Die Rolle der Selbstwirksamkeit von Albert Bandura in der Ernährungsberatung
Zusammenfassung
Die Selbstwirksamkeitserwartung, auch Kompetenzerwartung, ist ein Konzept, das von Albert Bandura entwickelt wurde. Es beschreibt die Überzeugung eines Individuums, Handlungen organisieren und ausführen zu können und beeinflusst, wie in verschiedenen Studien untersucht, maßgeblich das Ergebnis und den Erfolg einer Handlung. Menschen, die fordernde Situationen erfolgreich bewältigen und somit viele direkte Erfahrungen machen, sind eher dazu geneigt, eine hohe Selbstwirksamkeitserwartung zu haben. Sie schreiben Erfolge ihren eigenen Fähigkeiten zu und besitzen eine positive Konsequenzerwartung. Diese Menschen neigen dazu, auch in Zukunft positive Erwartungen zu haben und infolgedessen auch positive Erfahrungen zu machen. Andere hingegen, welche eine niedrige Kompetenzerwartung aufweisen, begründen ihre Erfolge durch äußere Umstände oder „reines Glück“. Sie vertrauen nicht auf ihre eigenen Fähigkeiten, woraus schließlich Misserfolge resultieren.
In einer durchgeführten Studie sollte herausgefunden werden, wie die Probandinnen ihre eigene Selbstwirksamkeit in Bezug auf eine gesunde Ernährung im Alltag einschätzen. Um den Begriff der Selbstwirksamkeit zu operationalisieren, wird ein Fragebogen verwendet, welcher verschiedene, unterschiedlich stark herausfordernde Situationen, die das Einhalten einer gesunden Ernährungsweise möglicherweise erschweren könnten, enthält. Fünf weibliche Personen im Alter zwischen 20 und 25 Jahren wurden dazu aufgefordert, jeweils einen Fragebogen auszufüllen, in dem die 18 Situationen aufgelistet sind.
Leseprobe
Inhaltsverzeichnis
1 Selbstwirksamkeit
1.1 Definition Selbstwirksamkeitserwartung
1.2 Fragebogen zum Ernährungsverhalten
1.3 Studien Recherche
2 Ernährungsverhalten
3 Beratungsgespräch
3.1 Prozess der Verhaltensänderung
3.2 Rolle des Beraters
3.3 Verlauf eines Beratungsgesprächs
4 Literaturverzeichnis
5 Abbildungs- und Tabellenverzeichnis
5.1 Abbildungsverzeichnis
5.2 Tabellenverzeichnis
1 Selbstwirksamkeit
1.1 Definition Selbstwirksamkeitserwartung
Die Selbstwirksamkeitserwartungen oder auch Kompetenzerwartung ist ein Konzept, das von Albert Bandura entwickelt wurde. Es beschreibt die Überzeugung eines Individuums Handlungen organisieren und ausführen zu können und beeinflusst, wie in verschiedenen Studien untersucht (Chambliss & Murray, 1979; Colletti, Supnick & Payne, 1985), maßgeblich das Ergebnis und den Erfolg einer Handlung. Menschen, die fordernde Situationen erfolgreich bewältigen und somit viele direkte Erfahrungen machen sind eher dazu geneigt, eine hohe Selbstwirksamkeitserwartung zu haben. Sie schreiben Erfolge ihren eigenen Fähigkeiten zu und besitzen eine positive Konsequenzerwartung. Diese Menschen neigen dazu, auch in Zukunft positive Erwartungen zu haben und infolgedessen auch positive Erfahrungen zu machen. Andere hingegen, welche eine niedrige Kompetenzerwartung aufweisen, begründen ihre Erfolge durch äußere Umstände oder „reines Glück“. Sie vertrauen nicht auf ihre eigenen Fähigkeiten, woraus schließlich Misserfolge resultieren. (Pieter, 2018, S.84).
1.2 Fragebogen zum Ernährungsverhalten
Tab. 1: Itemanalyse der Skala zur spezifischen Selbstwirksamkeit zur gesunden Ernährung (modifiziert nach Pieter, 2018, S.91, zitiert nach Gölz et al., 1998, S. 29)
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Die in Abbildung 1 dargestellten Balkendiagramme zeigen die Ergebnisse einer von mir durchgeführten Studie. Dabei wollte ich herausfinden, wie meine Probandinnen ihre eigene Selbstwirksamkeit in Bezug auf eine gesunde Ernährung im Alltag einschätzen. Um den Begriff der Selbstwirksamkeit zu operationalisieren, verwendete ich den Fragebogen in Tabelle 1, welcher verschiedene, unterschiedlich stark herausfordernde Situationen, die das Einhalten einer gesunden Ernährungsweise möglicherweise erschweren könnten, enthält.
Fünf weibliche Personen im Alter zwischen 20 und 25 Jahren wurden dabei dazu aufgefordert jeweils einen Fragebogen auszufüllen, in dem die 18 Situationen aufgelistet waren. Sie sollten dann auf einer Skala von „Gar nicht sicher“ bis „Ganz sicher“ beschreiben, wie schwer sie es in den Situationen voraussichtlich haben würden, auf eine gesunde Ernährung zu achten. Dabei ging ich davon aus, dass die Selbstwirksamkeitserwartung proportional zur Einschätzung der von den Probanden erwarteten Sicherheit in den verschiedenen Situationen ansteigt, wodurch ich den Begriff der „Selbstwirksamkeitserwartung“ operationalisiert habe.
In Abbildung 1 wurden die individuellen „Selbstwirksamkeitserwartungspunkte“ zusammengezählt. Die Anzahl der Antworten mit „Gar nicht sicher“ gab hier einen Punkt, „Eher unsicher“ zwei Punkte, „Teils-teils“ drei Punkte, „Eher sicher“ vier Punkte und „Ganz sicher“ fünf Punkte. Je höher der zusammengezählte Punktestand, desto höher die Selbstwirksamkeitserwartung in Bezug auf eine gesunde Ernährung trotz herausfordernder Alltagssituationen.
Probandin 5 sticht hierbei heraus, da sie mit insgesamt 69 Punkten die höchste Selbstwirksamkeitserwartung hat. Es ist wahrscheinlich, dass es ihr trotz einer Umstellung des Alltags eher gelingt, eine gesunde Ernährung beizubehalten als den anderen Probandinnen. Probandin 3 hingegen erreichte die niedrigste Anzahl der Punkte innerhalb meiner Stichprobe. Es ist anzunehmen, dass ihr bei Umstellung des Alltags die Beibehaltung des gesunden Ernährungsverhaltens wesentlich schwerer fällt als den Anderen. Probanden 1, 2 und 4 schätzten ihre Selbstwirksamkeit höher als Person 3, aber geringer als Probandin 5 ein.
Abschließend lässt sich sagen, dass alle Probandinnen eine gewisse Selbstwirksamkeitserwartung in Bezug auf die Fähigkeit sich im Alltag gesund zu ernähren haben. Mit der Mindestpunktzahl von 18 zu erreichenden Punkten, haben sich alle um mindestens 30 Punkte höher eingeschätzt. Dabei handelt es sich hier natürlich um eine Antizipation der jeweiligen Situationen, wodurch die tatsächliche Selbstwirksamkeit der Probandinnen in der Praxis deutlich von der Erwartung abweichen könnte. Da ich diese Studie nicht in der Praxis durchführen konnte, gehe ich von einer idealen Selbsteinschätzung der Probandinnen aus, was natürlich sehr wahrscheinlich nicht der Realität entspricht.
1.3 Studien Recherche
Tab. 2: Vergleich zweier Studien zur Selbstwirksamkeit (eigene Darstellung)
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Beide Studien befassen sich mit dem Thema Selbstwirksamkeit. Die Studie von Drohnke, Müller-Fahrnow und Knäuper (2006), im Folgenden Text als „Studie 1“ deklariert, untersucht, inwieweit die Selbstwirksamkeitserwartung die Ergebnisse einer Rehabilitation beeinflussen, wohingegen die Studie von Schneider und Rief (2007), im Folgenden Text als „Studie 2“ deklariert, untersucht, inwiefern Therapieerfolge zu einer Steigerung der Selbstwirksamkeitserwartung führen.
Dabei ist die Größe der Stichprobe bei Studie 1 wesentlich größer als die Stichprobe der Studie 2. Zusätzlich handelt es sich bei Studie 1 um eine Längsschnittstudie, was bedeutet, dass dieselbe Stichprobe zu verschiedenen Zeitpunkten befragt wurde.
Die Daten der Probanden wurden mithilfe eines Fragebogens zu drei Zeitpunkten erfasst: Bei Beginn der Therapie, deren Abschluss und 6 Monate nach Entlassung. Bei Studie 2 wurden hingegen nur zu Beginn und Abschluss der Rehabilitation Daten erfasst. Die Daten der ersten Studie wurden in insgesamt 13 orthopädischen Rehabilitations-Kliniken erhoben. Die Untersuchungen von Studie 2 hingegen fanden an nur einem Ort, der Edertal Klinik statt. Dies lässt darauf schließen, dass es sich bei Studie 1 um die Aussagekräftigere der beiden Studien handelt.
Die Ergebnisse in Studie 1 zeigten, dass Ergebniserwartung und tatsächlich erreichte Ergebnisse eine positive Korrelation aufweisen. Das bedeutet, dass die Psyche eine entscheidende Rolle bei der Rehabilitation spielt: Je positiver die Ergebniserwartungen und je höher ihre Selbstwirksamkeitserwartungen zu Reha-Beginn, desto bessere Reha-Ergebnisse konnten die Patienten am Ende aufweisen. Auch in Studie 2 zeigten die Ergebnisse einen Zusammenhang von Selbstwirksamkeitserwartung und tatsächlich erreichten Ergebnissen: Die Selbstwirksamkeitserwartungen änderten sich in Abhängigkeit von den erlebten Beeinträchtigungen und Schmerzbewältigungsstrategien .
Abschließend lässt sich sagen, dass zum einen die Selbstwirksamkeitserwartung eine enorm wichtige Rolle für einen erfolgreichen Rehabilitationsprozess darstellt und zum anderen die Ergebnisse einer Rehabilitation große Auswirkung auf die zukünftige Selbstwirksamkeitserwartung haben. Daraus lässt sich schließen, dass positive Erfahrungen sehr hilfreich sein können, um, durch die damit gesteigerte Selbstwirksamkeitserwartung, auch in Zukunft wieder positive Erfahrungen machen zu können.
2 Ernährungsverhalten
In der Literatur gibt es unterschiedliche Definitionen des Ernährungsverhaltens:
„Das Ernährungsverhalten umfasst die Gesamtheit aller Handlungen des Menschen, die auf die Befriedigung seiner Ernährungsbedürfnisse gerichtet sind. Ihm liegen psychische Widerspiegelungs‐, Entscheidungs‐ und Bewertungsprozesse zugrunde. Das Ernährungsverhalten ist gesellschaftlich‐historisch bedingt und bildet sich im dialektischen Verhältnis von biologischen, sozialen und ökonomischen Bedingungen heraus. Hunger, Durst und Appetit werden wahrgenommen als Nahrungsbedürfnis, das aus dem biologisch bedingten Bedarf an Energie, Nährstoffen und Flüssigkeit resultiert und im Ernährungsverhalten entsprechend den objektiv vorhandenen materiellen Möglichkeiten, situativen Einflüssen, subjektiven Vorstellungen, Interessen, Einstellungen und Kenntnissen sowie anderen psychischen Eigenschaften befriedigt wird.“ (Friebe, Möhr, Schober & Arlt, 1984).
„Es ist die Gesamtheit geplanter, spontaner oder gewohnheitsmäßiger Handlungsvollzüge von Individuen oder sozialen Gruppen, mit denen Nahrung beschafft, zubereitet, verzehrt und nachbereitet wird. Dabei umfasst das Ernährungsverhalten sowohl Einflussfaktoren als auch Auswirkungen aus den Dimensionen Gesundheit, Umwelt, Gesellschaft und Wirtschaft entlang der gesamten Produktkette von Lebensmitteln." (Institut für Ernährungsverhalten, 2010, in Anlehnung an Oltersdorf, 1984, S. 189 & Leonhäuser et. al. 2009, S. 20).
Wie hier erkennbar ist, gibt es zwar unterschiedliche Definitionen des Begriffs „Ernährungsverhalten“, doch sind sich die Experten dennoch darüber einig, dass es sich dabei um eine menschliche Handlung handelt, die von verschiedensten Faktoren bedingt und beeinflusst wird. Somit sprechen wir bei „Ernährungsverhalten“ von einem zielgerichteten Verhalten.
Nach Jaromin-Bowe (2015, S.61) entsteht unser Ernährungsverhalten einerseits durch innere Signale, welche der Körper sendet. Dazu zählen Hunger, Durst, Sättigung und Sattsein. Auch äußere Einflüsse wie die Erziehung, die Medien, die Kultur, die Religion oder die Umwelt spielen eine wichtige Rolle. Die eigene Wahrnehmung und die Erfahrungen eines Jeden bestimmen unsere individuelle Vorstellung von Essen.
Im Säuglingsalter werden wir also nur durch innere Signale wie Hunger oder Durst gelenkt, je älter wir werden, desto mehr spielt unsere Erziehung, die Kultur, also allgemein die Erfahrungen, die wir machen eine Rolle. Unser Ernährungsverhalten ist eine Art Konditionierung, welche sich bei allen Menschen anders ausprägt: Manche Menschen sind darauf konditioniert zu essen, wenn es ihnen schlecht geht oder sie Langweile haben. Andere hingegen, sind darauf konditioniert, 3 Mahlzeiten pro Tag zu essen - egal wie sie sich fühlen. Es sind Gewohnheiten, die wir uns aneignen, welche bestimmen wie und was wir essen.
Die Techniker Krankenkasse beschäftigte sich 2017 in einer Studie mit dem Ernährungsverhalten der deutschen Bevölkerung.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb. 2: Gesund essen in Deutschland. (TK-Studie „Iss was, Deutschland“, 2017, S.6)
Worauf legen die Deutschen am meisten Wert, wenn es um die Ernährung geht? Mit dieser Frage beschäftigte sich die Umfrage, die in Abbildung 3 dargestellt ist: Fast die Hälfte der Menschen legt 2016 Wert auf gesunde Ernährung, in der Vorgängerstudie von 2013 waren es noch 35 Prozent. Man erkennt einen Wandel. Die gesunde Ernährung ist den Menschen heute wichtiger. Trotzdem gibt es noch viele Menschen, bei denen der Geschmack die Hauptrolle spielt: Ganze 41 Prozent finden es in erster Linie wichtig, dass das Essen schmeckt. Der Preis, die Kaloriendichte und die Zubereitungszeit scheinen nur für eine geringe Anzahl der Befragten eine wichtige Rolle zu spielen.
Trotzdem die Menschen immer mehr Wert auf Gesundheit legen, schätzt sich fast jeder Zweite als übergewichtig ein.
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