Diese Arbeit beschäftigt sich mit der Frage, welche Sozialisationsfaktoren auf Kriegskinder einwirken.
Beispielhaft werden für diese Untersuchung dafür die Kinder des Zweiten Weltkriegs herangezogen. Heutzutage leben in Deutschland ungefähr 14,8 Millionen Menschen, die zwischen 1930 und 1945 geboren wurden und die ihre Kindheit in den Kriegsjahren des Zweiten Weltkriegs verbracht haben.
Da die damaligen Kinder nicht alle die gleichen Erfahrungen gesammelt haben bzw. unterschiedlich geprägt wurden, wird sich diese Hausarbeit zum Teil auf die Selbstzeugnisse von ehemaligen Kindern des Zweiten Weltkriegs stützen. Die Fragenstellung lautet daher: Welche Sozialisationsfaktoren existieren in den rückblickenden Selbstzeugnissen ehemaliger Kriegskinder?
Die Untersuchung dieser Arbeit gliedert sich folgendermaßen: Zuerst wird in Kapitel zwei der Begriff der Sozialisation dargestellt, neben der Definition werden anzustrebende Sozialisationsziele beleuchtet. In Kapitel drei wird zum einen anhand von Zeitzeugenberichten dargelegt, welche Erfahrungen Kinder während des Kriegs gemacht haben. Zum anderen wird in diesem Zusammenhang der Begriff Traumata beleuchtet. Auf dieser Grundlage soll im Kapitel vier untersucht werden, welche Auswirkungen diese Erfahrungen auf ihre weitere Kindheit, ihr Erwachsenendasein und ihr Leben im Alter haben. Abschließend soll in Kapitel fünf ein Fazit über die Ergebnisse der Arbeit gezogen werden.
Aufgrund der vielen und lang andauernden militärischen Konflikte, wie der Syrienkonflikt oder der zahlreichen Bürgerkriege in Afrika, die bis heute geführt werden, kann Krieg als ein Alltagsphänomen bezeichnet werden. Durch die Ordnung, die im Krieg existiert, erleben Menschen über einen längeren Zeitraum in allen Beziehungen belastende Umstände, die sich darüber hinaus auf ihr weiteres Leben auswirken. Dazu zählen beispielsweise der Verlust von wichtigen Bezugspersonen, das Sterben von Menschen, Flucht, Hunger oder die Zerstörung der gewohnten Umgebung. Insbesondere müssten Kinder, da sie sich noch in der Entwicklung befinden, stärker von Erlebnissen im Krieg geprägt werden.
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. Sozialisation
2.1. Definition
2.2. Zielvorstellungen
3. Gebündelte Aussagen von Selbstzeugnissen
3.1. Rückblick Kindheit
3.1.1. Verschlechterte Lebensbedingungen
3.1.2. Wegbrechen von Bezugspersonen
3.2. Traumata
3.2.1. Definition des Begriffs Traumata
3.2.2. Ursachen von Traumata
3.2.3. Folgen von Traumata
4. Rückblick nach dem Krieg
4.1. Als Kinder
4.2. Als Erwachsene
4.3. Im Alter
5. Fazit
6. Literatur
1. Einleitung
Aufgrund der vielen und lang andauernden militärischen Konflikte, wie der Syrienkonflikt oder der zahlreichen Bürgerkriege in Afrika, die bis heute geführt werden, kann Krieg als ein Alltagsphänomen bezeichnet werden. Durch die Ordnung, die im Krieg existiert, erleben Menschen über einen längeren Zeitraum in allen Beziehungen belastende Umstände, die sich darüber hinaus auf ihr weiteres Leben auswirken. Dazu zählen beispielsweise der Verlust von wichtigen Bezugspersonen, das Sterben von Menschen, Flucht, Hunger oder die Zerstörung der gewohnten Umgebung. Insbesondere müssten Kinder, da sie sich noch in der Entwicklung befinden, stärker von Erlebnissen im Krieg geprägt werden. Weshalb sich die Frage ergibt, welche Sozialisationsfaktoren auf Kriegskinder einwirken. Beispielhaft werden für diese Untersuchung dafür die Kinder des Zweiten Weltkriegs herangezogen. Heutzutage leben in Deutschland ungefähr 14,8 Millionen Menschen, die zwischen 1930 und 1945 geboren wurden und die ihre Kindheit in den Kriegsjahren des Zweiten Weltkriegs verbracht haben (vgl. Bohleber 2009: 51). Da die damaligen Kinder nicht alle die gleichen Erfahrungen gesammelt haben bzw. unterschiedlich geprägt wurden, wird sich diese Hausarbeit zum Teil auf die Selbstzeugnisse von ehemaligen Kindern des Zweiten Weltkriegs stützen. Die Fragenstellung lautet daher: Welche Sozialisationsfaktoren existieren in den rückblickenden Selbstzeugnissen ehemaliger Kriegskinder?
Die Untersuchung dieser Arbeit gliedert sich folgendermaßen: Zuerst wird in Kapitel zwei der Begriff der Sozialisation dargestellt, neben der Definition werden anzustrebende Sozialisationsziele beleuchtet. In Kapitel drei wird zum einen anhand von Zeitzeugenberichten dargelegt, welche Erfahrungen Kinder während des Kriegs gemacht haben. Zum anderen wird in diesem Zusammenhang der Begriff Traumata beleuchtet. Auf dieser Grundlage soll im Kapitel vier untersucht werden, welche Auswirkungen diese Erfahrungen auf ihre weitere Kindheit, ihr Erwachsenendasein und ihr Leben im Alter haben. Abschließend soll in Kapitel fünf ein Fazit über die Ergebnisse der Arbeit gezogen werden.
2. Sozialisation
In diesem Kapitel wird der Begriff Sozialisation definiert und daraufhin untersucht, welche Sozialisationsziele nachdem zweiten Bundesfamilienbericht von 1975 angestrebt werden sollten.
2.1. Definition
Unter Sozialisation wird ein Prozess der Entstehung und der Entwicklung von charakterlichen Eigenschaften eines Individuums verstanden (vgl. Niederbacher/Zimmermann 2011: 15). Zu diesem Prozess gehört das Verstehen. Was das Individuum lernt, steht dabei im Zusammenhang mit den Erfahrungen, die es von Beginn seiner Kindheit an macht. Das heißt, welche Probleme und Möglichkeiten existieren in der Umwelt und wie wird mit diesen umgegangen sowie wie werden die gemachten Erfahrungen von dem Individuum verarbeitet. Dabei geht es nicht nur darum, das Reize von außen in einen Bewusstseinskasten gefüllt und bewahrt werden, sondern das der Einzelne sich stets aktiv mitbeteiligt. Da er als Subjekt von sich aus aktiv ist und seiner Umwelt handelnd gegenübertritt sowie die Ereignisse, die er erfährt, verarbeitet und einordnet. Sozialisation besteht somit aus einer Wechselwirkung von subjektiven Bedingungen (vgl. Geulen 2009: 12) aus der sozialen und materiellen Umwelt, welche von der Gesellschaft vermittelt werden (vgl. Niederbacher/Zimmermann 2011: 15). Wie ein Mensch sozialisiert wird, hängt von verschiedenen Faktoren ab, z. B. von der Familie, in der das Individuum aufwächst, die Art des Umgangs der Eltern mit ihrem Kind, aber auch vom Umgang der Erwachsenen dem Kind gegenüber im Allgemeinen. Außerdem spielen für die Sozialisation noch andere Faktoren wie Geschwister oder die Möglichkeiten zum Spielen eine Rolle. Im weiteren Verlauf des Lebens kommen als weitere Sozialisationsinstanzen die Schule und Freunde hinzu. Des Weiteren sind Erfahrungen, die nicht in der Familie gemacht werden, von großer Bedeutung. Später im Erwachsenenalter werden prägende Erfahrungen für die Persönlichkeit vor allem am Arbeitsplatz gesammelt (vgl. Geulen 2009: 12). Im Folgenden werden die Ziele von Sozialisation dargestellt werden.
2.2. Zielvorstellungen
Der Schwerpunkt von Sozialisation ist die Vermittlung von Fähigkeiten an das Individuum, damit dieses die Möglichkeiten erhält, am sozialen Leben teilzunehmen sowie die Gesellschaft in ihrer Entwicklung voranzubringen (vgl. Niederbacher/Zimmermann 2011: 15). Im zweiten Bundesfamilienbericht von 1975 werden diese in einzelne Zielvorstellungen spezifiziert. Der Prozess der Sozialisation hat als Erstes die Bildung von Selbstsicherheit bei Kindern zum Ziel, damit sie weder eine Lernunfähigkeit noch eine Selbstgerechtigkeit entwickeln. Außerdem sollen sie davor bewahrt werden, dass sie sich durch ein negatives Eigenbild in die Abhängigkeit von anderen begeben und Druck von Autoritäten aus Angst nachzugeben (vgl. Hurrelmann 1976: 21). Deshalb werden die Kinder darauf geprägt, selbstbewusst und selbstkritisch zu agieren.
Darüber hinaus soll Sozialisation dabei helfen, ein Gewissen zu entwickeln, damit die Mitglieder der Gesellschaft über ihre unmittelbaren Emotionen sowie in sozialen Situationen eine moralische Kontrolle haben. Weiter sind die Individuen dazu angehalten, nicht nur starr bestimmten Handlungsnormen zu befolgen, sondern Situationen auch selber zu beurteilen (vgl. Hurrelmann 1976: 21).
Zudem sollen die Menschen intellektuelle Fähigkeiten entwickeln, mit dem Ziel, eigenständige Probleme von Aufgaben zu bewältigen, sowie einen Umgang, der sachlich und sinnhaft ist, mit Definitionen und Theorien in ihren jeweiligen Handlungsräumen zu erlernen (vgl. Hurrelmann 1976: 21).
Anreize zu Leistungsbereitschaft sollen auf eine Art vermittelt werden, dass bestimmte Qualitätsmaßstäbe, die vom Inhalt bedeutend und sozial legitimierbar sind, von Einzelnen als Handlungsanreize angenommen werden. Dabei darf keine Fixierung auf die Leistung selbst entstehen.
Ein weiteres Ziel ist es, bei den Mitgliedern der Gesellschaft Empathie zu erzeugen, also den Willen und das Können, die Interessen und Bedürfnisse von anderen Individuen wahrzunehmen. Und diese durch Solidarität zu unterstützen, das heißt: Die Interessen und Bedürfnisse eines Anderen, in dem eigenen Handeln desto mehr zu berücksichtigen, je schwächer der Andere ist und ihm zudem Hilfe zu gewähren. Schließlich soll im Sozialisationsprozess die Fähigkeit vermittelt werden, Konflikte produktiv zu lösen, damit Probleme auf sozialer Ebene weder verdrängt noch durch Gewalteinwirkung gelöst werden (vgl. Hurrelmann 1976: 21).
3. Gebündelte Aussagen von Selbstzeugnissen
Nach der Definition des Begriffes der Sozialisation werden die Selbstzeugnisse von Kriegskindern beleuchtet. Zu Beginn dieses Kapitels erfolgt ein Rückblick auf die Kriegskindheit aus Sicht von Zeitzeugen. Darauffolgend wird beleuchtet, welche Auswirkungen Traumata auf Kinder haben, die auf Kriegserlebnisse zurückzuführen sind.
3.1. Rückblick Kindheit
Im folgenden Abschnitt soll beleuchtet werden, wie sich die Lebensverhältnisse im Krieg aus der Sicht der Kriegskinder ausgezeichnet dargestellt haben. Zudem soll dies anhand von Zeitzeugenberichten geschehen mit einem jeweils anderen Fokus: Bombenangriffe, Veränderung des Raums durch die Kinderlandverschickung, Flucht und Armut. Auf Basis dieser Erkenntnisse wird im nächsten Abschnitt das Wegbrechen von Bezugspersonen anhand eines weiteren Zeitzeugenberichts untersucht.
3.1.1. Verschlechterte Lebensbedingungen
Ab dem Jahr 1942 begannen die Alliierten mit großflächigen Angriffen auf deutsche Städte. Die Bombenabwürfe sollten neben der Zerstörung der Industrieanlagen in Deutschland auch der Zermürbung der Zivilbevölkerung dienen und kosteten ca. 600.000 Menschen das Leben. Gudrun Baumann, Jahrgang 1935, erinnert sich, wie sie die Bombardierungen in ihrer Heimatstadt erlebte: „Man muß es eben so sehen, wie es war: Wir haben jahrelang im Keller gesessen“ (Bode 2008: 36). Die Bevölkerung in den Städten ging bei Bombenalarm in dafür vorgesehene Schutzräume, in denen man aufgrund von Platzmangel nur sitzen konnte (vgl. Bode 2008: 36): „Denn auf der harten, lehnenlosen Bank des Bunkers war in den Stunden vorher trotz aller Erschöpfung an Schlaf nicht zu denken gewesen“ (Lorenz 2003: 84), weshalb an Morgen die Menschen übermüdet waren (vgl. Bode 2008: 36). Die Entwarnung wurde, durch einen gleichbleibenden, lang gezogenen Sirenenton übermittelt (vgl. Lorenz 2003: 82), der gleiche Ton löste dabei auch die Warnung vor einem neuen Fliegeralarm aus, der jederzeit Tag wie Nacht kommen konnte. Wenn beispielsweise auf dem Weg zur Schule Alarm ausgelöst wurde, wusste sie sofort, welchen Ablauf sie befolgen musste (vgl. Bode 2008: 36). Die Schutztüren zum Bunker waren dabei nur ein gewisses Zeitfenster lang geöffnet, verpasste man diesen, wurde man nicht mehr hineingelassen. Auch Baumann hat diese Erfahrung gemacht. Sie hat sich daraufhin der Länge nach hingeworfen. Um sie herum schlugen die Bomben ein (vgl. Bode 2008: 36). Dort, wo die Bomben trafen, waren nur noch Ruinen von Häusern übrig. Leichen waren zu sehen, die von Helfern bereits mit Tüchern bedeckt wurden. Trotzdem konnte man sehen, dass sich unter diesen, sich menschliche Körper abzeichneten (vgl. Lorenz 2003: 82). Daher hat Gudrun Baumann als Kind Erfahrungen mit Tod und Zerstörung gemacht.
Weiter lernte sie einiges in der Zeit im Bunker. So musste sie sich in erster Linie auf sich selbst verlassen, weil ihr in der größten Not ihr niemand helfen konnte. Sie hatte die Erwachsenen weinen sehen und ihre hysterischen Schreie gehört (vgl. Lorenz 2003: 78). Nach dem Luftangriff am nächsten Tag haben die Kinder, als ein Spiel Grant- und Bombenüberreste eingesammelt, als hätten die Erlebnisse im Bunker und ebenso draußen keine Bedeutung für sie (vgl. Lorenz 2003: 79). Die Menschen versuchten, sich in dieser angespannten Normalität zu bewahren, und lebten nach dem Motto: „Das Leben muss ja weitergehen“ (Bode 2008: 36). Dazu gehörte auch, dass ihre Mutter sie in diesen Jahren regelmäßig aufforderte: „Nun sei doch mal fröhlich (Bode 2008: 36).
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