Die vorliegende Arbeit setzt sich mit den Aufgaben Kunigundes, als Herrscherin an Heinrichs Seite, und ihren politischen Handlungsmöglichkeiten auseinander. Dabei wird diese Arbeit zunächst einen kleinen Überblick über Kunigundes Herkunft, Hochzeit und die Krönung geben. Daraufhin werden die Aufgabenfelder einer mittelalterlichen Königin oder Kaiserin beleuchtet. Dieser historische Hintergrund fungiert als Fundament für die darauffolgende Untersuchung der Teilhabe an der Politik Heinrichs II. Bei dieser wird sowohl Kunigunde als Intervenientin in den Urkunden beleuchtet als auch Kunigundes Rolle während der Witwenschaft herausgearbeitet.
Inhalt
1. Einleitung
2. Herkunft- Heirat- Krönung
2.1 Das Haus der Lützelburger
2.2 Kunigundes Hochzeit und der Weg zur Krone
3. Aufgaben der mittelalterlichen Königin
4. Die Teilhabe an der Politik Heinrichs II.
4.1 Die consors regni Formel
4.2 Kunigunde als Intervenientin in den Urkunden
5. Kunigundes Rolle als Witwe
6. Fazit
7. Literaturverzeichnis
7.1 Primärliteratur
7.2 Sekundärliteratur
1. Einleitung
„Adiutrix in regimine et gubernacione palacii et regni“1
Mit dieser Formulierung verschriftlichte Erzbischof Agobard von Lyon die Vorstellung des Idealbildes einer Königin in karolingischer Zeit. Sie sollte sich zum einen um den Haushalt kümmern und zum anderen den König bei der Regierung des Reiches unterstützen. Es ist davon auszugehen, dass diese Auffassung auch zur Zeit der Ottonen noch aktuell war. Frauen nahmen im Ottonen Reich wichtige Positionen ein und vor allem im 10. und 11. Jahrhundert nahm ihre Beteiligung an der Herrschaft zu. Neben Kaiserinnen wie Adelheid und Theophanu scheint auch Kunigunde von Luxemburg in die politischen Geschehnisse involviert gewesen zu sein.2 Doch was lässt sich unter den Aufgaben einer Königin oder Kaiserin subsumieren? Und in wie weit konnte Kunigunde aktiv auf die Politik ihres Mannes einwirken?
Als „kluge Ratgeberin, eine tatkräftige Regentin [und als] eine liebe Frau“ wird die Königin und Kaiserin in der Forschungsliteratur beschrieben.3 Sie war die Gattin des bayrischen Herzogs Heinrich IV., bevor dieser 1002 zum König gekrönt wurde. Adabold von Utrecht und Thietmar von Merseburg bieten in ihren Schriften nur spärliche Informationen und fokussieren sich hauptsächlich auf ihren Gemahl. Der früheste unmittelbare Beleg für Kunigunde findet sich in einer Urkunde, die Heinrich am 10. Juli 1002 ausstellte.4 Da Kunigunde in mehr als einem Drittel der Urkunden Heinrichs als Führsprecherin oder als Initiatorin auftritt, lässt sich die historische Kunigunde und ihre politischen Möglichkeiten am ehesten anhand der Urkunden untersuchen.
Seit etwa Mitte der 90er Jahre rückte Königin und Kaiserin Kunigunde, wie kaum eine andere mittelalterliche Herrscherin, in das Blickfeld der Geschichtsforschung.5 Dies lässt sich in den Zusammenhang mit dem wachsenden Interesse an der historischen Frauenforschung setzen. Aus diesem Grund werden, neben dem erscheinen einer Vielzahl Biographien, einflussreiche weibliche Persönlichkeiten durch die Perspektive der Woman und Genderstudies in den Mittelpunkt gerückt.6 Da sich an Kunigundes Person ganz unterschiedliche lokale Bezüge ausmachen lassen, finden sich einige Publikationen über sie und die Gründung des Bistums Bamberg, ihre Heiligkeit oder die Klostergründung in Kaufungen. Auch die Krönung in Paderborn wurde von der Forschung bedacht.
Die vorliegende Arbeit setzt sich mit den Aufgaben Kunigundes, als Herrscherin an Heinrichs Seite, und ihren politischen Handlungsmöglichkeiten auseinander. Dabei wird diese Arbeit zunächst einen kleinen Überblick über Kunigundes Herkunft, Hochzeit und die Krönung geben. Daraufhin werden die Aufgabenfelder einer mittelalterlichen Königin oder Kaiserin beleuchtet. Dieser historische Hintergrund soll als Fundament für die darauffolgende Untersuchung der Teilhabe an der Politik Heinrichs II. fungieren. Bei dieser wird sowohl Kunigunde als Intervenientin in den Urkunden beleuchtet als auch Kunigundes Rolle während der Witwenschaft herausgearbeitet.
2. Herkunft- Heirat- Krönung
2.1 Das Haus der Lützelburger
Die Abstammung lässt sich als ein wichtiges Merkmal bei mittelalterlichen Eheschließungen charakterisieren und sollte aus diesem Grund kurz beleuchtet werden.7 Geboren wurde Kunigunde zwischen 975 und 980. Mangelns Quellen lässt sich weder das exakte Datum noch der Geburtstort bestimmen. Sicher ist jedoch, dass Kunigunde einem aufsteigenden Geschlecht, welches in der zweiten Hälfte des 10. Jahrhunderts seinen Einfluss und Besitz vergrößerte, entstammte.8 Ihr Vater war Graf Siegfried und ihre Mutter trug den Namen Hadwig. Die genealogischen Zusammenhänge der Frühzeit dieses Hauses, werden in der Forschung kontrovers diskutiert. Insbesondere der Punkt, ob es sich bei Kunigundes Vater um Siegfried I. oder Siegfried II. handelt, ist umstritten.9 Stefan Weinfurter weist in seiner Abhandlung Kunigunde, das Reich und Europa daraufhin, dass es sich bei ihrem Vater um den Sohn von Herzog Giselbert von Lothringen (928-939) gehandelt haben könnte. Demnach wäre seine Mutter Kunigunde, die Enkelin Ludwig des Stammlers, welche mütterlicherseits aus dem karolingischen Haus stammte.10 Siegfried ließ 963 auf einem steilen Felsplateau, welches er im Tausch vom Abt von St. Maxim erhalten hatte, die Burg Luxemburg errichten.11 Seine Nachkommen bezeichneten sich ab 1083, auf Grund dieser Burg, als die Grafen von Luxemburg.12 Als Vogt von St. Maxim hatte er nicht nur großen Einfluss in diesem Raum, auch in großen Teilen der Stadt Trier und ihres Umfeldes konnte nichts gegen den Willen der Familie geschehen. Trier war zu dieser Zeit eine mächtige Stadt und war als Verkehrs- und Handelspunkt mit ihrer Moselbrücke von großer Bedeutung. Die Luxemburger zählten mit ihrem Einfluss zur „höchsten politischen Elite [und damit] zum Hochadel des Reiches“13, deren Linie sich bis zu Ludwig den Frommen und Karl den Großen zurückführen lässt.14 Siegfried war ein Anhänger der Ottonen. Otto den II. begleitete er nach Italien und war auch in seinen letzten Stunden anwesend. Danach stand er Otto dem III. beim Kampf gegen Heinrich den Zänker bei, wobei er vom westfälischen König Lothar gefangen genommen wurde. Nach dem er aus der Gefangenschaft entlassen wurde, entlohnte Otto III. ihn mit dem Münzrecht für die Abtei Echternach.15 Auch Kunigundes Bruder Heinrich von Luxemburg pflegte eine enge Beziehung zu Otto III. und unterstütze diesen beim letzten Italienzug. Kunigundes Familie vergrößerte nach und nach ihr Herrschaftsgebiet und somit auch ihren Einfluss. Dabei wird ihnen auch die Nähe zum König von Nutzen gewesen sein.
2.2 Kunigundes Hochzeit und der Weg zur Krone
Über Kunigundes alltägliches Leben, sowie ihre Kindheit und Jugend ist kaum etwas bekannt. Genau wie Kunigundes Geburtsjahr liegt auch das Jahr der Hochzeit mit dem Herzog Heinrich IV. im Dunklen. Dennoch lässt sich das Jahr zumindest ein wenig eingrenzen. Laut Stefan Weinfurter fand die Hochzeit wahrscheinlich bereits 995 oder 998, aber aller spätestens im Sommer 1000 statt.16 Da Heinrich IV. Kunigunde Bamberg als Morgengabe verliehen hatte, muss er zu diesem Zeitpunkt sein Erbe schon angetreten haben. Das Erbe erhielt er nach dem Tod seines Vaters im Jahre 995. Die Hochzeit kann also nicht vor 995 stattgefunden haben.
Aus welchen Gründen diese Verbindung zu Stande kam, kann nur vermutet werden. Ihre karolingische Abstammung und die mächtige Stellung der Luxemburger Grafen, sowie der damit einhergehende Territorialbesitz, könnte die Verbindung mit Heinrich gefördert haben.17 Auch die erfolgsversprechende Königsnähe könnte ein entscheidener Faktor für die Eheschließung gewesen sein. In der Forschung wird sogar vermutet, dass Otto III. diese Hochzeit vorantrieb, da die Lützelburger bei ihm im hohes Ansehen genossen.18 Stefan Weinfurter konzentriert sich bei der Suche nach den Gründen für die Vermählung vor allem auf den religiösen Aspekt. Er ist der Meinung, dass der „Gleichklang in den reformreligiösen Interessen“19 zur Ehe zwischen Heinrich und Kunigunde führte. Welche der Gründe ausschlaggebend waren, lässt sich letztendlich nicht zweifelsfrei belegen. Allerdings steht außer Frage, dass zur Zeit der Heirat die Königswürde noch in weiter Ferne lag. Heinrich IV. hatte seinen Herrschaftsmittelpunkt in Regensburg und auch dort muss Kunigunde hingezogen sein, um bis zum Tod Ottos III. als Herzogin von Bayern zu agieren.20 Im Jahre 1002 verstarb Otto III. und Heinrich IV. forderte die Reichsinsignien heraus. Seinen Anspruch auf die Königswürde sah er nur gerechtfertigt, wenn er über die Herrscherinsignien verfügen konnte.21 Dieses Verhalten unterstreicht die Wichtigkeit des Aktes der Übergabe der Reichsinsignien an den neuen Herrscher. Diese Wichtigkeit wird im Verlauf der Arbeit noch einmal aufgegriffen.
Herzog Heinrich IV. von Bayern wurde am 7. Juni 1002 in Mainz von Erzbischof Willigis zum König geweiht und gekrönt. Kunigunde befand sich zu diesem Zeitpunkt mit großer Wahrscheinlichkeit noch in Bayern weshalb beide getrennt voneinander gekrönt wurden. Dieses Phänomen lässt sich nicht nur bei Kunigunde finden, sondern scheint bis in staufische Zeit eine Normalität gewesen zu sein.22 Gekrönt wurde Kunigunde am 10. August desselben Jahres in Paderborn. Bei dieser Krönung handelte es sich um die erste sicher bezeugte Krönung einer Königin im ostfränkischen Reich.23 Die Weihung und Krönung wurde wie bei Heinrich II. durch den Mainzer Bischof Willigis durchgeführt, der zu gleich auch die Schwester des verstorbenen Kaisers zur Äbtissin weihte.24 Der Chronist Thietmar von Mersburg beschreibt dieses Ereignis in seiner Chronik in wenigen Worten:
„[…] domna Cunegundis benedictionem et coronam et Sophia […] abbtissa consecracionem a Willigiso archiepiscopo humiliter susceperunt.“ 25
Die Salbung von Herrscher und Herrscherin etablierte sich im ostfränkischen Reich anders als im westfränkischen Reich erst verhältnismäßig spät.26 Die Salbung von Kunigunde e diesen Akt jedoch und legte den Grundstein einer Tradition.
Im Jahre 1014 folgte die Kaiserkrönung durch Papst Benedikt VIII. in Rom. Dabei wurden Kunigunde und Heinrich II. von zwölf Senatoren feierlich zum Petersdom geleitet und dort gesalbt und gekrönt.27 Mit dem Kaisertum ergaben sich für Heinrich II. neue Möglichkeiten, die Gebote Gottes im gesamten christlichen Europa zu verbreiten.28 In dieser Zeit hielt Heinrich II. sich oftmals außerhalb des Reiches auf, demzufolge wurde Kunigunde für den inneren Halt des Reiches noch wichtiger.29
Die Verbindung zwischen Kunigunde und Heinrich II. blieb zwar kinderlos, es deutet jedoch nichts daraufhin, dass die Ehe unglücklich war.30
[...]
1 Waitz, Georg (edit): Agobardi archiespiscopi Lugdunensis Libri duo pro filis et contra Iudith uxorem Ludovici Pii, in: MGH SS 15, S.277.
2 Vgl. Baumgärtner, Ingrid Kunigunde. Politische Handlungsspielräume einer Kaiserin, in: Kunigunde - eine Kaiserin an der Jahrtausendwende, Kassel 1997, S. 11, folgend mit „Baumgärtner: Handlungsspielräume “ plus Seitenzahl aufgeführt.
3 Vgl. Guth, Klaus: Kaiser Heinrich II. und Kaiserin Kunigunde. Das heilige Herrscherpaar; Leben, Legende, Kult und Kunst, Petersberg 2002, S. 80.
4 Vgl. Weinfurter, Stefan: Kunigunde, das Reich und Europa, in: Kunigunde, in: consors regni, Vortragsreihe zum tausendjährigen Jubiläum der Krönung Kunigundes in Paderborn, München 2004, S.14. Folgend mit „Weinfurter: Das Reich und Europa “ plus Seitenzahl aufgeführt.
5 Vgl. Weinfurter: Das Reich und Europa, S.7.
6 Vgl. Fößel, Amalie: Die Königin im mittelalterlichen Reich. Herrschaftsausübung, Herrschaftsrechte, Handlungsspielräume, Stuttgart 2000, S.11. Folgend als „Fößel“ und Seitenzahl zitiert.
7 Vgl. Baumgärtner: Handlungsspielräume, S.14.
8 Vgl. Ebd.
9 Vgl. Baumgärtner : Handlungsspielräume, S.15.
10 Vgl. Weinfurter: Das Reich und Europa, S. 12.
11 Vgl. Ebd.
12 Vgl. Baumgärtner: Handlungsspielräume, S.15.
13 Vgl. Weinfurter: Das Reich und Europa, S.12.
14 Vgl. Baumgärtner: Handlungsspielräume, S.16.
15 Vgl. Pflefka, Sven : Kunigunde und Heinrich II. in: unterm Sternenmantel. 1000 Jahre Bistum Bamberg. Die Geschichte in Lebensbildern, Bamberg 2006, S.203.
16 Vgl. Weinfurter, Stefan : Kaiserin Kunigunde, Partnerin in der Herrschaft über Reich und Kirche, Festvortrag- Tag der hessischen Landesgeschichte in Kaufungen, in: Mitteilungen des Verbands für hessische Geschichte und Landeskunde Kassel 1834 E.V. Nr. 53, 2012, S.1. Folgend als „Weinfurter: Kunigunde“ plus Seitenzahl genannt.
17 Vgl. Fößel, S.17.
18 Vgl. Gebser, Anna: Die Bedeutung der Kaiserin Kunigunde für die Regierung Heinrichs II, Berlin 1897, S.7.
19 Vgl. Weinfurter: Kunigunde, S.4.
20 Vgl. Weinfurter: Das Reich und Europa, S.10.
21 Vgl. Ebd.
22 Vgl. Fößel, S. 44.
23 Vgl. Schneidmüller, Bernd : Heinrich II. und Kunigunde. Das heilige Kaiserpaar des Mittelalters, in: consors regni, Vortragsreihe zum tausendjährigen Jubiläum der Krönung Kunigundes in Paderborn, München 2004, S.29.
24 Vgl. Erkens, Franz- Reiner: Consortium regni- consecratio- sanctitas: Aspekte des Königinnentums im ottonisch- salischen Reich, in: consors regni, Vortragsreihe zum tausendjährigen Jubiläum der Krönung Kunigundes in Paderborn, München 2004, S.72. Folgend mit „Erkens“ + Seitenzahl benannt.
25 Von Merseburg, Thietmar; Holtzmann, Robert (Hrgs.): Die Chronik des Bischofs Thietmar von Merseburg und ihre Korveier Überarbeitung (MGH. SS.rer.Germ. N.S.9), Berlin 1935, S.243.
26 Vgl. Erkens, Franz- Rainer: Die Herrscher als gotes drut. Zur Sakralität des ungesalbten ostfränkischen Königs, in: Historisches Jahrbuch 118, 1998, S.32.
27 Vgl. regesta imperii: https://regesta-imperii.digitale-sammlungen.de/regest/ri02_ri_1014-02-14_000002_000001_002_004_001_000570_000001800b besucht am 13.08.2019.
28 Vgl. Weinfurter: Kunigunde, S.12.
29 Vgl. Ebd.
30 Vgl. Kirchner, Max: Die deutschen Kaiserinnen in der Zeit von Konrad I. bis zum Tode Lothars von Supplinburg, Berlin 1910 (Nachdruck von 1965), S.24.