Das Ziel der Arbeit besteht darin, einen Überblick über konkrete Einsatzmöglichkeiten von Big Data Analytics in einem kundenzentrierten Vertriebscontrolling (VC) – dargestellt am Konzept des Kundenlebenszyklus – zu vermitteln, auf die Anwendungsvoraussetzungen sowie -grenzen aufmerksam zu machen und Empfehlungen für die Praxis abzuleiten.
Um ein grundlegendes Verständnis über die nachfolgend verwendeten Begriffe und Zusammenhänge zu schaffen, werden im zweiten Kapitel Grundlagen des VC und von Big Data Analytics erläutert. In Kapitel drei rücken konkrete Einsatzfelder von Big Data Analytics im VC in den Fokus, denen sich in Kapitel vier eine kritische Würdigung anschließt.
Der Vertrieb stellt eine zentrale Funktion eines Unternehmens dar. Er bildet die Schnittstelle zu dessen Kunden und verfügt i.d.R. als einziger Unternehmensbereich über die Möglichkeit, Umsatzerlöse zu generieren und damit den Unternehmenserfolg zu beeinflussen. Die zunehmende Digitalisierung und Markttransparenz, die Entstehung neuer, webbasierter Vertriebskanäle sowie die kundenseitige Forderung nach passgenauen Lösungen stellen das Vertriebscontrolling (VC) vor neue Herausforderungen und verlangen eine stärkere Konzentration auf die Belange und Zufriedenheit der Kunden.
Inhaltsverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
1 Einleitung
2 Untersuchungsrelevante Grundlagen
2.1 Grundlagen des Vertriebscontrollings
2.2 Grundlagen von Big Data Analytics
3 Einsatzfelder von Big Data Analytics im Vertriebscontrolling
3.1 Neukundenakquise
3.2 Kundenbindung
3.3 Kundenreaktivierung
4 Kritische Würdigung
5 Fazit
Literaturverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
Abb. 1: Lebenszykluskonzept der Kundenbeziehung
Abb. 2: Methodenspektrum der Advanced Analytics
Abkürzungsverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
1 Einleitung
Der Vertrieb stellt eine zentrale Funktion eines Unternehmens dar. Er bildet die Schnittstelle zu dessen Kunden und verfügt i. d. R. als einziger Unternehmensbereich über die Möglichkeit, Umsatzerlöse zu generieren und damit den Unternehmenserfolg zu beeinflussen.1 Die zunehmende Digitalisierung und Markttransparenz, die Entstehung neuer, webbasierter Vertriebskanäle sowie die kundenseitige Forderung nach passgenauen Lösungen stellen das Vertriebscontrolling (VC) vor neue Herausforderungen und verlangen eine stärkere Konzentration auf die Belange und Zufriedenheit der Kunden.2 Gleichzeitig eröffnen sich neue Möglichkeiten für das VC, wie z. B. die Nutzung neuer Datenquellen und die schnelle Verfügbarkeit von Kundeninformationen. Die digitale Transformation fördert zudem die Entstehung fortschrittlicher Analysekonzepte. So kann der Vielfalt verfügbarer Daten und der Dynamik der Märkte mit dem Einsatz von Big Data Analytics und damit verbundenen Möglichkeiten der Verarbeitung und Analyse immenser Datenmengen begegnet werden.3
Ein häufig noch unausgeschöpftes Potenzial liegt in der effektiven und effizienten Kundenbearbeitung entlang des gesamten Kundenlebenszyklus (KLZ) und der Steuerung damit verbundener Aktivitäten und Ressourcen.4 Das Ziel der Arbeit besteht deshalb darin, einen Überblick über konkrete Einsatzmöglichkeiten von Big Data Analytics in einem kundenzentrierten VC – dargestellt am Konzept des KLZ – zu vermitteln, auf die Anwendungsvoraussetzungen sowie -grenzen aufmerksam zu machen und Empfehlungen für die Praxis abzuleiten.
Um ein grundlegendes Verständnis über die nachfolgend verwendeten Begriffe und Zusammenhänge zu schaffen, werden im zweiten Kapitel Grundlagen des VC und von Big Data Analytics erläutert. In Kapitel drei rücken konkrete Einsatzfelder von Big Data Analytics im VC in den Fokus, denen sich in Kapitel vier eine kritische Würdigung anschließt. Abgerundet wird die Arbeit mit einem Fazit im fünften Kapitel.
2 Untersuchungsrelevante Grundlagen
2.1 Grundlagen des Vertriebscontrollings
Das VC stellt eine Schnittstelle zwischen dem Vertrieb, dessen Leitungsinstanz und dem Unternehmenscontrolling dar und übernimmt als solche die Funktionen des Controllings.5 Dazu gehören die Planung, Steuerung und Kontrolle sowie die Koordination und Information.6 Das Gesamtziel eines Unternehmens im Blick, unterstützt das VC die Vertriebsleitung bei der Sicherstellung vertrieblicher Effektivität und Effizienz, z. B. hinsichtlich der Ausgestaltung der Vertriebsprozesse und ‑organisation sowie der Allokation von Ressourcen.7 Marktbezogene Gestaltungsfelder des VC beziehen sich auf die Absatzwege und -konditionen, die Segmentierung sowie die Betreuung und Bearbeitung von Kunden.8 9 Im weiteren Verlauf der Arbeit wird das VC aus einer kundenorientierten Perspektive betrachtet, die auf den Aufbau und die Erhaltung langfristiger und profitabler Kundenbeziehungen abzielt und in der Literatur auch unter dem Stichwort Kundencontrolling behandelt wird.10
Konkrete Planungs- und Steuerungsaufgaben des VC lassen sich in diesem Kontext aus dem Konzept des KLZ ableiten. Dessen Annahme besteht darin, dass ein Kunde lebenszyklusähnliche Phasen durchläuft, in denen die Umsätze sowie die Aufwendungen zur Kundenbearbeitung variieren und in denen sich unterschiedliche Bearbeitungsmaßnahmen als vorteilhaft erweisen.11 Als eine auf den KLZ anwendbare, auf die gesamte Lebensdauer der Kundenbeziehung ausgerichtete Steuerungsgröße spiegelt der sog. Customer Lifetime Value (CLV) den Wert eines Kunden wider. Er entspricht dem Kapitalwert aller mit dem Kunden verbundenen Ein- und Auszahlungen und kann durch geeignete Maßnahmen in den jeweiligen Phasen maximiert werden.12 Abb. 1 stellt einen vereinfachten KLZ dar. Anstelle des CLV als kumulierte Größe liegt hier der Kundenwert je Zeiteinheit zugrunde, um die Profitabilitätsschwankungen zwischen den Phasen hervorzuheben.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb. 1 : Lebenszykluskonzept der Kundenbeziehung13
Die erste Phase bildet die Neukundenakquise, in der zunächst Ausgaben getätigt werden ehe Umsätze realisiert werden. Aufgaben des VC bestehen in der Festlegung von Zielkundensegmenten, die dem Vertrieb als Stoßrichtung zur Marktbearbeitung vorgegeben werden, sowie in der Bestimmung einer unter Rentabilitätsgesichtspunkten angemessenen Akquisitionsstrategie und Ressourcenallokation. Der Einsatz von Außendienstmitarbeitern ermöglicht z. B. eine differenzierte, jedoch ressourcenintensive Ansprache und Problemlösung.14 In der Kundenbindungsphase steht die Erhöhung des Wertbeitrags für den Kunden und dessen Zufriedenheit im Vordergrund, mit dem Ziel, die Umsatzerlöse und den CLV zu erhöhen. Dementsprechend sind Maßnahmen zu definieren, die dem Kunden einen Anreiz für Wiederholungskäufe bieten und eine Umsatzsteigerung auslösen, z. B. eine attraktive Preispolitik oder das Angebot bedürfnisgerechter Zusatzleistungen. Die Phase der Kundenreaktivierung zielt neben der Wiederbelebung von Kundenbeziehungen auf die frühzeitige Identifikation drohender Abwanderungen ab, um diese möglichst zu verhindern und Kunden zu halten. Dazu sind auslösende Momente durch das VC zu untersuchen und Methoden zur Verlängerung des KLZ zu definieren, sofern eine Steigerung des CLV möglich erscheint. Andernfalls ist die Beendigung der Kundenbeziehung ratsam.15
In den Folgekapiteln wird auf das VC in Logistikunternehmen abgestellt, deren Leistung in der Koordination und Bereitstellung von Transportlösungen besteht und sich an Privat- als auch Geschäftskunden richtet. Logistikdienstleistungen sind durch eine hohe Erklärungsbedürftigkeit und eine ausgeprägte Anpassungsfähigkeit gekennzeichnet. Letzteres kommt insbesondere den individuellen Transport- und Logistikherausforderungen produzierender Unternehmen zu Gute, die zudem häufig hohe Volumina abnehmen. Aus den genannten Gründen wird zur Betreuung von Geschäftskunden oft auf den Einsatz von Außendienstmitarbeitern gesetzt.16 Die Bearbeitung von Geschäftskunden steht im Mittelpunkt der nachfolgenden Überlegungen.
2.2 Grundlagen von Big Data Analytics
Big Data Analytics setzt sich zusammen aus den zwei Komponenten Big Data und darauf bezogene Methoden der Advanced Analytics.17
Big Data hebt sich im Vergleich zu herkömmlich ausgewerteten Daten durch vier wesentliche Eigenschaften ab, darunter die große und exponentiell steigende Menge an Daten (Volume). Weitere Charakteristika sind die hohe Geschwindigkeit der Generierung, Übertragung, Verfügbarkeit und Auswertbarkeit von Daten (Velocity) sowie die Vielfalt und Heterogenität der Daten, ihrer Quellen und ihrer Beschaffenheit (Variety). So kann Big Data aus unternehmensinternen oder -externen Quellen, z. B. aus dem eigenen ERP- oder CRM-System, aus sozialen Netzwerken, Foren, Smartphones oder GPS-Geräten, bezogen werden und in strukturierter, semi- oder unstrukturierter Form vorliegen, z. B. als Text oder als Bild. Das vierte Merkmal stellt die Vertrauenswürdigkeit dar, worunter primär die Qualität und Vollständigkeit der Datenerhebung und -erfassung subsumiert werden (Veracity).18
Die Analytics -Komponente ist auf die Verfahren der Advanced Analytics zurückzuführen. Diese basieren auf Analysemethoden, die bereits im Rahmen der traditionellen Datenanalyse19 angewandt werden und dem Zweck dienen, bisher unbekannte Tatsachen zu entdecken. Um dies zu ermöglichen, sind immer häufiger große Datenmengen unterschiedlicher Quellen – also Big Data – notwendig, welche durch Verknüpfung der traditionellen Analyseverfahren mit modernen Technologien auswertbar gemacht werden.20 Je nach Komplexität und Wertbeitrag zur Unternehmenssteuerung lassen sich vier, in Abb. 2 dargestellte Advanced Analytics-Methoden unterscheiden.
[...]
1 Vgl. Albers/Krafft/Lal (2004), S. 265.
2 Vgl. Binckebanck (2016), S. 206 f.; Krämer/Tachilzik/Bongaerts (2016), S. 10 ff.; Palloks-Kahlen (2006), S. 284.
3 Vgl. Biesel/Hame (2018), S. 24 f.
4 Vgl. Nellika (2016), S. 3.
5 Vgl. Kühnapfel (2013a), S. 5 f.
6 Vgl. Ebenda; Littkemann (2018), S. 6.
7 Vgl. Kühnapfel (2013a), S. 5 f.; Kühnapfel (2013b), S. 37.
8 Vgl. Hummel (2007), S. 746; Hünerberg (2017), S. 334; Küpper (1995), Sp. 2624.
9 Mit dieser Definition kann das VC dem weiter gefassten Marketingcontrolling untergeordnet werden, welches u. a. auch den Wettbewerb und das Stärken- und Schwächenprofil eines Unternehmens berücksichtigt. Vgl. Hummel (2007), S. 746.
10 Vgl. Derfuß/Höppe (2018), S. 227 f.; Krafft/Frenzen (2006), S. 632; Preißner (2009), S. 247.
11 Vgl. Stauss (2006), S. 434 ff.
12 Vgl. Gupta/Lehmann/Stuart (2004), S. 7 ff.; Gupta et al. (2006), S. 139 ff.
13 Quelle: In Anlehnung an Preißner (2009), S. 144; Stauss (2006), S. 434 ff.
14 Vgl. Preißner (2009), S. 144 ff.; Reinecke/Keller (2006), S. 259 f.
15 Vgl. Meffert/Pohlkamp/Böckermann (2010), S. 13 ff.; Preißner (2009), S. 146 ff.
16 Vgl. Kaschek (2014), S. 1 ff.
17 Vgl. Bolt (2015), S. 674; Russom (2011), S. 5.
18 Vgl. Baumöl/Berlitz (2014), S. 164 f.; Binckebanck (2016), S. 298 f.; McAfee/Brynjolfsson (2012), S. 63 f.; Schweidel (2015), S. 6 f.
19 Einen Überblick über traditionelle Analyseverfahren, wie z. B. die Cluster- und Regressionsanalyse, liefern Boobier (2018), S. 20 ff. und Tsiptsis/Chorianopoulos (2009), S. 63 ff.
20 Vgl. Russom (2011), S. 5.