Das selbstbestimmte Leben wird jedem deutschen Bürger durch das Grundgesetz zugesichert. Jedoch ist das selbstbestimmte Sterben ein kontrovers diskutiertes Thema. Die Legalisierung von aktiver Sterbehilfe wird fortwährend im Bundestag debattiert. Im Februar 2020 wurde das Gesetz zum Verbot des geschäftsmäßig begleiteten Suizids aufgehoben, was mit Protesten von Menschen, die Sterbehilfe ablehnen, einhergegangen ist. Auf der anderen Seite gibt es viele Befürworter dieser Regelung. Nicht nur die ethisch-moralische Sichtweise, sondern auch die Verbindung der deutschen Historie mit der „Euthanasie“ spielen bei den politischen Entscheidungen eine wichtige Rolle.
Um die geschichtliche Bedeutung zu verstehen, muss der Ursprung des Terminus in der Antike betrachtet werden. Ebenso ist die sich wandelnde Verwendung in verschiedenen Epochen zu hinterfragen, besonders die fundamentale Bedeutungsänderung im 19. Jahrhundert, die Wegweiser für die Rassenideologie der Nationalsozialisten war. Die Benutzung des Euthanasiebegriffs als Rechtfertigung ihrer Morde im Sinn der Eugenik soll dabei besonders vertieft und am Beispiel der „Euthanasie“-Anstalt Bernburg dargestellt werden. Vergangenheit prägt und aus Fehlern sollten Lehren gezogen werden, deshalb wird Geschichtsforschung im Primären betrieben. Aus diesem Grund ist auch die Betrachtung der Schuld an den Euthanasiemorden im Nationalsozialismus und die Aufarbeitung von großer Bedeutung. Erst wenn diese geschichtlichen Zusammenhänge bekannt sind, ist es möglich, eine fundierte Stellung zur aktuellen Debatte über Sterbehilfe zu beziehen.
Inhaltsverzeichnis
1. Vorbetrachtung
2. Ursprung der Euthanasie
3. Sozialideologische Auffassungen im 19. Jahrhundert
4. Euthanasie im Nationalsozialismus
4.1 Euthanasieanstalt Bernburg
4.2 Schuldfrage
5. Aktualisierung
6. Fazit
Literaturverzeichnis
1. Vorbetrachtung
Der Tod war schon immer ein präsenter Teil des Lebens. Die Zeremonien und Rituale, die stark von der Kultur abhängen, haben sich zum Teil bis in die heutige Zeit gehalten. Dennoch ist der Tod eine Thematik, die aus der gegenwärtigen Gesellschaft verbannt wurde und mit einer negativen Konnotation einhergeht. Das möglichst glückliche und schöne irdische Dasein steht im Vordergrund des Lebens, nichtsdestotrotz gehört auch der schöne Tod dazu.
Das selbstbestimmte Leben wird jedem deutschen Bürger durch das Grundgesetz zugesichert. Jedoch ist das selbstbestimmte Sterben ein kontrovers diskutiertes Thema. Die Legalisierung von aktiver Sterbehilfe wird fortwährend im Bundestag debattiert. Im Februar 2020 wurde das Gesetz zum Verbot des geschäftsmäßig begleiteten Suizids aufgehoben, was mit Protesten von Menschen, die Sterbehilfe ablehnen, einhergegangen ist. Auf der anderen Seite gibt es viele Befürworter dieser Regelung. Nicht nur die ethisch-moralische Sichtweise, sondern auch die Verbindung der deutschen Historie mit der „Euthanasie“ spielen bei den politischen Entscheidungen eine wichtige Rolle.
Um die geschichtliche Bedeutung zu verstehen, muss der Ursprung des Terminus in der Antike betrachtet werden. Ebenso ist die sich wandelnde Verwendung in verschiedenen Epochen zu hinterfragen, besonders die fundamentale Bedeutungsänderung im 19. Jahrhundert, die Wegweiser für die Rassenideologie der Nationalsozialisten war. Die Benutzung des Euthanasiebegriffs als Rechtfertigung ihrer Morde im Sinn der Eugenik soll dabei besonders vertieft und am Beispiel der „Euthanasie“-Anstalt Bernburg dargestellt werden. Vergangenheit prägt und aus Fehlern sollten Lehren gezogen werden, deshalb wird Geschichtsforschung im Primären betrieben. Aus diesem Grund ist auch die Betrachtung der Schuld an den Euthanasiemorden im Nationalsozialismus und die Aufarbeitung von großer Bedeutung. Erst wenn diese geschichtlichen Zusammenhänge bekannt sind, ist es möglich, eine fundierte Stellung zur aktuellen Debatte über Sterbehilfe zu beziehen.
2. Ursprung der Euthanasie
Die Wurzeln der Euthanasie reichen bis in die Antike zurück. Zu dieser Zeit war das Sterben nicht mit Angst verbunden, sondern mit der Vorstellung, nach der Reinigung der Seele im Tartaros ins Elysium, dem Paradies, aufzusteigen. Der Tod stellte somit nur das Ende des irdischen Leidens nicht das des Glücks dar. Der Begriff Euthanasie ist in der ursprünglichen Bedeutung stark mit den Vorstellungen dieser Zeit verbunden. Aus dem Altgriechischen übersetzt bedeutet es „schönes Sterben“ oder „schöner Tod“1. Der Terminus traf jedoch keine medizinische Aussage. Euthanasie war lediglich ein Ausdruck für einen schnellen, schmerzfreien und würdigen Tod, der auch selbstbestimmt herbeigeführt werden durfte.
Die Philosophen der prägenden, antiken Geistesströmung, der Stoa, sahen das Leben nur dann als wertvoll an, wenn es nach den Gesetzen der Natur gestaltet wurde. Wenn dies nicht möglich war, griffen sie zum Suizid, was als „guter Tod“ verstanden wurde. Euthanasie hatte somit ursprünglich keinen unmittelbaren Zusammenhang mit Sterbehilfe, sondern beschrieb vielmehr das leichte, selbstbestimmte Sterben.
Der Begriff Euthanasie findet sich in vielen antiken Schriften wieder, so beschrieb der antike Komödiendichter Krations (circa 500 – 420 v. Chr.) mit „euthanatos“ den „leichten Tod als Tod ohne vorhergegangene lange Krankheit“2. Auch der Tod des Kaisers Augustus wurde vom römischen Historiker Suetoen (circa 70-140 n. Chr.) unter der Verwendung dieser Terminologie als leicht, schnell und ohne Qualen im Kreis seiner Familie beschrieben.3
Ein Beispiel für Euthanasie in diesem Sinn findet sich in der Zeit des römischen Kaisers Nero Claudius Caesar Augustus Germanicus (37-68 n. Chr.) wieder. Nachdem die Pisonische Verschwörung gescheitert war, der Versuch von Senatsangehörigen den Kaiser zu ermorden, verurteilte Nero alle der Mitwirkung an diesem Attentatsversuch Beschuldigten zum Tod. Auch sein jahrelanger Lehrer, Seneca, sollte den wilden Tieren im Kolosseum zum Fraß vorgeworfen werden. Doch Seneca wählte den Weg der Euthanasie – den Weg des selbstbestimmten und schmerzfreien Sterbens. Er ersparte sich somit großes Leid.4
Auch der Hippokratische Eid stammt aus dieser Epoche. Er geht in seiner Namensgebung auf den griechischen Arzt Hippokrates von Kos (circa 460 – 370 v. Chr.) zurück. Der Leitsatz thematisiert ethische und moralische Grundsätze für Mediziner, die dem Kranken nicht schaden und in seinem Interesse handeln sollen, dennoch ist das Verabreichen von tödlichen Mitteln und auch der Schwangerschaftsabbruch als vorzeitiges Beenden des Lebens trotz Willenserklärung verboten.
Bis ins frühe Mittelalter war der Tod nicht negativ konnotiert. Die Menschen pflegten einen angstfreien Umgang mit dem Sterben. Doch mit der Ausbreitung des Christentums änderte sich auch die Vorstellung vom Sein nach dem irdischen Leben. Die katholische Religionslehre fermentierte den Glauben an das Gottesgericht, das die Taten der Gläubigen abwiegt und sie für ihre Sünden bestraft. Der Tod wurde somit immer stärker ins Zentrum des irdischen Lebens gestellt. Die Angst vor dem Fegefeuer und der Hölle prägte die Menschen, die den Tod zunehmend als etwas Schreckliches betrachteten. Auch Sterbehilfe und Selbstmord waren durch die Kirche verboten und als Todsünden aus der Gesellschaft verbannt.
Die Epoche des Barocks im 16. Jahrhundert war geprägt von ihrer Todesfixierung. „Memento mori“ - Sei dir deiner Sterblichkeit bewusst – und „Carpe diem“ - Nutze den Tag – bilden den Leitfaden des Lebens zu dieser Zeit. Durch den Dreißigjährigen Krieg und die vielen Seuchenausbrüche waren die Menschen täglich mit dem Tod konfrontiert. Der Sterbeprozess war häufig mit großen Schmerzen verbunden, sodass sich eine medizinische Strömung, die Palliativmedizin, entwickelte, die sich auf das Mindern von Schmerzen spezialisierte, wie es schon durch den Hippokratischen Eid gefordert wurde. Da die Kirche wie im Mittelalter schon das Leben der Menschen bestimmte, waren auch im Barock Sterbehilfe und Selbstmorde untersagt.
Erst mit der Aufklärung ab 1700 und der Trennung von Kirche und Staat – eingeleitet durch die Französische Revolution – wurden die alten Glaubenssätze hinterfragt. Das irdische Leben rückte ins Zentrum und die Kirche verlor an Einfluss. Der Gedanke der Sterbehilfe wurde legitimiert. Francais Bacon sprach in „euthanasia medica“ erstmals eindeutig von der Euthanasie auch als Sterbehilfe, wobei er sie als schnelles, schmerzloses Ableben deutete.5 Im Jahr 1800 deklarierte Carl G. Theodor Kortum als erster Arzt die aktive Sterbehilfe als moralisch gerechtfertigt. Doch damit gehörte er zu einer Minderheit, da große Kreise der Ärzteschaft dies strickt ablehnten.6 Auch Immanuel Kant (1724 – 1804) als einer der bedeutendsten Philosophen dieser Zeit lehnte Suizid und Sterbehilfe ab. Der kategorische Imperativ werde durch diese Praktiken verletzt, da der Mensch mit dem Tod die Fähigkeit vernünftig zu handeln aufgäbe und seine Selbstbestimmung zerstöre.7
Mit dem Beginn der Modernen entwickelte sich auch die Medizin weiter. Neue Erfindungen führten zu nie dagewesenen Möglichkeiten, das Leben der Patienten zu verlängern. Der Gedanke der „freiwilligen Euthanasie“, dem Sterben ohne lebensverlängernde Maßnahmen, fand immer größeren Zuspruch. Im 19. Jahrhundert änderte sich die Auffassung des Begriffs Euthanasie, die nun in strenger Verbindung zur Sterbehilfe gestellt wurde.
3. Sozialideologische Auffassungen im 19. Jahrhundert
Charles Darwin (1809-1882) legte mit seinem Werk „Die Entstehung der Arten“ (1859) den Grundstein für die Entwicklung der Theorie des Sozialdarwinismus. Bei einer Weltreise untersuchte er die Entwicklung und Entstehung von Tier- und Pflanzenarten. Dabei entdeckte Darwin, dass unangepasste Arten aussterben und somit eine „Natural Selection“ - natürliche Auslese – stattfindet. Seine Arbeiten zur Evolutionstheorie, der Flora und Fauna und „the survival of the fittest“ - das Überleben des am besten Angepassten – wurden in der Epoche des Imperialismus auch auf den Menschen übertragen. Der Kampf der Tierspezies wurde zum Kampf der menschlichen Rassen. Die „Starken“ sollen sich durchsetzen, da die „Schwachen“ den Fortschritt der Gesellschaft verhindern würden.8
Die Einteilung der Menschen in Rassen griff Joseph Arthur Comte de Gobineau (1816-1882), ein französischer Schriftsteller, in seinem vierbändigen Essay „Versuch über die Ungleichheit der Menschenrassen“ auf. Als einer der Begründer des rassistischen Denkens erweiterte er den Sozialdarwinismus. Nach seinen Überlegungen gäbe es eine „Urrasse“ nordischer, germanischer Herkunft, die er als Arier deklarierte. Aus ihr sollen alle anderen Rassen hervorgegangen sein und damit eine niedrigere Stellung im „Rassengefüge“ einhergehen. Die Fortpflanzung unter diesen neuentstanden Rassen und der „Urrasse“ bezeichnet er als „Verschmutzung des Blutes“. Durch das Vermischen der Rassen würde das Volk „degenerieren“, das bedeutet, „dass dieses Volk nicht mehr den inneren Wert hat, den es einmal hatte, weil es nicht mehr das gleiche Blut in seinen Adern hat.“9 Nur „reines Blut“ könne starke Nachkommen hervorbringen.
Ebenso sah er die natürliche Auslese durch den Fortschritt in der Medizin und durch die intensive Pflege von körperlich und geistig Benachteiligten gestört. Aus diesem Grund propagierte er die vom Menschen durchgeführte Auslese. Mit solchen Überzeugungen war Gobineau einer der Vordenker der Eugenik, der Erbgesundheitslehre. Der Terminus Eugenik stammt aus dem Altgriechischen und bedeutet „gutes Geschlecht“ oder „von edler Abstammung“10. Sie hatte das Ziel, das Erbgut der „starken, höherwertigen Menschenrassen“ zu fördern und das der Schwachen auszusortieren. Die „Natural Selection“, die Darwin erforscht hatte, sollte vom Menschen selbst übernommen und dadurch eine starke Gesellschaft geschaffen werden.
Alfred Ploetz (1860-1940), ein deutscher Arzt und Rassenforscher, führte die Vorüberlegungen von Gobineau weiter aus. Trotz seiner Tätigkeit als Mediziner und dem damit verbundenen Eid, allen Menschen zu helfen, stellt er in seiner Schrift „Die Tüchtigkeit unserer Rasse und der Schutz der Schwachen“ (1895) die Teilhabe der „Schwachen“ an der Gesellschaft infrage. Laut Ploetz würden sie den Schutz der „Starken“ nicht verdienen, da sie die Geburtenrate des „höherwertigen“ Bevölkerungsteils verringern und von ihm mitversorgt würden. 1905 gründet er die Deutsche Gesellschaft für Rassenhygiene und führte damit den Begriff der Rassenhygiene neben dem der Eugenik ein. Mit seinem „Lösungsvorschlag“ für die „Rassenreinigung“ gab er deutliche Anstöße für die „Euthanasie“ im Nationalsozialismus. Die Fortpflanzung solle nach Ploetz auf ein Alter von 21 bis 38 Jahren beschränkt werden.
Außerdem solle ein Eheverbot und ein Verbot der Fortpflanzung für Schwache und Behinderte mit angeborener oder im Lauf des Lebens erlittener Behinderung eingeführt werden. Die „Korrektur“ durch Tötung war ihm ebenso ein probates Mittel. Durch diese Maßnahmen sollte die Zeugung gesteuert und damit eine „Zuchtwahl“ getroffen werden.11
Die Erzeugung guter Kinder […] wird nicht irgendeinem Zufall [...] überlassen, sondern geregelt nach Grundsätzen, die die Wissenschaft für Zeit und sonstige Bedingungen aufgestellt hat […]. Stellt es sich trotzdem heraus, daß das Neugeborene ein schwächliches oder missgestaltetes Kind ist, so wird ihm […] ein sanfter Tod bereitet.12
Ernst Heinrich Philipp August Haeckel (1834-1919), deutscher Mediziner und Philosoph, beschrieb in „Die Lebenswunder“ (1904) seine eugenischen Auffassungen. Dabei berief er sich auch auf sozialdarwinistische Entwürfe. Haeckel sah wie Gobineau und Ploetz die Selektion der Menschen gestört. Da im Volk degenerative Erscheinungen aufträten, solle bei der Auslese nachgeholfen werden. Die „Entartung“ solle durch Tötung enden. Als Rechtfertigung führte er die Auslese der „schwachen Kinder“ im antiken Sparta, das das stärkste Heer in der Antike besaß, an. Kranke, „Missgeburten“, Leidende und Kinder mit „Defekten“ wurden als „bedauernswerte Geschöpfe“ bezeichnet, die von ihrem „wertlosen Dasein befreit“ werden müssten.
Hunderttausende von unheilbaren Kranken, namentlich Geisteskranke, Aussätzige, Krebskranke u.s.w. werden in unseren modernen Kulturstaaten künstlich am Leben erhalten und ihre beständigen Qualen sorgfältig verlängert, ohne irgendeinen Nutzen für sie selbst oder für die Gesamtheit.13
Haeckel war der erste Deutsche Vertreter der Eugenik, der die Tötung Schwerkranker ohne ihre Zustimmung forderte. Diese Haltung fand im Nationalsozialismus große Zustimmung. Auch Haeckels eugenische Beratungsstelle zur rassenhygienischen Erbberatung, die das Ziel verfolgte, politische Gesetze zur Regelung der Fortpflanzung zu erlassen, fand großen Zuspruch bei ihnen.14
Ein weiter Vertreter der Eugenik, der den Grundstein für die nationalsozialistischen Rassenvorstellungen mitgestaltete, war Fritz Gottlieb Karl Lenz (1887-1976). Er vertrat das Prinzip der „Gegenauslese“. Nach seiner Definition war die Rasse nicht nur durch äußere Merkmale bestimmt, sondern auch durch die Herkunft und das Denken. Lenz nahm an, dass Intelligenz vererbbar sei. Die gebildete Bevölkerung, die dem Bild des Ariers entsprach und meistens zur Oberschicht zählte, war somit die wertvollste Rasse für ihn. Lenz war Antisemit und großer Unterstützer der NS Rassenpolitik. Er forderte die Selbsttötung von geistig Behinderten, Menschen mit körperlichen Einschränkungen und Alten, weil diese in Zeiten von Lebensmittelknappheit der Gesellschaft „zur Last fällen“ und er verlangte den untüchtigsten Teil der Bevölkerung zu sterilisieren, da nach dem Ersten Weltkrieg durch den Einsatz von chemischen und anderen militärischen Waffen viele körperlich und psychisch Kranke zurückgekehrt sind. Diese „Ballastexistenzen“ sollten verschwinden, um die Gesellschaft aufzuwerten.15
Karl Binding (1840-1920) und Alfred Hoche (1865-1943) lieferten den Nationalsozialisten mit „Die Freigabe der Vernichtung lebensunwerten Lebens“ (1920) die Terminologie des „lebensunwerten Lebens“ und fixierten den Gedanken der rechtmäßigen Tötung derer, die der Gesellschaft „zu Last fallen“.
4. Euthanasie im Nationalsozialismus
Hitler zeichnete seine Vorstellungen vom perfekten Volk in seinem Buch „Mein Kampf“ während seiner Haft in Landsberg auf. „Landsberg war meine Hochschule auf Staatskosten“16, so beschrieb er seine Zeit dort. Die Rassenvorstellungen übernahm er größtenteils von den Eugenikern. Sein Ziel war es eine „rassenreine“ Volksgemeinschaft, „die Reorganisation des Volkskörpers“ zu schaffen, in der alle Mitglieder arischer Herkunft und tüchtig sein sollen. Familien mit „reinem Blut“ sollen möglichst viele Kinder bekommen. Auf der anderen Seite sollen „niedere Existenzen“ wie Homosexuelle, Juden, andere „minderwertige Rassen“ wie Sinti und Roma, NS Gegner, Asoziale, Drogenabhängige und auch Behinderte aus der Gesellschaft entfernt werden. Ein „neuer Mensch“ solle geschaffen werden, indem der „Niedersenkung des Niveaus der höheren Rasse“ entgegenwirkt werde. Seine Vision war es, ein Volk zu kreieren, das arisch, körperlich stark und intelligent sei.17 In der daraus entstandenen Volksgemeinschaft sollte jeder die gleichen Chancen besitzen. „Aus Bauern, Bürgern und Arbeitern muß wieder […] ein deutsches Volk [werden]“.18
[...]
1 (Scholze-Stubenrecht, 2011), S.415
2 (Oduncu, 2007), S.23
3 a. a. O., S.25
4 (Hesse, 2012)
5 (Muggi, 2010), S.14
6 (Stolberg, 2018)
7 (Tilmann, 2015)
8 (Lenzen, 2015)
9 (de Gobineau, 1884), S.24
10 (Scholze-Stubenrecht, 2011)
11 (Dr. Hoffann, et al., 2020)
12 (Ploetz, 1895), S.144
13 (Haeckel, 1905), S.134
14 (Dr. Hoffann, et al., 2020)
15 (Dr. Hoffann, et al., 2020)
16 (Ullrich, 2013), S.188
17 (Opfer-Klinger, 2017), S.296 ff.
18 (Ullrich, 2013), S.592