Die Sozialwirtschaft strotzt weder vor digitalisierten Prozessen noch technischen Innovationen. Gleichzeitig hat sie sich in den
letzten Jahren in vielen Teilen und auf unterschiedliche Art und Weise auf den Weg gemacht, den digitalen Wandel mitsamt seinen möglichen und tiefgreifenden Transformationsprozessen wahr- und ernst zu nehmen. Immer mehr sozialwirtschaftliche Unternehmen betrachten die digitale Transformation in diesem Zusammenhang umfassend, einerseits als Herausforderung, die multidimensional anzugehen ist, andererseits als Chance und Perspektive, mit der sich bestehende und neue Herausforderungen durch andere Zugänge angehen und lösen lassen.
Diese Arbeit setzt an diesem Punkt an und stellt ein imaginäres Unternehmen in der Sozialwirtschaft in den Vordergrund, welches einen digitalen Transformationsprozess anstößt. Zunächst wird in Kapitel 2 die Ausgangssituation dieses Unternehmens geschildert. Anschließend wird dessen digitale Transformation sowohl in ihrer Ebene als auch mittels
vertiefender Konkretion erläutert. In Kapitel 4 wird für das exemplarische Unternehmen eine digitale Vision als normative Vorgabe des angestoßenen digitalen Transformationsprozesses formuliert und erklärt. Im Anschluss daran wird erörtert, inwieweit diese digitale Vision im Beispielunternehmen implementiert werden kann. In diesem Zusammenhang werden insbesondere konkrete Veränderungen sowie Herausforderungen und deren Lösungsmöglichkeiten thematisiert. Hierbei erfolgt ein Rückgriff auf etablierte und für die Arbeit relevante Konzepte wie das einer digitalen Unternehmenskultur sowie der Digital Leadership. Schließlich wird die Arbeit in Kapitel 6 mit einem Fazit sowie einem Ausblick, der Anreize zur Weiterforschung sowie Erprobung im berufspraktischen Alltag gibt, abgeschlossen.
Inhalt
Abbildungsverzeichnis
1 Einleitung
2 Beschreibung der Ausgangssituation - Die Teilhabe am Leben gGmbH
3 Digitale Transformation der Teilhabe am Leben gGmbH
4 Digitale Vision der Teilhabe am Leben gGmbH
5 Die Implementierung der digitalen Vision
5.1 Veränderungen durch die digitale Transformation
5.2 Herausforderungen des digitalen Transformationsprozesses
5.3 Lösungsmöglichkeiten der Herausforderungen des digitalen
Transformationsprozesses
6 Fazit und Ausblick
Literaturverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1: Ebenen digitaler Transformationsprozesse
Abbildung 2: Digitale Vision der Teilhabe am Leben gGmbH
Abbildung 3: Kontrollfragen zur Umsetzung einer digitalen Vision
1 Einleitung
Mehrfache Durchschläge in verschiedenen Farben, die bei Krankmeldungen von Mitarbeitenden auszudrucken und in langwierigen Prozessen zu verarbeiten sind. Handgeschriebene Dokumentationen zu sozialen Dienstleistungen, die am und mit Kundinnen und Kunden ausgeführt werden, und für Heimaufsichten in riesigen, platzraubenden und überfüllten Aktenschränken aufbewahrt werden. Beispiele für einen trägen und altmodischen beruflichen Alltag sind in sozialwirtschaftlichen Unternehmen sowohl häufig als auch in vielen verschiedenen Formen anzutreffen. Die Sozialwirtschaft strotzt weder vor digitalisierten Prozessen noch technischen Innovationen. Gleichzeitig hat sie sich in den letzten Jahren in vielen Teilen und auf unterschiedliche Art und Weise auf den Weg gemacht, den digitalen Wandel mitsamt seinen möglichen und tiefgreifenden Transformationsprozessen wahr- und ernst zu nehmen. Immer mehr sozialwirtschaftliche Unternehmen betrachten die digitale Transformation in diesem Zusammenhang umfassend, einerseits als Herausforderung, die multidimensional anzugehen ist, andererseits als Chance und Perspektive, mit der sich bestehende und neue Herausforderungen durch andere Zugänge angehen und lösen lassen.
Diese Arbeit setzt an diesem Punkt an und stellt ein imaginäres Unternehmen in der Sozialwirtschaft in den Vordergrund, welches einen digitalen Transformationsprozess anstößt. Zunächst wird in Kapitel 2 die Ausgangssituation dieses Unternehmens geschildert. Anschließend wird dessen digitale Transformation sowohl in ihrer Ebene als auch mittels vertiefender Konkretion erläutert. In Kapitel 4 wird für das exemplarische Unternehmen eine digitale Vision als normative Vorgabe des angestoßenen digitalen Transformationsprozesses formuliert und erklärt. Im Anschluss daran wird erörtert, inwieweit diese digitale Vision im Beispielunternehmen implementiert werden kann. In diesem Zusammenhang werden insbesondere konkrete Veränderungen sowie Herausforderungen und deren Lösungsmöglichkeiten thematisiert. Hierbei erfolgt ein Rückgriff auf etablierte und für die Arbeit relevante Konzepte wie das einer digitalen Unternehmenskultur sowie der Digital Leadership. Schließlich wird die Arbeit in Kapitel 6 mit einem Fazit sowie einem Ausblick, der Anreize zur Weiterforschung sowie Erprobung im berufspraktischen Alltag gibt, abgeschlossen.
2 Beschreibung der Ausgangssituation - Die Teilhabe am Leben gGmbH
In dieser Hausarbeit wird mit der Teilhabe am Leben gGmbH ein imaginäres Unternehmen aus der Sozialwirtschaft in den Vordergrund gestellt, welches exemplarisch und stellvertretend für soziale Dienstleister steht, die sich am Anfang oder inmitten einer digitalen Transformation befinden und diese zu ihrem Vorteil nutzen möchten.
Die Teilhabe am Leben gGmbH bietet Dienstleistungen in mehreren Hilfefeldern der Sozialen Arbeit (Altenhilfe, Eingliederungshilfe, Jugendhilfe, Suchthilfe) an, womit sie zu den sogenannten Komplexträgern zählt. Sie hat insgesamt etwa 2.500 Mitarbeitende, ihre Hauptverwaltung befindet sich in der großen Kreisstadt Neustadt. Dort befinden sich zentrale Einheiten des Unternehmens, beispielsweise die Geschäftsführung sowie die Abteilungen Informationstechnologie, Personalentwicklung, Unternehmensentwicklung und Human Ressources. Im Zuge des Paradigmenwechsels in den Hilfefeldern der Sozialen Arbeit hat sich die Teilhabe am Leben gGmbH in den letzten 25 Jahren auf den Weg gemacht, ihre Angebote über den Stadtkreis Neustadt hinaus zu dezentralisieren und zu regionalisieren. Um Kundinnen und Kunden heimatnahe und gemeindeintegrierte Dienstleistungen zur Verfügung zu stellen, stellt die Teilhabe am Leben gGmbH ihre Angebote (z. B. ambulante Pflege, Wohn- und Betreuungsplätze in stationären Wohnheimen) mittlerweile in einem Radius von über 200 Kilometer um die Hauptverwaltung zur Verfügung.
Durch den Dezentralisierungs- und Regionalisierungsprozess der Teilhabe am Leben gGmbH hat sich in den letzten Jahren ein enormer Organisationsentwicklungsbedarf ergeben, der sich facettenreich zeigt und von der Angebotsentwicklung über Fragen zur Aufbauorganisation bis zur Weiterentwicklung interner Abläufe reicht. Gleichzeitig führen auch die Digitalisierung und ihre Auswirkungen auf den berufspraktischen Alltag bei der Teilhabe am Leben gGmbH zu einem enormen Entwicklungsbedarf. Die Geschäftsführung stellt sich insbesondere die Frage, inwieweit digitale Transformationsprozesse dabei unterstützen können, den angestoßenen Dezentralisierungs- und Regionalisierungsprozess konsequenter umzusetzen. Im Hinblick auf diesen Aspekt hat die Geschäftsführung Mitarbeitende beauftragt, die digitale Transformation der Teilhabe am Leben gGmbH durch Entwicklung einer digitalen Vision samt Implementierungsmöglichkeiten auszugestalten.
3 Digitale Transformation der Teilhabe am Leben gGmbH
Sowohl in wissenschaftlichen als auch berufspraktischen Diskussionen und Diskursen haben die Begriffe Digitalisierung, digitaler Wandel und digitale Transformation in den letzten Jahren stetig an Bedeutung zugenommen. Auch in der Sozialwirtschaft werden die Chancen und Risiken der Digitalisierung kontrovers diskutiert (Dopheide 2017, S. 14). Die oben genannten Begriffe eint, dass sie Entwicklungen beschreiben, deren primärer Treiber technologische Innovationen sind, welche sowohl in wirtschaftlichen als auch gesellschaftlichen Bereichen dauerhaft akzeptiert sind und diese nachhaltig prägen (Kreidenweis 2018, S. 11).
In dieser Arbeit stehen digitaler Transformationsprozesse im Vordergrund, weshalb es an dieser Stelle erforderlich ist, spezifisch auf diesen Begriff einzugehen. Zunächst ist festzuhalten, dass der oben beschriebene Begriff der digitalen Transformation bereits an sich schon einen Prozess darstellt. Es erscheint somit zunächst tautologisch, den Begriff der digitalen Transformation um die Wortendung Prozess zu erweitern. In dieser Arbeit wird der Begriff aus zwei Gründen dennoch verwendet. Erstens soll er verdeutlichen, dass die digitale Transformation einen länger anhaltenden Prozess darstellt, der am Ende auch zum Zustand der Transformation führt. Zweitens soll der im Titel dieser Arbeit verwendete Plural betonen, dass es nicht die eine digitale Transformation gibt, sondern mehrere unterschiedliche und im Prinzip unternehmensspezifische digitale Transformationsprozesse.
Bereits in der Einleitung dieser Arbeit wurde deutlich, dass digitale Transformationsprozesse den Arbeitsalltag in sozialwirtschaftlichen Unternehmen grundlegend ändern können bzw. dies auch grundlegend tun werden. Im Zuge der Änderungen des Arbeitsalltages rücken auch die Geschäftsmodelle sozialwirtschaftlicher Unternehmen in den Fokus. Damit angesprochen sind sowohl externe Aspekte im Bereich des Marktes und der Kundinnen und Kunden sowie interne Aspekte im Rahmen der Organisation. Vor diesem Hintergrund wird deutlich, dass digitale Transformationsprozesse zwingend als Herausforderung des Managements sozialwirtschaftlicher Unternehmen zu betrachten sind. Diesem stehen im Wesentlichen zwei Optionen zur Weiterentwicklung des jeweiligen Geschäftsmodells in Zeiten des digitalen Wandels zur Verfügung: Die Geschäftsmodell-Innovation, bei der ein neues oder mehrere neue Geschäftsmodelle in einem Unternehmen ent- wickelt werden und die Geschäftsmodell-Transformation, bei der ein bestehendes Geschäftsmodell in ein digitales migriert wird (Mettig 2018, S. 9-10, Massa & Tucci 2013, S. 424-425).
Im Hinblick auf die Teilhabe am Leben gGmbH sowie deren Angebote ist festzuhalten, dass diese ihr Geschäftsmodell im Kern nicht transformieren wird. Zu überprüfen ist daher, welche Bestandteile des bestehenden Geschäftsmodells durch die digitale Transformation so weiterentwickelt werden können, dass das langfristige Überleben des Unternehmens gesichert sowie nachhaltige Wettbewerbsvorteile erzielt werden können.
Diese Aufgabe erscheint auf den ersten Blick äußerst komplex. Gepaart mit der potentiellen Radikalität digitaler Transformationsprozesse ist es daher notwendig, diese in geeigneter Art und Weise zu differenzieren. Im Rahmen dieser Arbeit wird auf ein Differenzierungsmodell zurückgegriffen, welches digitale Transformationsprozesse in drei verschiedene Ebenen unterteilt (Mettig 2016, S. 82, s. Abbildung 1).
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 1: Ebenen digitaler Transformationsprozesse
Quelle: Eigene Abbildung nach Mettig 2016
Auf der ersten Ebene werden Veränderungen des Aktivitätensystems eines Geschäftsmo- delles angesprochen. Fokussiert werden hierbei Produkte und Dienstleistungen, Prozesse und Strukturen sowie konkrete Technologien, weshalb auch von der Domäne der Aktion gesprochen wird (Berends u. a. 2016, S.4). Auf der zweiten Ebene wird die Repräsentation einer Organisation ins Zentrum der Betrachtung gerückt. Konkret gemeint sind damit hauptsächlich Planungs- und Steuerungssysteme, die sich im Zuge des digitalen Wandels verändern können. Die in diesem Zusammenhang angesprochene Domäne ist jene der Kognition (Berends u. a. 2016, S.4). Schließlich wird auf einer dritten Ebene das Verhalten und Fühlen in einer Organisation thematisiert. Betrachtungsgegenstände in diesem Kontext sind Routinen, Unternehmenskulturen sowie Aspekte der Führung (Mettig 2016 S. 82). Da in dieser Differenzierungsebene Verhaltensweisen und Gefühlswelten behandelt werden, wird auch von der psychologisch-emotionalen Dimension digitaler Transformationsprozesse gesprochen (Berends u. a. 2016, S.4). Insgesamt ist durch diese Art der Differenzierung eine Möglichkeit geschaffen, die mit digitalen Transformationsprozessen einhergehende Komplexität zu reduzieren. Zwar sind sicherlich stets - wenn auch in unterschiedlicher Intensität - alle angesprochenen Ebenen durch digitale Transformationsprozesse betroffen, dennoch hilft diese Form der Unterteilung dem für den digitalen Wandel verantwortlichen Management bei der Fokussierung bestimmter Aufgaben (Met- tig 2018, S. 12).
Gerade der letzte Aspekt entfaltet im Rahmen dieser Arbeit seine große Bedeutung. Im Hinblick auf die Ausgangssituation der Teilhabe am Leben gGmbH wird in dieser Ausarbeitung die dritte Ebene digitaler Transformationsprozesse fokussiert. Angesetzt wird damit bei der psychologisch-emotionalen Dimension, die vom Autor aufgrund ihrer Nähe zum Menschen als Kerndimension digitaler Transformationsprozesse wahrgenommen wird. In der Teilhabe am Leben gGmbH geht es im Wesentlichen darum, die digitale Transformation (auch managementseitig) so zu gestalten, dass die Organisationsmitglieder im Zuge der Digitalisierung des Unternehmens nicht nur vor- sondern auch mitkommen (Welskopp-Deffaa 2019, S. 25). Konkret geht es damit um die Erzeugung eines digitalen Kulturwandels inklusive der Beachtung der durch den digitalen Wandel hervorgerufener und veränderter Anforderungen, der Ausgestaltung der Merkmale einer digitalen Unternehmenskultur sowie der Implikationen für die Ausgestaltung von Führung (s. zur Konkretion dieser Aspekte Kapitel 5).
Nach Klärung der Ebene des digitalen Transformationsprozesses der Teilhabe am Leben gGmbH sowie Hinweisen zu den konkreten Gegenständen der digitalen Transformation steht das Management des Unternehmens vor der Herausforderung eine normative Vorgabe für das skizzierte Unterfangen zu definieren. Dieser Aspekt wird im nachfolgenden Kapitel 4 aufgenommen.
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