Die vorliegende Arbeit beginnt mit einer theoretischen Einordnung von Sozial- und Umweltstandards, den Anforderungen an einen Standard und den beteiligten Akteur/-innen. Des Weiteren wird die Theorie der bewussten Kaufentscheidung im Kontrast zum Phänomen der Fast Fashion, vorgestellt. Es folgt eine Beschreibung der aktuellen Arbeitsbedingungen im Produktionsland Bangladesch, der Rolle der Gewerkschaften, die Auswirkungen der Textilproduktion auf die Umwelt sowie ein Rückblick auf einen der verheerendsten Unglücke in Textilfabriken, der Einsturz des Fabrikgebäudes Rana Plaza.
Im Schwerpunkt wird sich diese Arbeit mit der Vorstellung und Bewertung des Siegels beschäftigen und die Frage klären, ob ein neues Textilsiegel zu einer nachhaltigen und fairen Textilproduktion in Bangladesch beitragen kann und für die Näher/-innen vor Ort, die Umwelt und die bewussten Verbraucher/-innen einen spürbaren Unterschied machen kann. Eine Schwachstellenanalyse soll die Nachteile bzw. Schwächen des Grünen Knopfes herausarbeiten auf wessen Grundlage Ideen zur Optimierung des Siegels erarbeitet werden. Die Arbeit schließt mit einem Fazit ab.
Die Modeindustrie boomt und hat gleichzeitig gravierende ökonomische, ökologische und soziale Auswirkungen. Der Ausbeutung von Mitarbeiter/-innen im Textilsektor sowie irreparablen Umweltschäden möchte der Bundesentwicklungsminister Dr. Gerd Müller (CDU) entgegen wirken, weswegen er im September 2019 das staatliche Textilsiegel „Grüner Knopf“ ins Leben rief. Ein Siegel, das sozial und ökologisch nachhaltig hergestellte Textilien kennzeichnet und die Verbraucher/-innen so über die Produktionsbedingungen der Textilware informiert.
Inhaltsverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
1. Einleitung
2. Theoretische Einordnung – Sozial- und Umweltstandards
2.1 Anforderungen an einen Standard
2.2 Akteur:innen im Standardisierungsprozess – staatliche Instanzen
2.3 Bewusste Kaufentscheidungen
2.4 Fast Fashion
3. Ausgangssituation – Textilproduktionen in Bangladesch
3.1 Gehalt und Sozialleistungen für Näher:innen
3.2 Rolle der Gewerkschaften in Bangladesch
3.3 Auswirkungen der Textilproduktionen auf die Umwelt
3.4 Das Unglück von Rana Plaza (2013)
4. Der grüne Knopf – das staatliche Textilsiegel
4.1 Vorstellung des Siegels und seine Entstehungsgeschichte
4.2 Kriterienkatalog
4.3 Beteiligte Akteur:innen
4.4 Der Zertifizierungsprozess
5. Der grüne Knopf – Schwachstellenanalyse
6. Der grüne Knopf – Ideen zur Optimierung des Textilsiegels
7. Fazit
Literaturverzeichnis
Anhang
Abbildungen
Abkürzungsverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildungsverzeichnis
Die Abbildungen 1 – 4 und 6 – 8 wurden aus urhebrrechtlichen Gründen von der Redaktion entfernt.
Abbildung 1: Gesamtumsatz des fairen Handels in Deutschland, 2010 – 2019
Abbildung 2: Prozentuale Verteilung der Eintragsquellen von Mikroplastik in die Meere
Abbildung 3: Der Verantwortungsbereich des Grünen Knopfes in der Einführungsphase
Abbildung 4: Unternehmens- und Produktprüfung für das Siegel der "Grüne Knopf"
Abbildung 5: Mögliche Gestaltung der Etiketten zertifizierter Textilien (oben: Vorderseite, unten: Rückseite)
Abbildung 6: prozentuale Anteil fair gehandelter Produkte am Gesamtumsatz fair gehandelter Produkte im Jahr 2019
Abbildung 7: Die Suche nach Überlebenden nach dem Einsturz der Textilfabrik Rana Plaza
Abbildung 8: Mindestlöhne in US-Dollar in wichtigen Textilexportländern
1. Einleitung
„Deutschland ist zweitgrößter Importeur von Bekleidung weltweit. Wenn immer mehr Kundinnen und Kunden Wert auf nachhaltig hergestellte Kleidung legen, können sie so einen wichtigen Beitrag zur Verbesserung der Sozial- und Umweltbedingungen in den Produktionsländern leisten.“1
Die Modeindustrie boomt und hat gleichzeitig gravierende ökonomische, ökologische und soziale Auswirkungen. Der Ausbeutung von Mitarbeiter:innen im Textilsektor sowie irreparablen Umweltschäden möchte der Bundesentwicklungsminister Dr. Gerd Müller (CDU) entgegen wirken, weswegen er im September 2019 das staatliche Textilsiegel „Grüner Knopf“ ins Leben rief. Ein Siegel, das sozial und ökologisch nachhaltig hergestellte Textilien kennzeichnet und die Verbraucher:innen so über die Produktionsbedingungen der Textilware informiert.
Die vorliegende Arbeit beginnt mit einer theoretischen Einordnung von Sozial- und Umweltstandards, den Anforderungen an einen Standard und den beteiligten Akteur:innen. Des Weiteren wird die Theorie der bewussten Kaufentscheidung im Kontrast zum Phänomen der Fast Fashion, vorgestellt. Es folgt eine Beschreibung der aktuellen Arbeitsbedingungen im Produktionsland Bangladesch, der Rolle der Gewerkschaften, die Auswirkungen der Textilproduktion auf die Umwelt sowie ein Rückblick auf einen der verheerendsten Unglücke in Textilfabriken, der Einsturz des Fabrikgebäudes Rana Plaza. Im Schwerpunkt wird sich diese Arbeit mit der Vorstellung und Bewertung des Siegels beschäftigen und die Frage klären, ob ein neues Textilsiegel zu einer nachhaltigen und fairen Textilproduktion in Bangladesch beitragen kann und für die Näher:innen vor Ort, die Umwelt und die bewussten Verbraucher:innen einen spürbaren Unterschied machen kann. Eine Schwachstellenanalyse soll die Nachteile bzw. Schwächen des Grünen Knopfes herausarbeiten auf wessen Grundlage Ideen zur Optimierung des Siegels erarbeitet werden Die Arbeit schließt mit einem Fazit ab.
2. Theoretische Einordnung – Sozial- und Umweltstandards
Das folgende Kapitel soll einen Überblick darüber verschaffen, was ein Standard ist, welchen Anforderungen ein Standard genügen muss und welche Akteur:innen im Standardisierungsprozess involviert sind. Ein kurzer Überblick über die Theorie von Konsumentenentscheidungen und dem Phänomen der schnellen Mode (engl. Fast Fashion) sollen den Bedarf eines Sozial- und Umweltstandard in der Textilbranche unterstreichen.
2.1 Anforderungen an einen Standard
„Ein Standard ist ganz allgemein gesehen eine Richt- und Messgröße, die auf ein bestimmtes Ziel bezogen ist. Als Richtgröße enthält er eine Aufforderung an bestimmte Akteur:innen zu einem zieladäquaten Handeln. Als Messgröße konkretisiert er die zu erreichenden Ziele und misst den jeweiligen Zielerreichungsgrad. Standards beschreiben also, was sein soll im Unterschied zu dem, was ist.“2 Um von einem Standard sprechen zu können, sollte er bestimmte Anforderungen erfüllen:
1. Die Eindeutigkeit der Bezugsgröße: Es sollte definiert sein, wer zu einem bestimmten Handeln aufgefordert wird, das können bspw. Einzelpersonen, Unternehmen, Regierungs- und Nichtregierungsorganisationen (NROs) oder internationale Organisationen sein.
2. Konkretisierung der Norm: Es muss die Art des angestrebten Verhaltens definiert und genau beschrieben werden, bspw. die Gestaltung nachhaltiger Lieferketten.
3. Der Geltungszeitraum: Standards können für einen genau definierten Zeitraum gelten, i. d. R. gelten sie ohne zeitliche Befristung.
4. Prüfung der Konformität: Die Konformität eines Standards kann auf unterschiedliche Weise überprüft werden. Hier wird zwischen drei verschiedenen Prüfverfahren unterschieden. Erstens die Eigenprüfung, first party verification, durch ein betriebsinternes Kontrollsystem. Die second party verification erfolgt durch Geschäftspartner:innen oder Mitarbeiter:innen einer Dachorganisation. Bei der Prüfung durch unabhängige Instanzen, z. B. durch auf den Standard spezialisierte Zertifizierungsagenturen, spricht man von der third party verification. Dieses Prüfverfahren ist am aufwendigsten, genießt allerdings auch die höchste Glaubwürdigkeit.
5. Die Zulassung der Prüfer:innen (Akkreditierung): Um einen gewissen Standard bei den Zertifizierenden zu gewährleisten, muss die Zulassung der Zertifizierungsstelle offiziell überprüft werden. Hier gibt es keine internationale Regelung, wer zertifizieren darf und wer nicht. Bekannte Akkreditierer sind bspw. die Social Accountability Accredation Services (SAAS).3
2.2 Akteur:innen im Standardisierungsprozess – staatliche Instanzen
Die Initiative zur Etablierung von vielfältigen Standards kann von unterschiedlichen Akteur:innen ausgehen. Diese können in ihren Durchsetzungsbefugnissen sowie ihrer Wahrnehmung in der Öffentlichkeit sehr stark variieren. Zu den wichtigsten Akteur:innen im Standardisierungsprozess zählen Unternehmen, Unternehmensverbände, nationale- und internationale NROs, staatliche Instanzen und supra- und internationale Organisationen.4
Da der Schwerpunkt dieser Arbeit auf dem grünen Knopf liegt, ein Textilsiegel. welches durch die deutsche Bundesregierung initiiert wurde, wird nachfolgend nur der Akteur staatliche Instanzen genauer vorgestellt.
Staatliche Instanzen verfügen über eine enorme Entscheidungsgewalt und können im Rahmen von Gesetzgebungsverfahren Gesetze, Rechtsverordnungen und Verwaltungsvorschriften festlegen, zu deren Einhaltung alle Bürger:innen und/oder Unternehmen verpflichtet sind und wo bei Nichteinhaltung Sanktionen verhängt werden können. Auch die Einhaltung von staatlichen Standards kann zwingend vorgeschrieben sein.5 Verbindliche Standards gelten als „eindeutige Orientierungsgrößen für das wirtschaftliche Handeln“6 und sind dann empfehlenswert, wenn die staatliche Instanz sehr gut über den betroffenen Tätigkeitsbereich informiert ist. Ein Beispiel hierfür sind die zum Schutz der menschlichen Gesundheit geltenden Grenzwerte für die Feinstaubfraktion PM10 (particulate matter, mit einem maximalen Durchmesser von 10 Mikrometer) in der Luft, welche seit 2015 von Bürger:innen sowie Unternehmen verbindlich einzuhalten sind.7 Feinstäube sind Teilchen der Außenluft, die eine gewisse Zeit in der Atmosphäre verweilen und je nach Größe in die Nasenhöhle, Bronchien, Lungenbläschen oder sogar in den Blutkreislauf der Menschen eindringen können. Feinstaub birgt vielseitige Gesundheitsrisiken von Schleimhautentzündungen bis hin zur Veränderung der Regulierungsfunktion des vegetativen Nervensystems.8 Ist die staatliche Instanz weniger mit dem Anwendungsbereich vertraut, können flexible Regelungen angewandt werden. Diese Standards geben dann nur ein bestimmtes Zielbild vor, ohne die einzelnen Prozessschritte festzulegen. Zusätzlich ist auch eine indirekte Beteiligung staatlicher Behörden möglich. Hier können bspw. die Verhandlungspositionen einzelner Stakeholder durch Expertise und finanzielle Zuschüsse gestärkt werden oder die die Glaubwürdigkeit von Konformitätsprüfungen durch die Beteiligung staatliche Organisationen erhöhen.9
Dem gegenüber stehen Standards, deren Einhaltung nicht zwingend vorgeschrieben ist. Hierzu zählt bspw. der Grüne Knopf, dessen Umsetzung zwar gewünscht ist, jedoch nicht verbindlich für textilproduzierende Unternehmen gilt. Für Unternehmen, die sich nicht durch den grünen Knopf zertifizieren lassen, gibt es keine Sanktionen, jedoch können sie einen Wettbewerbsnachteil gegenüber den Herstellern befürchten, die mit dem grünen Knopf für nachhaltige und faire Mode werben. Ein Siegel wie der Grüne Knopf setzt voraus, dass sich ein gewisser Anteil der Bevölkerung Wert auf nachhaltig produzierte Textilien legt und sich für deren Herkunft und die Produktionsbedingungen interessiert. Der Trend der letzten Jahre zeigt, dass dieses Interesse in der Bevölkerung weiter ansteigt, hiermit beschäftigt sich das nachfolgende Kapitel.
2.3 Bewusste Kaufentscheidungen
„Ein starker Hebel zur Verbesserung der Bedingungen in den Lieferketten liegt bei den Verbrauchern. Je größer deren Bereitschaft, beim Kauf auf soziale und ökologische Kriterien zu achten und faire Preise zu zahlen, desto einfacher ist es, die sozialen Bedingungen in den Produktionsländern zu verbessern.“10 Die gesellschaftliche Verantwortung von Unternehmen, genannt Corporate Social Responsibility (CSR), ist aktueller denn je. Ging es lange nur um die reine Gewinnmaximierung und größtmögliches Wachstum, werden heutzutage auch die gesellschaftlichen Interessen als Business Case dargestellt. Durch CSR sollen Unternehmen an Produktivität gewinnen, langfristig Kosten einsparen, von einem positiven Umfeld profitieren, neue Marktchancen erschließen und neue Entwicklungen frühzeitig erkennen. Als wichtiger Treiber der wachsenden Bedeutung von CSR gelten die Konsument:innen. Aktuelle Umfragen zeigen, dass sich Kund:innen verstärkt sozial und ökologisch handelnde Unternehmen wünschen und neben qualitativ hochwertiger Produkte auch ethischen Normen gerecht werden sowie soziale Verantwortung, bspw. die Gewährleistung fairer Arbeitsbedingungen, übernehmen. Ob sich solche Forderungen auch im Kaufverhalten widerspiegeln, war lange umstritten. Nicht selten wurde davon ausgegangen, dass die gemeinnützigen Aktivitäten nur geringfügig auf die Auswahl von Produkten wirken. Abhängig von Einkommen, Lebenssituation und Lebensstil werden überwiegend Preis, Qualität und Markenbekanntheit als ausschlaggebende Kaufkriterien identifiziert. Aktuell scheint das Bild der Konsumenten:innen, die jede Entscheidung danach kalkulieren, ob sie ihnen einen materiellen Vorteil verspricht, langsam zu verblassen. Eine immer größer werdende Zielgruppe scheint bei Kaufentscheidungen ethische Kriterien zu berücksichtigen.11 So wurden im Geschäftsjahr 2019 1,85 Milliarden Euro mit Produkten aus Fairem Handel umgesetzt, das entspricht einer Steigerung von 9 % im Vergleich zum Vorjahr. Im Zeitraum 2012 bis 2019 hat sich der Umsatz fair gehandelter Produkte fast verdreifacht. Die nachfolgende Grafik zeigt die Entwicklung des Gesamtumsatzes fairen Handels in Deutschland im Zeitraum 2010 bis 2019.
Diese Abbildung wurde aus urheberrchtlichen Gründen von der Redaktion entfernt.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 1: Gesamtumsatz des fairen Handels in Deutschland, 2010 – 2019
Quelle: Frank, 2020
Mit 77 % machten im Jahr 2019 Lebensmittel den größten Anteil am Umsatz fair gehandelter Produkte aus, Kaffee macht mit 32,5 % den größten Anteil, fair produzierte Textilien machen 10.6 % aus (siehe Abbildung 6 im Anhang).12 Eine Entwicklung, die den bewussten Kaufentscheidungen gegenübersteht, ist Fast Fashion, ein Begriff, der nachfolgend kurz erklärt werden soll.
2.4 Fast Fashion
Unter dem Begriff Fast Fashion versteht man, die globale Tendenz, in immer kürzeren Abständen neue Trends und Kollektionen auf den Markt zu bringen. Das führt dazu, dass Kleidungsstücke nur für eine Saison gekauft werden und qualitativ nachlässiger produziert werden. Fast Fashion ist oft günstig und ermöglicht dadurch eine kurzfristige Befriedigung von Konsumwünschen. Verbraucher:innen in Deutschland kaufen durchschnittlich 60 Kleidungsstücke pro Jahr, 40 % davon werden nie oder nur selten getragen. Der Fast-Fashion-Trend, das Konsumentenverhalten sowie ein steigender Anteil von Online-Käufen hat dazu geführt, dass sich die globale Kleiderproduktion seit der Jahrtausendwende mehr als verdoppelt hat. Expert:innen prognostizieren eine weitere steigende Tendenz in den kommenden Jahrzehnten, hin zu einer exzessiven, nicht nachhaltigen Entwicklung.13 Diese Entwicklung führte innerhalb den letzten Jahren dazu, dass immer mehr Textilien aus Ländern wie Bangladesch importiert wurden, lange wurden die Arbeitsbedingungen von Firmen und Konsument:innen ignoriert, das änderte sich langsam nach dem Einsturz eines Fabrikgebäudes. Das nachfolgende Kapitel beschäftigt sich mit der Textilproduktion in Bangladesch und gibt Informationen über die Arbeitsbedingungen vor Ort, die Rolle von Gewerkschaften und berichtet vom Unglück am Rana Plaza im Jahr 2013.
3. Ausgangssituation – Textilproduktionen in Bangladesch
Im Jahr 2019 sind weltweit ca. 75 Millionen Menschen in der Textilbranche tätig. Etwa drei Viertel dieser Beschäftigten sind Frauen. Gemessen an absoluten Zahlen, gibt es die meisten Beschäftigten in China, Bangladesch und Indien. Der Schwerpunkt dieser Arbeit wird auf der Textilindustrie in Bangladesch liegen, denn hier liegt der Anteil der Industriebeschäftigung bei 73 % und 70 % der Exporteinnahmen entfallen auf die Bekleidungs- und Textilindustrie.14
3.1 Gehalt und Sozialleistungen für Näher:innen
Etwa ein Drittel der Bevölkerung Bangladeschs lebt unterhalb der nationalen Armutsgrenze. Die Armut gemessen an der internationalen Armutsgrenze von 1,9 US-Dollar pro Person und Tag ist zwar von 44,2 % im Jahr 1991 auf 12,9 % im Jahr 2016 gefallen. Jedoch lebt der Großteil der Bevölkerung nur sehr knapp oberhalb dieser Grenze und fast die Hälfte der Bevölkerung leidet unter multidimensionaler Armut mit Einschränkungen in den Bereichen Bildung, Gesundheit und anderen Lebensbedingungen.15 Als Reaktion auf das Unglück von Rana Plaza, welches im Kapitel 3.4 detailliert vorgestellt wird, wurden im Jahr 2013 die Gehälter auf den landestypischen Mindestlohn angehoben. In Deutschland kostet eine Arbeitsstunde von Näher:innen im Schnitt 32 €.16 In Bangladesch liegt der gesetzlich festgelegte Mindestlohn von Näher:innen bei umgerechnet 78 € (95 $) pro Monat.17 Allerdings sind die gesetzlich festgelegten Mindestlöhne oft zu niedrig, um davon leben zu können und Miete, Essen, den Schulbesucht der Kinder oder eine Arztbehandlung zu finanzieren.18 Um die Lebenshaltungskosten decken zu können müssten die Näher:innen in Bangladesch mindestens das Doppelte verdienen.19 Textilfabriken in Asien sind einem enormen Preisdruck ausgesetzt, wenn die geforderten Preise und Lieferfristen nicht eingehalten werden, besteht die Gefahr die Aufträge an die Konkurrenz zu verlieren.
[...]
1 BMZ, 2019, S. 7.
2 Sautter, 2016, S. 4.
3 Vgl. Sautter, 2016, S. 5 – 6.
4 Vgl. ebd., S. 8.
5 Vgl. Sautter, 2016, S. 13.
6 Ebd., S. 14.
7 Vgl. Umweltbundesamt, 2020.
8 Vgl. ebd.
9 Vgl. Sautter, 2016, S. 14 ff.
10 Stamm, 2019, S. 39.
11 Vgl. Schleer, 2014, S. 2.
12 vgl. Frank, 2020.
13 vgl. BMU, 2020.
14 Vgl. Stamm, 2019, S. 14.
15 Vgl. Salingré, 2018, S. 12.
16 Vgl. BMZ, 2019, S. 8.
17 Vgl. Zimmermann, 2017.
18 Vgl. BMZ, 2019, S. 4.
19 Vgl. Szent-Ivanyi, 2019.