Strukturelemente epischer Texte
1. Autor – Erzähler – Erzählsituation
- Autor: Name steht nur auf dem Titel des Romans oder der Kurzgeschichte; denkt sich Erzähler aus
- Erzähler: fiktive Figur des Textes, die Geschichte präsentiert; Vermittler; begrenzt und ordnet das dargebotenen Geschehen
➔ Grundlage des epischen Textes!!!
- Erzählsituationen:
I. auktoriale Erzählsituation
- persönlicher Erzähler, der sich durch Kommentare in die Geschichte einbringt
- hat die Fähigkeit in Zukunft und Vergangenheit zu blicken
- differenziert sich vom Autor
- „Mittelsmann“ zwischen Fiktion und Realität
- berichtende Erzählweise → Vergangenheitsbedeutung
II. Ich Erzählsituation
- gehört zu den Romancharakteren
- hat geschehen miterlebt, erlebt, beobachtet oder von Akteuren in Erfahrung gebracht
- berichtende Erzählweise
III. personale Erzählsituation
- mischt sich nicht in das Geschen ein
- Leser denkt, er befindet sich am Schauplatz des Geschehens oder sieht die Geschichte durch die Augen einer Figur, die aber nicht erzählt → Rollenmaske des Lesers
- Illusion der Unmittelbarkeit
2. Geschehen – Geschichte – Fabel
- Geschehen: Ereigniskette, die vor dem Zugriff des Erzählers liegt
- Geschichte: sinnhafter Verlaufszusammenhang
- Fabel: Gerüst der Geschichte; grobe Übersicht über Verlauf der Geschichte von Ausgangspunkt bis Ende
3. Raum – Zeitgestaltung
- Raum: wird entsprechend Geschehen und Geschichte im Erzählkontext mit Sinn aufgeladen; Korrespondenz zum Charakter des jeweiligen Handlungsmomentes und zur Innenwelt der Person → Bsp.: „Seelenlandschaft“
- Zeitgestaltung:
I. erzählte Zeit: Zeitraum, in dem sich erzähltes Geschehen abspielt
II. Erzählzeit: Zeit, in der Geschichte erzählt bzw. gelesen wird
- Chronologie der Zeitgestaltung:
I. streng lineare Reihenfolge der Ereignisse
II. Vorrausdeutung, Finalspannung, Detailspannung, Rückwendung durch Rückblenden → verschachteltes erzählerisches Zeitgefüge
a) zeitdeckendes Erzählen: Wiedergabe in direkter Rede → Annäherung an Zeitstruktur des Dramas
b) zeitdehnendes Erzählen: längere Erzählzeit als erzählte Zeit
c) zeitraffendes Erzählen: mehrere Jahre, Jahrzehnte oder Generationen müssen „gerafft“ werden
4. Darbietungsformen
- Erzählbericht: Handlungsablauf wird berichtet; Erzähler referiert das (fiktiv) Miterlebte im Zusammenhang → gerafft
- durch Einfügen von Beschreibungen und Reflexionen → Erzählzeit gedehnt zur erzählten Zeit
- Figurenrede: Erzähler lässt dargestellte Peron selbst zu Wort kommen
- szenische Darstellung: Figuren geben Anregungen, Eindrücke, Gedanken und Assoziationen durch Wechselrede direkt wieder → zeitdeckend
- Technik des Bewusstseinsstromes: Erzähler gibt Gedanken, … seiner Figur so wieder wie sie der Figur durch den Kopf gehen → unkommentiert und scheinbar ungeordnet
- wenn Ich Erzähler → Innerer Monolog
- wenn Er Erzähler → erlebte Rede
- Technik der multiperspektivischen Montage: unvermitteltes Herumspringen in personalem Erzählen zwischen den Figuren und ihren Sichtweisen
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Strukturelemente lyrischer Texte
(Auszug aus P. Wapnewski: „Gedichte sind genaue Form“)
1. Vers
- Zeilen brechen an einer vom Dichter gesetzten Stelle ab
- Akzentuierung, Pausen, Überlagerung der normalen Satzstruktur durch Versstruktur
- optische/ klangliche Mittel:
- Zeilenstil: Satz- & Versende stimmen überein; Vers schließt mit Pause
- Enjambement: Satz überspringt Versende und setzt sich im folgenden Vers fort; keine Pause am Versende
- Hakenstil: Folge von Zeilensprüngen → Verse erscheinen durch übergreifende Satzbögen verhakt
2. Klang, Rhythmus
- lautliche Ebene → wesentlich am Sinnaufbau beteiligt
- Bsp.: Endreim, Binnenreim, Alliteration, Onomatopoesie (lautmalerische Häufung von Vokalen oder Konsonanten zur Nachahmung von Naturlauten bzw. zum Hervorrufen bestimmter Stimmungen)
- metrisch-rhythmische Gestaltung
- Versmaße & Rhythmisierung (fließend, wogend, hüpfend, tänzelnd, schreitend, drängend, gestaut, zerhackt)
- beeinflussen das Verständnis
3. Kadenz
- wenn betonte Silbe am Versende → männlich (einsilbig)
- wenn unbetonte Silbe am Versende → weiblich (zweisilbig)
- wenn Wechsel zwischen männlich und weiblich → alternierend
4. Versmaß
- Jambus (unbetont – betont → steigend)
- Trochäus (betont – unbetont → fallend)
- Anapäst (unbetont – unbetont – betont)
- Daktylus (betont – unbetont – unbetont)
5. Reim
- Gleichklang von Silben am Versanfang, innerhalb oder am Versende
- Endreim: genauer Gleichklang der Versenden vom letzten betonten Vokal
→ Paarreim: aa bb
→ Kreuzreim: ab ab
→ Umarmender Reim: ab ba
→ Schweifreim: aa bc cb
→ Dreifacher Reim: abc abc
→ Haufenreim: aaa…
- Assonanz: unreiner Reim, bei dem nur Vokale nicht aber Konsonanten übereinstimmen (sagen - Rabe)
- Binnenreim: zwei oder mehrere Wörter in ein und demselben Vers reimen sich
- Schlagreim (Alliteration): zwei unmittelbar aufeinander folgende Wörter reimen sich
6. lyrisches Ich (Subjekt oder Sprecher)
- Vermittler des lyrischen Textes (direkt oder indirekt)
7. Thema
- gedanklich abstrakter Bereich, dem sich der Text zuordnen lässt
8. Motive
- immer wiederkehrendes Element des Textes
- entfaltet das Thema
- lässt sich dem Thema zuordnen
9. Gedichtart
- Erlebnis- oder Stimmungslyrik: gestaltet vor allem reale oder traumhafte persönliche Erlebnisse, besonders zu den Themen Natur und Liebe
- Gedanken- oder Ideenlyrik: vorwiegend betrachtende (reflektierende) Lyrik, die religiöse, philosophische und geschichtlich-politische Themen hat; es gibt verschiedene Mischformen
10. Strophe
- gliedern sich in mehrere Verse, die inhaltlich relativ zusammengefasst sind → Gedichtabschnitt
11. Vers
- Zeile eines Gedichtes
Strukturelemente dramatischer Texte
- Drama = griech. „ Handlung “
- Wesen: Drama liegt Handlung zu Grunde, die auf einer Bühne präsentiert wird
→ Bühnenstück (Unterschied zu Epik & Lyrik)
→ Partitur für Schauspieler (mit Regieanweisungen/ Geräuschen/ Bühnenbildern)
- nicht für Leser, sondern für Zuschauer
- Drama wird vorgeführt (mittels Mimik, Gestik, Bewegung → nonverbal Sprache → verbal)
- Figuren kommen über das Sprechen miteinander in Kontakt (Figurenrede)
→ dadurch erfährt der Zuschauer weitgehend den Handlungsinhalt
- Beziehung:
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→ Neue Dimension (wesentliches dramatisches Element)
- Sprechakte: Figuren äußern sich durch Sprache
- Verhältnis der Längen der Sprechakte → Wichtung der Rolle
- Grundmuster: dramatischer Konflikt = Grundelement der Handlung
- Konflikt = Aufeinandertreffen von mindestens zwei verschiedenen Positionen (Konfliktpole)
→ wird durch Handlungsträger ausgetragen
→ Erkennen von Verhältnissen der Figuren zueinander entsprechend ihren Verhältnissen zu den jeweiligen Konfliktpolen (Bsp: arm – Bettler; reich - Adliger)
→ aus dem Konflikt ergibt sich die Figurenkonstellation
- wenn mindestens ein Konfliktpol weg → Konfliktlösung
- Konflikt wird in Handlungszeit und an Handlungsort ausgetragen → dadurch begrenzt (nach Aristoteles: Einheit der Zeit, des Ortes und der Handlung d.h. Handlung spielt nur an einem Ort an einem Tag (24h))
- Konflikt ist Thema untergeordnet
- Handlung = meistens (in klassischen Dramen) Konfliktentwicklung von Konfliktsetzung bis Konfliktlösung
- einzelne Handlungsschritte = Akte/ Aufzüge
- Akte/ Aufzüge untergliedern sich in Szenen/ Auftritte
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