Gemessen an den Verlusten antiker Substanz erscheint der Beitrag der Archäologie zur Erforschung des römischen Bergbaus gering. Zu den wenigen Plätzen, die von späteren Eingriffen weitgehend verschont geblieben sind, zählt jedoch der römische Bergwerksbezirk von Três Minas im heutigen Nordportugal. Die vorhandenen Gold-, Silber- und Bronzevorkommen wurden vermutlich vom 1.-3. Jahrhundert n. Chr. unter kaiserlicher Regie im Tage- sowie im Schachtbau gewonnen.
Der Fokus der Arbeit liegt auf den in Três Minas angewandten Abbaumethoden und den dafür notwendigen Gerätschaften. Als literarische Grundlage dienten die Werke von Jürgen Wahl, Regula Wahl-Clerici, Markus Helfert, Annemarie Wiechowski und Britta Ramminger.
Inhaltsverzeichnis
1. Quellen- und Forschungslage
2. Entstehung des Erzlagers
3. Chronologie des Abbaus
4. Funktion und Aufbau der Stollenanlagen
5. Aufbereitung des Materials
5.1 Trockene Aufbereitung
5.2 Nasse Aufbereitung
5.3 Thermische Aufbereitung
Fazit
Literaturverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
Abbildungsteil
Einleitung
Gemessen an den Verlusten antiker Substanz erscheint der Beitrag der Archäologie zur Erforschung des römischen Bergbaus und der Gewinnungs- und Aufbereitungstechnologien gering1. Zu den wenigen Plätzen, die von späteren Eingriffen weitgehend verschont geblieben sind, zählt jedoch der römische Bergwerksbezirk von Três Minas im heutigen Nordportugal. Seit der Antike fanden hier Veränderungen fast ausschließlich durch natürliche Erosionsvorgänge statt2. Die Gold-, Silber- und Bronzevorkommen wurden vermutlich vom ersten bis dritten Jahrhundert nach Christus unter kaiserlicher Regie im Tage- sowie im Schachtbau gewonnen3. Abgebaut wurden die Erze von den Römern in zwei großen Tagebauten („Corta de Covas“ und „Corta da Ribeirinha“) sowie in einem kleineren Untertagebau („Corta dos Lagoinhos“), welche dann zur staatlichen Herstellung von Münzgeld4 verwendet wurden5. „Kein anderer Komplex in den hispanischen Provinzen kann wie Três Minas mit seinen einzigartig erhaltenen Strukturen das Bild eines römischen Bergbaubetriebes vermitteln“, so der Montanarchäologe Jürgen Wahl, der jahrelang in Três Minas geforscht hat6.
Genau dieser Komplex ist das Thema der folgenden Seminararbeit. Der Fokus liegt hierbei auf den in Três Minas angewandten Abbaumethoden und den dafür notwendigen Gerätschaften. Wie entstand die antike Abbaustätte und wie wurden die Erze aus dem harten Gestein gelöst und aufbereitet? Als Grundlage zu dieser Arbeit dienten die Werke von Jürgen Wahl, Regula Wahl-Clerici, Markus Helfert, Annemarie Wiechowski und Britta Ramminger.
1. Quellen- und Forschungslage
Der Fundplatz Três Minas ist seit dem frühen 18. Jh. bekannt. Die herkömmlichen Vermessungsmethoden reichten jedoch zunächst in dem komplizierten Stollen- und Schachtsystem nicht aus, um wichtige Konstruktionsdetails hinreichend zu interpretieren und die Bauphasen zu gliedern. Insbesondere eine ausführliche Aufnahme der vielen einzelnen Abbauspuren und technischen Einrichtungen, darunter Nischen für die Beleuchtung mit Öllampen und Balkenauflagen von Maschinen, waren nicht präzise genug zu dokumentieren. Aus diesem Grunde wurde ein Verfahren eingesetzt, das erst seit wenigen Jahren in der archäologischen Forschung zum Einsatz kommt7.
Mit Hilfe eines 3D-Laserscanners konnte 2010 die 140 m lange, von Osten nach Westen im Berg verlaufende „Galeria dos Alargamentos“ erstmalig detailliert vermessen werden (Abb. 1). Dabei zeigte sich in der Auswertung der Messergebnisse, dass der Ausbau der Galerie von zwei Seiten erfolgte, wodurch die Gesamtbauzeit von geschätzten drei bis vier Jahren halbiert werden konnte. Das virtuelle Modell der Galerie lässt zudem erkennen, dass mehrfach Korrekturen in der Streckenführung vorgenommen werden mussten, denn der beidseitige Vortrieb bedeutete für die römischen Vermesser eine große Herausforderung8.
Literarische Quellen über Três Minas finden wir unter anderem bei dem römischen Staatsmann und Gelehrten Gaius Plinius Secundus dem Älteren. Er benennt die verschiedenen Arbeitsschritte zur Aufbereitung des gewonnenen Materials und ist daher für diese Seminararbeit eine wichtige Quelle. Als Finanzprokurator der Provinz Hispania Tarraconensis (72-74 n. Chr.), zu der auch das goldreiche nördliche Portugal gehörte, war Plinius nicht nur der oberste Verwalter des damals wichtigsten Einkommenszweiges der Provinz, sondern auch Augenzeuge der Bergbauindustrie und ihrer Abläufe, was den Wahrheitsgehalt seiner Ausführungen untermauert9.
2. Entstehung des Erzlagers
Das Bergwerksgebiet besitzt eine Ausdehnung von mindestens zwei Quadratkilometern. Seine Kernzone erstreckt sich über einen westnordwestlich-ostsüdöstlichen Höhenrücken, der im Nordosten durch einen Wasserlauf begrenzt und dessen südwestliche Flanke durch Seitentäler und Erosionsrinnen stärker gegliedert ist. Noch unklar ist der Anschluss von Três Minas an das nur in groben Zügen bekannte römische Straßennetz. Vorauszusetzen ist nach Wahl in jedem Fall eine Verbindung mit den nur vier Kilometer entfernten Grubenfeldern von Campo de Jales, wo sich ebenfalls Reste römischen Bergbaus erhalten haben10.
Die Erzlager von Três Minas sind von ihrer Entstehung her zu den magmatogenen Lagerstätten zu rechnen. Verursacht wurde die Mineralisation der Zone durch hydrothermale Vorgänge, d.h. aus dem Magma gelöste Stoffe gelangten in Form von Gasen, die mit zunehmender Entfernung von der Gesteinsschmelze zu wässrigen Lösungen kondensierten, in die Hohlräume des Nebengesteins. Produkte dieses Prozesses sind erzführende Ausfüllungen in Form seigener Adern11. Der Abbau der einzelnen Erzkörper dürfte jedoch Schwierigkeiten bereitet haben, da diese mit unregelmäßig kreuzenden sterilen Quarzausfüllungen zu einem stark verzweigten Gangnetz verwachsen waren. Wahl zufolge stellte der Tagebau daher das einzige effiziente Abbauverfahren dar. Dieser wurde nicht nach einem bestimmten Schema betrieben, sondern weitgehend nach den natürlichen Gegebenheiten wie den Erfordernissen des Terrains und der Gestalt der Lagerstätte ausgerichtet. Die heutigen Umrisse der großen Tagebaue (lat.: lapicidinae) entsprechen nur noch ungefähr den antiken Abbaugrenzen, da Verwitterung auf das anstehende Gestein eingewirkt hat12.
3. Chronologie des Abbaus
Der Abbau in Três Minas begann vermutlich um 26/27 n. Chr. nach der Eroberung der Provinz Lusitania unter Kaiser Augustus. Sein Ziel waren hierbei vermutlich die Unterwerfung der letzten unabhängigen Stämme auf der Iberischen Halbinsel, und der Gewinn der hispanischen Goldlager für seine staatliche Münzprägung13.
Für die Chronologie des Abbaus bieten die Lampenfunde aus den Hauptstollen der „Corta de Covas“ wichtige Anhaltspunkte. So kann als gesichert gelten, dass die Förderung aus diesem Tagebau bereits im dritten Viertel des 1. Jhs. einen beträchtlichen Umfang erreicht hatte14. Jedoch gibt es in Três Minas bislang keine eindeutigen Belege für eine Kontinuität des Betriebs bis ins 3. Jh. n. Chr.; es scheint Wahl zufolge bisweilen sogar fraglich, ob er das ganze 2. Jh. überdauert hat, da die späteste genauer datierbare epigraphische Zeugnis in Form einer Steininschrift aus dem Jahr 130 n. Chr. stammt15.
4. Funktion und Aufbau der Stollenanlagen
Zu den aufschlussreichsten Strukturen im römischen Bergbau überhaupt zählen die großen Stollenanlagen von Três Minas. Funktionell müssen sie im Zusammenhang mit den Tagebauten gesehen werden. Sie dienten in erster Linie ihrer Förderung und Wasserlösung. Sie weisen daher stets Gefälle zu den talseitigen Tagesöffnungen auf16.
Kompliziert im Aufbau und noch nicht in allen Details geklärt ist das nördliche Stollensystem des Tagebaus „Corta de Covas“. Das Kernstück dieses Systems bildet die im Volksmund auch „Buraco dos Santos“ genannte „Galeria dos Pilar“. Dieser Stollen besitzt einen geraden Verlauf und ist heute noch auf einer Strecke von etwa 250 m begehbar. In einer Entfernung von ca. 80 m zum talseitigen Mundloch befindet sich ein aus wiederverwendeten Ambosssteinen von Pochwerken gebauter Pfeiler, der zur Sicherung eines Lichtschachts gegen Einsturz errichtet wurde (Abb. 2). Von dieser Konstruktion leitet sich der Name für das Stollensystem ab. Die Bezeichnung „Buraco dos Santos“ bezieht sich dagegen auf eine noch ca. 130 m weiter im Inneren gelegene Erweiterung des Stollens. Dabei handelt es sich um eine Kammer eines göpelartig betriebenen Hebewerks, was bedeutet, dass dieses durch Muskel-, Wasser-, Wind- oder Dampfkraft angetrieben wird. Die im Fels erhaltenen Einlassspuren dienten der Verankerung einer aus hölzernen Bauteilen zusammengesetzten Seilwinde. Ein im Boden eingelassener Granitblock bildet das untere Lager der vertikal aufgestellten Winde, die durch einen in der Kuppel verkeilten Querbalken fixiert war (Abb. 3). Wahl vermutet, dass dieses Hebewerk zur Beseitigung des Abraums aus der von der Stollensohle abgeteuften Kanalrinne benutzt wurde17.
Die große Dimensionierung der Querschnitte in der „Galeria do Pilar“ sowie die Ausweichstellen und Geleise in der „Galeria dos Alargamentos“ belegen zudem einen Betrieb mit Lastkarren18.
5. Aufbereitung des Materials
Eine wichtige Grundlage für das Verständnis des Aufbereitungsprozesses der bereits auf Faustgröße zerkleinerten Erzstücke ist die Textstelle aus der Naturalis historia des Gaius Plinius Secundus d. Ä., wo die einzelnen Schritte überliefert sind19: 1. Tundere: Pochen des Förderguts auf ca. Erbsengröße; 2. Cernere: Sieben der zerstampften Bruchstücke; 3. Molire: Mahlen und 4. Lavare: Waschen des pulverisierten Mahlguts zur Sonderung der leichteren Gesteinsrückstände. Auf die trockene und nasse Aufbereitung folgte der chemisch-thermische Prozess: 5. Coquere: Schmelzen bzw. die Gewinnung des Goldes in reiner Form durch Erhitzen20.
Dank der außerordentlich guten Erhaltung der antiken Monumente können in Três Minas selbst die verschiedenen Stufen von Aufbereitung nachvollzogen werden. Aufgrund der unterschiedlichen Vererzung in den einzelnen Lagerstätten im Bergwerksbezirk haben Abbau, Aufbereitung und Verhüttung hier unterschiedliche Spuren hinterlassen21.
5.1 Trockene Aufbereitung
Zu diesen Spuren zählen unter anderem unzählige gleichmäßig zugerichtete quaderförmige Blöcke aus hartem Granit, die unter anderem als Spolien in verschiedenen Siedlungen rund um die Abbauzone lokalisiert wurden22 und deren Abmessungen stets im Bereich von 90/100x45/50x45/50 cm liegen. Die jeweils ca. 700 kg schweren Blöcke weisen regelmäßig vier muldenförmige Auskehlungen auf wenigstens einer der Längsseiten auf. Sie wurden bei zu starker Abnutzung einer Fläche jedoch mehrfach, d.h. von zwei, drei oder vier Seiten benutzt. Schon bei oberflächlicher Betrachtung fällt die Gesetzmäßigkeit dieser muldenartigen Vertiefungen auf. Sie können nur durch vertikale Krafteinwirkung auf die ebenen Seitenflächen der Quader entstanden sein, verursacht durch das taktmäßige Aufschlagen von vier in Führungen laufenden schweren Körpern. Nach der Regelmäßigkeit der Abnutzungsspuren kommt für Helfert, Ramminger, Wahl-Clerici und Wiechowski nur eine Verwendung „als auswechselbare Ambosse mechanisch betriebener Pochwerke“ in Betracht23. Diese dienten der Zerkleinerung des anfallenden Fördergutes durch regelmäßige Stöße24. Aufgrund der Zahl von über 700 erhaltenen Ambossteinen vermutet Wahl, dass die Pochwerke im Nordwesten der Iberischen Halbinsel erfunden wurden, vielleicht sogar in Três Minas selbst25.
Über den Antrieb dieser Pochwerke können nur Vermutungen angestellt werden. Da die Aufbauten auch in römischer Zeit mit Sicherheit aus Holz bestanden, ist die Wahrscheinlichkeit gering, dass ausreichend Belege gefunden werden26. Es muss davon ausgegangen werden, dass stets menschliche oder tierische Arbeitskraft eingesetzt wurde (Abb. 4). Der Einsatz von Wasserkraft muss bis zum Beleg des Gegenteils angezweifelt werden, da das Angebot an Wasser im Minenbereich sehr knapp war und mit großem Aufwand herangeführt werden musste27.
Das etwa zu Erbsengröße gepochte Gestein wurde im Anschluss in Rotationsmühlen (lat.: molae versatiles) mit einem Durchmesser von 60 cm zu Pulver zermahlen28. Überreste der Gesteinsmühlen sind sowohl in der näheren Umgebung der Tagebaue als auch in den heutigen Dörfern zu finden. Ein Versuch, die erhaltenen Mühlsteine inklusive Bruchstücke numerisch zu erfassen, musste wegen ihrer hohen Anzahl und der teilweise starken Fragmentierung aufgegeben werden. Der Fundbestand setzt sich fast ausschließlich aus scheibenförmigen Mahlwerken mit flachen bis flach kegelförmigen Mahlflächen zusammen29. Sie wurden aus dem gleichen harten Gestein wie die Ambosse der Pochwerke herstellt, gleichen typologisch normalen Getreidemühlen und zeigen als charakteristische Gebrauchsspuren konzentrische Rillen30.
5.2 Nasse Aufbereitung
Auf die trockene Aufbereitung folgte die Trennung des Goldes von den leichteren Gesteinsbestandteilen durch Auswaschen. Die Installationen zur nassmechanischen Aufbereitung in Três Minas gehören neben den eigentlichen Abbauzonen zu den größten erhaltenen Monumenten. An einem steilen Hang mit relativ regelmäßiger Neigung haben sich zwei parallele Reihen mit je siebzehn in regelmäßigem Abstand übereinander angeordneten Waschplattformen erhalten, die sorgfältig in Trockensteinmauerwerk aufgebaut und ca. 8,5 m breit waren. Die Distanz zwischen der obersten und der untersten Plattform beträgt ca. 200 m. In der westlichen Reihe wird jede zweite Plattform auf beiden Seiten von je einem angefügten Becken begleitet. Der Außendurchmesser dieser Becken beträgt 6 m, die Mauern waren 1 m stark und mindestens 2 m hoch. Auf den einzelnen Plattformen standen vermutlich Waschherde, auf denen das fein gemahlene Erz nach Dichte sortiert wurde. Das Zurückbleiben des Erzes wurde auf den geneigten Herden durch Hindernisse, z.B. Felle oder Pflanzen, gefördert. Um ein möglichst reines Erzkonzentrat zu erhalten, musste man vermutlich mehrere Waschvorgänge hintereinander durchführen31.
Wegen der ungünstigen Höhenlage stellte jedoch die Wasserversorgung ein großes logistisches Problem dar. Zwangsläufig musste das Wasser mit Hilfe von Aquädukten aus größerer Entfernung herangeführt werden. Nach den topographischen Gegebenheiten kam für eine geregelte und ausreichende Wasserzufuhr nur der Oberlauf des Rio Tinhela in Betracht. Möglicherweise wurde der Fluss im Bereich von zwei in der Umgebung der Ortschaft Tinhela de Baixo lokalisierten Stauwerken angezapft, wie Wahl annimmt32.
[...]
1 Wahl 1993, 139.
2 Helfert – Ramminger – Wahl-Clerici – Wiechowski 2012, 110.
3 Helfert – Ramminger – Wahl-Clerici 2011, 1.
4 Helfert – Wahl-Clerici – Wiechowski 2012, 12.
5 Helfert – Ramminger – Wahl-Clerici – Wiechowski 2012, 111.
6 Wahl 1993, 140.
7 Helfert – Ramminger – Wahl Clerici 2011, 1.
8 ebd., 2.
9 Helfert – Ramminger – Wahl-Clerici – Wiechowski 2012, 110.
10 Wahl 1993, 141.
11 ebd., 141.
12 ebd., 143.
13 Helfert – Wahl-Clerici – Wiechowski 2012, 12.
14 Wahl 1993, 154.
15 ebd., 156.
16 ebd., 145.
17 ebd., 146.
18 ebd., 145.
19 Helfert – Ramminger – Wahl-Clerici – Wiechowski 2012, 110.
20 Wahl 1993, 148f.
21 Helfert – Ramminger – Wahl-Clerici – Wiechowski 2012, 109f.
22 ebd., 113.
23 Wahl 1993, 149.
24 Helfert – Ramminger – Wahl-Clerici – Wiechowski 2012, 112.
25 ebd., 113.
26 ebd., 112.
27 ebd., 114.
28 Wahl 1993, 150f.
29 Helfert – Ramminger – Wahl-Clerici – Wiechowski 2012, 114.
30 Wahl 1993, 150f.
31 Helfert – Ramminger – Wahl-Clerici – Wiechowski 2012, 117.
32 Wahl 1993, 151.