bewertungen begünstigen die Bewertungen im politi. Diskurs. (Es wird nicht mehr beklagt, DASS es soziale Kürzungen gibt, sondern nur noch das WIE)
Strategien des Nachrichtenschreibens
Journalisten verwenden ihr Alltagswissen und medientypische Schemata:
- Auswahl nach Zugänglichkeit, Glaubwürdigkeit einer Quelle
- Reproduktion von Agenturtexten
- Zusammenfassung, Kürzung, Verallgemeinerung
- Auslassung, Hinzufügen, Umstellung
- Reformulierung lesbarer, kürzer, prägnanter
Nachrichtenrezeption
Es gibt keine eigenständige Theorie.
Nach Ruhrmann.: Prozess gestufter Selektivität. Einflussfaktoren:
- Verfügbarkeit der Medien / Erreichbarkeit des Rezipienten
- Inhaltliche Aussagen
- Unterstellung von Bewertungen des Kommunikators
- Aufmerksamkeit (hängt ab von Relevanz und Präsentation)
- Alltagswissen über Thema und über Medienschemata
- Verstehen / Akzeptanz der meldung
- Einstellungen des Rezipienten
- Situation (Ablenkung)
- Erinnerung
Diese Kriterien / Prozesse stehen in einem größeren Zusammenhang mit:
Konstruktion sozialer Wirklichkeit
Konstruierte soziale Wirklichkeit: Alle Ereignisse in der natürl. Umwelt /Alltags-Welt Konstruierte soziale Wirklichkeit der Medien: Medieninhalte
Konstruierte soziale Wirklichkeit der Rezipienten: Aus dem Angebot der Medien selektiv konstruierte subjektive Wirklichkeit
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Wiedergabe von Nachrichten (Untersuchungsergebnisse)
Wenn Rezipienten nachrichten wiedegeben, liefern sie keine Kopie, sondern eine
Konstruktion des Alltagswissens. Deshalb wird / werden:
hinzugefügt/ausgelassen, vor allem wo (nach dem Verständnis des Rez. ein Widerspruch besteht.
Dominante Einzelheiten betont,
die Abfolge und damit u.U. der Sinn verändert,
Details verändert (und zwar so, dass sie dem Rezipienten vertrauter werden), Zitate verändert.
Dauer des Ereignisses der Vorstellung angepasst
Bei der Wiedergabe von Nachrichten zeigt sich, dass der Rezipient aus dem Nachrichten- Angebot sich seine eigene Nachrichten-Realität "strickt", die zu seinen Erwartungen, Einstellungen und vor allem ihrem Verständnis passt.
(Rezipiententypologie :
ARD-Schauer: gebildet, wollen Meinung bekannter Journalisten hören, wollen ernste Unterhaltung und Politik ZDF-Schauer: Ältere Frauen ohne Schulbildung. Sonst wie ARD
SAT1-Schauer: Jung, ungebildet, finden Nachrichten weniger wichtig RTL-Schauer: Einfach doof. Wollen nur Sport.
Ruhrmann bildet sieben Cluster, um die Rezipienten einzuteilen:
1. Nachrichten verstehen: Älter, gebildet, männlich. Lesen Prestigezeitungen, wissen über inlandsthemen Bescheid
2. Fehlendes Erinnern/Verstehen: weiblich, gebildet, politisch desinteressiert, aber Promi-Meldungen!
3. Bewusstes Missverstehen: Jung männlich, gebildet, lesen Prestigezeitungen, erinnern sich an Inlandsmeldungen, Verstehen das geschehen aber nicht wirklich oder setzen es in anderen Kontext
4. Falsches verstehen: Ältere weniger gebildete Frauen: Erinnern sich an negative Auslandsmeldungen, verwechseln abedr alles und werfen es zusammen.
5. Konfliktorientierung: Älter, gebildet, männlich: Vor allem Sicherheits-/ Wirtschaftspolitik interessiert sie. Komplexer Kontext wird verstanden
6. Erinnern von Details: Jüngere, die Regionalpresse lesen: Wenn prominente Ereignisse, wird alles korrekt wiedergegeben
7. Orientierung an auffälliger Gesaltung: Weiblich, ungebildet: Politik ist egal. Hauptsache viele Promis und viele schöne Bilder dazu.)
Fazit: Verstehen steht in engem Zusammenhang mit Bildung, polit. Interesse und Mediennutzung. Einige Rezipienten fügenm willkürlich Details hinzu, damit die Meldung zu ihrem Verständnis passt.)
Fazit/Ausblick: Zeitgeschehen passiert nicht, sondern wird als Nachricht konstruiert. Die rezipienten wählen aus diesem Angebot aus, aber nicht nach nachrichtenfaktoren, sondern nach subjektiver Relevanz. Sie nehmen wahr, was sie auf grund von Vorwissen am besten verstehen. Jornalisten du Rezipienten entwickeln unterschiedliche Weltbilder. Die Analyse der Rezeption zeigt: Dieslbe Nachricht wird unterschiedlich verstanden/bewertet. Es gibt eine bestimmte Zahl unetrscheidbarer Zuschauertypen.
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Der Kern:
- Online-Kommunikation lässt sich mit bisherigen Wirkungsmodellen hinreichend erklären. Mit am geeignetsten erscheint der dynamisch-transaktionale Ansatz.
- Die Charakteristika der Online-Kommunikation erfordern allerdings eine Erweiterung bekannter Ansätze.
- Es fehlt allerdings bislang (Stand 1998) an empirischen Befunden
Die Nachricht
Der Text regt an, verschiedenen Modi von Online-Kommunikation (E-Mail, WWW, Chat...) anhand ihrer Charakteristika bekannte Wirkungsforschungsmodelle zuzuordnen. Die Aussagen bleiben allerdings vage und sehr allgemein. Eine Zuordnung einzelner Ansätze zu den verschiedenen Kommunikationsmodi findet nicht statt, es wird nur deren Notwendigkeit
festgestellt. (Ich würde den Text ja gerne besser strukturieren, aber das ist hoffnungslose. Ich mag Herrn Rössler, aber dieser Text ist größtenteils Mist. Er sagt allerdings einige interessante Dinge über Online-Kommunikation, die ich mit einem Bömmel * markiere.)
Neue Medien – neue Wirkung? Nö.
Anfangsthese: Nach Einschätzung verschiedener Autoren ist eine radikale Abkehr von bisherigen Ansätzen der Kommunikationsforschung zunächst nicht notwendig. Weder werden vollkommen neue Effekte durch die Online-Kommunikation eintreten, noch werden dieselben Effekte eintreten wie bei klassischen Massenmedien. Also: Ähnlichkeit und Unterschied zugleich.
* Ist das Internet ein neues Medium? Auch nö.
Bei der Online-Kommunikation bzw. dem Internet handelt es sich nicht pauschal um ein
„neues Medium“. Vielmehr eröffnet die Internet-Technologie einen Kommunikationsraum, der verschiedene Kommunikationsmodi ermöglicht – z.B. E-Mail, WWW, Chat, Multi-User- Dungeons (MUDs = virtuelle Räume für Rollenspiele) etc.
(Diese MUDs geistern seit der Entdeckung des Internet durch die Kommunikationswissenschaft durch die Debatte. Alle fanden die mal total geil. Ich habe allerdings in meinem mäßig bewegten Internet-Leben erst einen einzigen (!) Menschen getroffen, der sich tatsächlich als Nutzer von MUDs bezeichnete. Die Begeisterung für MUDs entsprang etwa um 1994 einer verständlichen Radikal-Euphorie über das Internet. 1998, als Rösslers Aufsatz erschien, war sie m.E. allerdings schon vollkommen daneben.)
Jeder dieser Modi integriert auf seine eigene Weise nicht nur die bekannten medialen Darstellungsformen, sondern ergänzt diese um neue, online-spezifische Optionen und um Teilmodi, die bislang der interpersonalen Kommunikation vorbehalten waren. Jeder Modus erfüllt einen eigenen Nutzen und verfügt über eine eigene Nutzerkultur mit jeweils spezifischen Rollen und Verhaltensstandards.
Da Medien im kommunikationswissenschaftlichen Sinn eher durch ihre soziale Bedeutung
(Medien als Systeme sozialer Bedeutungsproduktion und -vermittlung = „Medien 2. Ordnung“) als durch ihre Technizität (Medien als technische Signal-Übertragungswege
„Medien 1.Ordnung“) zu definieren sind, ist der Begriff des Mediums also am ehesten auf diese einzelnen Kommunikationsmodi E-Mail, WWW, Chat usw. anzuwenden, statt auf das Internet als Gesamtes.
Anforderungen für die Wirkungsforschung
Durch die Möglichkeiten der Online-Kommunikation entsteht eine Vielzahl „neuer Medien“, die sich zwar kaum noch in ihrer physischen Materialisierung unterscheiden ( - sie finden wahrscheinlich immer mehr als Darbietungen auf irgend einer Sorte Bildschirm statt), wohl aber in ihrer Funktionalität für die Kommunikationspartner.
Wirkungsstudien müssen daher
1) sich auf einen bestimmten Kommunikationsmodus und dessen Eigenheiten beziehen
(tun sie ja eh – die Gefahr, das WWW mit E-Mail zu verwechseln, schwindet inzwischen auch unter Wissenschaftlern stetig.)
2) das Verhältnis zwischen den vermuteten Wirkungen der Online-Kommunikation und denen traditioneller Medienangebote thematisieren. Schließlich können Nutzung und Wirkung der einzelnen Kommunikationsmodi komplementär, konkurrierend oder unterstützend zu den traditionellen Medienangeboten ausfallen.
Verschränkung von Medienformen und –inhalten
Auf Anbieterseite bedienen sich viele der „neuen“ Angebote praktisch der „alten“ Inhalte – Rössler süffisant: „ob Websites (nicht nur von Verlagen und Sendern) oder Pornofotos im Usenet“.
Umgekehrt tragen traditionelle Medienangebote wie das Fernsehen zunehmend formale Merkmale, die für die Online-Kommunikation charakteristisch sind (z.B. das digitale / interaktive Fernsehen).
Zur Verschränkung alter und neuer Medieninhalte trägt auch bei, dass Journalisten klassischer Medien bei der Recherche auf Inhalte neuer Medien zurückgreifen.
Wirkungs- vs. Nutzungs-Paradigma
Das Wirkungsparadigma vermutet aus der Perspektive eines technologischen Determinismus, dass die technischen und inhaltlichen Eigenheiten unweigerlich individuelle und gesellschaftliche Auswirkungen haben. Dagegen sieht das Nutzungsparadigma den Rezipienten nicht als passiven, sonden als aktiv selektierenden Mediennutzer Dieses Paradigma passt augenscheinlich besser zu den neuen Online-Kommunikationsformen.
Zur theoretischen Verortung der Online-Kommunikation im Nutzungsparadigma bietet sich zunächst der Uses-and-Gratifications-Approach an. Teilweise konnten bei Untersuchungen von Online-Kommunikation Nutzen- und Belohnungsstrukturen ermittelt werden, die denen des Fernsehens ähneln: soziale Interaktion (im Fernsehen nur parasozial), Information und Unterhaltung.
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