Bereits durch den Titel "Was geschah, nachdem Nora ihren Mann verlassen hatte oder Stützen der Gesellschaften" verweist Elfriede Jelinek auf zwei Dramen von Henrik Ibsen, "Nora oder Ein Puppenheim" (1879) und "Die Stützen der Gesellschaft" (1877). Sie verbindet in ihrem Drama die Aussicht auf bürgerliche und proletarische Emanzipationsbestrebungen für die Befreiung der Frau aus ihrer traditionellen Rolle und den Zusammenhang von geschlechtsspezifischer und ökonomischer Unterdrückung.
Ziel meiner vorliegenden Arbeit soll es sein, aufzuzeigen, inwieweit die patriarchalen Strukturen und Machtverhältnisse, wie auch die Objektstellung der Frau, in dem Drama "Was geschah, nachdem Nora ihren Mann verlassen hatte oder Stützen der Gesellschaften" maßgeblich am Scheitern der Emanzipation beteiligt sind. Dies soll erreicht werden, indem ich, insbesondere an der Figur des Konsul Weygang, die patriarchalen Strukturen herausarbeite und außerdem zeige, inwiefern zum einen die hilflose Akzeptanz der weiblichen Figuren-, als auch zum anderen die verschiedenen Arten der Objektivierung der Frau, ihren jeweiligen Teil dazu beitragen, wie die Emanzipation, exemplarisch herausgearbeitet an der Figur der Nora Helmer, scheitert.
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. Die Grundlagen des Scheiterns
2.1. Patriarchale Strukturen
2.2. Die Frau als Objekt
2.2.1. Arbeitsobjekt und Mutter
2.2.2. Sexualobjekt
3. Scheitern der Emanzipation
3.1. Die Arbeiterin
3.2. Die Geliebte
3.3. Die Hure
3.4. Die Unternehmerin
4. Fazit
Literaturverzeichnis
[...]
Personalchef: Sie tanzen zu ungeil.
Nora atemlos : Geilheit, Pornographie ist ein Akt des Tötens der Frau, während Männerbünde stets geheiligt wurden durch die Entweihung der Frauen. Das ist ein Ritual patriarchalischer Herrschaftserhaltung, nichts anderes.
[.]1
1. Einleitung
Bereits durch den Titel Was geschah, nachdem Nora ihren Mann verlassen hatte oder Stützen der Gesellschaften, verweist Elfriede Jelinek auf zwei Dramen von Henrik Ibsen, Nora oder Ein Puppenheim (1879) und Die Stützen der Gesellschaft (1877). Sie verbindet in ihrem Drama die Aussicht auf bürgerliche und proletarische Emanzipationsbestrebungen für die Befreiung der Frau aus ihrer traditionellen Rolle und den Zusammenhang von geschlechtsspezifischer und ökonomischer Unterdrückung.2
Ziel meiner vorliegenden Arbeit soll es sein, aufzuzeigen, inwieweit die patriarchalen Strukturen und Machtverhältnisse, wie auch die Objektstellung der Frau, in dem Drama Was geschah, nachdem Nora ihren Mann verlassen hatte oder Stützen der Gesellschaften maßgeblich am Scheitern der Emanzipation beteiligt sind.
Dies soll erreicht werden, indem ich, insbesondere an der Figur des Konsul Weygang, die patriarchalen Strukturen herausarbeite und außerdem zeige, inwiefern zum einen die hilflose Akzeptanz der weiblichen Figuren-, als auch zum anderen die verschiedenen Arten der Objektivierung der Frau, ihren jeweiligen Teil dazu beitragen, wie die Emanzipation, exemplarisch herausgearbeitet an der Figur der Nora Helmer, scheitert.
2. Die Grundlagen des Scheiterns
2.1. Patriarchale Strukturen
„Übrigens ist der Kapitalismus eine Folge der auf die Spitze getriebenen Männerherrschaft.”3
Weygang als männlicher Hauptakteur stellt für Jelinek die Stereotype eines „moralisch degenerierten Kapitalisten” dar.4 „Die größte denkbare Schönheit jedoch besitzt das Kapital”, sagt Weygang.5 Ihn interessieren nicht menschlichen Schicksale, wie der durch ihn initiierte Bankrott Helmers, damit er „Gewinner auf der ganzen Linie” bleiben kann.6 Alle seine Aussagen implizieren die Gier nach Gewinn und reines profitorientiertes Denken, wenn er davon spricht, wie er sein „Amt als Präsident des Groß- und Außenhandelsverbandes aufs Erfreulichste mit den kurzfristigen finanziellen Schwierigkeiten [s]einer Firma verbunden [hat] [...] Man nennt das eine Verbindung von Amt und Geschäft”.7 Er verheimlicht seine Machenschaften nicht und über das kapitalistische System rechtfertigt er jedes Streben nach Kapitalgewinn. Jelinek stellt hier bereits die Frage, warum sich der mündige Zuschauer kritiklos einem solchen System unterordnet. Entsprechend ist für Weygang die Frau auch nur ein Investitionsgut und ihre Unterdrückung eine logische Folge des Kapitalismus, doch dazu später mehr.
Weygang selbst sagt von den Männern, dass sie über der Moral stünden.8 Was dann bekräftigend vom Herren im Chefbüro „durch Zerstörung, Raub und Gewalt.” untermauert wird.9 Dieser Typus Mann steht über der Moral und normiert selbst die gesellschaftlichen Werte oder in den Worten Jelineks: „Das Patriarchat behält seine normenbildende Funktion.”10 Denn schließlich sind in der Wirtschaft „beseelte Menschen am Werke. Sie bedürfen leitender, ordnender Prinzipien, wie Weygang seinen wert schaffenden
Anspruch treffend formuliert.11 So zeigt sich Jelinekin ihrem Drama überzeugt, dass auch die Beseitigung der ökonomischen Ungleichheit, welche zwischen den Geschlechtern herrscht, nicht die normbildende Funktion des Patriarchats beenden könnte.12
[...]
1 Jelinek, Elfriede: Theaterstücke. 12. Auflage. Reinbek bei Hamburg: Rowohlt Taschenbuch Verlag 2018. S. 23.
2 Janke, Pia (Hg.): Jelinek-Handbuch. Stuttgart, Weimar: J.B Metzler 2013. S. 273.
3 Jelinek 2018: 43.
4 Schöning, Andrea: Homologien der Sprachmacht. eine interdiskurstheoretische Studie zu Elfriede Jelineks Theatertexten. Paderborn: Wilhelm Fink GmbH & Co. Verlags-KG 2018. S. 167.
5 Jelinek 2018: 36.
6 Ebd. 70.
7 Ebd. 20.
8 Ebd. 29.
9 Ebd. 29.
10 Jahnke 2013: 267.
11 Jelinek 2018: 27f.
12 Jahnke 2013: 267.