Welche Probleme bestehen beim Beurteilen, Bewerten und Benoten von schriftlichen Arbeiten und welche Folgerungen für Lehrerinnen und Lehrer resultieren daraus? Das Ziel dieser Hausarbeit ist diese Probleme darzustellen und zu erörtern sowie Handlungsempfehlungen für Lehrerinnen und Lehrer zu geben.
Lehrerinnen und Lehrer müssen fast täglich Beurteilen und Bewerten. Dabei stellt eine große Herausforderung für Lehrkräfte die Beurteilung und Bewertung von schriftlichen Arbeiten dar. Hierbei besteht das vordergründige Problem, dass einerseits die Kreativität im Vordergrund stehen sollte und andererseits die Punktebewertung nicht vernachlässigt werden darf. Des Weiteren haben Schülerinnen und Schüler sowie Eltern häufig die Meinung, dass schriftliche Arbeiten im Deutschunterricht willkürlich bewertet werden. Noten beeinflussen die weitere Schullaufbahn und somit die Zukunft von Schülerinnen und Schülern maßgeblich, wodurch die Notwendigkeit besteht sich mit dem beschriebenen Problem auseinanderzusetzen und zu erörtern, welche Schwierigkeiten Lehrerinnen und Lehrer beim Bewerten, Beurteilen und Benoten von schriftlichen Arbeiten im Deutschunterricht haben.
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
1.1 Problem und Ziel
1.2 Struktur
2. Definitionen
2.1 Leistungsbegriff
2.2 Bewerten
2.3 Beurteilen
2.4 Benoten
2.5 Allgemeine Gütekriterien
2.6 Bezugsnormen
3. Funktionen schulischer Leistungsbeurteilungen
4. Fördernde Beurteilung vs. bewertend-prüfende Beurteilung
5. Beurteilungsfehler
5.1 Allgemeine Beurteilungsfehler
5.1.1 Halo-Effekt
5.1.2 Referenzfehler
5.1.3 Reihungseffekt
5.1.4 Milde- und Strengetendenz
5.1.5 Sympathiedilemma
5.1.6 Abstandsproblem
5.2 Beurteilungsfehler nach Baurmann
6. Welche Probleme bestehen beim Bewerten, Beurteilen und Benoten von schriftlichen Arbeiten?
7. Handlungsempfehlungen für Lehrinnen und Lehrer im Deutschunterricht
7.1 Kriterien für die Bewertung schriftlicher Arbeiten
7.2 Zürcher Textanalyseraster
7.3 Wie sollten Texte im Deutschunterricht beurteilt werden?
8. Fazit
Literatur
1. Einleitung
1.1 Problem und Ziel
Lehrerinnen und Lehrer müssen fast täglich Beurteilen und Bewerten. Dabei stellt eine große Herausforderung für Lehrkräfte die Beurteilung und Bewertung von schriftlichen Arbeiten dar. Hierbei besteht das vordergründige Problem, dass einerseits die Kreativität im Vordergrund stehen sollte und andererseits die Punktebewertung nicht vernachlässigt werden darf. Des Weiteren haben Schülerinnen und Schüler sowie Eltern häufig die Meinung, dass schriftliche Arbeiten im Deutschunterricht willkürlich bewertet werden.1 Noten beeinflussen die weitere Schullaufbahn und somit die Zukunft von Schülerinnen und Schülern maßgeblich, wodurch die Notwendigkeit besteht sich mit dem beschriebenen Problem auseinanderzusetzen und zu erörtern, welche Schwierigkeiten Lehrerinnen und Lehrer beim Bewerten, Beurteilen und Benoten von schriftlichen Arbeiten im Deutschunterricht haben.
Folglich stellt sich die Frage, welche Probleme beim Beurteilen, Bewerten und Benoten von schriftlichen Arbeiten bestehen und welche Folgerungen für Lehrerinnen und Lehrer daraus resultieren. Das Ziel dieser Hausarbeit ist diese Probleme darzustellen und zu erörtern sowie Handlungsempfehlungen für Lehrerinnen und Lehrer zu geben.
1.2 Struktur
Beginnend mit Begriffsdefinitionen zum Leistungsbegriff, Bewerten, Beurteilen, Benoten sowie zu den allgemeinen Gütekriterien und den Bezugsnormen, werden im weiteren Verlauf der Arbeit die Funktionen schulischer Leistungsbeurteilungen erläutert. Im Anschluss folgt eine Erläuterung zur fördernden und zur bewertend-prüfenden Beurteilung. Darauffolgend werden in Kapitel fünf allgemeine Beurteilungsfehler und anschließend die Beurteilungsfehler nach Baurmann erörtert. Daran anknüpfend werden in Kapitel sieben die Probleme beim Bewerten, Beurteilen und Benoten schriftlicher Arbeiten anhand der vorgestellten Beurteilungsfehler sowie Fehlerquellen zusammengefasst. Im Anschluss folgen Kriterien für die Bewertung schriftlicher Arbeiten anhand des Zürcher Textanalyserasters. Darauf aufbauend werden Folgerungen für Lehrerinnen und Lehrer zur Bewertung, Beurteilung und Benotung von schriftlichen Arbeiten im Deutschunterricht dargestellt. Die Arbeit schließt mit einem zusammenfassenden Fazit ab.
2. Definitionen
2.1 Leistungsbegriff
Es bestehen mehrere Definitionen zum Leistungsbegriff. Aus diesem Grund ist es für den weiteren Verlauf dieser Arbeit wichtig, eine Definition des Leistungsbegriffes festzulegen. Für diese Arbeit eignet sich die Definition des pädagogischen Leistungsbegriffs nach Klafki und Sacher. Nach Klafki sei Leistung „der Vollzug und das Ergebnis einer Tätigkeit, die mit Anstrengung verbunden, auf die Erlangung eines Ziels gerichtet und auf Gütemaßstäbe und Anforderungen bezogen“ sei.2 Sacher begründet das Leistungsstreben damit, dass Menschen dem Wunsch nach Anerkennung folgen und diesen durch erbrachte Leistungen erreichen. Demnach sind Leistungserbringungen notwendig, um ein angeborenes Bedürfnis zu befriedigen.3
2.2 Bewerten
Becker-Mrotzek und Böttcher bezeichnen eine Bewertung als einen kognitiven Prozess des Einschätzens. Dabei besteht schon unbewusst oder auch bewusst ein Wertesystem anhand Kriterien. Die qualitative Leistung der schriftlichen Leistung wird als „gelungen“ oder als „nicht gelungen“ bewertet. Somit stellt die Bewertung die Grundlage für das Beurteilen und Benoten dar.4 Beck bezeichnet das Bewerten zudem als die schwierigste Handlung während einer Korrektur. Zudem definiert er die Bewertung ebenfalls als eine Leistungsermittlung durch ein vorgegebenes Wertesystem wie einer Noten- oder Punktskala.5
2.3 Beurteilen
Als Beurteilung definieren Becker-Mrotzek und Böttcher eine mündliche Bewertung, die der Schülerin oder dem Schüler mitgeteilt wird. Die schriftliche Arbeit wird anhand Kriterien, Normen und Wertmaßstäben gemessen.6
Nach Beck sei das Beurteilen ein Gespräch bzw. eine verbale Einschätzung, bei dem die Lehrkraft dem Schüler oder der Schülerin Stärken und Schwächen der Arbeit nennt und die Ursachen für Fehler deutlich macht. Des Weiteren werden den Schülerinnen und Schülern Verbesserungsmöglichkeiten aufgezeigt.7
2.4 Benoten
Nach Becker-Mrotzek und Böttcher stellt das Benoten die Zusammenfassung einer Bewertung in einer Note bzw. Zensur dar.8 Beck fügt dem hinzu, dass die gemessene Leistung in eine Punkte- oder Notenskala eingeordnet wird.9
2.5 Allgemeine Gütekriterien
Es bestehen drei Gütekriterien für schulische Leistungsbeurteilungen. Diese sind Objektivität, Reliabilität und Validität. Unter Objektivität ist zu verstehen, dass eine Bewertung dann objektiv ist, wenn unterschiedliche Prüfer eine Leistung gleich bewerten. Demnach ist ein Ergebnis objektiv, wenn es unabhängig vom Prüfer ist. Die Reliabilität bezeichnet die Zuverlässigkeit bezüglich der Beurteilung seitens des Prüfers. Demnach darf es nicht zu unterschiedlichen Beurteilungen der gleichen Leistung innerhalb eines Zeitraums kommen. Die Validität stellt das wichtigste Gütekriterium dar. Ein Ergebnis ist gültig bzw. valide, wenn tatsächlich das gemessen wird, was auch gemessen werden soll.10
2.6 Bezugsnormen
Es bestehen drei Arten von Maßstäben nach denen Schülerinnen und Schüler bewertet werden können. Diese sind die kriteriale Bezugsnorm, die soziale Bezugsnorm und die individuelle Bezugsnorm. Die kriteriale Bezugsnorm ist an sachlichen Überlegungen orientiert. Dabei bewerten Lehrerinnen und Lehrer nach bestehenden Standards und Kompetenzen. Zudem wird eine Benotungsskala vor der Prüfung festgelegt. Bei der sozialen Bezugsnorm werden die Leistungen der Schülerinnen und Schüler miteinander verglichen und zudem in Bezug gesetzt. Bei der individuellen Bezugsnorm findet ein Vergleich der vergangenen Leistung einer Schülerin oder eines Schülers statt. Dabei wird sich auf den individuellen Lernfortschritt fokussiert.11
3. Funktionen schulischer Leistungsbeurteilungen
Unter Berücksichtigung der Tatsache, dass die Beurteilung bzw. Bewertung viele Schwierigkeiten und Probleme birgt, besteht nichtsdestotrotz die Notwendigkeit Leistungen im schulischen Kontext zu bewerten. Das Schulgesetz für das Bundesland Nordrhein-Westfalen legt in seinen Grundsätzen zur Leistungsbewertung fest, dass eine Leistungsbewertung über den aktuellen Lernstand einer Schülerin oder eines Schülers informieren soll. Zudem soll eine Leistungsbewertung ebenfalls als eine Grundlage für die folgende Förderung dienen.12 Sacher benennt weitere Funktionen schulischer Leistungsbeurteilung. Leistungsbeurteilung sei relevant, um notwendige Selektionsentscheidungen zu ermöglichen. Des Weiteren trage die Leistungsbeurteilung dazu bei, dass Schülerinnen und Schüler mit formal-bürokratischer Behandlung vertraut gemacht werden, was zur Sozialisation dazu gehöre. Zudem ermöglichen schulische Leistungsbeurteilungen eine Kontrolle und gegebenenfalls eine Anpassung von Lehrerinnen und Lehrern, Lehrplänen, Schulen und Schulsystemen. Darüber hinaus sei eine weitere Funktion von schulischer Leistungsbeurteilung die Disziplinierung. Rückmeldungen befähigen Schülerinnen und Schüler häufig dazu, dass sie sich selbst realistischer einschätzen oder ihre Anstrengung oder Aufmerksamkeit erhöhen.13
4. Fördernde Beurteilung vs. bewertend-prüfende Beurteilung
Nach Fix bestehen die Möglichkeiten der fördernden Beurteilung und der bewertend-prüfenden Beurteilung mit Leistungsmessung. Durch eine bewertend-prüfende Beurteilung mit Leistungsmessung, erhalten Schülerinnen und Schüler zum Schluss des Schreibprozesses eine Rückmeldung durch eine Note bzw. Zensur. Jedoch sollte bei der bewertend-prüfenden Beurteilung berücksichtigt werden, dass lediglich eine Rückmeldung über den aktuellen Lernstand und nicht über die Lernentwicklung gegeben wird. Häufig wird die bewertend-prüfende Beurteilung mit Leistungsmessung bei Klassenarbeiten oder Klausuren gewählt. Im Gegensatz dazu wird die fördernde Beurteilung oft in Arbeits- bzw. Übungsphasen gewählt. Durch die fördernde Beurteilung erhalten Schülerinnen und Schüler eine schriftliche oder mündliche Rückmeldung. Dabei ist das gemeinsame Verständnis des Textes und die Textoptimierung durch eine Überarbeitung das Ziel.14 Die Lehrkraft sieht sich dabei als Lektor und das Schreiben als einen Prozess an. Des Weiteren wird der Lernstand vom Lehrenden erkannt und entsprechende Förderung wird geboten. Demnach stehen eine erfolgreiche Überarbeitung und eine positive Lernentwicklung im Fokus.15
[...]
1 Vgl. Bohusch, Otmar: Neue Kriterien für die Aufsatzbewertung. München 1972, S. 13ff.
2 Sacher, Werner: Leistungen entwickeln, überprüfen und beurteilen. Bewährte und neue Wege für die Primar- und Sekundarstufe. Bad Heilbrunn 2009, S. 13.
3 Vgl. W. Sacher: Leistungen entwickeln, überprüfen und beurteilen, S. 13.
4 Vgl. Böttcher, Ingrid und Becker-Mrotzek, Michael: Schreibkompetenz entwickeln und beurteilen. 5. Auflage. Berlin 2015, S. 123.
5 Vgl. Beck, Oswald: Theorie und Praxis der Aufsatzbeurteilung. Forschungsstand. Wege der Objektivierung und Leistungsförderung. Ein Handbuch für Lehrende und Studierende. Bochum 1979, S. 60.
6 Vgl. I. Böttcher & M. Becker-Mrotzek: Schreibkompetenz entwickeln und beurteilen, S. 123.
7 Vgl. O. Beck: Theorie und Praxis der Aufsatzbeurteilung. Forschungsstand, S. 60.
8 Vgl. I. Böttcher & M. Becker-Mrotzek: Schreibkompetenz entwickeln und beurteilen, S. 124.
9 Vgl. O. Beck: Theorie und Praxis der Aufsatzbeurteilung. Forschungsstand, S. 60.
10 Vgl. Knauf, Tassilo: Einführung in die Grundschuldidaktik: Lernen, Entwicklungsförderung und Erfahrungswelten in der Primarstufe. 2. überarbeitete Auflage. Stuttgart 2009, S. 245f.
11 Vgl. Jürgens, Eiko und Sacher, Werner: Leistungserziehung und pädagogische Diagnostik in der Schule. Grundlagen und Anregungen für die Praxis. Stuttgart 2008, S. 101f.
12 Vgl. Ministerium für Schule und Bildung des Landes Nordrhein-Westfalen: Schulgesetz für das Land Nordrhein-Westfalen. https://www.schulministerium.nrw.de/docs/Recht/Schulrecht/Schulgesetz/Schulgesetz.pdf (11.12.2018).
13 Vgl. W. Sacher: Leistungen entwickeln, überprüfen und beurteilen, S. 22ff.
14 Vgl. Fix, Martin: Texte schreiben. Schreibprozesse im Deutschunterricht. Stuttgart 2008, S. 188ff.
15 Vgl. Böttcher, Ingrid/ Becker-Mrotzek, Michael: Schreibkompetenz entwickeln und beurteilen. Berlin 2006, S. 95ff.