In der Hausarbeit geht es um den Zwiespalt zwischen Liebe und Tugend, den die Figur Miss Sara Sampson im gleichnamigen Trauerspiel von Lessing erlebt und zu lösen versucht.
Das erste bürgerliche Trauerspiel in deutscher Sprache ist das Drama Miss Sara Sampson, das Gotthold Ephraim Lessing 1755 veröffentlichte. Das im gleichen Jahr uraufgeführte Trauerspiel behandelt die Geschichte der gleichnamigen Protagonistin, die mit ihrem Geliebten Mellefont eine uneheliche Beziehung führt und aufgrund dieser vor ihrem Vater in ein Gasthaus flieht, in dem zu Beginn der Handlung auch ihr Vater und ein Bediensteter eintreffen. Im Laufe des Dramas trifft sie auf Marwood, die ehemalige Geliebte Mellefonts, die plant, Mellefont zurückzugewinnen. Beim ersten Aufeinandertreffen gibt sie sich Sara gegenüber jedoch als Verwandte von Mellefont aus. Als Marwood zu erkennen gibt sie sich erst in einem späteren Dialog, wobei Sara in Folge der Enthüllung ohnmächtig wird. Diese Gelegenheit nutzt Marwood, um Sara aufgrund ihrer Eifersucht zu vergiften. Bereits vom Gift geschwächt kommt Sara wieder zu sich und trifft auf ihren Vater, der sich selbst schwere Vorwürfe macht und Sara und Mellefont ihre Flucht verzeiht. Sara selber vergibt auf dem Sterbebett ihrer Mörderin und bittet auch ihren Vater sowie Mellefont, ihr hierin zu folgen. Nach Saras Tod wird auch ihr Geliebter von seinen Schuldgefühlen überwältigt und ersticht sich.
Mehrfach wird Saras innerer Zwiespalt zwischen Liebe und Tugend thematisiert. Einerseits liebt sie Mellefont und hat für ihn ihren Vater verlassen und drängt auf eine Eheschließung, um ihre Beziehung rechtlich zu legitimieren. Mellefont jedoch will eben jene herauszögern, da er in der Vergangenheit eher lasterhaft gelebt hat und sich vor einer festen Bindung fürchtet. Andererseits liebt Sara auch ihren Vater und macht sich Vorwürfe, ihn zu enttäuschen. Auch glaubt sie, durch ihre uneheliche Beziehung nicht tugendhaft zu leben. Somit kann sie sich nicht entschließen, ob sie zu ihrem Vater zurückkehren um ihre Tugend wiederherstellen oder weiter mit ihrem Geliebten leben möchte. Durch die Vergebung des Vaters und dessen Angebot, Mellefont aufzunehmen, scheint der Konflikt mit einem glücklichen Ausgang gelöst. Dieser wird jedoch durch den Tod des Liebespaares verhindert.
Inhalt
Der Zwiespalt zwischen Liebe und Tugend in Miss Sara Sampson
1 Einführung in die Fragestellung
2 Der Begriff der Tugend
2.1 Der Tugendbegriff der Empfindsamkeit
2.2 Der Tugendbegriff der Miss Sara
3 Die Liebe im Drama
3.1 Saras Liebe zu Mellefont
3.2 Saras Liebe zu ihrem Vater
4 Entscheidungsmomente zwischen Liebe und Tugend
4.1 Tatsächliche Entscheidungen
4.2 Mögliche Entscheidungen, wäre der Zwiespalt nicht existent
5 Fazit
Literaturverzeichnis
1 Einführung in die Fragestellung
Das erste bürgerliche Trauerspiel in deutscher Sprache ist das Drama Miss Sara Sampson, das Gotthold Ephraim Lessing 1755 veröffentlichte. Das im gleichen Jahr uraufgeführte Trauerspiel behandelt die Geschichte der gleichnamigen Protagonistin, die mit ihrem Geliebten Mellefont eine uneheliche Beziehung führt und aufgrund dieser vor ihrem Vater in ein Gasthaus flieht, in dem zu Beginn der Handlung auch ihr Vater und ein Bediensteter eintreffen. Im Laufe des Dramas trifft sie auf Marwood, die ehemalige Geliebte Mellefonts, die plant, Mellefont zurückzugewinnen. Beim ersten Aufeinandertreffen gibt sie sich Sara gegenüber jedoch als Verwandte von Mellefont aus. Als Marwood zu erkennen gibt sie sich erst in einem späteren Dialog, wobei Sara in Folge der Enthüllung ohnmächtig wird. Diese Gelegenheit nutzt Marwood, um Sara aufgrund ihrer Eifersucht zu vergiften. Bereits vom Gift geschwächt kommt Sara wieder zu sich und trifft auf ihren Vater, der sich selbst schwere Vorwürfe macht und Sara und Mellefont ihre Flucht verzeiht. Sara selber vergibt auf dem Sterbebett ihrer Mörderin und bittet auch ihren Vater sowie Mellefont, ihr hierin zu folgen. Nach Saras Tod wird auch ihr Geliebter von seinen Schuldgefühlen überwältigt und ersticht sich.
Mehrfach wird Saras innerer Zwiespalt zwischen Liebe und Tugend thematisiert. Einerseits liebt sie Mellefont und hat für ihn ihren Vater verlassen und drängt auf eine Eheschließung, um ihre Beziehung rechtlich zu legitimieren. Mellefont jedoch will eben jene herauszögern, da er in der Vergangenheit eher lasterhaft gelebt hat und sich vor einer festen Bindung fürchtet. Andererseits liebt Sara auch ihren Vater und macht sich Vorwürfe, ihn zu enttäuschen. Auch glaubt sie, durch ihre uneheliche Beziehung nicht tugendhaft zu leben. Somit kann sie sich nicht entschließen, ob sie zu ihrem Vater zurückkehren um ihre Tugend wiederherstellen oder weiter mit ihrem Geliebten leben möchte. Durch die Vergebung des Vaters und dessen Angebot, Mellefont aufzunehmen, scheint der Konflikt mit einem glücklichen Ausgang gelöst. Dieser wird jedoch durch den Tod des Liebespaares verhindert.
Im Folgenden werde ich zunächst die Einzelaspekte von Saras Zwiespalt diskutieren und nachweisen sowie an ausgewählten Textstellen darlegen, wie Sara zwischen Liebe und Tugend zu entscheiden versucht und wie ihre Entscheidungen aussehen könnten, wäre sie rein auf ihre Liebe oder nur auf ihre Tugend fixiert, um festzustellen, wie sich der Zwiespalt an konkreten Beispielen auf die Entscheidungen der Protagonistin auswirkt.
2 Der Begriff der Tugend
Folgt man dem digitalen Wörterbuch der deutschen Sprache, so ist die Tugend eine vorbildliche oder eine gute Eigenschaft, bis zum 17. Jahrhundert hat sie auch die Bedeutung der Vollkommenheit, der Enthaltsamkeit und der Keuschheit und bildet damit im christlichen Sinn den Gegensatz zu Laster und Sünde. Um den Tugendbegriff der Protagonistin Miss Sara nachzuvollziehen, reicht diese grobe Definition nicht aus, nötig ist eine genaue Betrachtung der Tugendbedeutung im 18. Jahrhundert.
2.1 Der Tugendbegriff der Empfindsamkeit
Die empfindsame Literatur, zu der auch Lessings Miss Sara Sampson zählt, entsteht in einer Zeit des aufstrebenden Bürgertums. Diese beginnt in England mit der Industrialisierung und der Ausbildung der parlamentarischen Monarchie, verbreitet sich in Europa und findet einen ersten Höhepunkt in der Französischen Revolution am Ende des 18. Jahrhunderts, in der das Bürgertum die Macht im Staat übernimmt. Diese Zeit entspricht der Epoche der Aufklärung, in der sich das Bürgertum zunehmend bildet.
Dies führt auch zu einer Hinwendung zur Literatur, aus der auch eine veränderte Zielgruppe und Thematik von Dichtung erwächst. Noch im Barock ist diese aristokratisch ausgerichtet, mit zunehmender Bildung und zunehmendem Selbstbewusstsein des Bürgertums wird dieses immer mehr angesprochen, aber auch dessen Thematiken an die Höfe getragen. In dieser Zeit entsteht das Bürgerliche Trauerspiel, zunächst in England, später auch im Heiligen Römischen Reich. Wie im hier behandelten Trauerspiel Miss Sara Sampson können noch immer Adlige die Protagonisten sein, solange sie einen bürgerlichen Lebensstil pflegen und die bürgerlichen Werte vertreten.
Diese neuen bürgerlichen Ideale beruhen auf Leistung und Verdienst statt Herkunft und Stand. Dementsprechend orientieren sich die bürgerlichen Tugenden der Ordentlichkeit, Reinlichkeit, Sparsamkeit und des Fleißes an dem Ziel, ein praktisches alltägliches Leben aufzubauen und wirtschaftlich unabhängig zu sein. Daher sind diese Tugenden vom Zweck her wirtschaftliche, aber da sie vom Bürgertum praktiziert und verbreitet wurden, sind sie als bürgerliche bekannt. Dass nicht der Adel diese Tugenden durchgesetzt hat, ist darauf zurückzuführen, dass der Bürger aus eigener Anstrengung und nur mit beschränkten Mitteln ein wirtschaftliches Leben aufbauen muss. Der Adel dagegen muss weniger haushalten, weshalb sittliche Wertungen für den Adel Großzügigkeit und Großmut bedeuten.
Als Muttertugend gilt die Ordnung. Diese umfasst sowohl die Ordnung im Haushalt als auch die der Vorräte und der Zeit, sodass weder Vorräte verderben noch Zeit unnütz vertan wird. Aus der Ordnung der Zeiteinteilung ergibt sich die Tugend der Pünktlichkeit, die eine geregelte Zeiteinteilung erfordert. Auch soll die Zeiteinteilung anderer respektiert werden, sodass diese keine Zeit im unnützen Warten verlieren. Ein wirtschaftlich unabhängiges Leben zu führen erfordert auch die Tugend der Sparsamkeit, das heißt ein zweckmäßiger Umgang mit den zur Verfügung stehenden Mitteln. Die Grundlage der Ordnung ist die Tugend der Reinlichkeit, ebenfalls eine einfache Tugend des praktischen Alltagslebens. Neben der Reinlichkeit im Haushalt, das heißt der Vermeidung von Schmutz, ist auch die Reinlichkeit des Menschen, also die Körperhygiene und praktische Gesundheitspflege gemeint. Im weiteren Sinne umfasst die Reinlichkeit auch die Unberührtheit der Seele eines Menschen von Umwelteinflüssen und ist damit eng mit der Unschuld verwandt. Insgesamt kann man feststellen, dass die Aufklärung, also auch der Entstehungszeitraum des Trauerspiels Miss Sara Sampson, durch die Vorrangstellung menschlichen Ordnungswillens bestimmt ist.
2.2 Der Tugendbegriff der Miss Sara
Der Tugendbegriff der Miss Sara orientiert sich an den oben erläuterten bürgerlichen Tugenden der Aufklärung, die neben Ordentlichkeit, Sparsamkeit, Reinlichkeit und Pünktlichkeit auch den Fleiß umfassen, aber auch an den seit der Antike geltenden Kardinaltugenden Klugheit, Gerechtigkeit, Tapferkeit und Mäßigung sowie der Vermeidung der sieben Todsünden Stolz, Habsucht, Neid, Zorn, Unkeuschheit, Unmäßigkeit und Trägheit. Belegen lässt sich dies an mehreren Textstellen.
Im siebten Auftritt des ersten Aufzugs berichtet sie ihrem Geliebten Mellefont gegenüber von Albträumen, die sie in der Nacht zuvor geplagt haben. Mellefont sucht die Schuld hierfür in Gott und klagt ihn an, Albträume erfunden zu haben, um die in der Wirklichkeit existierenden Qualen zu mehren1. Sara widerspricht, dass sich die Träume eines Menschen nach seinen Taten richteten, und erläutert, wenn ein Mensch pflichtbewusst und tugendhaft lebte, so dienten die Träume der Ruhe und dem Vergnügen2. An diesem Widerspruch und dem Tadel, Mellefont solle den Himmel nicht anklagen3, zeigt sich ihre Religiosität. Sie lässt es nicht zu, dass jemand ihren Gott beschuldigt, und nimmt die Schuld für ihre Qualen auf sich, woran man auch erkennt, dass sie in Bezug auf ihre Tugend sehr selbstkritisch ist. Auch bringt sie hier Tugend mit Pflichterfüllung in Verbindung, was der oben angesprochenen Vermeidung der christlichen Todsünde der Trägheit entspricht.
Auch an ihrer Einstellung zur Ehe lässt sich einiges über Saras Tugendbegriff erfahren. Im Dialog mit Mellefont, in dem es später auch um die oben diskutierten Albträume geht, versucht sie, ihm begreiflich zu machen, warum die Verschiebung der Eheschließung sie beunruhigt. Sara argumentiert, dass hinter der Zeremonie eine nähere Einwilligung des Himmels liege, womit sie Mellefont überzeugen möchte, die Ehe nicht weiter hinauszuzögern. Dass ihr diese Einwilligung wichtig ist, ist bereits ein Hinweis darauf, dass sie ihre Tugend auch über ihren Glauben definiert. Noch deutlicher wird Sara im Dialog mit Marwood, in dem letztere sie davon zu überzeugen sucht, dass ihre Beziehung zu Mellefont insofern gefährdet sei, dass Sara zwar Mellefonts Gemahlin sein würde, aber dieser stets nur Marwood lieben und Sara hintergehen würde4. Durch diese Eröffnung schockiert, bittet Sara Marwood um Hilfe, ihrem Geliebten „ein Band angenehm zu machen, ohne welches auch die aufrichtigste Liebe eine unheilige Leidenschaft bleibet“5. Hier ist deutlich zu erkennen, dass Sara in der Ehe die Möglichkeit sieht, ihre Beziehung und ihre Liebe rechtlich und vor der Kirche zu legitimieren. Sie bezieht sich damit darauf, dass die Ehe in der katholischen Kirche zu den Sakramenten zählt, was für einen sehr christlich geprägten Tugendbegriff spricht.
Ihre Gottesfurcht macht sich auch darin bemerkbar, dass sie ihren Geliebten darauf hinweist, dass sie Mellefont zwar liebt, aber sie „vor den Augen jenes Richters, der die geringsten Übertretungen seiner Ordnung zu strafen gedrohet hat“6 noch nicht zu Mellefont gehört. Gemeint ist hier, dass sie noch nicht kirchlich, das heißt vor den Augen Gottes, verheiratet sind. Miss Sara zeichnet hierbei das Bild eines strengen Gottes, dessen Ordnung eine feste Verbindung durch die Ehe vorsieht. Die Furcht vor dieser Strafe zeigt sich an späterer Stelle erneut, als Mellefont vorschlägt, für die Hochzeit nach Frankreich zu ziehen, woraufhin Sara vehement widerspricht, weil sie ihr Vaterland nicht als Verbrecherin verlassen möchte, aber auch wegen ihrer Furcht vor Gottes Strafe die Schiffsreise fürchtet7. Es ist naheliegend, dass sie dabei an die biblische Geschichte des Propheten Jona denkt, der vor Gottes Auftrag mit einem Schiff flieht, woraufhin Gott einen Sturm erschafft, in dem die Seeleute, die mit Jona segeln, ihn über Bord werfen und er von einem Fisch verschlungen wird.
Für einen bürgerlichen Tugendbegriff spricht, dass Sara meint, sie habe ihre Tugend in dem Moment aufgegeben, in dem sie mit Mellefont geflohen ist8. Damit bezieht sie sich auf einen Verstoß gegen das vierte Gebot „Du sollst deinen Vater und deine Mutter ehren“, da sie durch ihre Flucht ihren Vater verletzt und enttäuscht hat, oder, um auf den bürgerlichen Tugendbegriff zurückzukommen, darauf, dass sie sich schlicht ihrem Vormund entzogen und möglicherweise gegen eine direkte Anweisung ihres Vormunds gehandelt hat.
3 Die Liebe im Drama
3.1 Saras Liebe zu Mellefont
Dass Sara Mellefont liebt, ist über die gesamte Handlung hinweg ersichtlich. Zuerst einmal verlässt diese als sehr gewissenhaft und pflichtbewusst dargestellte Protagonistin den Haushalt ihres liebenden Vaters freiwillig für Mellefont und flüchtet mit ihm in ein Wirtshaus, wodurch sie eine Verschlechterung ihrer persönlichen Lebensverhältnisse in Kauf nimmt, um mit ihrem Geliebten zusammenleben zu können.
Weiterhin drängt sie mehrfach auf eine Eheschließung. Dies hängt mit ihrem Begriff von einem tugendhaften Leben zusammen, ist aber auch darauf zurückzuführen, dass sie sich sicher ist, für immer mit Mellefont leben zu wollen. Diese Überzeugung bringt sie auch im Dialog mit ihm zum Ausdruck: „Ich bin mit meinem Herzen die Ihrige, und werde es ewig sein“9. Im Zuge dessen argumentiert sie auch, wie bereits erwähnt, mit der drohenden Gottesstrafe. Diese religiöse Argumentation relativiert sie jedoch wenig später wieder, als sie erläutert, dass viele andere Frauen die Ehe nur suchen würden, um ihre Ehre wiederherzustellen. Sie aber wolle „von keiner anderen Ehre wissen […] als von der Ehre, [Mellefont] zu lieben“10. Sara will lediglich um ihrer selbst willen mit Mellefont verheiratet sein und bietet sogar an, die Ehe geheim zu halten. Diese Betonung der Liebe wird verstärkt dadurch, dass sie noch weitere Angebote macht, etwa „Sie sollen mich erklären können, für was Sie wollen“11 oder „ich will derselben [der Verbindung] ewig unwert sein, wenn ich mir in den Sinn kommen lasse, einen anderen Vorteil, als die Beruhigung meines Gewissens, daraus zu ziehen“12. Auch dienen diese Angebote der Versicherung, dass sie nicht nur auf das später erwähnte Vermächtnis aus ist.
In ihrer Verzweiflung zeigt Sara jedoch auch eine gewisse Unsicherheit. Diese spiegelt sich darin wider, dass sie Mellefont vorwirft, eben jene Erbschaft zu retten, dabei aber riskiert, sie für immer zu verlieren13. Das Problem ist hierbei, dass die Erbschaft an die Bedingung geknüpft ist, dass Mellefont eine Verwandte heiraten soll, die jedoch bereit zu sein scheint, ihn gegen die Hälfte des Erbes freizugeben14. Der endgültige Abschluss dieses Vergleichs lässt jedoch auf sich warten und provoziert Saras Frustration und Zweifel, die Mellefont erfolglos zu beruhigen versucht, indem er ihr eine Hochzeit und neue Freunde in Frankreich verspricht. Im Anschluss an ihre Ausführung über ihre Ängste zur Schiffsreise erkennt Sara selbst, dass sie an Mellefonts Liebe gezweifelt hat, obwohl sie sich geschworen hat, niemals an deren Aufrichtigkeit zu zweifeln15.
Auch im Dialog mit Marwood spricht sie über ihre Liebe zu Mellefont. Zunächst fragt sie die Marwood in dem Glauben, sie kenne Mellefont als eine Anverwandte, ob sie nach der Eheschließung „nicht das glücklichste Frauenzimmer […] werden“16 wird. Sie ist also durchaus überzeugt von ihrer Liebe und trägt diese auch nach außen, sucht aber dennoch die Bestätigung, das Richtige zu tun. Dies nutzt die Marwood aus, um eine gewisse Unsicherheit zu provozieren, woraufhin sich Sara jedoch wieder fängt und Mellefont verteidigt. Auf den Hinweis der Marwood hin, dass Mellefont auch andere Frauen geliebt hat, wendet Sara ein, dass sie selbst bestrebt war, ihm zu gefallen und dieses Gefühl auch anderen Frauen zugesteht17.
Weitere Unsicherheit erreicht die Marwood, indem sie Sara ihre eigene Geschichte mit Mellefont aus ihrer Sicht erzählt. Die Ehe, so die Marwood, bedeutete für Mellefont, dass „er seinen nunmehr zur Natur gewordenen Abscheu gegen ein förmliches Joch überwinden müsste“18. Daraufhin bittet Sara die Marwood um Hilfe, ihrem Geliebten diese Verbindung angenehm zu machen. Sie lässt sich in ihrer Liebe folglich nicht beirren und ist bestrebt, ihrem Geliebten die ihr so wichtige rechtliche Legitimation ihrer Liebe zu versüßen.
[...]
1 vgl. S.13, Z.19ff in: Gotthold Ephraim Lessing: Miss Sara Sampson. Ein Trauerspiel in fünf Aufzügen. Mit Anmerkungen von Veronica Richel. Stuttgart: Reclam 2003 (RUB, 16).
2 Vgl. ebenda S.13, Z.26ff.
3 Vgl. ebenda S.13, Z.24.
4 Vgl. ebenda S.84, Z.17f.
5 Ebenda S.84, Z.23ff.
6 Ebenda S.15, Z.5ff.
7 Vgl. ebenda S.17, Z.33ff.
8 Vgl. ebenda S.46, Z.32f.
9 Ebenda S.15, Z.3ff.
10 Ebenda S.15, Z.16f.
11 Ebenda S.15, Z.22f.
12 Ebenda S.15, Z.25ff.
13 Vgl. ebenda S.16, Z.5f.
14 Vgl. ebenda S.16, Z.33ff.
15 Vgl. ebenda S.18, Z.24ff.
16 Ebenda S.77, Z.15f.
17 Vgl. ebenda S.78, Z.31ff.
18 Ebenda S.84, Z.11f.