In dieser Arbeit soll nicht eben jener Machtbegriff gefunden werden, vielmehr liegt das Augenmerk auf den unterschiedlichen Machtverständnissen sowie der Differenzierung der Macht und den Begriffen aus seiner Wortfamilie. Dies soll anhand der Machtbegriffe von Max Weber, Hannah Arendt und Michel Foucault erfolgen.
Schon die Philosophen des alten Griechenlands beschäftigten sich mit der Macht. So bearbeitete Aristoteles den Begriff der Macht innerhalb der Theorie von Herrschaft und Knechtschaft. Insbesondere im 19. Jahrhundert beschäftigten sich immer mehr Philosophen, Politikwissenschaftler und auch bald Soziologen mit dem Thema der Macht. In nahezu jeder Theorie und jedem veröffentlichten Werk spielte die Macht in der ein oder anderen Form eine Rolle. Das Ausmaß dieser Macht, die alles beeinflusst, ist gewaltig. Dabei wird die Macht nie einheitlich definiert, mal ist sie produktiv, mal hemmend. Die einen untersuchen sie in einem Kontext, die anderen versuchen die Macht von allem loszulösen und alleinstehend zu verstehen. Die Frage nach der Macht und was diese eigentlich ist bleibt unbeantwortet. Zumindest in dem Sinne, dass es nicht die eine Antwort oder Definition gibt.
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. Weber
2.1 Warum Weber?
2.2 Macht
2.3 Herrschaft
2.4 Kampf
2.5 Verbindung und Abtrennung von Herrschaft und Macht
3. Foucault
3.1 Warum Foucault?
3.2 Macht
3.2.1 Wissen
3.2.2 Diskurs
3.2.3 Diskurs und Wissen
3.2.4 Panoptikum
4. Arendt
4.1 Warum Arendt?
4.2 Macht
4.2.1 Macht und Handeln
4.3 Dualismus von Macht und Gewalt
5. Vergleich
6. Fazit
Anhang
I Literaturverzeichnis
1. Einleitung
Schon die Philosophen des alten Griechenlands beschäftigten sich mit der Macht. So bearbeitete Aristoteles den Begriff der Macht innerhalb der Theorie von Herrschaft und Knechtschaft. Insbesondere im 19. Jahrhundert beschäftigten sich immer mehr Philosophen, Politik Wissenschaftler und auch bald Soziologen mit dem Thema der Macht. In nahezu jeder Theorie und jedem veröffentlichten Werk spielte die Macht in der ein oder anderen Form eine Rolle. Das Ausmaß dieser Macht, die alles beeinflusst, ist gewaltig. Dabei wird die Macht nie einheitlich definiert, mal ist sie produktiv, mal hemmend. Die einen untersuchen sie in einem Kontext, die anderen versuchen die Macht von allem loszulösen und alleinstehend zu verstehen. Max Weber erkannte dies auch, und versuchte mit dem Kapitel Soziologische Grundbegriffe in seinem Werk Wirtschaft und Gesellschaft "[...] zu formulieren, was jede empirische Soziologie tatsächlich meint, wenn sie von den gleichen Dingen spricht."1 Bei der Definition von Macht die Max Weber aufstellte, sollte es aber nicht bleiben. Es wurde immer weiter differenziert und weitere neue Theorien der Macht aufgestellt. Die Frage nach der Macht und was diese eigentlich ist bleibt unbeantwortet. Zumindest in dem Sinne, dass es nicht die eine Antwort oder Definition gibt.
Neben dem Begriff der Macht tauchen auch Begriffe aus der Wortfamilie wie Gewalt, Autorität und Herrschaft auf. Mal als Synonyme verwendet, mal in Abgrenzung zum eigentlichen Machtbegriff. Auch die Verwendung dieser weiteren Begriffe hatte und hat einen Einfluss darauf, dass sich nicht ein allumfassender Machtbegriff durchsetzen konnte.
In dieser Arbeit soll nicht eben jener Machtbegriff gefunden werden, vielmehr liegt das Augenmerk auf den unterschiedlichen Machtverständnisse, sowie der Differenzierung der Macht und den Begriffen aus seiner Wortfamilie. Dies soll anhand der Machtbegriffe von Max Weber, Hannah Arendt und Michel Foucault erfolgen.
2. Weber
2.1 Warum Weber?
Max Weber gilt als einer der größten deutschen Soziologen. Sein Begriff der Macht ist der wahrscheinlich gängigste und am häufigsten zitierte Machtbegriff und in jedem Soziologie Lexikon zu finden. Max Weber hat mit seinen umfangreichen Werken viele spätere Philosophen und Soziologen wie Talcott Parsons beeinflusst. Eine der einflussreichsten Interpretationen Max Webers stammt zum Beispiel von Talcott Parsons.2
2.2 Macht
"Macht bedeutet jede Chance, innerhalb einer sozialen Beziehung den eigenen Willen auch gegen Widerstreben durchzusetzen, gleichviel worauf diese Chance beruht." 3
Der Machtbegriff von Max Weber beruht auf der sozialen Beziehung. Ohne eine ihr gegenüberstehende Person kann A keine Macht haben, denn A hat Macht über B. Webers Machtbegriff kann man deshalb als ein >Macht über< Begriff definieren. Wenn A Macht über B haben soll, kann dies nur innerhalb einer sozialen Beziehung passieren. Die soziale Beziehung (Es geht hierbei um aufeinander bezogenes Handeln. Inhalte einer solchen Beziehung können zum Beispiel Kampf, Feindschaft oder Freundschaft sein)4 stellt somit eine zentrale Voraussetzung für den Machtbegriff Webers dar und wird von ihm folgendermaßen definiert:
"Soziale Beziehung soll ein seinem Sinngehalt nach aufeinander gegenseitig eingestelltes und dadurch orientiertes Sichverhalten mehrerer heißen. Die soziale Beziehung besteht also durchaus und ganz ausschließlich in der Chance, daß in einer (sinnhaft) angebbaren Art sozial gehandelt wird, einerlei zunächst worauf diese Chance beruht." 5
Wenn A also Macht über B hat, so kann A innerhalb der definierten sozialen Beziehung seinen eigenen Willen und seine Interessen durchsetzen. Dabei ist es einerlei, ob B Widerstand leistet oder nicht. Dies wird am Gebrauch des Wortes „auch“ deutlich. Die Machtausübung wird aber vom Widerstand gegen den Willen von A überschattet. „Chance“ kann in diesem Kontext auch als Möglichkeit der Machtausübung interpretiert werden, die Macht muss also nicht eingesetzt werden. Dabei hat A immer nur Macht über einen anderen Menschen, Weber spricht hier nicht von der Macht über die Natur, welche die Menschen sicherlich haben (siehe Ausbeutung der Erde etc.). "Gemeint ist hier grundsätzlich soziale Macht, d.h. Macht über Menschen.“6 Eine weitere Voraussetzung der Macht ist, dass sie abhängig davon ist, dass (um im Modell von A hat Macht über B zu bleiben) B die Macht, die A hat, anerkennt oder zu dieser Anerkennung gezwungen wird.7 Der Zwang stellt somit ein zentrales Element der Macht dar. Wie schon festgestellt, existiert Macht nur innerhalb von Beziehungen. Macht kann also nicht als ein Ding oder allein Stehendes existieren.8 Im letzten Abschnitt der Machtdefinition „gleichviel worauf diese Chance beruht“9 ist zu erkennen, dass es Ressourcen oder Fähigkeiten gibt, die die Chance auf Macht erhöhen. Es gibt dabei drei Arten von Ressourcen, die, wenn sie besessen werden, als Machtfaktor eingesetzt werden können. Diese drei Ressourcen sind: ökonomische Ressourcen, Prestigeressourcen oder politische Ressourcen.10 „Eigentum an Sachen kann [dabei auch] eine Machtquelle sein."11 Diese Machtquelle würde unter ökonomische Ressourcen fallen. Geld, Besitz etc. können eine Asymmetrie in einer sozialen Beziehung hervorrufen und so ein Machtverhältnis aufbauen oder begünstigen. Unter Prestigeressourcen versteht man unteranderem Titel, während mit politischen Ressourcen bestimmte Posten gemeint sind. Max Weber versteht Macht folglich als Ressource und untersucht die Verteilung dieser innerhalb der Gesellschaft.12 So sind "Klassen, Stände und Parteien nach Weber ,Typen der Machtverteilung´ innerhalb der Gemeinschaft [...]".13 Jede Schicht hat unterschiedliche Machtressourcen und somit in Beziehungen zu anderen, vor allem anderer Stände, Klassen oder Parteien, einen Vorteil oder Nachteil. Nach seiner Definition der Macht schränkt Weber den Begriff auch direkt ein, indem er den Begriff der Macht als soziologisch amorph bezeichnet.14
2.3 Herrschaft
"[...] Herrschaft soll heißen die Chance, für einen Befehl bestimmten Inhalts bei angebbaren Personen Gehorsam zu finden [...]" 15
Durch die Einschränkung der Macht als soziologisch amorph, was heißen soll, dass sämtliche Eigenschaften dazu beitragen können, den eigenen Willen durchsetzen zu können16, brauchte Weber den Begriff der Herrschaft. Herrschaft soll dabei klarer definiert sein als die Macht und die Schwammigkeit des Begriffes der Macht auflösen.17 Herrschaft soll also "Nicht […] jede Art von Chance, ,Macht´ oder ,Einfluss´ auf andere Menschen auszuüben."18 sein, sondern nur bestimmte Chancen. Herrschaft setzt dabei ein System von Befehl und Gehorsam voraus.19 Das heißt "[...], dass im Fall der Herrschaft die eine Seite ,handelt´ und die andere Seite dieses Handeln ,duldet und gelten lässt´."20 Für dieses Dulden des Herrschaftsverhältnisses und für den Gehorsam des Befehls wird ein gewisses Interesse von der beherrschten Person an der Ausführung des Befehls vorausgesetzt. Bei einem Herrschaftsverhältnis wird das Machtverhältnis internalisiert, insofern das die beherrschte Person nicht gegen ihren Willen handelt. Des Weiteren benötigt ein Herrschaftsverhältnis immer Legitimität, damit der Befehl Gehorsam findet. Es ist somit nicht möglich, wie bei der Macht, das sämtliche Eigenschaften ein Herrschaftsverhältnis hervorrufen können. Weber unterscheidet in diesem Zuge in drei legitime Herrschaftsverhältnisse: 1) Legale (rationale) Herrschaft, 2) Traditionelle Herrschaft und 3) Charismatische Herrschaft.21
1) Legale Herrschaft soll heißen, dass die Herrschaft auf dem Glauben der Legitimität der Regeln und Ordnungen (Recht) und die durch sie hervorgebrachten Herrschenden basiert.22
2) Traditionelle Herrschaft soll heißen, dass die Herrschende Person durch Tradition legitimiert wird und die Herrschaft durch die Tradition akzeptiert wird.23
3) Charismatische Herrschaft soll heißen, dass die herrschende Person über außerordentliche Qualitäten verfügt, welche ihm als übernatürliche Eigenschaften zugestanden werden oder ihn als gottgesandten dastehen lassen. Die Herrschaft legitimiert sich aufgrund der Akzeptanz dieser außerordentlichen Qualitäten.24
[...]
1 Max Weber und Johannes Winckelmann, Wirtschaft und Gesellschaft: Grundriß der verstehenden Soziologie, Studienausg., 5., rev. Aufl. (Tübingen: Mohr, 1972), 1.
2 Jere Cohen, Lawrence E. Hazelrigg und Whitney Pope, „De-Parsonizing Weber: A Critique of Parsons' Interpretation of Weber's Sociology. “American Sociological Review 40, Nr. 2 (1975): 229–241. http://www.jstor.org/stable/2094347, vgl. 229.
3 Weber und Winckelmann, Wirtschaft und Gesellschaft, 28.
4 Dirk Käsler, Max Weber: Eine Einführung in Leben, Werk und Wirkung, 4. Aufl. Campus Studium (Frankfurt am Main: Campus-Verl., 2014), vgl. 211.
5 Hans Paul Bahrdt, Schlüsselbegriffe der Soziologie: Eine Einführung mit Lehrbeispielen, 5. Aufl. (München: Beck, 1992), 177.
6 Ebd., 163.
7 Hildegard Mogge-Grotjahn, Soziologie: Eine Einführung für soziale Berufe, 3., vollst. überarb. und aktualisierte Aufl. (Freiburg im Breisgau: Lambertus, 2007). http://www.socialnet.de/rezensionen/isbn.php?isbn=978-3-7841-1669-3, vgl. 82.
8 Ebd., vgl. 81 f.
9 Weber und Winckelmann, Wirtschaft und Gesellschaft, 28.
10 Gregor Fitzi und Max Weber, Max Webers politisches Denken, 1. Aufl. UTB Soziologie, Politikwissenschaft 2570 (Konstanz: UVK Verl.-Ges, 2004). http://www.utb-studi-e-book.de/9783838525709, vgl. 232 f.
11 Bahrdt, Schlüsselbegriffe der Soziologie, 163.
12 Fitzi und Weber, Max Webers politisches Denken, vgl. 232.
13 Ebd., 231.
14 Weber und Winckelmann, Wirtschaft und Gesellschaft, vgl. 28.
15 Ebd., 28.
16 Ebd., vgl. 28-29.
17 Ebd., vgl. 29.
18 Max Weber et al., Hrsg., Wirtschaft und Gesellschaft. Soziologie. Unvollendet 1919 - 1920. Gesamtausgabe Schriften und Reden Bd. 23 (Tübingen: Mohr Siebeck, 2013), 449.
19 Jenö Bango, Soziologie für soziale Berufe: Grundbegriffe und Grundzüge. Flexibles Taschenbuch Soz (Stuttgart: Enke, 1994), 77.
20 Fitzi und Weber, Max Webers politisches Denken, 117.
21 Weber und Winckelmann, Wirtschaft und Gesellschaft, vgl. 124.
22 Ebd., vgl. 126 f.
23 Ebd., vgl. 130 f.
24 Ebd., vgl. 140.