Im Folgenden soll der aktuelle Forschungsstand über die Digitalisierung und dessen Auswirkungen auf die Organisationen und somit auf die Organisationsmitglieder aufgeführt und analysiert werden. Hierbei sollen zunächst die Begriffe Digitalisierung, Organisation und Organisationsmitglieder erklärt werden, um für die folgende Analyse des Forschungsstandes einen Rahmen geben zu können. Nachdem diese Begriffe und deren Verbindungen und Zusammenhänge erläutert wurden, werden die durch die Digitalisierung hervorgerufenen Umstände, die sich auf die Organisationsmitglieder auswirken, präziser dargestellt. Dabei wird aufgeführt, inwiefern die Umwelten, Arbeitsmarkt wie Privatleben, als Ursache für Veränderungen innerhalb der Organisation und somit für das Organisationsmitglied angesehen werden können. Anschließend wird der Forschungsstand von der Digitalisierung verursachten Veränderungen innerhalb der Organisation genauer analysiert. Letztlich soll die Entwicklung der Rolle des Organisationsmitglieds durch die Digitalisierung untersucht werden. Anhand dieser Analyse sollen zum Schluss erkannte Phänomene aufgeführt und Zukunftsprognosen sowie Ausblicke für die zukünftigen Auswirkungen, die die Digitalisierung bedingt, gegeben werden.
Inhaltsverzeichnis
1 Einleitung
2 Begriffsbestimmung
2.1 Digitalisierung
2.2 Organisation
2.3 Mitglieder von Organisationen
2.4 Korellation der Begrifflichkeiten
3 Auswirkungen der Digitalisierung
3.1 Auswirkungen durch die Umwelt
3.1.1 Umwelt: Arbeitsmarkt
3.1.2 Umwelt: Privatleben
3.2 Auswirkungen innerhalb der Organisation
3.3 Auswirkungen auf die Mitgliedschaftsrolle
4 Fazit
Literaturverzeichnis
Aufgrund der besseren Lesbarkeit wurde bei Bezeichnungen auf die Aufzählung aller Geschlechter im Fließtext verzichtet. Sofern möglich wurden geschlechtsunabhängige Formulierungen verwendet. Folglich soll betont werden, dass die nachstehende Verwendung der männlichen Sprachform als geschlechtsneutral betrachtet werden soll und damit keinerlei Benachteiligung der anderen Geschlechter ausgedrückt werden soll.
1. Einleitung
„Die Einführung elektronischer Medien wirft Fragen einer Reichweite auf, die man nur mit der Einführung der Sprache, der Schrift oder des Buchdrucks vergleichen kann.“ (vgl. Baecker 2016, S. 3)
Der demografische Wandel, der globale Handel sowie die globale Vernetzung, die sich immer breiter und schneller streuenden Informationen und der Zuwachs an Wissen sowie die stetige Entwicklung von Innovationen sind unter anderem Gründe für die gesellschaftliche Entwicklungen in den vergangenen Jahren. Ein weiterer Grund dieser Veränderungen stellt die Digitalisierung dar, welche Bereiche wie Freizeit und Berufsleben intensiv und alltäglich prägt. Für den Menschen sind digitale Medien, sei es Zuhause oder im Büro, täglicher Begleiter und beeinflussen somit den Alltag, bewusst wie unbewusst (vgl. Revermann 2016, S. 7). Das Thema der Digitalisierung ist vor allem jetzt in Zeiten der Covid-19-Pandemie in aller Munde. Allerdings ist der technologische Wandel kein neu geschaffenes Extrem, sondern begleitet den Menschen, sei es politischer, wirtschaftlicher oder privater Natur, schon seit Jahrzehnten. Durch den dadurch erzwungenen raschen Struktur- und technologischen Wandel, den sich Organisationen nun fort mehr unterziehen müssen, tritt die Digitalisierung zunehmend in den Fokus von öffentlichen Debatten. Hierbei wird um die Zukunft der Arbeitswelt und den Gebrauch von neuen digitalen Technologien innerhalb von Organisationen diskutiert. Die entscheidenden Folgen für die Gesellschaft und mit ihr für die Menschen werden sich unmittelbar zeigen.
In Anbetracht der Entwicklungen, von dessen die Digitalisierung der Ursprung sein soll, soll im Folgenden der aktuelle Forschungsstand über die Digitalisierung und dessen Auswirkungen auf die Organisationen und somit auf die Organisationsmitglieder aufgeführt und analysiert werden. Hierbei sollen zunächst die Begriffe Digitalisierung, Organisation und Organisationsmitglieder erklärt werden, um für die folgende Analyse des Forschungsstandes einen Rahmen geben zu können. Nachdem diese Begriffe und deren Verbindungen und Zusammenhänge erläutert wurden, werden die durch die Digitalisierung hervorgerufenen Umstände, die sich auf die Organisationsmitglieder auswirken, präziser dargestellt. Dabei wird aufgeführt, inwiefern die Umwelten, Arbeitsmarkt wie Privatleben, als Ursache für Veränderungen innerhalb der Organisation und somit für das Organisationsmitglied angesehen werden können. Anschließend wird der Forschungsstand von der Digitalisierung verursachten Veränderungen innerhalb der Organisation genauer analysiert. Letztlich soll die Entwicklung der Rolle des Organisationsmitglieds durch die Digitalisierung untersucht werden. Anhand dieser Analyse sollen zum Schluss erkannte Phänomene aufgeführt und Zukunftsprognosen sowie Ausblicke für die zukünftigen Auswirkungen, die die Digitalisierung bedingt, gegeben werden.
2 Begriffsbestimmung
In diesem Kapitel sollen die Begriffe Digitalisierung, Organisation und Organisationsmitglied für diesen Kontext eine Rahmung finden und bestimmt werden. Um die Korrelation der Begrifflichkeiten zu erläutern wird zum Ende dieses Kapitels eine Zusammenführung dieser versucht.
2.1 Digitalisierung
Der Begriff der Digitalisierung ist in der öffentlichen Diskussion weitläufig bekannt und behandelt. Eine klare allgemeingültige Definition und eine Eindeutigkeit bezüglich der Richtung, die die Digitalisierung einschlägt besteht jedoch nicht (vgl. Büchner 2018, S. 332). Nach Lupton (2015) kann unter Digitalisierung verstanden werden, dass es Neigungen dazu gibt, dass sich digitale Technologien auf unterschiedliche Bereiche des Lebens ausdehnen (vgl. Lupton 2015, S. 7). Wird der Begriff der Digitalisierung von seinem Ursprung her gedacht, und zwar aus dem Lateinischen, bedeutet „digitus“ Zeigefinger, das davon abgeleitete Wort „digit“ aus dem Englischen kommt der Bedeutung „Ziffer“ nach (vgl. Müller-Brehm/ Otto/ Puntschuh 2020, S. 5). Mit der Annahme, dass die eigentliche Idee der Digitalisierung die Umwandlung von analogen Abläufen zu Digitalen ist, unterstreicht diese Übersetzung, dass die Wenn-Dann-Logik, der die Digitalisierung zunächst gefolgt ist, die digitalen Prozesse zählbar und steuerbar machen. Denn hier werden zunächst die Informationen verarbeitet und codiert, und zwar in Nullen und Einsen (vgl. Baecker 2018, S. 59f.). Dabei wird festgelegt, was als Eingabe gilt und was nicht. Bei dieser Technologie ist das Ergebnis vorhersehbar. Prozesse lassen sich somit automatisieren und überwachbar machen und eindeutig durchblicken (vgl. Hesse 2020, S. 4). Vorgänge mit immergleichen In- sowie Output stellen triviale Maschinen dar (vgl. Kasper/ Mayrhofer/ Meyer 1999, S. 179). Doch werden die codierten Daten mit einem Algorithmus hinterlegt, berechnet und bestimmt dieser einen individuellen Output. Dies hat zur Folge, dass der Nutzer der digitalen Maschine den Prozess der zum Ergebnis führt, nicht mehr vorhersehen und durchblicken kann (vgl. Danaher 2016, S. 245). Durch diese Komplexität bedeutet diese, dass sich die triviale Maschine zu einer nicht trivialen Maschine entwickelt hat (vgl. Kapser/ Mayrhofer/ Meyer 1999, S. 181). Die Maschine1 hat ebenfalls bereits Einkehr in die Kommunikation der Menschen gefunden und stellt damit die Organisation vor große Herausforderungen. Denn die Digitalisierung schreckt nicht von Strukturen zurück und lässt dadurch Grenzen von Organisationen minimieren und verschwimmen, da die Computer bereits begonnen haben mit dem Menschen zu interagieren und zu kommunizieren (vgl. Väth 2016, S. 121). Der Mensch erkennt nicht, welche Prozesse die Algorithmen beeinflussen, wo sie manipuliert oder verändert werden. Hierbei entsteht eine enorme Intransparenz und Kontrollverlust für die Nutzer, wobei die Digitalisierung jedoch, wie die anderen gesellschaftlichen Revolutionen, wie bspw. der Buchdruck oder industriellen Revolution (vgl. Baecker 2016, S. 3), darauf abzielte Prozesse zu vereinfachen und eindeutiger werden zu lassen. Darüber hinaus wurde auf die Entbürokratisierung und eine verbesserte Vermarktung erhofft, mit dem Ziel vermeintlich undynamische Organisationsgrenzen überschreiten zu können. Somit werden durch die Digitalisierung zunehmend Organisation restrukturiert, um Prozesse zu optimieren (vgl. Kitchin 2014, S. 149ff.). Das Resultat der bisherigen Digitalisierung ist jedoch auch von der anderen Seite zu betrachten. Denn das bedeutet, dass die Computer nun einen Teil in der Kommunikation übernehmen. Dieser Faktor der Digitalisierung, der Mensch-Maschine-Kommunikation, stellt einen erheblichen Einfluss auf die Gesellschaft dar (vgl. Väth 2016, S. 121). Denn durch die Digitalisierung entstandene enorme Speicherbarkeit und Datendichte entsteht auf der einen Seite eine extreme Kontrollierbarkeit von Geschehnissen und suggeriert Sicherheit, da alles messbar und überwachbar wird. Jedoch entsteht auf der andere Seite gleichzeitig ein Problem der Kontrolle, denn durch das Übermaß an Kontrolle geht die Kontrollierbarkeit im gleichen Maße verloren. Dies kann auf Makro-, Meso- und Mikroebene stattfinden (vgl. Büchner 2020, S. 307f.). Diese Schwierigkeiten der Unkontrollierbarkeit und Undurchsichtigkeit, die mit der Digitalisierung einhergehen, rühren daher, dass die Vorgänge aus der analogen Welt, heute in digitaler Form schneller, gleichzeitig sowie automatisierter und dynamischer ablaufen können. Dies unterstreicht die Komplexität der Digitalisierung. Können einzelne Schritte im Digitalisierungsprozess noch vom Menschen nachvollzogen werden, geht diese Eindeutigkeit mit Hilfe von künstlicher Intelligenz (KI) verloren (vgl. Börner/ Kehl/ Nierling 2017, S. 36f.). Dadurch dass die fortschreitende Technologie Prozesse effizienter macht und somit Prozesse günstiger und schneller gestaltet werden können, kann davon ausgegangen werden, dass in Zukunft alles digitalisiert wird, was zu digitalisieren sein kann (vgl. Ittermann/ Niehaus/ Hirsch-Kreinsen 2015, S. 35). Dies führt dazu, dass die Digitalisierung Bereiche übernimmt, die früher eindeutig dem menschlichen Könnens zu geschrieben war. Es wird deutlich, dass diese Bereiche durch KI, Machine Learning (ML) und Algorithmen zunehmend automatisierbar sind und solche Handlungen nicht nur mehr oder weniger autonom, sondern auch deutlich schneller von statten gehen können (vgl. Büchner 2018, S. 335). Hierbei gilt sicherzustellen, dass die Gesellschaft und Tech-Experten Herr über die Digitalisierung bleiben.
2.2 Organisation
Durch die Entwicklung von multiplen Schichten in der Gesellschaft in den letzten Jahrzehnten wird das Sozialsystem „Organisation“ immer maßgeblicher (vgl. Luhmann 2000, S. 12). Denn wird Organisation systemisch gedacht, stellen Organisationen soziale Systeme dar, von denen gesprochen werden kann, „wenn Handlungen mehrerer Personen sinnhaft aufeinander bezogen werden und dadurch in ihrem Zusammenhang abgrenzbar sind von einer nichtdazugehörigen Umwelt“ (Luhmann 1975a, S. 9), dem entsprechend hat die Organisation immer einen Zweck den sie verfolgt (vgl. Luhmann, 1976, S. 36). Organisationen stellen geschlossene, komplexe Strukturen dar, denn innerhalb dieser Gebilde reguliert und koordiniert sie die verschiedensten Funktionen und Handlungen, der diversesten Akteure, welche zeitweise nicht an einem Ort geballten sind (vgl. Luhmann 1988, S. 172). Zur Bewältigung dieser Komplexität werden Prinzipien der Ordnung aufgestellt, wo Hierarchien aufgebaut und Bedingungen zur Mitgliedschaft formuliert werden. Daher werden von Luhmann Systeme als Organisation bezeichnet, wenn deren Mitglieder, welche ein- und austreten können, sich an bestimmte Maßgaben halten. Diese Formalität stellt ein automatisches Verfahrensweise dar. Denn durch diesen Mechanismen entwickeln Organisationen Techniken, wie sie Grenzen und Stabilität zur Umwelt schaffen. Dies gelingt, indem Organisationen einer Formalisierung von bestimmten Erwartungen und Bedingungen an die Mitglieder nachgehen (vgl. Luhmann 1984, S. 16). Die vorhandenen Regulatorien innerhalb der Organisation können durch Entscheidungen bewusst eingebunden werden, allerdings können die Entscheidungen auch impliziter Natur gewisse Verhaltenskodexe mit sich bringen (vgl. Kasper/ Mayrhofer/ Meyer 1999, S. 175). Durch diese formalen Rahmungen stellt die Organisation sich als ein undynamisches Ganzes dar (vgl. Büchner 2018, S. 333ff.). Dennoch obliegt es den Mitgliedern sich zu entscheiden Routinen und Prozesse zu konstruieren um genau diese Komplexität der Organisation zu minimieren und damit deren Handlungsfähigkeit zu bewahren (vgl. Kasper/ Mayrhofer/ Meyer 1999, S. 175f.). Um dies zu gewährleisten, handeln Organisationen extrem entscheidungsbasiert. Dies äußert sich in der Konstruktion von eigenen Umgangsformen (bspw. Programme), wodurch sich eine relative Kontinuität innerhalb der Organisation ergibt (vgl. Büchner 2018, S. 335). Trotz des Fungierens als geschlossene Einheit gegenüber weiteren Systemen sind Organisationen dennoch von der Gesamtgesellschaft und dessen Input abhängig, um die Konstruktionen innerhalb der Organisation wahren zu können und diese als solche aufrecht erhalten zu können, ohne diese Umwelt können Organisationen nicht existieren (vgl. Luhmann 1984, S. 35). „Insofern bleibt die Umwelt für die Organisation eine eigene Konstruktion, deren Realität natürlich nicht bestritten wird“ (Luhmann 2000, S. 52). Denn durch die autopoietische Geschlossenheit wird Fremdreferenz in der Organisation realisierbar (vgl. Luhmann, 1984, S. 604). In der Gesellschaft besteht die Möglichkeit über die Grenzen von Subsystemen hinaus innerhalb der Makroebene zu kommunizieren. Allerdings können Organisationen nur als sich selbstbeobachtende an Kommunikation teilhaben (vgl. Luhmann 1975a, S. 11f.). Verschiedene Systeme können daher auch andere Ergebnisse der Beobachtungen des gleichen Sachverhaltes erlangen. Aus diesem Grund kann nicht davon ausgegangen werden, dass die Beobachtung immer richtig und vollständig ist. Vergangene Entscheidungen können jedoch reflektiert werden und mit anderen bereits geschehenen Phänomene anhand einer Analyse jener verglichen werden (vgl. Kasper/ Mayrhofer/ Meyer 1999, S.1 173). Da dies Zeit benötigt, können Strukturen innerhalb von Organisationen anhand von Kommunikation verändert werden, wohingegen Entscheidungen nicht mehr revidiert werden können (vgl. Luhmann 1981, S. 132). Organisation wird durch Kommunikation, also durch Entscheidungen, zusammengehalten. Denn Kommunikation stellt das Kernelement der Organisation dar. Organisationen stellen ein aus Kommunikation bestehendes soziales System dar, wobei Personen durch Kommunikation ersetzt werden, von welcher Strukturen produziert, gesteuert und verändert werden. Je nachdem wie sich die Strukturen der Organisation verändern, können Mitglieder entscheiden, ob sie bleiben oder austreten (vgl. Kasper/ Mayrhofer/ Meyer 1999, S. 167ff.). Auf der einen Seite stellen Organisationen den Empfänger von Kommunikationen dar, in der die eigene Struktur geregelt wird. Die Organisation bestimmt selbst, von welchen Informationen sie sich beirren lässt und somit zur weiteren Verarbeitung von Informationen animieren lässt. Auf der anderen Seite tritt sie auch als Absender von Kommunikation auf, da sie entscheiden, was kommuniziert wird und was nicht (vgl. Ahme/ Aspers/ Brunsson 2015, S. 21f.). Alles was innerhalb des Systems kommuniziert wird, stellt eine Entscheidung in jeglicher Form, für oder gegen eine Handlung dar. Daher bestehen Organisationen aus Entscheidungen, erstellen diese aber auch gleichsam (vgl. Luhmann 1988, S. 167).
2.3 Mitglieder von Organisationen
Eine wichtige Rolle in Organisationen spielen die Mitglieder, denn sie stellen eine vermittelnde Institution, durch ihre Handlungen, in jener dar (vgl. Kasper/ Mayrhofer/ Meyer 1999, S. 184f.), obwohl laut Niklas Luhmann alle Personen, die psychischen Systeme, auch die Mitglieder einer Organisation, für das Sozialsystem Organisation nur Umwelt sind (vgl. Luhmann 1976, S. 27). Dies bedeutet jedoch nicht, dass Organisationen ohne Personen realisierbar wären, sondern diese stellen eine existenzsichernde Grundlage der Organisation dar. Organisationen sind damit zwar „menschenlos“, Personen geben der Organisation jedoch als Umwelt Anregungen. Gedanken und Bewusstsein, die die komplexen psychischen Systeme ausmachen, sind für die Organisation wesentliche Voraussetzung (vgl. Kasper/ Mayrhofer/ Meyer 1999, S. 169). Das Mitglied einer Organisation wird symbolisch für eine bestimmte Rolle mit gesonderten Rechten und Pflichten angesehen (vgl. Baecker 2001, S. 224f.). Daraus resultiert, dass ein bestimmtes Handeln an dieses Mitglied und seine Rolle gebunden ist. Dieses Handeln und die damit verbundene Kommunikation, wird als Entscheidung angesehen. Die Mitglieder können sich in ihrem Handeln dafür entscheiden, ob sie sich entsprechend der ihnen zugeordneten Erwartung verhalten wollen oder nicht. Dies kann seitens des Mitglieds explizit wie implizit geschehen (vgl. Kasper/ Mayrhofer/ Meyer 1999, ebd S. 169). Wenn das Mitglied entschieden hat Teil der Organisation zu sein und tritt dieser bei, so ist es auch als solches zu definieren und willigt, den Erwartungen an die zugesprochene Rolle zu entsprechen, ein. Die Aufnahme als Mitglied unterliegt der Annahme, dass es den Erwartungen der zugesprochenen Funktion entsprechen wird (vgl. Baecker 2001, S.224f.). Hierbei werden Geschehnisse innerhalb der Organisation, positiver wie negativer Natur auf das Mitglied projiziert. Dadurch wird die Perspektive vom Kommunikationssystem zum Handlungssystem gewechselt, sichtbar wird dadurch die mit Personen verbundene Information (vgl. Bardmann 1995, S. 253). Das bedeutet jedoch, dass Entscheidungen von Personen als Umwelt betrachtet werden, solange sie nicht Anschluss an Handlugen innerhalb der Organisation finden (vgl. Kasper/ Mayrhofer/ Meyer 1999, S. 184). Jedoch nur ein Anteil der Erwartungen im System wird Teil der Rolle. Und nur dieser Teil stellt die Mitgliedschaft sicher (vgl. Luhmann 1976, S. 36). Identifiziert sich das Mitglied nicht mit den Handlungsabsichten der jeweilige Rolle, droht der Verlust eines Teils seiner Selbst. Denn durch die Annahme der Rolle entwickelt das Mitglied gewisse Eigenschaften, die mit dieser Rolle einhergehen und welche durch Kommunikation irreversibel werden. Somit begibt sich das Mitglied in die Verantwortung einer konsistenten Darstellung seiner Selbst mit der Rolle. Hierdurch wird durch die Organisation das Ausleben von Bedürfnissen der Mitglieder eingeschränkt (vgl. Kieser/ Krüger 1977, S. 1). Denn unter Kommunikation wird in diesem Kontext nicht als Formulierung der Interessen oder Absichten des Mitglieds verstanden, sondern viel mehr wie die Mitglieder entsprechend der Erwartungen handeln (vgl. Willke 1992, S. 30). Denn „Nur die Kommunikation kann kommunizieren, und erst im Netzwerk der Kommunikation wird das erzeugt, was wir Subjekt bzw. Handlung zu nennen pflegen“ (Bardmann 1994, S. 102). Trotz der hohen Formalisierung von Organisationen können dennoch nicht alle Erwartungen an spezifische Rollen festgehalten werden. Daher kann der Anspruch nur in einer spezifischen Art bestimmt werden. Zeitgleich binden sich Organisationsmitglieder relativ langfristig an die extrem künstlich erschaffenen Regeln, solange sie sich im Austausch gegen Gehalt der Autorität der Organisation unterwerfen (vgl. Luhmann 1975b, S. 12). Denn beide Prozesse sind Schritte von hohem Bewusstseins und die Möglichkeit diese Prozesse stetig zu durchlaufen, hat einen hohen Einfluss auf das tägliche Vorgehen im System. Hierdurch können Konfliktpotenziale entstehen. Denn mit dieser Möglichkeit obliegt dem Mitglied eben auch das Verhältnis zur Organisation abzuwägen und die Vor- sowie Nachteile der Dazugehörigkeit herauszukristallisieren. Denn nicht immer ist eindeutig, was im erwartbaren der Organisation steht und was nicht (vgl. Küpper/ Ortmann 1986, S. 600). Eruiert das Mitglied die Möglichkeit des Austritts, gerät das Mitglied mit sich selbst in Konflikt (vgl. Luhmann 1976, S. 38). Hierbei ist jedoch hervorzuheben, dass die Mitgliedschaft einer klaren Definition unterliegt, und sich somit eindeutig die Grenzen zwischen dienstlichem sowie persönlichem ziehen lassen, da die Mitgliedschaftsrolle per se unpersönlich ist. Denn es interessiert nicht die Person als solches, sondern wie diese Person handelt und dies auf die Organisation projiziert wird (vgl. Kasper/ Mayerhofr/ Meyer 1999, S. 164).Hierbei können die formalisierten Erwartungen an die Rolle von den nicht festgehaltenen differenziert und nachvollzogen werden und somit die verschiedenen Rollen zu den verschiedenen Organisationen oder Umwelten erkannt werden (vgl. Luhmann 1976, S. 43). Diese Doppelseitigkeit von Mitgliedschaftsrollen auf und der Nicht-Einhaltung derer Erwartungen hat auf beiden Seite, dienstlicher wie persönlicher, einen Einfluss. Die Mitgliedschaftsrolle gilt hierbei als vermittelndes Element der relativen Konstanten von personalen und sozialen Aktionssystemen (vgl. Luhmann 1975a, S. 12). Dadurch wird das Gewicht nicht nur vom Zweck, welchen die Organisation verfolgt, sondern auch die Kontinuität des Bestehens der Organisation in einer sich wandelnden Umwelt, hervorgehoben, denn die Organisation hat die Macht die weitere Teilnahme des Mitglieds zu unterbinden (vgl. Wendt 2020, S. 43f.). Denn Organisationen bilden ihre Grenzen vornehmlich durch die Rollen der Mitglieder und deren Anerkennung als solches Mitglied. Die Organisation bindet Elemente ein, wovon auszugehen ist, dass diese den Mitgliedern auferlegt sowie abverlangt werden können (vgl. Luhmann 1984, S. 268f.).
[...]
1 Begriffe wie Maschine, Technik und Computer sollen aufgrund der besseren Lesbarkeit synonym verstanden werden