In dieser Arbeit soll der Frage nachgegangen werden, inwieweit pflegepädagogische Handlungen auf das Erleben und Verhalten von Patienten im Durchgangssyndrom oder Delir auf einer operativen Intensivstation Einfluss nehmen können. Falls dies der Fall ist, wird zu prüfen sein, ob diesem Einfluss auch ein präventiver Charakter obliegt. Dieses setzt voraus, dass grundsätzlich ein erzieherischer Anspruch der Krankenpflege gegenüber dem Patienten besteht. Auch dieser Frage soll nachgegangen werden.
Darüber hinaus soll eine Hilfe für all diejenigen gegeben werden, die mit der Pflege und Betreuung von akut deliranten Patienten im Intensivbereich beauftragt sind, um ein umfassenderes Verständnis für die Situation dieser Patienten zu erlangen. Dazu sollen Möglichkeiten aufgezeigt werden, den Umgang mit diesen Patienten, im Interesse der Kranken und auch im Interesse der Pflegenden, produktiver zu gestalten.
Es wird davon ausgegangen, dass bei der Entstehung des Durchgangssyndroms ein multifaktorieller Ursachenkomplex vorliegt. Da das Pflegepersonal intensivsten Kontakt zum Patienten hat, könnten sich Möglichkeiten ergeben, auf Ursachen direkt oder indirekt Einfluss zu nehmen. Es wird erwartet, dass gerade bei der Abwendung eines drohenden Durchgangssyndroms eine professionell durchgeführte pflegepädagogische Intervention von großer Bedeutung ist.
Inhaltsverzeichnis
Vorwort
1. Einleitung
2. Gang der Untersuchung
3. Medizinische Aspekte des Durchgangssyndroms und Delir
3.1 Definition und Abgrenzung
3.2 Symptomatik des Durchgangssyndroms
3.3.Ursachen für die Entstehung von Durchgangssyndromen
3.4 Therapie des Durchgangssyndroms
4. Intensivmedizin- und Pflege aus Patientensicht
4.1 Persönliche Situation
4.2 Psychisch belastende Faktoren
4.3 Individuelle Wahrnehmung und Emotionen
5. Pflegerische Aspekte des Durchgangssyndroms
5.1 Zustandsbild und Verlauf eines akut verwirrten Patienten
5.2 Pflegerische Probleme mit akut verwirrten Patienten
5.3 Komplikationen von Durchgangssyndromen und Delirien
6. Erziehung und Krankenpflege
6.1 Definition von Erziehung im berufspädagogischen Kontext
6.2 Gemeinsamkeiten von Erziehung und Krankenpflege
6.3 Potenzen von Erziehung in der Krankenpflege
6.4 Pädagogisches Arbeitsfeld des Pflegepersonals bezogen auf das Durchgangssyndrom
6.5 Legitimation eines Erziehungsanspruchs
6.6 Autonomie von Pflege
7. Pflegepädagogische Maßnahmen zur Prävention und Therapie des Durchgangssyndroms
7.1 Allgemeines
7.2 Pflegerische Diagnose
7.3 Basale Stimulation als Präventivmaßnahme und Therapie
7.4 Die klientenzentrierte Gesprächsführung
7.5 Validation im Umgang mit akut verwirrten Patienten
8. Zusammenfassung, abschließende Wertung und Ausblick auf weiterführende Fragestellungen
8.1 Zusammenfassung
8.2 Abschließende Wertung
8.3 Ausblick auf weiterführende Fragestellungen
9. Literatur- und Quellenverzeichnis
Vorwort
Bei meiner siebenjährigen Pflegetätigkeit auf der operativen Intensivstation des Klinikums der Stadt Wolfsburg wurde ich mit vielen Phänomenen und Situationen konfrontiert, die meine Aufmerksamkeit erregten. Aber kaum ein Zustand hat mich nachhaltig so fasziniert, wie der von Patienten im Durchgangssyndrom. Die ersten Reaktionen waren von Angst und Unverständnis gekennzeichnet, weil diese Form des psychischen Zustandes außerhalb des Krankenhauses oder anderen Pflegeeinrichtungen kaum zu beobachten ist und daher eine völlig neue Erfahrung darstellte. Die rapide fortschreitende Verwandlung von scheinbar unauffälligen Patienten zu völlig unkooperativen, desorientierten Menschen mit allen daraus resultierenden Konsequenzen und Komplikationen hat mich dazu bewogen, mich diesem Thema zu widmen und einen Beitrag dafür zu leisten, das Verständnis für dieses Phänomen zu fördern und mögliche Wege aus dieser krisenhaften Situation aufzuzeigen.
1. Einleitung
In der folgenden Schrift soll der Frage nachgegangen werden, inwieweit pflegepädagogische Handlungen auf das Erleben und Verhalten von Patienten im Durchgangssyndrom oder Delir auf einer operativen Intensivstation Einfluss nehmen können. Falls dies der Fall ist, wird zu prüfen sein, ob diesem Einfluss auch ein präventiver Charakter obliegt. Dieses setzt voraus, dass grundsätzlich ein erzieherischer Anspruch der Krankenpflege gegenüber dem Patienten besteht. Auch dieser Frage soll nachgegangen werden.
Darüber hinaus soll eine Hilfe für all diejenigen gegeben werden, die mit der Pflege und Betreuung von akut deliranten Patienten im Intensivbereich beauftragt sind, um ein umfassenderes Verständnis für die Situation dieser Patienten zu erlangen. Dazu sollen Möglichkeiten aufgezeigt werden, den Umgang mit diesen Patienten, im Interesse der Kranken und auch im Interesse der Pflegenden, produktiver zu gestalten.
Es wird davon ausgegangen, dass bei der Entstehung des Durchgangssyndroms ein multifaktorieller Ursachenkomplex vorliegt. Da das Pflegepersonal intensivsten Kontakt zum Patienten hat, könnten sich Möglichkeiten ergeben, auf Ursachen direkt oder indirekt Einfluss zu nehmen. Es wird erwartet, dass gerade bei der Abwendung eines drohenden Durchgangssyndroms eine professionell durchgeführte pflegepädagogische Intervention von großer Bedeutung ist.
2. Gang der Untersuchung
Im Kapitel 4 werden zunächst die Begriffe Durchgangssyndrom und Delir voneinander abgegrenzt und definiert. Dazu ist es sinnvoll, Ursachen, Symptome und Therapiemaßnahmen aus dem medizinischen Wissenschaftsbereich heranzuziehen.
Kapitel 5 wird darlegen, wie der Patient seine Situation auf einer operativen Intensivstation wahrnimmt und Faktoren benennen, die sich positiv oder negativ auf die Psyche des Patienten auswirken.
Im Kapitel 6 wird die Pflegesituation von akut deliranten Patienten beschrieben, und es werden grundsätzliche Probleme im Umgang mit diesen Patienten aus pflegerischer Sicht erläutert.
Kapitel 7 hat herauszustellen, ob und inwieweit die Krankenpflege einen berechtigten erzieherischen Anspruch in Bezug auf den Patienten hat. Dazu wird nach Gemeinsamkeiten von Erziehung und Krankenpflege zu suchen sein sowie nach Potenzen, die eine Legitimation darstellen.
Die gewonnenen Erkenntnisse aus den vorangegangenen Kapiteln werden in Kapitel 8 Grundlage sein, um Möglichkeiten für das Pflegepersonal zu benennen, präventive und therapeutische Maßnahmen im Umgang mit Patienten anzuwenden, die sich direkt auf das Durchgangssyndrom beziehen.
Die Zusammenfassung der Ergebnisse, eine abschließende Wertung und ein Ausblick auf offenen Fragen beschließen die Arbeit mit Kapitel 9.
3. Medizinische Aspekte des Durchgangssyndroms und Delir
3.1 Definition und Abgrenzung
Geprägt wurde der Begriff „Durchgangssyndrom“ von dem deutschen Neuropsychiater Wieck in den 50er Jahren. Er bezeichnet bestimmte organische psychische Störungen mit akutem Verlauf und folgenden gemeinsamen Merkmalen (vgl. Hewer 1999: 30):
- Auftreten in Verbindung mit akuten körperlichen Grunderkrankungen
- Fehlen einer Bewusstseinstrübung
- Die prinzipiell gegebene Reversibilität der Symptomatik
Synonyme Begriffsverwendungen lauten „akuter, exogener Reaktionstyp“ oder „Funktionspsychosen“. In der Intensivmedizin hat sich jedoch im deutschsprachigen Raum der Terminus „Durchgangssyndrom“ durchgesetzt. So wird auch im Folgenden diese Bezeichnung Verwendung finden. Als Abgrenzung zum Delir ist die Betrachtung des Bewusstseins von Bedeutung. Während das Delir mit dem Merkmal der Bewusstseinstrübung einhergeht, handelt es sich bei dem Durchgangssyndrom lediglich um eine Bewusstseinsstörung. Im alltäglichen Verständnis wird das Delir oft mit dem Missbrauch von Alkohol, Medikamenten oder Drogen in Verbindung gebracht. Es ist jedoch falsch anzunehmen, dass dies die einzigen Ursachen sind. Vielmehr kann eine Vielzahl von zerebralen und extrazerebralen Ursachen in Frage kommen.
Bei der Demenz handelt es sich um eine psychische Störung mit chronischem, irreversiblem und progressivem Verlauf. Als Oberbegriff für alle vorgenannten Formen wird die Bezeichnung Hirnorganisches Psychosyndrom (HOPS) angeführt.
[...]