Um einen Überblick über Arbeitsfeld der Wohngruppen in der Sozialen Arbeit geben zu können, beschäftigt sich diese Arbeit unter anderem mit den allgemeinen Begrifflichkeiten. Des Weiteren wird auf die Herausforderungen, die Kooperationspartner und die nötigen Kompetenzen der Fachkräfte näher eingegangen. Handelt es sich bei diesem Arbeitsfeld um eine leichte Arbeit oder gibt es hier Probleme und Belastungen, die in der Öffentlichkeit nur wenig bis kaum publiziert werden?
Hört man den Begriff "Wohngruppe" oder "Kinderheim" wird er oft mit schwer erziehbaren Kindern und mit Eltern, die in der Erziehung versagt haben, in Verbindung gebracht. Was aber genau hinter einem Einzug in eine Wohngruppe steckt, wissen nur die Wenigsten. Es gibt zahlreiche Gründe und Lebensgeschichten, warum ein junger Mensch in einer Wohngruppe lebt. Nicht immer sind die Eltern das Problem, so wie es in der Öffentlichkeit häufig geglaubt wird. Wohngruppen sind nur ein kleiner Teil der HzE. Sie gehören zu den stationären Erziehungshilfen, wie auch beispielsweise die Pflegefamilien. Im Jahr 2008 waren bereits 60.347 Kinder und Jugendliche in Pflegefamilien untergebracht. Diese Zahl stieg bis 2017 81.4121. In Heimen sind laut Statistik noch mehr junge Menschen untergebracht als in Pflegefamilien. 2008 liegt die Zahl bei 68.629 und bis 2016 fand ein Anstieg auf 107.052 unter 18-jährige Menschen in Heimen statt. 2018 nimmt von 1 Million erzieherischer Hilfen für junge Menschen bis 27 Jahren die Vollzeitpflege 9% und die Heimerziehung 14% ein, so im Diagramm des Statistischen Bundesamts. Circa 7,5 Millionen Euro werden im Jahr 2018 mehr für HzE ausgegeben als im Jahr 20014.
Diese Statistiken und Zahlen zeigen, dass immer mehr Erziehungshilfen benötigt und genutzt werden und somit auch die dafür benötigten Gelder massiv gestiegen sind. Die Öffentlichkeit hat aber zu wenig Wissen über dieses Arbeitsfeld der Sozialen Arbeit. Genau deshalb sollte auch die Heimerziehung beziehungsweise die Arbeit in Wohngruppen offener, transparenter und bekannter werden.
Inhaltsverzeichnis
I. Abkürzungsverzeichnis
1. Einleitung
2. Erziehungshilfen der Kinder- und Jugendhilfe
2.1. Ambulante Hilfen der Kinder- und Jugendhilfe
2.2. Teilstationäre Hilfen der Kinder- und Jugendhilfe
2.3. Stationäre Hilfen der Kinder- und Jugendhilfe
3. Wohngruppen
4. Herausforderungen
5. Praxispartner / Kooperation
6. Notwendige Kompetenzen
7. Fazit
III. VerzeichnisderAnhänge
IV. Anhänge und Materialien
IV
V. Literaturverzeichnis
I. Abkürzungsverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
1. Einleitung
Hört man den Begriff „Wohngruppe“ oder „Kinderheim“ wird er oft mit schwer erziehbaren Kindern und mit Eltern, die in der Erziehung versagt haben, in Verbindung gebracht. Was aber genau hinter einem Einzug in eine Wohngruppe steckt wissen nur die Wenigsten. Es gibt zahlreiche Gründe und Lebensgeschichten, warum ein junger Mensch in einer Wohngruppe lebt. Nicht immer sind die Eltern das Problem, so wie es in der Öffentlichkeit häufig geglaubt wird. Wohngruppen sind nur ein kleiner Teil der HzE. Sie gehören zu den stationären Erziehungshilfen, wie auch beispielsweise die Pflegefamilien. Im Jahr 2008 waren bereits 60.347 Kinder und Jugendliche in Pflegefamilien untergebracht. Diese Zahl stieg bis 2017 81.412[1]. In Heimen sind laut Statistik noch mehr junge Menschen untergebracht als in Pflegefamilien. 2008 liegt die Zahl bei 68.629 und bis 2016 fand ein Anstieg auf 107.052 unter 18-jährige Menschen in Heimen statt[2]. 2018 nimmt von 1 Million erzieherischer Hilfen für junge Menschen bis 27 Jahren die Vollzeitpflege 9% und die Heimerziehung 14% ein, so im Diagramm des Statistischen Bundesamts[3]. Circa 7,5 Millionen Euro werden im Jahr 2018 mehr für HzE ausgegeben als im Jahr 2001[4]. Diese Statistiken und Zahlen zeigen, dass immer mehr Erziehungshilfen benötigt und genutzt werden und somit auch die dafür benötigten Gelder massiv gestiegen sind. Die Öffentlichkeit hat aber zu wenig Wissen über dieses Arbeitsfeld der Sozialen Arbeit. Genau deshalb sollte auch die Heimerziehung beziehungsweise die Arbeit in Wohngruppen offener, transparenter und bekannter werden. Um einen Überblick über dieses Arbeitsfeld der Sozialen Arbeit geben zu können, beschäftigt sich diese Arbeit unter anderem mit den allgemeinen Begrifflichkeiten. Des Weiteren wird aufdie Herausforderungen, die Kooperationspartner und die nötigen Kompetenzen der Fachkräfte näher eingegangen. Handelt es sich bei diesem Arbeitsfeld um eine leichte Arbeit oder gibt es hier Probleme und Belastungen, die in der Öffentlichkeit nur wenig bis kaum publiziert werden?
2. Erziehungshilfen
Seit der Einführung des SGB VIII des KJHG 1990/1991 werden als Erziehungshilfen die Bera- tungs-, Betreuungs- und Hilfearrangements für Kinder, Jugendliche und deren Familie bezeichnet. Die Erziehungshilfen im SGB - achtes Buch gelten für erzieherische Probleme in Familien, welche nicht durch das allgemeine Angebot, wie z.B. Schule, Kindertagesstätte behoben werden können (vgl. Nüsken 2019, S. 4 - 7). Die Paragrafen 27 bis 35 enthalten und erklären die Hilfen zur Erziehung (HzE). „Ein Personensorgeberechtigter hat bei der Erziehung eines Kindes [...] Anspruch auf Hilfe (Hilfe zur Erziehung), wenn eine dem Wohl des Kindes [...] entsprechende Erziehung nicht gewährleistet ist und die Hilfe für seine Entwicklung geeignet und notwendig ist.“ (§ 27 Absatz 1 SGB VIII). Dies ist eine rechtliche Grundlage, welche eine allgemeine Leitlinie beziehungsweise Richtlinie für den Anspruch auf Hilfe zur Erziehung gibt. Gesteuert werden die Hilfen im Rahmen einer individuellen Hilfeplanung (vgl. § 36 SGB VIII). Art und Umfang der Hilfe sollen sich nach dem erzieherischen Bedarf im Einzelfall richten (vgl. § 27 Absatz 2 SGB VIII). Es handelt sich also um eine individuelle Einzelfallentscheidung. Unterschieden wird in drei grobe Bereiche und Intensitäten. Ambulante, teilstationäre und stationäre Erziehungshilfen, welche wiederrum zahlreiche Angebote beinhalten. Was diese drei Bereiche unterscheidet und welche Angebote diese beinhalten wird in den nächsten Unterpunkten näher erklärt.
2.1. Ambulante Hilfen
Ambulante Hilfen sind die geringste Form der Inanspruchnahme von Erziehungshilfen. Der Cari- tasverband definiert diesen Bereich wie folgt: „Ambulante Erziehungshilfe [Hervorhebung weggelassen] (z.B. sozialpädagogische Familienhilfe) ist eine auf die Bedürfnisse des jungen Menschen und seiner Familie ausgerichtete Hilfe. Sie orientiert sich an der Lebenssituation, den individuellen Fähigkeiten und aktuellen Problemen der Eltern, Kinder und Jugendlichen.“ (Caritasverband der Erzdiözese München und Freising e.V., o.J.) Es handelt sich also um eine individuelle Einzelfallentscheidung, durch welche gezielt versucht wird, die problematische Lebenslage zu verbessern und aktuelle Probleme zu vermindern beziehungsweise zu beheben. Es soll dafür die geringst mögliche Hilfe genutzt werden. Viele Einrichtungen beschreiben diese geringste Hilfe unter dem Motto „So viel wie nötig, so wenig wie möglich!“, nach dem Leitsatz von Maria Montessori „Hilf mir es selbst zu tun.“ Dies trifft natürlich nicht nur für diesen Bereich der Hilfen zu, sondern auch für teilstationäre und stationäre Erziehungshilfen. Im SGB ist festgehalten, dass zu den ambulanten Erziehungshilfen (AEH) der § 29 SGB VIII - Soziale Gruppenarbeit, § 30 SGB VIII - Erziehungsbeistandschaft und § 31 SGB VIII - Sozialpädagogische Familienhilfe gehören. Es handelt sich meist um eine auf den Einzelfall hin abgestimmte Kombination. AEH werden nochmals in zwei Gruppen gegliedert. Eine Hilfegruppe findet im Lebensfeld der Familien satt, wie beispielsweise die Sozialpädagogische Familienhilfe. Die andere Form findet wiederum in anderweitigen Räumlichkeiten statt, welche von Trägern und Einrichtungen zur Verfügung gestellt werden. Darunter fallen die Soziale Gruppenarbeit und die Erziehungsbeistandschaft (vgl. Trede, W. 2011, S. 108). Ambulante Angebote unterstützen also Familien, Kinder und Jugendliche indem sie beraten, begleiten und unterstützen, ohne einen anderen Lebensmittelpunkt fürdie Kinder zu schaffen. Eine SPFH ist ein Angebot, welche durch Betreuung und Begleitung der Familien, bei Erziehungsaufgaben unterstützend tätig ist. Auch bei Problemen und Konflikten soll diese zu positiven Lösungsansätzen helfend zur Seite stehen (vgl. § 31 SGB VIII). Des Weiteren hilft die SPFH im Kontakt mit Behörden und anderen Institutionen. Die Mitarbeit der Familie, sowie eine längere Zusammenarbeit mit der gleichen Fachkraft sind erforderlich, um eine konstruktive Arbeit zu ermöglichen (vgl. Bayerisches Landesjugendamt, o.J.).
2.2. Teilstationäre Hilfen
Bei diesen Hilfen lebt das Kind oder der Jugendliche weiterhin in der Familie, wird jedoch durch die Erziehung in einer Tagesgruppe außerhalb der Familie betreut. Hier erhält das Kind eine intensive heilpädagogische Hilfe durch die Betreuung von Fachkräften, wie Erzieher, Kinderpfleger, Heiler- 2
ziehungspfleger, Sozialpädagogen und einem psychologischen Fachdienst. Die Familie sollte auch weitestgehend in den Prozess mit eingebunden werden. Dies geschieht durch Elterngespräche und eine transparente sowie offene und verständnisvolle Arbeit mit dem Kind und dessen Familie (vgl. Bayerisches Landesjugendamt, o.J.). Dieses Jugendhilfeangebot wird beispielsweise in einer HPT angeboten. Eine Teilstationäre Hilfe soll den Verbleib in der Familie gewährleisten (vgl. § 32 SGB VIII). Dies soll durch „soziales Lernen in der Gruppe, Begleitung der schulischen Förderung und Elternarbeit unterstützt [...]“ (§ 32 SGB VIII) werden.
2.3. Stationäre Hilfen
Unter diesen Bereich fallen die Paragrafen 33 bis 35. Hier ist der Verbleib in der Familie beziehungsweise bei den Personensorgeberichtigen nicht mehr gewährleistet. Der junge Mensch wird durch den Allgemeinen Sozialen Dienst (ASD) des Jugendamtes in einer Vollzeit-Pflegefamilie, einer Heimgruppe oder einer anderen Art des betreuten Wohnens untergebracht. Hier wird auch oft von dem Begriff „Fremdunterbringung“ gesprochen. Stationäre Hilfen greifen am stärksten in die Familien ein. Die Maßnahme soll den Schutzauftrag bei Kindeswohlgefährdung, welcher im § 8a SGB VIII festgehalten ist, im weiteren Leben des jungen Menschen gewährleisten und eine weitere Kindeswohlgefährdung abwenden. Ob eine solche Gefährdung vorliegt, wird durch die Zusammenarbeit mehrere Fachkräfte überprüft und eingeschätzt. Ist das Jugendamt nach der Einschätzung der Meinung, dass die Erziehungsberechtigten nicht bereit oder nicht in der Lage sind mitzubestimmen, wird das Familiengericht hinzugezogen (vgl. § 8a Absatz 1 - 2 SGB VIII). „Besteht eine dringende Gefahr und kann die Entscheidung des Gerichts nicht abgewartet werden, so ist das Jugendamt verpflichtet, das Kind oder den Jugendlichen in Obhut zu nehmen (§8a Absatz 2 SGB VIII)“ Die Betreuung in der der Wohngruppe gliedert sich zum einen in das Alltagsleben und durch intensive pädagogische Angebote, sowie in die therapeutische Arbeit mit den jungen Menschen. Zweiteres wird durch einen psychologischen Fachdienst gewährleistet. Die Dauer des Hilfeangebotes wird für kürzere Zeit angestrebt, wenn eine Rückführung in die Herkunftsfamilie oder in eine passende Pflege- oder Adoptivfamilie angedacht ist. Hier sollte eine intensive Zusammenarbeit zur Verbesserung der Entwicklungsbedingungen beziehungsweise eine für das Kind und dessen Familie passende Rückführung im Vordergrund stehen. Falls die Heimerziehung auf längere Zeit angelegt ist und keine Rückkehr in eine Familie möglich oder angedacht ist, so läuft die Maßnahme bis zur Verselbständigung des jungen Menschen (vgl. Bayerisches Landesjugendamt, o.J.). Heimerziehung hat also zum Ziel, dass Kinder wieder in ihre Herkunftsfamilie zurückgeführt werden können, auf die Erziehung in einer anderen Familie, wie z.B. Pflege- oder Adoptivfamilie, vorbereitet werden oder nach der stationären Unterbringung ein selbstständiges Leben führen können (vgl. § 34 SGB VIII). Im Heimbereich gibt es zahlreiche verschieden Angebote und Formen. Einige davon sind beispielsweise die familienähnlich arbeitende Wohngruppe, das betreute Jugendwohnen, intensive sozialpädagogische Einzelbetreuung nach § 35 SGB VIII und Wohngruppen in denen sechs bis acht junge Menschen von Fachpersonal betreut werden, (vgl. Wolf, K. 2011, S. 122). Auf die letztere genannte Angebotsform möchte ich im weiteren Verlauf näher eingehen.
2. Wohngruppen
Ein Teil der stationären Hilfen sind Wohngruppen in denen junge Menschen betreut werden. Heilpädagogische Gruppen stellen meist 8 Plätze zur Verfügung und noch zusätzlich einen Inobhutnahme-Platz. Im Gegensatz dazu, gibt es in einer therapeutischen Wohngruppe nur Platz für 6 junge Menschen. Wie die Bezeichnungen der Wohngruppen schon erahnen lassen, liegt ein Unterschied in der Art des Erziehungsbedarfs. Hier wird bei der Wahl einer Wohngruppe zwischen heilpädagogischem und therapeutischem Bedarf der jungen Menschen entschieden. Es gibt zahlreiche Träger und Einrichtungen, die dieses Betreuungsangebot anbieten. Um genauer auf den Unterschied der beiden Wohngruppen Formen einzugehen, wird als Beispiel das Thomas Wiser Haus im Raum Oberpfalz in Bayern verwendet. Dieser Träger grenzt die therapeutischen Gruppen durch folgende Aufnahmegründe von den heilpädagogischen Gruppen ab: ,,[...] schwere[n] Störungen der Entwicklung und Persönlichkeit (z. B. starke Vernachlässigung und Unterversorgung, Misshandlung, sexuelle Gewalt und Traumatisierungen)“ (Thomas Wiser Haus, o.J.). Des Weiteren haben therapeutische Gruppen einen höheren Personalschlüssel, da diese jungen zu betreuenden Menschen durch ihr Störungsbild eine intensivere Betreuung benötigen. Jeder Betreuende erhält außerdem eine wöchentliche psychologische Einzelbetreuung. Den heilpädagogischen Gruppen steht ebenfalls eine psychologische Fachkraft zur Verfügung. Die Stundenanzahl pro zu Betreuenden ist hier jedoch geringer. Gemeinsamkeiten der beiden Gruppenformen finden sich in der Zielsetzung. Sie wollen den jungen Menschen Sicherheit, Verlässlichkeit, klare Strukturen und Regeln bieten, sowie die Förderung der individuellen Persönlichkeiten fördern (vgl. Thomas Wiser Haus, o.J.).
3. Herausforderungen
In den Wohngruppen für junge Menschen stellen sich zahlreiche Herausforderungen für das Fachpersonal. Ein wichtiger Bestandteil der Heimarbeit ist die Arbeit mit den Eltern beziehungsweise den Erziehungsberechtigten. Sie sind dennoch relevante und wichtige Bezugspersonen für die jungen Erwachsenen, auch wenn dessen Lebensmittelpunkt zu dieser Zeit in der Wohngruppe ist. Hier stellt sich vor allem eine Herausforderung, wenn die Eltern nicht mit der Unterbringung in der Wohngruppe einverstanden sind. Viele Probleme mitdenjungen Menschen entstehen durch unterschwellige und nicht bearbeitete Situationen in denen Heimmitarbeiter und Eltern konkurrieren. Hier ist es wichtig mit den Eltern zukunftsorientiert, kooperativ und auch transparent zu arbeiten, um Skepsis und Kritik gegenüber der Wohngruppe zu vermeiden. Die Eltern der jungen Menschen sollen auch nicht durch die Mitarbeiter der Heimgruppe ersetzt werden. Dies würde ebenfalls Konflikte, Misstrauen und Machtkämpfe verursachen. In den vergangenen Jahren kristallisierte sich immer mehr heraus, dass der Kontakt zur Familie ein wichtiger Bestandteil der Heimarbeit ist. Die El-
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