Ausgehend von Überlegungen im Seminar „Kunst/Unterricht in der Grundschule“, was Kunstunterricht im Primarbereich sein kann oder sein könnte, habe ich mich hinsichtlich der anstehenden Hausarbeit für das Thema „Werkstatt“ entschieden. Hierbei wird „Werkstatt“ nicht nur als Unterrichtsprinzip an sich behandelt, sondern es werden auch Aspekte ästhetischer Erfahrungs- und Lernprozesse im Werkstattunterricht betrachtet. Als angehende Grundschullehrerin ist es für mich immer wieder interessant, bestimmte Unterrichtsprinzipien aufzugreifen und in ihrer ganzen Tiefe zu erkunden.
Zu Beginn werde ich den Begriff „ästhetische Erfahrung“ näher erläutern und definieren. Was ist ästhetische Erfahrung im Fach Kunst? Welche besondere Aufgabe kommt dem Fach Kunst insbesondere im Grundschulbereich zu? Anschließend wird das Werkstattprinzip näher betrachtet. Was macht das Unterrichtsprinzip „Werkstatt“ aus, welche Rolle spielt die ästhetische Erfahrung in der Werkstatt und wie können wir im Unterricht ästhetische Erfahrungssituationen schaffen? Dabei wird auch auf Materialien und die Rolle der Lehrperson eingegangen. Im weiteren Verlauf wird ein Bezug zu den Aufgaben des Kunstunterrichts hergestellt und es wird überprüft, inwieweit diese Aufgaben bzw. Ziele mit dem Werkstattunterricht abgedeckt werden. Die Leistungsmessung im Fach Kunst ist für mich ebenfalls ein interessanter und wichtiger Bereich, der nicht außen vor bleiben sollte. Daher gehe ich im Schlussteil auf Möglichkeiten einer Leistungsbewertung hinsichtlich des Werkstattunterrichts ein. Wie können diese aussehen ohne jegliche Freiheiten der Kinder einzugrenzen? Zu guter Letzt wird im Fazit noch einmal eine Zusammenfassung gegeben und schließlich wird die Fragestellung, inwieweit sich die Werkstattmethode als ästhetische Erfahrung in der Grundschule anbietet, beantwortet.
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. Definition „Ästhetische Erfahrung“
3. Grundlegende Aufgaben des Kunstunterrichts
4. Der Begriff „Werkstatt“
5. Der Unterschied zum Projektunterricht
6. Ästhetische Erfahrungssituationen schaffen
7. Die Bedeutung des Materials in der Werkstatt
8. Werden die Aufgaben des Kunstunterrichts durch die Werkstattmethode abgedeckt?
9. Rolle der Lehrkräfte
10. Kunstwerkstatt und Leistungsbewertung
11. Fazit
Literaturverzeichnis
1. Einleitung
Ausgehend von Überlegungen im Seminar „Kunst/Unterricht in der Grundschule“, was Kunstunterricht im Primarbereich sein kann oder sein könnte, habe ich mich hinsichtlich der anstehenden Hausarbeit für das Thema „Werkstatt“ entschieden. Hierbei wird „Werkstatt“ nicht nur als Unterrichtsprinzip an sich behandelt, sondern es werden auch Aspekte ästhetischer Erfahrungs- und Lernprozesse im Werkstattunterricht betrachtet. Als angehende Grundschullehrerin ist es für mich immer wieder interessant, bestimmte Unterrichtsprinzipien aufzugreifen und in ihrer ganzen Tiefe zu erkunden.
Zu Beginn werde ich den Begriff „ästhetische Erfahrung“ näher erläutern und definieren. Was ist ästhetische Erfahrung im Fach Kunst? Welche besondere Aufgabe kommt dem Fach Kunst insbesondere im Grundschulbereich zu? Anschließend wird das Werkstattprinzip näher betrachtet. Was macht das Unterrichtsprinzip „Werkstatt“ aus, welche Rolle spielt die ästhetische Erfahrung in der Werkstatt und wie können wir im Unterricht ästhetische Erfahrungssituationen schaffen? Dabei wird auch auf Materialien und die Rolle der Lehrperson eingegangen. Im weiteren Verlauf wird ein Bezug zu den Aufgaben des Kunstunterrichts hergestellt und es wird überprüft, inwieweit diese Aufgaben bzw. Ziele mit dem Werkstattunterricht abgedeckt werden. Die Leistungsmessung im Fach Kunst ist für mich ebenfalls ein interessanter und wichtiger Bereich, der nicht außen vor bleiben sollte. Daher gehe ich im Schlussteil auf Möglichkeiten einer Leistungsbewertung hinsichtlich des Werkstattunterrichts ein. Wie können diese aussehen ohne jegliche Freiheiten der Kinder einzugrenzen? Zu guter Letzt wird im Fazit noch einmal eine Zusammenfassung gegeben und schließlich wird die Fragestellung, inwieweit sich die Werkstattmethode als ästhetische Erfahrung in der Grundschule anbietet, beantwortet.
2. Definition „Ästhetische Erfahrung“
Zunächst einmal soll die Begrifflichkeit „ästhetische Erfahrung“ geklärt werden. Die Definition ist essenziell, um eine Beziehung zum Werkstattunterricht herstellen zu können. Was sind ästhetische Erfahrungen im Fach Kunst und durch welche Aufgabenbereiche sind sie gekennzeichnet? Das ästhetische Verhalten von Kindern und Jugendlichen bezieht sich auf die bildnerische Gestaltung mit unterschiedlichen Materialien und Verfahren, was Malen, Zeichnen, dreidimensionales Gestalten, Sammeln und Ordnen, Bauen und Konstruieren umfasst, sich aber auch auf das spielerische, musikalische, rhythmische und literarische Tun bezieht. Diese unterschiedlichen Aktivitäten von Kindern und Jugendlichen sind durch Wahrnehmungs-, Tätigkeits- und Reflexionsformen gekennzeichnet, die quasi das ästhetische Verhalten zusammenfasst (vgl. Kirchner 2007, 8):
„Von ästhetischen Erfahrungen sprechen wir dann, wenn durch bildnerische ästhetische Praxis und durch das Sprechen über Ästhetisches Einsichten gewonnen werden“ (Kirchner 2007, 11)
Es ist die Aufgabe des Kunstunterrichts, dieses Verhalten bzw. die ästhetische Erfahrung zu fördern, indem Schülerinnen und Schülern möglichst vielfältige Bereiche bildnerischer Produktion und Rezeption angeboten werden (vgl. ebd.). „Rezeption“ beschreibt hierbei einen Prozess, in dem der Betrachter bzw. Rezipient dazu aufgefordert wird, sich mit einem Werk (z. B. in der Kunst) auseinanderzusetzen. Eine aktive Sinnerschließung beim Betrachten eines Kunstwerks und dessen Reflexion sind hierbei wichtige Aktivitäten. Der Produktionsprozess hingegen fordert eine aktive Verwirklichung bzw. Gestaltung innerer Vorstellungen, Fantasien oder Träume, die gezeichnet, gemalt oder konstruiert werden (vgl. Kirchner 2009, 98). Somit ist die Produktion als ein vielschichtiger und kreativer Akt notwendig, um Gestaltungskompetenz zu entwickeln, aber auch um die Persönlichkeitsbildung zu erweitern, die durch differenzierte Wahrnehmungsmöglichkeit, ästhetische Sensibilität, Bildkompetenz, die durch Produktion und Rezeption entwickelt wird, sowie durch ein kritisches Urteilsvermögen gekennzeichnet ist (vgl. Kirchner 2007, 10). Im Grundschulalter sind Produktion und Rezeption insbesondere dann realisierbar, wenn Schülerinnen und Schüler in der ästhetischen Praxis ihrem Ausdrucksbedürfnis nachkommen können. Der Unterrichtsgegenstand bzw. der Unterricht muss ansprechend sein, sodass Neugier und Aufmerksamkeit geweckt werden (vgl. ebd.). Somit bezieht sich die ästhetische Erfahrung auch auf die spezifische Struktur des ästhetischen Stoffes (vgl. Kirchner 2001, 36). Generell lässt sich festhalten, dass sich ästhetisch charakterisierte Situationen, Erfahrungen, Prozesse und Urteile eher durch subjektbezogene, entdeckende statt durch angeleitete, erfahrungsbezogene und aktiv beteiligte Lernarrangements gegeben sind (vgl. Kirchner 2009, 13).
3. Grundlegende Aufgaben des Kunstunterrichts
Um ästhetische Bildungsprozesse zu fördern, sind fünf grundlegende Aufgaben des Kunstunterrichts essenziell. Wie im letzten Abschnitt erwähnt, müssen als allererstes ästhetische Wahrnehmungs- und Erfahrungsprozesse in Produktion und Rezeption hervorgerufen werden. Des Weiteren müssen handwerkliche Fähigkeiten und das Ausdrucksrepertoire in ästhetischen Produktionsprozessen erweitert und entwickelt werden. Zudem wird die Gestaltungskompetenz von Schülerinnen und Schülern im Kunstunterricht durch das Ausprobieren, Erkennen und Sprechen über verschiedene Merkmale wie Farbe und Material gewonnen. Ebenso ist es von Bedeutung, dass Kinder und Jugendliche sich intensiv mit Kunstwerken beschäftigen, diese betrachten, analysieren und versuchen zu deuten. Schülerinnen und Schüler sollen lernen sich mit einem Werk auseinanderzusetzen, um ein bildnerisch-ästhetisches Urteilsvermögen zu erwerben (vgl. Kirchner 2007, 12). Die Aufgabenbereiche des Kunstunterrichts sind deshalb noch einmal wichtig zu benennen, da diese im weiteren Verlauf der Hausarbeit in Anbindung an den Werkstattunterricht thematisiert werden.
4. Der Begriff „Werkstatt“
Der Werkstattgedanke ist ein recht umfangreiches Themengebiet, das nicht nur in der Kunst bzw. im Kunstunterricht eine wichtige Rolle spielt, sondern auch in vielen anderen Fächern einen zentralen Platz einnimmt. Da insbesondere der Kunstunterricht mit seinen Anteilen des bildnerischen Tuns eine große Nähe zum Werkstattgedanken hat, ist es bedeutsam den Begriff der Werkstatt bezogen auf ästhetische Lernprozesse näher zu definieren. Auch wenn keine eindeutige Definition des Begriffs möglich ist, ist eine aufklärende Annäherung essenziell (vgl. Kirchner, Peez 2001, 8). Kirchner und Peez fassen vier Punkte zusammen, die einen Werkstattunterricht bzw. den Begriff „Werkstatt“ ausmachen. Im ersten Verständnis ist Werkstatt das, was auch im Alltag als Werkstatt bezeichnet wird, ein Raum. Näher meint dies, dass Werkstätten an sich als Ergänzung und Erweiterung von Schulen konzipiert werden können (vgl. Kirchner, Peez 2001, 11):
„In diesem ersten Verständnis ist Werkstatt also ganz konkret ein Raum, der Merkmale dessen enthält, was wir auch im Alltag als Werkstatt bezeichnen.“ (Kirchner, Peez 2001, 11)
Die Werkstatt ist sozusagen ein Raum, der mit unterschiedlichen Materialien und Werkzeugen gefüllt ist, zu denen die Lernenden freien Zugang haben, um ihr eigenes Werk zu erschaffen. Als nächstes lässt sich festhalten, dass die Werkstatt sowohl prozessorientiert als auch experimentell ausgerichtet ist und das selbstgesteuerte Planen und Entwickeln von bestimmten Vorhaben zum Ziel setzt. Durch ihre Vielfalt an Materialien und Techniken fördert sie entdeckendes, handlungsorientiertes, experimentelles und selbstorganisiertes Lernen (vgl. Kirchner, Peez 2001, 11).
Weiterhin besitzt die Werkstatt nach Dorit Bosse eine subjektbezogene und sachbezogene Ebene. Die subjektbezogene Ebene im Sinne des Werkstattverständnisses meint die Transformation des Bewusstseins, die weder den materiellen noch den methodischen Aspekt erfasst, sondern hauptsächlich den geistigen Prozess im ästhetischen Handeln, der durch die Auseinandersetzung mit dem ästhetischen Material charakterisiert ist (vgl. ebd.) Das Einlassen auf individuell gesteuerte ästhetische Prozesse ist hierbei das Hauptmerkmal. Dabei entdecken Schülerinnen und Schüler ihre eigenen künstlerischen Interessen, Fähigkeiten und Fertigkeiten und können sich auch mit anderen Schülerinnen und Schülern austauschen. Des Weiteren lässt sich festhalten, dass eine substanzielle Werkstatt auch das Werk selbst sein kann. Hierbei kann die Werkstattsituation an sich, die beispielsweise als Rauminszenierung genutzt wird, das Kunstwerk selbst darstellen bzw. als Kunstwerk interpretierbar sein (vgl. Kirchner, Peez 2011, 12).
Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass die Werkstatt hinsichtlich aller vier Auffassungen das Hauptmerk auf die Selbststeuerung des bildnerisch-ästhetischen Handelns legt. Aufgrund dessen kommt der ästhetischen Erfahrung innerhalb der Werkstatt eine besondere Rolle zu:
„Das Prinzip Werkstatt scheint in besondere Weise geeignet, ästhetische Erfahrungen zu erzeugen, freizusetzen bzw. diesen Ausdruck zu verleihen. Alle genannten Merkmale tragen dazu bei, ästhetische Prozesse anzustoßen.“ (Kirchner, Peez 2001, 12)
Der Werkstattunterricht fördert somit die ästhetische Erfahrung durch selbstgeleitetes und selbstorganisiertes Lernen. Hinzu kommt, dass insbesondere die Persönlichkeitsbildung durch geistige Prozesse im ästhetischen Handeln verstärkt wird. Insbesondere sind Prozesse des Experimentierens, Erkundens und Entdeckens, welche die Werkstattmethode bietet, möglich.
Zusammengefasst lässt sich sagen, dass der örtliche Aspekt der Werkstatt sowohl innerorts als auch außerorts die Möglichkeit bietet, aktiv zu sein und ästhetische Prozesse zu verwirklichen. Der methodische Aspekt ermöglicht es, selbstgesteuertes ästhetisches Tun zuzulassen. Die Bewusstseinsprozesse bzw. die Selbstwahrnehmung und Reflexion über das eigene gestalterische Tun entstehen durch das Hineintauchen in den ästhetischen Prozess. Die Werkstattorientierung bietet die Möglichkeit ein Verständnis für ungewöhnliche Kunstkonzepte zu entwickeln (vgl. Kirchner, Peez 2001, 12).
5. Der Unterschied zum Projektunterricht
Zur Behandlung des Themengebiets „Werkstatt“ ist es bedeutsam Bezüge, aber auch Abgrenzungen zu ähnlichen Unterrichtsprinzipien vorzunehmen, denn oftmals wird die Werkstatt mit dem Projektunterricht gleichgesetzt. Jedoch liegt der wesentliche Schwerpunkt des Werkstattunterrichts in der Selbstorganisation der komplexen Lernprozesse durch die Schülerinnen und Schüler. Im Projektunterricht ist ein selbstorganisierendes bzw. mitplanendes Handeln nicht immer zwangsläufig. Es kann auch angeleitet werden (vgl. Kirchner, Peez 2001, 13). Zudem wird der Werkstattunterricht als ganzheitlicher Prozess angesehen, wobei auch hier wieder das eigene Handeln der entscheidende Faktor im Aneignungsprozess ist. Ferner wird die Werkstatt nicht in bestimmte Phasen bzw. Unterrichtsphasen wie Anstoß, Planung, Durchführung unterteilt. Schülerinnen und Schüler entscheiden oft selbst über ihren eigenen Arbeitsrhythmus. Es passiert sehr oft, dass die Schülerinnen und Schüler im Werkstattunterricht eine längere Rezeptionsphase haben als sie im Projektunterricht überhaupt die Möglichkeit dazu hätten (vgl. ebd.).
Insgesamt lässt sich sagen, dass es beim Werkstattgedanken um die Förderung der individuellen Persönlichkeitsentwicklung der Schülerinnen und Schüler geht, was hauptsächlich durch selbstorganisiertes Lernen in ästhetischen Bereichen gekennzeichnet ist. Hierbei steht das ganzheitliche Lernen im Vordergrund, das durch das fächerübergreifende Lernen charakterisiert ist (vgl. ebd.):
„In der Ästhetischen Werkstatt, als einem besonderen pädagogischen Arrangement, das durch prozessorientierte, situative Arbeitsformen entdeckendes, handlungsorientiertes und selbst organisiertes Lernen an innerschulischen als außerschulischen Lernorten fördert, ist die Eigenaktivität und die Kompetenz jedes einzelnen herausgefordert. Besondere individuelle Fertigkeiten, Interessen und Begabungen werden als Bereicherung in die kooperativ abzustimmenden Arbeitsprozesse mit einbezogen.“ (Kirchner, Peez 2001, 13-14).
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