Diese Hausarbeit untersucht die Aspekte der Landesherrschaft am Beispiel des Fürstbischofs von Eichstätt und legt dar, wie diese sukzessive erweitert wurde. Bevor diese Arbeit sich der Frage widmet, wie die Landesherrschaft in Eichstätt durch die Bischöfe ausgebaut wurde, wird erörtert, welche Kriterien eine Landesherrschaft ausmachen und wer diese ausüben kann.
Inhaltsverzeichnis
I. Das Hochstift Eichstätt in der Geschichte
II. Die Landesherrschaft in Eichstätt
a. Grundherrschaft
b. Hohe und niedere Gerichtsbarkeit
c. Regalien
III. Organisation und Verwaltung des Hochstift Eichstätt
a. Die Ämter
b. Das Domkapitel
IV. Fazit
V. Literaturverzeichnis
I. Das Hochstift Eichstätt in der Geschichte
Ansässig im südöstlichen fränkischen Raum, genauer im Altmühltal, war das Gebiet um Eichstätt im frühen Mittelalter noch sehr unerschlossen und beinahe vollständig von Wäldern bedeckt.1Die territoriale Situation ist gekennzeichnet durch die Lage des Eichstätter Raums zwischen Bayern, Franken und Schwaben. Besonderes die Nähe zum Herzogtum Bayern war problematisch, denn Eichstätt orientierte sich nach Franken und Schwaben und damit beim Kaiser und dem Reich, um die Unabhängigkeit aufrecht zu erhalten.2Im weiteren Verlauf des Mittelalters dominierte überwiegend das Verhältnis zum Reich über das Verhältnis zum bayerischen Umland. Einige Bischöfe Eichstätts erlangten hohe Positionen im Umfeld von Königen und Kaisern. Somit konnte beispielsweise Bischof Erchanbald im 10. Jahrhundert einige Privilegien, wie das Münz-, Zoll-, Markt und Befestigungsprivileg für seinen Bischofssitz erlangen.3
Das bereits bestehende Kloster Eichstätt gilt als der Vorgänger des Bistums und später des Hochstifts Eichstätt. Im Jahr 741 oder 742 wurde Willibald, der im Kloster von Eichstätt ansässig war, durch den angelsächsischen Missionsbischof Winfrid Bonifatius zum Bischof für das neue Bistum Erfurt geweiht, welches allerdings nur eine kurze Dauer bestand. Willibald kehrte anschließend nach Eichstätt zurück und behielt seine bischöfliche Stellung. Es folgte daraus die Gründung des Bistums Eichstätt, welche jedoch in der Forschung noch in einer Diskussion um den exakten Zeitpunkt debattiert wird und nicht kanonisch war. Ein Zeitraum von der Mitte bis zum Ende des 8. Jahrhunderts giltjedoch als gesichert.4Die Debatte um das exakte Gründungsjahr ist von wichtiger Bedeutung, da das frühere Datum, nämlich 741, auf eine bayerische Gründung deutet, während das Jahr 745 auf eine fränkische Ansiedelung hinweist.5
Als Kloster gegründet und zum Bischofssitz weiter aufgestiegen wird die Stadt Eichstätt erst im 12. Jahrhundert unter der Führung des Bischofs gegründet. Nach anfänglicher kommunaler Selbstverwaltung wandelt sich die Stadt zu einer ausschließlichen Bischofs- und Residenzstadt, welche vom Bischof beherrscht wird. Mit der Reichsreform wird das Hochstift Eichstätt Teil des Fränkischen Kreises.6Zentrale Ereignisse in der Geschichte des Hochstifts sind weiterhin unter anderem die Reformation und Gegenreformation, der Dreißigjährige-Krieg und die Säkularisation im Jahr 1802.7Mit der Säkularisation endet mit der Vereidigung der Beamten auf Bayern und dem Abnehmen der fürstbischöflichen Wappen die Herrschaft des Fürstbischofs von Eichstätt.8
Betrachtet man die Herrschaft des Fürstbischofs, fällt vor allem eines auf: Die Bezeichnung des Amts des Fürstbischofs betont den doppelten Charakter seiner Herrschaft. Die Titulierung ist allerdings weniger zeitgenössisch denn Einträge im Lehenbuch, welches 1497 begonnen wurde, benennen den Bischof noch mit einfachen, weniger prunkvollen Titeln.9Beispielsweise nannte sich erst Marquard Schenk von Castell (1637-1685) „höchwürdigster und gnädigster Fürstbischof‘. Darüber hinaus erweiterte er die Helmzier des Wappens des Bischofs um ein Schwert, also einem Symbol der weltlichen Macht.10Diesen weltlichen Charakter der bischöflichen Macht widmet sich diese Hausarbeit und erforscht, wie die weltliche Macht zur Landesherrschaft ausgebaut wird und welche Aspekte diese ausmachen.
II. Die Landesherrschaft in Eichstätt
Bevor diese Arbeit sich der Frage widmet, wie die Landesherrschaft in Eichstätt durch die Bischöfe ausgebaut wurde, soll erörtert werden, welche Kriterien eine Landesherrschaft ausmachen und wer diese ausüben kann.
„Landesherrschaft wird heute weithin als eine Kumulation von Herrschaftsrechten verstanden, die durch die Person des Landesherren vereinigt werden.“11
Grundlegend dafür sind insbesondere die Grundherrschaft und Vogtei, die hohe und niedere Gerichtsbarkeit, das Besteuerungsrecht, die Gebotsgewalt, verschiedene Regalien wie unter Anderem das Befestigungsrecht, das Münzrecht, sowie das Jagdrecht.12
Die Landesherrschaft war im Alten Reich nicht nur in der Hand weltlicher Herrscher. Auch geistliche Amtsinhaber konnten sie ausüben. Dies waren insbesondere die Bischöfe. Ihre Herrschaft war in zwei Bereiche aufgeteilt: Sie herrschten zum einen als geistliches Oberhaupt über die Diözese, zum anderen regierten sie einen Teil des Diözesangebietes als Landesherr, das sogenannte Hochstift. In diesem Gebiet waren die Bischöfe in der Lage Verordnungen zu erlassen und Steuern zu erheben, hatten demnach also die Territorialobrigkeit inne.13
Dem Hochstift Eichstätt gelingt der Erwerb dieser Privilegien und Rechte bereits weitestgehend im Mittelalter und setzt sich im Alten Reich durch den Ausbau fort. Dieses Ansammeln von Rechten bildet die Grundlage der fürstbischöflichen Landesherrschaft und ist deshalb für eine gesamte Betrachtung der Fragestellung unerlässlich. Es wird im Folgenden daher erläutert, wie der Fürstbischof von Eichstätt diese Privilegien und Rechte erhalten hat.
a. Grundherrschaft
Zentral im Konflikt um die Hegemonie im Gebiet in und um Eichstätt ist der Konflikt zwischen der Vogtei um das Grafengeschlecht von Hirschberg und den Bischöfen von Eichstätt. Die Grafen hatten ihr Herrschaftsgebiet um das Jahr 1170 vom Kaiser als Lehen erhalten und zur selben Zeit auch die Vogteigewalt über die Eichstätter Kirche erlangen können. Der Streit der beiden Parteien fand insbesondere wegen der gegenseitigen Verteidigung derjeweiligen Rechte statt.14Durch verschiedene Entwicklungen konnte Eichstätt sich im Verlauf des Mittelalters jedoch durchsetzen.
Die Grundlage der Landesherrschaft in Eichstätt bildet sich durch verschiedene kaiserliche Privilegien und Begünstigungen im 13. Jahrhundert heraus, die entweder für alle Bischöfe im Herrschaftsgebiet des Kaisers gelten, oder aber speziell für den Bischof von Eichstätt eingeführt werden.
Diese kaiserlichen Privilegien sind bei der Errichtung der Landesherrschaft für die Bischöfe von Eichstätt von großer Bedeutung. Während der Regentschaft von Friedrich II. erhalten Bischöfe im kaiserlichen Herrschaftsgebiet zwei zentrale Privilegien, die den Geistlichen bestimmte Befugnisse gewährleisten.15Das kaiserliche Privilegin favorem principum ecclasiasticorumvon 1220 stärkt beispielsweise die Position aller Bischöfe gegenüber den Laien, vor allem den Vögten, denn sie werden unter den Schutz des Kaisers gestellt, welcher Anmaßungen gegenüber den Eichstätter Bischöfen untersagt. Zusätzlich gewährt der Kaiser eine weitere Stärkung der Stadtherrschaft durch die Bischöfe, indem die Bildung von Stadträten und die Zusammenschlüsse von Handwerkern im Jahr 1231 untersagt wird. Der Bischof von Eichstätt Heinrich III. speziell wird darüber hinaus im Jahr 1234 durch Friedrich II. noch einmal besonders unter den Schutz des Kaisers gestellt, der den Bischof gegen die Übergriffe durch die Hochstiftsvögte, der Grafen von Hirschberg, in seinen Schutz stellt. Den Vögten wurde das Erheben von Abgaben der Bischofsstadt untersagt. Außerdem sollte der Bischof in seinen Herrschaftsgebieten einen weltlichen Richter installieren. Diese Privilegien konnten allerdings keine dauerhafte Durchsetzung der bischöflichen Herrschaft über das Gebiet herstellen.16So ist es den Bischöfen zum Beispiel untersagt, Reichsregalien als Lehen zu geben, im Gegenzug werden bestehende Rechte, wie das Zoll- und Münzrecht, durch den Kaiser geschützt. Darüber hinaus ist es den Vögten untersagt, Steuern von den Bürgern der Kathedralstadt einzuziehen, sowie von Beamten und Bediensteten des Bischofs. Das Recht Richter in ihren Städten, Märkten und Dörfern einzusetzen, wird den Bischöfen ebenfalls zugestanden. Außerdem ist es den Vögten untersagt, in die kirchliche Immunität einzugreifen. Diese Privilegien stärken die Position des Bischofs von Eichstätt außerordentlich und stellen ihn auf eine Stufe mit den Reichsfürsten. Dies wird von kaiserlicher Seite bestätigt, da beispielsweise der Bischof Heinrich III. im Jahr 1234 erstmals ein Schreiben mit goldenem Siegel erhält. Dies tituliert den Bischofim Rang eines Reichsfürsten.17
Durch das Aussterben der Grafenlinie von Hirschberg zu Beginn des 14. Jahrhunderts konnte die Landesherrschaft der Eichstätter Kirche vorangetrieben werden, denn die Grafenlinie hatte die Vogtherrschaft über große Teile des Territoriums inne. Diese ging durch den Tod des Grafen Gebhard von Hirschberg mit dem sogenanntenHirschberger Erbevon 1305 in den Besitz des Eichstätter Bischofs über. Dieses Erbe wurde bereits im vorherigen Jahrzehnt im Testament Gebhards festgelegt. Der Bischof erlangte im Gegenzug für die Übernahme der Schulden den Besitz des Grafen. Die Vogteirechte, sowie große Gebiete und das Recht im Gebiet zwischen Thalach und Altmühl über seine Untertanen zu richten, gingen ebenfalls an den Bischof. Das Erbe wurde von bayerischer Seite, sowie durch den königlichen Reichslandvogt von Nürnberg angefochten, aber der Eichstätter Bischof konnte seine Ansprüche weitestgehend durchsetzen. Lediglich das Landgericht Hirschberg, welches ein Hochgericht darstellte, konnte Eichstätt erst spät erwerben.18In einem Vergleich mit dem Kurfürstentum Bayern konnte sich das Hochstift Eichstätt bedeutende Rechte sichern. So war es beiden Parteien zugesichert, auf ihren jeweiligen Territorien die volle Landeshoheit auszuüben. Kurbayem übergibt darüber hinaus die Ansprüche auf das Landgericht Hirschberg. Steuerrecht, hohe und niedere Jagd werden ebenfalls neu geregelt, außerdem wurde eine neue Grenze gelegt.19
b. Die hohe und niedere Gerichtsbarkeit
Die Gerichtsbarkeit war in die hohe Gerichtsbarkeit und in die niedere Gerichtsbarkeit aufgeteilt. Die hohe Gerichtsbarkeit war für Fälle wie beispielsweise Mord, Totschlag, Raub und Meineid zuständig und oblag dem Grafen. Allein das Hochgericht war dazu befugt Leib- und Lebensstrafen zu verhängen und wurde deshalb auch Halsgericht genannt. Insbesondere die Hochgerichtsbarkeit war mitunter das wichtigste Merkmal der Landesherrschaft. Das Hirschberger Erbe und der daraus folgende Vertrag von Gaimersheim aus dem Jahr 1305 sicherte die Hochgerichtsbarkeit den Herzögen von Bayern zu. Lediglich in den eigenen Städten, Märkten und Burgen konnte der Bischof im Jahr 1309 den Bann erwirken.20Aus diesem Grund waren die Bischöfe von Eichstätt bestrebt, diesen Herrschaftsbereich auszubauen. Beispielsweise wurde beim Gebietserwerb besonders darauf geachtet, Dörfer zu erwerben, die die Hochgerichtsbarkeit selbst innehatten und welche dadurch in den bischöflichen Herrschaftsbereich mit dem Kauf überging.21Weiterhin unterlag die Hochgerichtsbarkeit am Anfang des 14. Jahrhunderts weitestgehend noch den Landgerichten
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1Hartmann, Peter Claus, Bayerns Weg in die Gegenwart, Regensburg 2004, S.75.
2Reithmeier, Irene, Johann Konrad von Gemmingen, Fürstbischofvon Eichstätt (1593/95-1612) Landesherr und Diözesanvorstand im Späthumanismus, Regensburg, 2010, S. 51f.
3 Hartmann, Peter Claus, Bayerns Weg in die Gegenwart, Regensburg, 2004, S.75.
4Vgl. Reithmeier, Irene, Johann Konrad von Gemmingen, Fürstbischofvon Eichstätt (1593/95-1612) Landesherr und Diözesanvorstand im Späthumanismus, Regensburg, 2010, S. 46.
5 Hirschmann, Gerhard, Eichstätt, in: Historischer Atlas von Bayern, Franken Reihe I Heft 6, Kommission für Bayerische Landesgeschichte, München 1959, S. 19.
6 Röttel, Karl, Das Hochstift Eichstätt, Ingolstadt 1987, S.30.
7 Ebd.,S.30-39.
8 Ebd.,S.4O.
9 Ebd.,S.34.
10 Reithmeier, lrene,Johann Konrad von Gemmingen, Fürstbischofvon Eichstätt (1593/95-1612) Landesherr und Diözesanvorstand im Späthumanismus, Regensburg, 2010, S. 324.
11 Merz,Johannes, Landesherrschaft/Landeshoheit, publiziertam 09.05.2011; in: Historisches Lexikon Bayerns,
URL: <http://www.historisches-lexikon-bayerns.de/Lexikon/Landesherrschaft/Landeshoheit> (18.02.2021)
12 Merz,Johannes, Landesherrschaft/Landeshoheit, publiziertam 09.05.2011; in: Historisches Lexikon Bayerns, URL: <http://www.historisches-lexikon-bayerns.de/Lexikon/Landesherrschaft/Landeshoheit> (18.02.2021)
13Gotthard, Axel, Das Alte Reich 1495-1806, Darmstadt 2006, S.17f.
14 Röttel, Karl, Das Hochstift Eichstätt, Ingolstadt 1987, S.23.
15 Röttel, Karl, Das Hochstift Eichstätt, Ingolstadt 1987, S.23.
16 Hirschmann, Gerhard, Eichstätt, in: Historischer Atlas von Bayern, Franken Reihe I Heft 6, Kommission für Bayerische Landesgeschichte, München 1959, S. 23.
17 Ebd.
18 Hirschmann, Gerhard, Eichstätt, in: Historischer Atlas von Bayern, Franken Reihe I Heft 6, Kommission für Bayerische Landesgeschichte, München 1959, S.25.
19 Röttel, Karl, Das Hochstift Eichstätt, Ingolstadt 1987, S.37.
20 Ebd.,S.57.
21 Ebd.,S.58.