Schmerzmanagement ist ein zeitaufwendiger und komplizierter Prozess. Studien zufolge sind 50 % der Fälle unzureichend behandelt. Vor allem bei älteren Menschen ist das Schmerzmanagement eine Herausforderung. Es gibt eine multiple Anzahl an Gründen, die Schmerzen verursachen können. Außerdem kann die Polypharmazie die Schmerzmechanismen negativ beeinflussen.
Bei älteren Menschen, die in einer Hausgemeinschaft leben, haben mindestens 50 % chronische Schmerzen. In Pflegeheimen sind es sogar 80 %. Die Anzahl der Zupflegende wird aufgrund des demographischen Wandels weltweit steigen. Demzufolge muss ein stärkeres Bewusstsein für das Schmerzmanagement in dieser Bevölkerung entwickelt werden, da es häufig der Fall ist, dass Professionell-Pflegende Schmerzen bei älteren Menschen unzureichend einschätzen, behandeln und/ oder medikamentös einstellen. Es gehen jährlich über 600 Billionen US$ für Produktivitätskosten oder als Ausgaben des Gesundheitswesens für die Schmerztherapie verloren. Noch komplexer ist das Schmerzmanagement bei Menschen mit einer Demenz in stationären Pflegeeinrichtungen. Es ist dabei noch wichtiger differenzierter auf die verschiedenen Schmerzarten einzugehen. Viele der Betroffenen leiden an akuten und/ oder chronischen Schmerzen. Nur durch ein sorgfältiges Management, kann eine adäquate Schmerzeinstellung stattfinden. Schmerz benötigt demzufolge ein systematisches Assessment und Management, um die genaue Schmerzart zu identifizieren und das richtige Level von Analgetika festzulegen. Nicht selten reagieren Betroffene der Demenz mit aggressiven bzw. herausforderndem Verhalten. Dieses Verhalten wird bei manchen mit freiheitsentziehenden Maßnahmen, bei anderen wiederum mit Psychopharmaka kontrolliert. Beides greift die Autonomie der Betroffenen an. Außerdem steigern Psychopharmaka das Risiko der Sedierung, an extrapyramidalen Symptomen und Stürzen. Jüngste Studien sind der Auffassung, dass das Vorhandensein von Schmerzen bei Menschen mit Demenz zu diesem aggressiven Verhalten beitragen. Vor allem Menschen in fortgeschrittenen Stadien der Demenz können sich nicht mehr adäquat äußern und nutzen das aggressive Verhalten um zu kommunizieren, dass sie ein Bedürfnis haben, das nicht befriedigt ist. Im Rahmen dieser Projektarbeit soll beantwortet werden, inwieweit sich das Schmerzerleben bei Menschen mit Demenz im Vergleich zu kognitiv-uneingeschränkten Menschen unterscheidet.
Inhalt
1 Einleitung
2 Schmerz
2.1 Definition von Schmerz
2.1.1 Komponente des Schmerzes
2.1.2 Prozess der Schmerzentstehung
2.1.3 Akuter Schmerz und Chronischer Schmerz
2.1.4 Neuropathische Schmerzen
2.2 Veränderung des Schmerzes im Alter
2.2.2 Veränderungen des somatosensorischen Systems im Alter
2.2.3 Veränderung der Reaktivität von Mastzellen und Microgliazellen im Alter
2.3 Demenzerkrankungen
2.4 Schmerz und Demenz
2.4.1. Prävalenz von Schmerzen bei Menschen mit Demenz
2.4.2 Schmerwahrnehmung bei Demenz
2.5 Schmerzmanagement
2.5.1 Schmerzassessment
2.5.2 Schmerztherapie
3 Schlussbetrachtung
4 Literaturverzeichnis
1 Einleitung
Schmerzmanagement ist ein zeitaufwendiger und komplizierter Prozess. Studien zufolge sind 50% der Fälle unzureichend behandelt. Vor allem bei älteren Menschen ist das Schmerzmanagement eine Herausforderung. Es gibt eine multiple Anzahl an Gründen, die Schmerzen verursachen können. Außerdem kann die Polypharmazie die Schmerzmechanismen negativ beeinflussen.1
Bei älteren Menschen, die in einer Hausgemeinschaft leben, haben mindestens 50% chronische Schmerzen. In Pflegeheimen sind es sogar 80%. Die Anzahl der Zupflegende wird aufgrund des demographischen Wandels weltweit steigen. Demzufolge muss ein stärkeres Bewusstsein für das Schmerzmanagement in dieser Bevölkerung entwickelt werden, da es häufig der Fall ist, dass Professionell-Pflegende Schmerzen bei älteren Menschen unzureichend einschätzen, behandeln und/ oder medikamentös einstellen.2 Es gehen jährlich über 600 Billionen US$ für Produktivitätskosten oder als Ausgaben des Gesundheitswesens für die Schmerztherapie verloren.3 Noch komplexer ist das Schmerzmanagement bei Menschen mit einer Demenz in stationären Pflegeeinrichtungen. Es ist dabei noch wichtiger differenzierter auf die verschiedenen Schmerzarten einzugehen. Viele der Betroffenen leiden an akuten und/ oder chronischen Schmerzen. Nur durch ein sorgfältiges Management, kann eine adäquate Schmerzeinstellung stattfinden. Schmerz benötigt demzufolge ein systematisches Assessment und Management, um die genaue Schmerzart zu identifizieren und das richtige Level von Analgetika festzulegen.4 Nicht selten reagieren Betroffene der Demenz mit aggressiven bzw. herausforderndem Verhalten. Dieses Verhalten wird bei manchen mit freiheitsentziehenden Maßnahmen, bei anderen wiederum mit Psychopharmaka kontrolliert. Beides greift die Autonomie der Betroffenen an. Außerdem steigern Psychopharmaka das Risiko der Sedierung, an extrapyramidalen Symptomen und Stürzen. Jüngste Studien sind der Auffassung, dass das Vorhandensein von Schmerzen bei Menschen mit Demenz zu diesem aggressiven Verhalten beitragen. Vor allem Menschen in fortgeschrittenen Stadien der Demenz können sich nicht mehr adäquat äußern und nutzen das aggressive Verhalten um zu kommunizieren, dass sie ein Bedürfnis haben, das nicht befriedigt ist.5 Im Rahmen dieser Projektarbeit soll beantwortet werden, inwieweit sich das Schmerzerleben bei Menschen mit Demenz im Vergleich zu kognitiv-uneingeschränkten Menschen unterscheidet. Ziel der Projektarbeit ist es aufzuzeigen, welche evidenzbasierten Interventionen es gibt, die zu einem adäquaten Schmerzmanagement bei Menschen mit Demenz beitragen. Dies wurde anhand einer systematischen Literaturrecherche durchgeführt. Dabei wurden verschiedene Datenbanken durchsucht, sowie Zeitschriften verwendet.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Zeitschriften:
- Dementia and Geriatric Cognitive Disorders. Extra
- Geriatric Medicine
- Pain Physician
- Pain Studies and Treatment
- Pain Reports
2 Schmerz
2.1 Definition von Schmerz
Schmerz ist laut der IASP „an unpleasant sensory and emotional experience associated with actual or potential tissue damage or described in terms of such damage”6. Eine weitere Definition ist die von McCaffery and Beebe. „Schmerz ist das, was die wahrnehmende Person sagt, was es ist und es existiert immer, wenn die wahrnehmende Person sagt, dass es existiert“7. Schmerz ist gekennzeichnet von Nozizeption. Dies ist ein neurophysiologisches Schutzsystem, welches zum Ziel hat interne und externe Reizintensitäten zu erkennen, welche die physikalische Integrität eines Individuums bedrohen.
In der Fachliteratur wird zwischen akuten und chronischen Schmerzen unterschieden. Als akut werden Schmerzen definiert, welche plötzlich auftreten und durch die Behandlung der ursächlichen Läsion temporär anhalten und reversibel sind. Akute Schmerzen können als Warnsignal gesehen werden, da sie über interne oder externe Läsionen informieren. Chronische Schmerzen hingegen werden als multidimensionales Syndrom beschrieben und treten trotz der Beendigung des Heilungsprozesses auf. Chronische Schmerzen bestehen, wenn der Schmerz länger als drei Monate anhält. Aber auch, wenn die Schmerzen psychologische Auswirkungen auf die Stimmung, tägliche Aktivitäten und die Lebensqualität haben8.
2.1.1 Komponente des Schmerzes
Subkortikale und kortikale Gehirnabschnitte spielen eine Rolle beim medialen und lateralen Schmerzsystem. Beide Schmerzsysteme beginnen mit den primären peripheren afferenten Neuronen (Nozizeptoren). Die Nozizeptoren reagieren auf unimodale oder polymodale mechanische, thermische, chemische oder elektrische Reize.9 Zum medialen Schmerzsystem gehört der spinothalamische Trakt, welcher direkt zu den intralaminaren Thalamusnuklei verläuft, der spinoretikuläre Trakt, welcher direkt zu der Retikulärformation (Parabrachialer Nucleus und Locus Caeruleus) und der Spinomittelhirn-Trakt, der direkt zum Mittelhirn (periaquäduktale Graue Substanz) verläuft. Das Mittelhirn und die Retikulärformation sind miteinander verbunden, sowie die intralaminaren und medialen Thalamusnuclei. Auch der Inselcortex, der Scheitellappen des Großhirns, der sekundäre somatosensorischer Kortex, das anteriore Zingulum, die Amygdala, der Hippocampus und der Hippothalamus sind Teil des medialen Schmerzsystems. Der Inselcortex, der somatosensorische Kortex und der Scheitellappen sind Teil der perisylvischen Bereichs. Wenn dieser Bereich durch Läsionen gestört ist, kann es zu einer Änderung der Schmerzwahrnehmung kommen. Das mediale Schmerzsystem spielt einer Rolle bei der motivational-affektiven und der kognitiv-evaluativen Komponente des Schmerzes und dem Schmerzgedächtnis. Das laterale Schmerzsystem besteht aus Neuronen des spinothalamischen Trakts und verläuft über den lateralen Thalamus zum primären somatosensorischen Kortex, dem Scheitellappen und dem Inselcortex. Das laterale Schmerzsystem ist bei der sensorisch-diskriminativen Komponente des Schmerzes beteiligt.10 Die sensorische-diskriminative Komponente gibt Auskunft über die Lokalisation, Intensität und Qualität des Schmerzes.11 Durch den spinothalamischen Trakt, welcher im Rückenhorn beginnt, werden nozizeptive Reize eingeleitet und an den lateralen Thalamus vermittelt. Anschließend wird der primäre und sekundäre somatosensorische Kortex aktiviert. Nozizeptive Reize aktivieren zudem den Scheitellappen und den Inselcortex über den lateralen Thalamus. Ist der Scheitellappen intakt, ist auch die Schmerzschwelle normal. Durch die Projektion der medialen und intralaminaren Thalamuskerne auf die Insula, können die nozizeptiven Reize lokalisiert und kodiert werden. Inputs vom spinothalamischen Trakts über den spinoretikulären Trakt, dem intralaminaren und medialen Thalamuskernen sind mit dem verbundenen anterioren Zingulum bei den motivational-affektiven Eigenschaften des Schmerzes beteiligt.12 Die motivational-affektive Komponente ist für die emotionale Reaktion auf den Schmerz verantwortlich.13 Der Hypothalamus und der präfrontale Kortex spielen ebenso eine Rolle bei der motivationalaffektiven Komponente. Bei der kognitiven-evaluativen Komponente werden nozizeptive Informationen über den Locus Caeruleus an den Kortex vermittelt, dadurch werden Informationen über die Bedeutung und Auswirkung des Schmerzes gegeben. Der sekundäre somatosensorische Kortex und das anteriore Zingulum reagieren weniger auf schmerzvolle Reize, wenn man mit einer kognitiven Leistung beschäftigt ist. Beim Empfangen von mehreren Schmerzbahnen, die im Rückenmark und dem posterior parietalen kortikalen Bereichen, in denen sich kognitive Prozesse abspielen, entstehen, spielt der anterior cinguläre Kortex eine Rolle bei der Verarbeitung von kognitiv-evaluativen Eigenschaften des Schmerzes. Durch die Speicherung nozizeptiver Informationen in der Amygdala, können Menschen affektive Schmerzen abspeichern und wahrnehmen, die früher im Leben erfolgten. Der Hippocampus und die Amygdala sind beim Schmerzgedächtnis involviert. Auf der Ebene des Mittelhirns ist die periaquäduktale Graue Substanz bei vielen autonomen Prozessen beteiligt. Über der Hypothalamus-Hypophysen-
Nebenniere-Achse spielt der Hypothalamus eine große Rolle bei der aversiven und autonomen-neuroendokrinen Reaktion auf Schmerz. Der Hypothalamus hat wechselseitige Wirkungen mit dem präfrontalen Kortex, der Amygdala und dem Hippocampus. Der Nucleus tuberomammillaris und der Nucleus paraventricularis sind Bestandteile des Hypothalamus. Der Nucleus tuberomammillaris enthält Histamine. Der Nucleus paraventricularis ist bei der Synthese von Oxytocin, Arginin-Vasopressin und gleichzeitig Kortikotropin-freisetzende-Hormone beteiligt.14
2.1.2 Prozess der Schmerzentstehung
Schmerz wird darüber hinaus auch als nozizeptiv, neuropathisch, entzündlich und noziplastisch definiert. Nozizeptiver Schmerz entsteht durch exzessiver Stimulation der Nozizeptoren in der Haut (somatisch) und inneren Organen (viszeral) und erfolgt bei einem normal funktionierenden somatosensorischen System. Neuropathischer Schmerz entsteht durch eine Verletzung oder Krankheit des peripheren oder zentralen somatosensorischen Nervensystems. Entzündliche Schmerzen sind begründet durch Verletzungen der inneren Organe, z.B. Verdauungsschmerzen. Noziplastische Schmerzen haben keine eindeutige somatische Herkunft, sondern sind meistens durch psychologische Faktoren begründet.15 Auch periphere Mastzellen spielen eine Rolle bei der Schmerzentstehung. Werden Nervenenden stimuliert, sodass Schmerzen gefühlt werden, wird ebenso, das in der Umgebung liegende Gewebe stimuliert. Es entsteht eine Schmerzeinheit. Periphere Mastzellen sind Teil dieser Scherzeinheit, da sie in unmittelbarer Umgebung der Nervenenden und des Gefäßsystems vorkommen. Bei einer aufkommenden Stimulation aufgrund einer Verletzung oder Entzündung werden Mediatoren, wie Bradykinin, Prostaglandin und Histamin, von den Mastzellen ausgeschüttet, welche die nozizeptiven Afferenten stimulieren. Es kann zu einer Degranulation der Mastzellen kommen durch Neuropeptide, welche auch für hochregulierende lokale Entzündungen sorgen und damit zu größeren Schmerzen führen können. Durch Rekrutierung der Mastzellen von anderen Immunzellen kann dies nicht nur die verletzten Zonen, sondern auch die benachbarten Gebiete beeinträchtigen. Dies wiederum kann zu einer Hyperalgesie führen. Mastzellen im zentralen Nervensystem spielen eine Rolle bei der Integration des Schmerzes. Sie befinden sich dort zum Teil im Thalamus, in dem eine nozizeptive Verstärkung durch andere Neuronen stattfindet. Durch die Kooperation der peripheren und zentralen Mastzellen mit anderen Immunzellen kann es zu einer zentralen Sensibilisierung kommen. Wird dies nicht frühzeitig erkannt, können die Aktivitäten der Mastzellnerven zu einer nozizeptiven Sensibilisierung führen und die Schmerzschwelle sinkt. Schmerzsignale werden fehlinterpretiert und es kommt zur Hyperalgesie. Werden zudem die Nozizeptoren dauerhaft gereizt, kann dies zu einer Sensibilisierung der Neuronen des Rückenmarks und damit zu einer zentralen Sensibilisierung führen. Auf der spinalen Ebene spielen Gliazellen eine wichtige Rolle als Mediator im Schmerzprozess. An der Stelle der Verletzung oder Krankheit interagieren Microgliazellen mit spinalen Neuronen. Durch eine Bindung von Zelloberflächenmolekülen können Microgliazellen aktiviert werden und reagieren auf proinflammatorische Signale, die von peripheren Zellen, wie Mastzellen, freigesetzt werden. Microgliazellen und Mastzellen beeinflussen sich gegenseitig. Zum einen auf direkten Wege über zelluläre Mediatoren, zum anderen auf indirekten Wege über somatosensorischen Neuronen. Diese Beeinflussung kann zu einer Verstärkung von peripheren Schmerzen auf der Wirbelsäulenebene beitragen. Aktivierte Microgliazellen können durch die Freisetzung von proinflammatorischen Zytokinen, Chemokinen und Proteasen zu Schmerzzuständen beitragen. Desweiteren können systemische Entzündungen Signale aussenden, die mit dem Gehirn kommunizieren und den Stoffwechsel und das Verhalten eines entzündungsfördernden Phänotyps von Microgliazellen verändern können. Ein Astrozyt ist ein bestimmter Zelltyp der Gliazellen und befindet sich im Zentralen Nervensystem. Astrozyten sind bei der Schmerzförderung, sowie bei neuropathischen Schmerzen beteiligt.16
2.1.3 Akuter Schmerz und Chronischer Schmerz
Akuter Schmerz entsteht durch akute nozizeptive Impulse. Elektrophysikalische und neurochemische Mechanismen sind dabei beteiligt. Zuerst entsteht durch thermische, mechanische, chemische oder elektrische Reize ein nozizeptiver Impuls. Über die Nozizeptoren wird das Signal übertragen bis zu den primären afferenten Nervenfasern. Dort wird das Signal verstärkt und über das Hinterhorn des Rückenmarks an die supraspinalen Ebene angepasst. Es kommt zur Signalintergration und der nozizeptive Impuls wird in eine bewusste Nachricht umgewandelt. Es wird Schmerz empfunden mit einer sensorischdiskriminativen und einer motivational-affektiven Komponente. Diese übermittelt das unangenehme Gefühl des akuten Schmerzes.17
Ist eine Läsion inmitten der Abheilung lassen normalerweise auch die Schmerzen nach. Ist die Verletzung weiterhin intensiv und dauerhaft oder der Schmerz krankheitsbedingt kann dies sekundäre Mechanismen aktivieren und zu chronischen Schmerzen führen. Greifen diese Mechanismen im peripheren und zentralen Nervensystem, kann das zur Allodynie und Hyperalgesie führen. Ein essentieller Prozess der Entwicklung und Erhaltung von chronischen Schmerzen ist die Sensibilisierung des Nozizeptiven Systems. Durch sich ständig wiederholende oder intensiven schädlichen Reize entsteht dieser Prozess. Bei der peripheren Sensibilisierung wächst die Sensibilität der nozizeptiven, primären, afferenten Nervenfasern gegenüber den nozizeptiven Reize und allogenen Substanzen. Dies verursacht eine Hyperalgesie. Dieses Phänomen ist der Grund für die Persistenz des Schmerzes bei chronischen oder neuropathischen Schmerzen. Unter physiologischen Bedingungen dient dieser Mechanismus dem Körper als Schutz und ist nur von kurzer Dauer. Die Entstehung der peripheren Sensibilisierung entsteht durch die Rekrutierung von nicht-neuronalen Zellen, welche entzündungsfördernde Moleküle ausschütten. Durch Transduktionsmechansimen verändern diese Moleküle die intrinsischen Eigenschaften von nozizeptiven primären afferenten Nervenfasern. Dadurch sinkt die Aktivierungsschwelle der Nozizeptoren und die Erregbarkeit der primären afferenten Nervenfasern nimmt zu. Die Nervenfasern sind im Stande spontane Aktionspotentiale ohne externe Reize auszuführen, wodurch Schmerzen empfunden werden.
Bei der zentralen Sensibilisierung sind niederschwellige Mechanorezeptoren beteiligt, welche Aß-Fasern in nozizeptive Fasern umwandeln. Durch die Veränderung der sensorischen Reaktionen auf normale Impulse führen Mechanorezeptoren dazu, dass es auch in nicht-entzündlichen Gewebe zu einer Überempfindlichkeit des Schmerzes kommt. Wenn die Neuronen des Hinterhorns des Rückenmarks der zentralen Sensibilisierung ausgesetzt sind, kann ihre Übererregbarkeit zu einer Entwicklung von spontanen Aktivitäten führen. Die Reaktion auf überschwellige Reize kann zunehmen und die Aktivierungsschwelle kann abnehmen. Es kann zu einer Reaktion auf nicht-schädliche und nozizeptive Reize kommen, sowie zu einer progressiven Zunahme der neuronalen Reaktion während der sich immer wiederholender gleicher Reize im selben Gebiet. Die zentrale Sensibilisierung findet auf der Ebene des Hinterhorns des Rückenmarks statt und ebenso in Teilen des Gehirns, wie dem Thalamus, der Amygdala und dem anterioren cingulären Kortex.18
[...]
1 Vgl. Paladini, A., Fusco, M., Coaccioli S. (2015), S.864
2 Vgl. Schofield, P., (2012), S.34
3 Vgl. Arneric, S., Laird, J., Chapell, A. (2014), S. 8
4 Vgl. Husebo, B., Achterberg, W., Flo, E., (2016), S. 481
5 Vgl. Ahn, H., Horgas, A. (2014), S. 105-106
6 Merskey, H.; Bogduk, N. (1994), http://www.iasp-pain.org (Stand: 20.09.18)
7 McCaffery, Beebe in Martin, E. in Pickering, G. (2018), S. 7
8 Vgl. Martin, E. in Pickering, G.(2018), S.7 ff.
9 Vgl. Monroe, T.; Gore, J.; Chen, L. (2012), S. 3
10 Vgl. Scherder, E.; Sergeant, J.; Swaab, D, (2003), S.677f.
11 Vgl. Cunningham, C.; McClean, W.; Kelly, F. (2010), S.30
12 Vgl. Scherder, E.; Sergeant, J.; Swaab, D, (2003), S.677f.
13 Vgl. Cunningham, C.; McClean, W.; Kelly, F. (2010), S.30
14 Vgl. Scherder, E.; Sergeant, J.; Swaab, D, (2003), S.677f.
15 Vg. Pickering, G., Zwakhalen S., Kaasalainen S., (2018), (Cham), S.7 f.
16 Vgl. Paladini, A., Fusco, M., Coaccioli, S., (2015), S. 866
17 Vgl. Pickering, G., Zwakhalen S., Kaasalainen S., (2018), (Cham), S. 9 f.
18 Vgl. Pickering, G.; Zwakhalen S.; Kaasalainen S. (2018), (Cham), S. 14 f.