Das Wort "Wahnsinn" kann man heutzutage in mehrfacher Hinsicht benutzen. Auch früher schon war der Wahnsinn ein Thema großen Interesses, wie zum Beispiel im Werk "Der Sandmann" von E.T.A. Hoffmann. In Anbetracht dessen, wird in dieser Arbeit der These nachgegangen, dass das Motiv des Wahnsinns in "Der Sandmann" die wissenschaftlichen Methoden der Aufklärung kritisiert. Dazu wird erst einmal untersucht, inwiefern dieses, für die Epoche der Romantik typische, Motiv sich Hoffmanns Werk manifestiert. Dabei wird zuerst die Erzählung selbst betrachtet, anschließend auf die Hintergründe der Epoche eingegangen, dann das Motiv des Wahnsinns im Werk genauer analysiert und zum Schluss das Ganze mit der Aufklärung in Verbindung gesetzt.
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. Zu E.T.A. Hoffmanns Werk Der Sandmann
3. Die romantische Epoche
4. Das Motiv des Wahnsinns im Sandmann
4.1 Die Spaltung des Charakters durch das Trauma
4.2 Das Problem des kommunikativen Austauschs
4.3 Die Darstellung der Wahrnehmung
4.4 Raumkonstellationen als Sinnbild
5. Die Kritik an der Aufklärung
6. Fazit
7. Literaturverzeichnis
7.1 Primärliteratur
7.2 Sekundärliteratur
1. Einleitung
Das Wort ‚Wahnsinn‘ kann man heutzutage in mehrfacher Hinsicht benutzen. Einerseits gelten Menschen mit bestimmten psychologischen Störungen als wahnsinnig. Auch kann man Menschen als wahnsinnig bezeichnen, die einfach nur sehr mutig oder impulsiv sind. Jedoch ist das Wort auch eine gute Bezeichnung für eine Situation, wie die der Corona Epidemie, in der es eigentlich nur ein wenig des gesellschaftlichen Zusammenhalts bedürfte, um diese zu überstehen, stattdessen das Ganze jedoch teilweise ziemlich ausartet, weil Menschen wissenschaftliche Studien nicht anerkennen, oder sich durch einen Präsidenten dazu verleiten lassen, sich mit Desinfektionsmittel zu vergiften.
Auch früher schon, war der Wahnsinn ein Thema großen Interesses, wie zum Beispiel im Werk Sandmann von E.T.A. Hoffmann.1 In Anbetracht dessen, werde ich in dieser Arbeit der These nachgehen, dass das Motiv des Wahnsinns im Sandmann die wissenschaftlichen Methoden der Aufklärung kritisiert und werde hierfür erst einmal untersuchen inwiefern dieses, für die Epoche der Romantik typische, Motiv sich im Sandmann manifestiert.
Dabei werde ich zuerst die Erzählung selbst betrachten, anschließend auf die Hintergründe der Epoche eingehen, dann das Motiv des Wahnsinns im Werk genauer analysieren und zum Schluss das Ganze mit der Aufklärung in Verbindung setzen.
2. Zu E.T.A. Hoffmanns Werk Der Sandmann
Die Prosaerzählung Der Sandmann gilt als das bekannteste Stück Hoffmanns und wurde als Teil eines Zyklus mit dem Titel Nachtstücke publiziert.2 In dem Text Der Sandmann geht es um den Studenten Nathanael, welcher mit einem Kindheitstrauma zu kämpfen hat.3
Zu Beginn des Werkes schreibt dieser an seinen Freund und Ziehbruder Lothar und erzählt ihm von jenem Ereignis. Dieses wurde ausgelöst, da ihm früher immer gesagt wurde, dass er rechtzeitig ins Bett müsste, da sonst der Sandmann käme. Da Nathanael nun herausfinden wollte, wer dieser Sandmann sei, spionierte er seinem Vater nach, welcher mit dem Advokaten Coppelius alchemistischen Experimenten nachging. Als Coppelius Nathanael jedoch erwischte, drohte er, ihm die Augen zu verbrennen und misshandelte ihn. Zudem brachte Coppelius ein Jahr später Nathanaels Vater erneut zur Durchführung eines Experimentes, bei dem jener jedoch verstarb. Dieses Trauma beunruhigte Nathanael nun erneut, da er einem Wetterglashändler begegnet ist, welchen er für Coppelius hielt.4
Als Antwort erhält Nathanael einen Brief von Clara, Nathanaels Geliebte und Schwester Lothars, da Nathanael den Brief ausversehen an sie, anstelle von Lothar, adressiert hatte. Diese schreibt ihm, dass sie der Ansicht ist, dass ein großer Teil seines Traumas auf seine kindliche Fantasie zurückzuführen sei und die Ähnlichkeiten zwischen Coppelius und dem Wetterglashändler Coppola bestimmt auf Zufall beruhten.5
Daraufhin schreibt Nathanael erneut einen Brief an Lothar in dem er sagt, dass er sich inzwischen versichert hat, dass der Verkäufer Coppola und der Advokat Coppelius nicht dieselben seien.6
Anschließend berichtet der Erzähler weiterhin von Nathanaels Schicksal. Er erzählt, wie Nathanael immer tiefer in seine Gedankenwelt versinkt, wovon Clara eher gelangweilt ist, weshalb sich Nathanael zunehmend unverstanden fühlt. Stattdessen wendet er sich immer mehr und mehr Olimpia, der Tochter des Physikers Spalazani zu, die beide im gegenüberliegenden Haus seines Studienzimmers wohnen. Anfangs beobachtet er sie nur durch ein Perspektiv, dass er von Coppola gekauft hat, später besucht er sie auch und trägt ihr Texte vor. Da Olimpia diese nur mit einem „Ach!“ kommentiert, anstatt sie wie Clara zu kritisieren, verliebt Nathanael sich immer mehr in sie.7
Als Nathanael ihr einen Heiratsantrag machen will, platzt er jedoch mitten in einen Kampf zwischen Spalazani und Coppola, wobei offenbart wird, dass es sich bei Olimpia nur um eine automatisierte Holzpuppe handele. Als er dort Olimpias Glasaugen im Blut Spalazanis sieht, erleidet er einen Nervenzusammenbruch und wird für eine unbestimmte Zeit in eine Anstalt eingewiesen.8
Als Nathanael scheinbar geheilt wieder entlassen wurde, plant dieser Clara zu heiraten und mit ihr auf Land zu ziehen. Die beiden gehen vorher noch ein letztes Mal spazieren, wobei sie auch auf einen Ratsturm steigen, um die Aussicht noch einmal zu genießen. Dort oben erleidet Nathanael jedoch einen erneuten Nervenzusammenbruch und versucht Clara hinunterzustoßen, aus der Überzeugung, sie sei auch nur ein Automat. Nachdem Lothar diese jedoch retten kann, erblickt Nathanael in der Menschenmenge unter dem Turm Coppelius und stürzt sich selbst in den Tod.9
Zugeordnet wird das Werk der Sandmann der Epoche der Romantik10, da die sich darin befindenden Motive, wie beispielsweise das des Wahnsinns, für diese typisch sind.
3. Die romantische Epoche
Die Epoche der Romantik datiert man von Ende des 18. bis Mitte des 19. Jhdts. Dabei ist ihr wohl ausgeprägtestes Merkmal die deutliche Abgrenzung zu den vernunftgeleiteten vorangehenden Epochen, insbesondere der Aufklärung11. Auch Iris Denneler schreitb diesbezüglich: „Spätestens seit dem blutigen Verlauf der Französischen Revolution waren die Werte und Utopien der Aufklärung zusammengebrochen“.12 Damit meint sie eine gesellschaftliche Abwendung von Werten wie der puren Logik, dem Versuch alles rational erklären zu müssen. Stattdessen befasst sich die Romantik nun mit „ de[n] Dimensionen des Irrationalen und ihrer sittlichen wie geistig-seelischen Auswirkungen “13. Da die Aufklärung davon ausging, dass die Welt nur mittels der Vernunft zu entschlüsseln sei14, so holten die Romantiker, schon allein als Protest, gerade irrationale Thematiken wie „Leidenschaften, Triebe, […] Geister – Schauriges, Bizarres“15 wieder in den Vordergrund ihrer Werke.
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1 Erstmals veröffentlicht 1816
2 Kremer, Detlef (Hg.): De Gruyter Lexikon. E.T.A. Hoffmann. Leben – Werk – Wirkung. Berlin: Walter de Gruyter GmbH & Co 2009, S.169
3 Hoffmann, Ernst Theodor Amadeus: Der Sandmann. Ditzingen: Reclam 2009, S.3 – 42
4 A.a.O. S.3 – 12
5 A.a.O. S.12 – 16
6 A.a.O. S.16 – 17
7 Hoffmann 2009 S.17 – 36
8 A.a.O. S.36 – 38
9 A.a.O. 2009 S.38 – 42
10 Steinecke, Hartmut: „E.T.A. Hoffmann.“ In: Romantik. Epoche – Autoren – Werke. Darmstadt: Wissenschaftliche Buchgesellschaft 2010, S.169
11 Kohlschmidt, Werner; Mohr, Wolfgang (Hg.): Reallexikon der deutschen Literaturgeschichte. Bd.3 (P-Sk). Berlin: Walter de Gruyter & CO 1966, S.579
12 Denneler, Iris: Die Kehrseite der Vernunft. Zur Widersetzlichkeit der Literatur in Spätaufklärung und Romantik. München: Fink 1996, S.76
13 Kohlschmidt 1966, S.579
14 Meyer, Annette: Die Epoche der Aufklärung. Berlin: Akademie Verlag GmbH 2010, S.154
15 Schmitthenner, Hansjörg: Die Blume der Nacht. Traum und Wirklichkeit der Romantik. München: Südwest Verlag 1968, S.79