Bereits Hunderte Jahre vor Christus wurde sich mit Assoziationen beschäftigt und der Grundstein für die Assoziationslehre wurde gelegt. Über die Jahre entwickelten sich verschiedenste Theorien, die in dieser Hausarbeit ausgearbeitet werden. Im Anschluss wird die Frage beantwortet, inwiefern die Erfolge dieser Entwicklung und die damit verbundenen Forschungsergebnisse auf das heutige Marketing bezogen werden können. Dabei wird konkret Bezug auf das Neuromarketing genommen, das einen besonderen Wert für Marken und deren Kommunikation begründet. Des Weiteren werden Anwendungsmöglichkeiten des Neuromarketing dargestellt. Abgeschlossen wird diese Arbeit mit einem Ausblick, inwiefern das Neuromarketing sich zukunftsbedingt etablieren kann und mit welchen ethnischen Faktoren diese Entwicklung zusammenhängt.
Inhaltsverzeichnis
Inhaltsverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
1 Einleitung
1.1 Vorstellung des Themas und Aufbau der Arbeit
1.2 Begriffsdefinitionen
1.3 Neurobiologische Grundlagen und die Fähigkeit des Lernens
2 Theoretische Grundlagen und Forschungsstand
2.1 Aristoteles
2.2 Britische Empiristen
2.3 Brown
2.4 Ebbinghaus
2.5 Heutiger Forschungsstand
3 Der Bezug der Forschungsergebnisse zum Marketing
3.1 Der Ablauf einer Kaufentscheidung
3.2 Neuromarketing
3.3 Die Bedeutung des Neuromarketing für die Markenführung
3.4 Neurobiologische Effekte zur Anwendung im Neuromarketing
4 Fazit und Ausblick
Literaturverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1: Großhirnrinde des Menschen
Abbildung 2: My Wife and My Mother-In-Law
Abbildung 3: Vergessenskurve
Abbildung 4: Das Nucleus Modell
Abbildung 5: Markenassoziationen
1 Einleitung
1.1 Vorstellung des Themas und Aufbau der Arbeit
Assoziationen stellen die Grundlage für viele der komplexen Fähigkeiten des menschlichen Gehirns dar. Die Fähigkeit zur Assoziation gibt uns die Möglichkeit des Denkens, des Lernens und der Speicherung im Gedächtnis. Sie ist wichtiger Bestandteil der Hirnforschung und auch heute noch nicht vollständig erklärbar (Häusel 2012, 28) .
Bereits hunderte Jahre vor Christus wurde sich mit Assoziationen beschäftigt und der Grundstein für die Assoziationslehre wurde gelegt. Über die Jahre entwickelten sich verschiedenste Theorien, die in dieser Hausarbeit ausgearbeitet werden. Im Anschluss wird die Frage beantwortet, inwiefern die Erfolge dieser Entwicklung und die damit verbundenen Forschungsergebnisse auf das heutige Marketing bezogen werden können. Dabei wird konkret Bezug auf das Neuromarketing genommen, das einen besonderen Wert für Marken und deren -kommunikation begründet. Des Weiteren werden Anwendungsmöglichkeiten des Neuromarketing dargestellt.
Abgeschlossen wird diese Arbeit mit einem Ausblick, inwiefern das Neuromarketing sich zukunftsbedingt etablieren kann und mit welchen ethnischen Faktoren diese Entwicklung zusammenhängt.
1.2 Begriffsdefinitionen
1.2.1 Definition Idee
Bereits 400 Jahre vor Christus entwickelte Platon seine in der Philosophie bekannte Ideenlehre. Im Sinne Platons ist die Idee das Urbild des Abbilds, wovon sich beide zwar gegenseitig beeinflussen, jedoch voneinander getrennt betrachtet werden. Die Idee als Urbild selbst ist dabei nicht abhängig von der Existenz des Abbilds, so kann nach Platon die Idee der Schönheit real existieren, ohne die Existenz schöner Dinge. Ideen sind demnach das wahre Sein (Metzler Lexikon Philosophie.015, 122).
Im 17. Jahrhundert wurde der Begriff Idee von Descartes und Locke geprägt. Descartes definiert eine Idee dabei im weiten Sinn als ein „Bewusstseinsinhalt jeglicher Art“. In Lockes Essay „Abhandlung über den menschlichen Verstand“(Originaltitel: An Essay Concerning Human Understanding).ird der Begriff Idee im Sinne einer Vorstellung angewendet (Strube 1984, 2).
Im heutigen Sprachgebrauch hat sich durchgesetzt, dass der Begriff Idee einen meist neuartigen Gedanken beschreibt, eine Meinung oder eine Vorstellung (Wirtz 2016). In der vorliegenden Hausarbeit wird, wenn von Ideen gesprochen wird, der Begriff mit Gedanken und Vorstellungen gleichgesetzt.
1.2.2 Definition Assoziation
Der Begriff Assoziation ist in vielen Fachrichtungen der Wissenschaft verbreitet. Allen übergreifend deutet der Begriff eine Verbindung von zwei oder mehr Einzelelementen an (Hanser und Singer 2000). Im Folgenden wird der Begriff Assoziation lediglich auf den Bereich der Psychologie bezogen und entsprechend definiert. An dieser Stelle wird darauf hingewiesen, dass es gemäß dem Titel der Hausarbeit mehrere Theorien zu Assoziationen gibt, die im weiteren Verlauf ausgearbeitet werden. Die entsprechenden Gemeinsamkeiten der Theorien dienen als Grundlage für die folgende Erläuterung.
Nach Wirtz (2019) deutet der Begriff Assoziation fächerübergreifend darauf hin, dass Einzelelemente verbunden werden. In der Psychologie besteht diese Verbindung aus der Verknüpfung einzelner seelischer Inhalte. Nach dem Ursprungsgedanken, die Verknüpfung von Ideen. Im weiteren Sinn können diese seelischen Inhalte auch Vorstellungen und Gefühlen darstellen, sowie mit körperlichen Reaktionen (bedingter Reflex) verbunden sein.
Eine Assoziation zeigt sich insbesondere dadurch, dass durch das Aufrufen eines Assoziationsglieds, das Auftreten eines Weiteren bedingt oder begünstigt wird. Dadurch entstehen sogenannte Assoziationsketten. Für diese Assoziationsketten wurden aus den verschiedenen Theorien zu Assoziationen Gesetze aufgestellt. Anhand dieser Gesetze werden die Entstehung der Assoziationsketten und deren Funktionsweise zu verstehen versucht. Der sogenannte Assoziationismus umfasst die Lehre über Assoziationen.
1.3 Neurobiologische Grundlagen und die Fähigkeit des Lernens
Um Assoziationen verstehen zu können, ist es wichtig den biologischen Hintergrund zu kennen. Wenn man begreift, wie diese Verknüpfungen entstehen, also die Fähigkeit des Lernens (Schmidt und Lang 2007, 228), kann man diese Information zu Marketingzwecken nutzen. Für unser Gedächtnis, wie wir es kennen, ist die Grundlage das Vermögen assoziieren zu können. Ohne die Fähigkeit der Assoziation, wären wir niemals in der Lage uns neue, beziehungsweise fremde Situationen zu verarbeiten. Die Assoziation bildet damit eine Grundlage zur Gedächtnis- und Lernforschung (Schmidt und Lang 2007, 228; Hennen et al. 2007).
In den ersten Lebensmonaten eines Kindes entsteht das Grundgerüst des Gehirns, indem Neuronen netzartig zusammenwachsen. Diese neuronalen Netze bilden die Struktur und Architektur unseres menschlichen Gehirns. Früher ist man davon ausgegangen, dass sich die Neuronen im Gehirn mit der Geburt entwickelt haben und fortan unveränderlich sind, heute weiß man, dass das nicht gegeben ist. Denn unter anderem Reize aus der Außenwelt beeinflussen die weitere Entwicklung des Menschen und dessen Gehirnzellen (Schmidt und Lang 2007, 232). Der stetige Umbau der Gehirnzellen und die damit verbundene Veränderbarkeit neuronaler Signalübertragung ist eine sehr komplexe Eigenschaft unseres Gehirns und stellt die Basis für das Lernen und unser Gedächtnis dar (Joachimsthaler et al. 2015). Dieses Gedächtnis gibt dem Menschen die Grundlage zu denken, da neu aufgenommene mit bereits vorhandenen Informationen abgeglichen werden (Bittner und Schwarz 2015, 19).
Die Assoziationstheorie selbst geht davon aus, dass der menschliche Geist lernt, indem er verknüpft. Biologisch gesehen bedeutet das, dass das Gehirn neue Synapsen, völlig neue Neuronen oder bereits bestehende Neuronen umgestaltet (Schmidt und Lang 2007, 228). Selbst kurze Lernerfahrungen haben bereits Auswirkungen und steigern die Anzahl, Größe und Komplexität der synaptischen Verbindungen (Schmidt und Lang 2007, 232). Die geistige Kompetenz des Menschen wird u.a. dadurch untermauert, dass der Homo Sapiens in der Lage ist, neue Anforderungen zu bewältigen, indem bereits bestehende Verbindungen umstrukturiert werden können. Diese Veränderung der Struktur unseres Gehirns und die Entstehung und Anpassung neuer neuronaler Netze, bezeichnen wir im normalen Sprachgebrauch als „lernen“. Dementsprechend spiegelt unser geistiges Netzwerk also unsere Lernerfahrungen wider (Schmidt und Lang 2007, 228).
Zwischen Neuronen herrscht ein permanenter Informationsaustausch auf elektronischer und chemischer Basis (Kindermann 2020, 102f.). Ist ein Reiz groß genug, um einen Schwellenwert zu übersteigen, wird der Reiz als elektrischer Impuls weitergeleitet und landet vorerst im sensorischen Gedächtnis (Kindermann 2020, 100; Schmidt und Lang 2007, 227). Wenn sich die dort angekommene Information nicht mit einer bereits vorhandenen Erfahrung assoziieren lässt, verschwindet sie schnell wieder aus unserem Gehirn (Kindermann 2020, 102). Wird dort die Information als relevant empfunden, beispielsweise auf Grund ihrer Neuheit oder Bedrohlichkeit, reagiert unser Gehirn mit der entsprechenden Zuwendung und wird aufmerksam. Diese Reize, die tatsächlich Aufmerksamkeit erhalten, werden in das Kurzzeitgedächtnis weitergeleitet (Kindermann 2020, 100). Wiederholt sich der Reiz oft oder ist sehr intensiv, führt dies zu einer Weiterleitung in das Langzeitgedächtnis (Raab et al. 2013, 129). Hier wird dieser Reiz dauerhaft gespeichert, indem chemische Verbindungen und somit neue Neuronen ausgeprägt werden (Raab et al. 2013, 132). Diese Speicherung ist bekannt als unser Gedächtnis (Kindermann 2020, 99). Je mehr Informationen mit dem Ursprungsreiz assoziiert werden, desto leichter kann die gespeicherte Information im Nachhinein abgerufen werden (Bittner und Schwarz 2015, 19). Dabei ist nicht nur der auslösende Reiz wichtig, sondern auch alle mitgespeicherten Wahrnehmungen als Sekundärinformationen, wie z.B. das Gefühl bei Entstehung des Reizes (Bittner und Schwarz 2015, 19). Jede Information die von unserem Gehirn aufgenommen wird, wird assoziiert und dabei auch mit Emotionen verknüpft (Bittner und Schwarz 2015, 22; Häusel 2012, 116).
In Abbildung 1 erkennt man die einzelnen Areale der Hirnrinde eines Gehirns. Im Gehirn liegen die sogenannten Assoziationsfelder in der vorderen Hirnrinde. Diese haben keine motorische oder sensorische Funktion, sondern bewirken lediglich das Zusammenwirken zwischen den einzelnen Sinnen und den motorischen Arealen. In diesem Bereich des Gehirns findet man eine hohe Anzahl von Assoziationsfasern. Diese verbinden die Areale der Rindenzentren miteinander (Schmidt und Lang 2007, 266). Wird ein Reiz in einem Sinnesareal wahrgenommen, wird die Information des Sinneseindrucks im Assoziationskortex verarbeitet. Dabei werden, ggfs. sogar mehrere gleichzeitig auftretende Reize zusammengeführt und mit bisherigem Wissen und Erfahrungen assoziiert (Briesemeister und Selmer 2020, 4f.). Hört man beispielsweise das Wort „Rose“, wird dies mit einem vergangenen visuellen Reiz des Bildes einer Rose und dem Zentrum der Seherinnerungen verknüpft und man weiß, wovon gesprochen wird. Die Verknüpfung zum limbischen System, dem Emotionszentrum des Körpers, könnte auch eine Assoziation mit dem Schmerz der Dornen aktivieren.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 1: Großhirnrinde des Menschen (Schmidt und Lang 2007, 186)
Aus dem Endbericht der Technikfolgen-Abschätzung über Hirnforschung geht hervor, dass die höheren Denk- und Gedächtnisvorgänge in diesen Assoziationsfeldern ablaufen. Dorthin werden die wahrgenommenen Reize der anderen Areale geleitet. Erhöht man den Reiz, wird die neuronale Verbindung gestärkt und die Verbindungen zwischen den beteiligten Neuronen werden mehr und enger (Raab et al. 2013, 134f.). Je öfter wir diese Impulserfahrung machen, desto stabiler ist die Verbindung. Je mehr Eingangskanäle mit dem Reiz verbunden sind, desto besser speichert das Gehirn die Information ab (Raab et al. 2013, 134f.). Die Assoziation wird somit Bestandteil unseres Gedächtnisses (Raab et al. 2013, 134).
Ob die Assoziation dabei eine positive oder eine negative Verknüpfung darstellt, ist nicht vorhersehbar. Stetig wird von unserem Gehirn überprüft, in welchem Zusammenhang die Assoziation zu unseren Emotionen und Motiven steht. Es vergleicht, ob die Assoziation beispielsweise mit unseren Vorlieben oder Bedürfnissen im Einklang steht. Ist das der Fall, entsteht eine positive Assoziation, ist dies nicht der Fall eine entsprechend negative. Jede Assoziation hat eine emotionale Wirkung (Briesemeister und Selmer 2020, 37).
2 Theoretische Grundlagen und Forschungsstand
2.1 Aristoteles
Schon zu Lebzeiten Aristoteles, circa 360 Jahre v. Chr., hinterfragte dieser wie das Denken funktionieren könnte. Der antike Philosoph erkannte schon damals, dass unsere Gedanken nicht gottgegeben sind, sondern durch unsere Umwelt beeinflusst werden. Im Zusammenhang damit, stellte er Regelmäßigkeiten in unserem Denken fest und formulierte diese in Form der ersten drei Assoziationsgesetze: Das Gesetz der Kontiguität, der Ähnlichkeit und der Gegensätzlichkeit (Goschke 2013).
Er erkannte früh, dass wenn er beispielsweise eine fremde Frau in einem roten Kleid sah, seine Gattin derweil immer rot trug, eine gedankliche Assoziation zu seiner Frau erfolgte. Dies liefert ein Beispiel für das Prinzip der Ähnlichkeit, da beide rote Kleider trugen. Für das Gesetz der Gegensätzlichkeit, kennt man die typischen Kontraste wie hell-dunkel und heiß-kalt, die sofort gedanklich verknüpft erscheinen. Das Prinzip der Kontiguität dagegen, lässt sich in zwei Kategorien teilen, die zeitliche und die räumliche Kontiguität. Dies bedeutet, dass unsere Wahrnehmung häufig Dinge verbindet und als zusammengehörig betrachtet, wenn sie zeitlich oder räumlich beieinander liegen. Auf dem Land wird der Sonnenaufgang mit einem Hahnenschrei assoziiert, im Haus der Stuhl zum Tisch. Je näher die Wahrnehmungen beieinander liegen, desto effektiver ist die dazugehörige Informationsverarbeitung und die dabei entstehende Assoziation (Strube 1984, 3).
2.2 Britische Empiristen
Obwohl die Idee der Assoziation mit Aristoteles weit zurück reicht, wurde diese vor allem im 17. Jahrhundert von den britische Assoziationisten aufgegriffen. Diese waren damals der Überzeugung, dass der Mensch sein vollwertiges Wissen durch Empirie erwirbt, d.h. dass alles Wissen, Erinnerungen sowie Ideen und Vorstellungen auf eine oder viele Erfahrungen zurückgehen (Drewing 2005). Die britischen Empiristen sind daher ebenso Vertreter des Assoziationismus. Bei Strube (Strube 1984, 2f.) wurden vor allem die folgenden Empiristen hervorgehoben: John Locke, David Hume und David Hartley.
John Locke gilt als Vorreiter der Assoziationspsychologie und 1700 veröffentlichte dieser sein berühmtes Werk „ Essay Concerning Humane Understanding.. In diesem wird klar, dass Locke die Assoziation als ein ergänzendes Prinzip erkennt. Die Ideen selbst entsprechen dem natürlichen Denkvorgang, Assoziationen stehen hierbei ergänzend und sorgen für falsche Verknüpfungen, wie Sympathien und Antipathien oder Hass und Märchen. Als Begründung dafür nennt er Gewohnheit, Erziehung sowie Konditionierung und belegt dies am Beispiel der Abneigung zu häufig verzehrten Lebensmitteln aus der Kindheit. Diese Beschreibung des ergänzenden Prinzips, steht nur zusätzlich zu der Annahme Aristoteles der Kontiguität, welches ein unabdingbares Prinzip darstellt (Strube 1984, 2f.).
David Hume dagegen greift zwar die Assoziation als Funktionsprinzip des Denkens auf, erweitert es jedoch mit den Prinzipien der Ähnlichkeit, Kontiguität und des Ursache-Wirkungs-Zusammenhangs (Strube 1984, 3). Im Gegensatz zur Theorie von Locke unterliegen diese natürlichen Eigenschaften und nicht dem äußeren Einfluss.
Sehr ähnlich zu dem Assoziationismus wie wir ihn heute kennen, dachte bereits David Hartley. Der britische Empirist nennt die Sinneseindrücke als Quelle der Vorstellungen, die wiederum durch Assoziation verbunden werden. So wird aus einer einfachen Verknüpfung eine komplexe Vorstellung. Als Ursache hierfür nennt er ebenso die Kontiguität, unterteilt diese jedoch in zwei Unterpunkte: die Gleichzeitigkeit und die Aufeinanderfolge als Hauptursache für die Assoziation (Strube 1984, 3).
2.3 Brown
Das von den Briten aufgestellte Grundkonzept zur Assoziation wurde erneut aufgegriffen und im 19. Jahrhundert von Thomas Brown weiterentwickelt. Dabei orientiert sich seine Auffassung an der Humes, es wurde lediglich ein Gesetz dabei ausgetauscht. Der Ursache-Wirkungs-Zusammenhang wird durch das Prinzip des Kontrasts ersetzt, es bleiben somit das Prinzip der Ähnlichkeit, der Kontiguität und des Kontrasts übrig. Bekanntermaßen sind diese Prinzipien identisch mit denen Aristoteles und stellen fortan die primären Assoziationsgesetze dar (Strube 1984, 4). Anschließend erweiterte er diese mit seinen neun sekundären Assoziationsgesetzen: Dauer, Intensität, Häufigkeit, zeitliche Neuheit, Eindeutigkeit, Konstitution, psychischer sowie physischer Zustand und Gewohnheit (Strube 1984). Diese erklärt Strube (Strube 1984, 4f.) detaillierter: Die Dauer, Intensität und Häufigkeit bezieht sich dabei auf die Koexistenz des ursprünglichen Sinneseindrucks. Je länger, stärker und häufiger die Assoziationsglieder zusammen auftreten, desto stärker die Assoziation. Ebenfalls wird eine zeitliche Variabilität unterstellt, denn umso länger die Verknüpfung zurückliegt, desto schwerer kann es in Erinnerung gerufen werden. Das Erinnern fällt einem hingegen leichter, wenn der Assoziation keine Konkurrenz beiliegt, die Assoziation weitestgehend eindeutig und einmalig ist und bis dato mit keinem weiteren Assoziationsglied verknüpft wurde. Das Prinzip der Konstitution bezieht sich auf genetische Grundlagen, die DNA eines Einzelnen. Die derzeitige Gefühlslage, sowie die Empfindlichkeit der körperlichen Wahrnehmung, beeinflussen ebenfalls die Assoziation und deren Stärke. Als letztes sekundäres Assoziationsgesetz nennt Brown die Gewohnheit. Dies wird beispielsweise auf den beruflichen Hintergrund bezogen, je nach gewähltem Beruf werden gleiche Elemente verschieden beobachtet, wahrgenommen oder angegangen. Mit dem vollständigen Aufstellen der zwölf Assoziationsgesetze, brachte Brown den Assoziationismus auf den Höhepunkt.
Wie diese Assoziationsgesetze unsere Wahrnehmung beeinflussen, lässt sich am Beispiel eines Vexierbildes nachvollziehen. Das mitunter berühmteste, die Zeichnung „My Wife and My Mother-In-Law“, dargestellt in Abbildung 2. Auf den ersten Blick zu erkennen, ist entweder die junge Dame oder aber eine alte Frau. Häufig behaupten Magazine, je nach dem was man erkenne, sei das auf das innerliche Alter des Betrachters zurückzuführen. Anhand der Assoziationsgesetze und der Grundlage der Assoziation als Vorgang des Denkens, lässt sich dies weiter ausführen. Das innere Alter ließe sich dabei zwar mit dem Prinzip des psychischen Zustandes erklären, allerdings würde dies die anderen Prinzipien außer Acht lassen.
Anmerkung der Redaktion: Die Abbildung wurde aus urheberrechtlichen Gründen entfernt.
Abbildung 2: My Wife and My Mother-In-Law
Um einen neutralen Ausgangspunkt zu wählen, geht man im Folgenden davon aus, dass der Betrachter weder der jungen Dame noch der alten Dame, im Alter oder optisch entspricht, also beispielsweise eine mittelalte Frau das Bild betrachtet. Würde diese das Bild direkt nach dem Besuch bei der Großmutter betrachten, die möglicherweise sogar ähnlich aussieht, spricht das Prinzip der Kontiguität und der Ähnlichkeit für eine Assoziation zur Großmutter und dem Erkennen der alten Dame. Je länger und häufiger ein Besuch bei der Großmutter stattfindet, umso stärker könnte die Assoziation zur älteren Dame werden. Hat diese mittelalte Frau aber beruflich viel mit jungen Leuten, vorwiegend jungen Frauen zu tun, ist die Assoziation zur jungen Dame naheliegend. Vermisst die Betrachterin ihre kürzlich verreiste Tochter, hat dies nach dem Prinzip des psychischen Zustands, Einfluss auf die Wahrnehmung der jungen Frau auf dem Bild. Ein praktisches, allerdings wenig realistisches Beispiel wäre, wenn der/die Betrachter/in ohne Kontakt zu seinesgleichen bei der Großmutter aufgewachsen ist, sein eigenes Abbild nicht kennt und nur mit der Großmutter in Kontakt steht, würde dies für eine Assoziation auf Grund der Eindeutigkeit durch Konkurrenzlosigkeit sprechen. Welche Assoziation letzten Endes erfolgt ist, ist unvorhersehbar, die Prinzipien selbst legen nur den Rahmen für mögliche Entstehungen dieser Assoziationen fest. Heutzutage weiß man, dass einige der hier genannten Beispiele durch den Priming-Effekt erklärbar sind. Dieser Effekt wird in einem späteren Kapitel behandelt.
2.4 Ebbinghaus
Heute sind weitaus mehr Vertreter der Assoziationspsychologie bekannt, neben G.E. Müller und T. Ziehen, ist Hermann Ebbinghaus der vermutlich bekannteste. Unter ihnen im 19. Jahrhundert, galt die Annahme, dass das Denken eine Abfolge von untereinander assoziativ verknüpften Vorstellungen ist (Goschke 2013).
Ebbinghaus selbst führte viele Selbstversuche durch und steht für den Beginn der experimentellen Gedächtnisforschung. 1885 führte er ein Experiment durch, dass Aussagen über die Gedächtnisleistung treffen sollte. Es gab nur einen Probanden, welchen er selbst darstellte. Um Einflüsse aus Vorwissen und Logik zu umgehen, stellte er sinnlose Silben auf, wie HAQ oder PIF (Mazur 2006, 51). Aus diesen Silben stellte er eine beliebig zusammengestellte Liste auf und lernte diese auswendig. In regelmäßigen Abständen fragte er sich selbst die Liste ab. Das Experiment sollte zwei Dinge bemessen: Die Anzahl der notwendigen Lerndurchgänge für das Ziel des Auswendiglernens selbst und das Maß der Erinnerung, durch die Verringerung der Anzahl notwendiger Lerndurchgänge beim wiederholten Lernen (Goschke 2013). Hinsichtlich des Erlernens stellte er fest, dass die Anzahl der benötigten Lerndurchgänge mit der Anzahl der Reihenlänge korrelativ steigt (Goschke 2013). Die heute bekannteste Erkenntnis aus diesem Experiment, stellt die Vergessenskurve dar. Im Grundsatz besagt diese, dass umso mehr Zeit vergeht, die vergangene Zeit einen negativen Einfluss auf die Leistung zum Abrufen des Erlernten hat. In Abbildung 3 ist eine solche Vergessenskurve von Ebbinghaus‘ abgebildet.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 3: Vergessenskurve (Goschke 2013)
Das Maß der Erinnerung wird dargestellt mit der Ersparnis bei einem erneuten Lernen. Es ist zu erkennen, dass bei dem Abrufen der gelernten Liste bereits nach 20 Minuten, nur 60% der Liste abgerufen werden konnte. Nach einer Stunde betrug die Ersparnis durch bereits beherrschtes Wissen 45%, nach einem Tag 34%, etc. Der Wissensverlust verläuft dabei nicht linear, sondern exponentiell fallend. Daraus ergab sich für Ebbinghaus die Erkenntnis, dass wenn man Wissen bewahren will, es wiederholt werden muss und so eine Unterscheidung von kurzzeitigem und langzeitigem Behalten existiert (Goschke 2013).
Des Weiteren konnte Ebbinghaus Übungseffekte beobachten, wie das Überlernen. Er stellte fest, dass je mehr Wiederholungen er machte, auch wenn er das Gelernte bereits beherrschte, er „überlernte“ und es somit einen Einfluss auf die Erinnerung hatte (Mazur 2006, 52). Das Überlernen resultierte bei späteren Tests in einer verbesserten Leistung. Das Gelernte hielt sich durch das Überlernen länger im Gedächtnis (Mazur 2006, 52). Diese Erkenntnis bestätigt das Brownsche Assoziationsgesetz der Häufigkeit, die Vergessenskurve und das Assoziationsgesetz der Kontiguität. Mit seinen Experimenten und Resultaten förderte Ebbinghaus zu einem bedeutenden Teil die Entwicklung der Wahrnehmungs-, Gedächtnis- und Kognitionspsychologie.
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