Die Hausarbeit soll aufzeigen, dass tradierte Vorstellungen von Elternschaft, die auf biologischer Verwandtschaft und Erzeugerschaft basieren, überdacht und neu konzipiert werden müssen, damit soziale Elternschaft als eine ebenso wertvolle Elternschaft Anerkennung findet. Das Ziel ist es dabei, einen aktuellen Überblick darüber zu geben, wie Regenbogenfamilien in der heutigen Zeit im Hinblick auf die verschiedenen Einflussfaktoren leben und ob es tatsächlich Unterschiede in der Entwicklung gegenüber Kindern aus heterosexuellen Familien gibt.
Als Einstieg wird kurz erläutert, wie Regenbogenfamilien definiert werden und wie viele Familien in Deutschland in dieser Familienform leben. Durch einen kleinen historischen Abriss soll der Einfluss der rechtlichen und gesellschaftlichen Lage auf die aktuelle Lebenssituation verdeutlicht werden. In einem weiteren Abschnitt zur aktuellen Lebenssituation wird die Frage behandelt, welche Entstehungszusammenhänge bzw. Möglichkeiten es für homosexuelle Paare gibt, eine Familie mit Kindern zu gründen und welche Rolle das soziale Elternteil spielt. Außerdem wird auf die sozioökonomische Lage eingegangen und gesellschaftliche Diskussionen und die daraus resultierenden Diskriminierungen und Vorurteile skizziert. Im weiteren Verlauf wird auf die Entwicklung der Regenbogenkinder eingegangen, indem verschiedene wissenschaftliche Studien herangezogen werden und die Geschlechtsidentität und das Rollenverhalten sowie weitere Besonderheiten von Regenbogenkindern beleuchtet werden.
GLIEDERUNG
1. Einleitung
1.1 Was sind Regenbogenfamilien?
1.2 Aktuelle Statistiken
2. Historischer Abriss
3. Die aktuelle Lebenssituation
3.1 Entstehungszusammenhänge
3.1.1 Die Rolle des sozialen Elternteils
3.2 Sozio- ökonomische Situation
3.3 Herausforderungen: Diskriminierung & Vorurteile
4. Die Entwicklung der Regenbogenkinder
4.1 Geschlechtsidentität und Geschlechterrollenverhalten
4.2 Besonderheiten der Regenbogenkinder
5. Die Rolle der Sozialen Arbeit
6. Fazit und Ausblick
7. Literaturverzeichnis
1. Einleitung
Heutzutage ist das klassische heterosexuelle Elternpaar eine Konstante, an der sich Politik, Gesellschaft und Glaubensgemeinschaften orientieren. Dennoch finden gleichgeschlechtliche Partnerschaften mit Kindern zunehmend einen Eingang in die neue Definition des Familienbegriffs. Die Entkoppelung von Sexualität und Elternschaft sowie die Aufhebung des Dualismus MutterVater in der Erziehung erschüttert die alten Überzeugungen, wie Kinder aufwachsen sollten. Jetzt war mit einem Mal nicht mehr klar, wer oder was Familie ausmacht: Welche Beziehungsformen sind als Familie zu bezeichnen, welche nicht? Welche sind »normal«, welche abweichend, welche sollen finanzielle Förderung erhalten?
Heute, zu Beginn des 21. Jahrhunderts, ist die Situation weiter verworren. In der Praxis ist eine Vielfalt von Lebens-, Liebes- und Beziehungsformen entstanden. Für die Bundesrepublik Deutschland kann derzeit der folgende Familienbegriff als allgemein anerkannt gelten: "Familie ist die umfassende Gemeinschaft zwischen Eltern und Kindern, seien diese ehelich oder nichtehelich, minder- oder volljährig, ... Adoptiv-, Stief- oder Pflegekinder " (BVerfGE, 2019).
In Deutschland wächst mit der rechtlichen Annäherung von Lebenspartnerschaft und Ehe, sowie dem Abbau von Hürden im Adoptionsrecht für gleichgeschlechtliche Eltern eine ganz neue Generation von Regenbogenkindern heran. Sie sind täglich gefordert, andere aufzuklären und zu ihrer Familienform zu stehen, um als Familie gesehen und als solche respektiert zu werden. Nichtsdestotrotz entscheiden sich immer mehr lesbische Frauen und schwule Männer bewusst für Elternschaft. Regenbogeneltern müssen sich in der heutigen Gesellschaft jedoch immer wieder aufs Neue beweisen, weshalb zahlreiche veröffentlichte Studien über die Jahre entstanden.
Die bisherige Forschung zu Regenbogenfamilien konzentrierte sich stark auf die Frage, ob sich Kinder aufgrund der Lebenssituation in diesen Familien ähnlich entwickeln wie Kinder aus heterosexuellen Kernfamilien. Damit waren vor allem Abweichungen im Sinne einer Fehlentwicklung oder eines Defizits von Interesse, wie zum Beispiel Verhaltensprobleme, geringer Selbstwert oder der Ausschluss aus Gruppen Gleichaltriger. Deswegen dominiert folgende Fragestellung:
Inwiefern unterscheidet sich die Lebenssituation von Regenbogenfamilien und die Entwicklung der Kinder von heterosexuellen Familien?
Als Einstieg wird kurz erläutert, wie Regenbogenfamilien definiert werden und wie viele Familien in Deutschland in dieser Familienform leben. Durch einen kleinen historischen Abriss soll der Einfluss der rechtlichen und gesellschaftlichen Lage auf die aktuelle Lebenssituation verdeutlicht werden. In einem weiteren Abschnitt zur aktuellen Lebenssituation wird die Frage behandelt, welche Entstehungszusammenhänge bzw. Möglichkeiten es für homosexuelle Paare gibt, eine Familie mit Kindern zu gründen und welche Rolle das soziale Elternteil spielt. Außerdem wird auf die sozioökonomische Lage eingegangen und gesellschaftliche Diskussionen und die daraus resultierenden Diskrimierungen und Vorurteile skizziert. Im weiteren Verlauf wird auf die Entwicklung der Regenbogenkinder eingegangen, indem verschiedene wissenschaftliche Studien herangezogen werden und die Geschlechtsidentität und das Rollenverhalten, sowie weitere Besonderheiten von Regenbogenkindern beleuchtet werden.
Die Hausarbeit soll aufzeigen, dass tradierte Vorstellungen von Elternschaft, die auf biologischer Verwandtschaft und Erzeugerschaft basieren, überdacht und neu konzipiert werden müssen, damit soziale Elternschaft als eine ebenso wertvolle Elternschaft Anerkennung findet. Das Ziel ist es dabei, einen aktuellen Überblick darüber zu geben, wie Regenbogenfamilien in der heutigen Zeit im Hinblick auf die verschiedenen Einflussfaktoren leben und ob es tatsächlich Unterschiede in der Entwicklung gegenüber Kindern aus heterosexuellen Familien gibt. Deswegen gilt es nun zu klären, wie sich Regenbogenfamilien definieren lassen.
1.1 Was sind Regenbogenfamilien?
Das Vorherrschen heterosexueller Lebensformen und -normen in allen gesellschaftlichen Bereichen unterstellt zunächst jedem Mann und jeder Frau eine heterosexuelle Orientierung, bis sich jemand als lesbisch oder schwul zu erkennen gibt. Viele Männer und Frauen haben ihre gleichgeschlechtliche Orientierung entweder jahrelang verschwiegen oder unterdrückt, um ein äußerlich "normales" Leben zu führen, oder sie haben sich erst in oder nach einer heterosexuellen Lebensphase für die Liebe zu dem gleichen Geschlecht entschieden (Silbermayr, 2015).
In den 1950er Jahren erschuf Josephine Baker den Begriff "Rainbow Families" und gründete in diesem Sinne die erste Regenbogenfamilie. Um gegen den Rassismus in den USA vorzugehen, adoptierte sie 12 Waisenkinder mit unterschiedlichen Herkünften. Dies zeigt, dass ursprünglich eine Regenbogenfamilie als eine Familie, die aus unterschiedlichen Herkünften besteht, definiert wurde. Heutzutage steht der Begriff ' Regenbogen' in Verbindung mit Kindern und Familie, um Vielfalt auszudrücken und sich vom herkömmlichen Familienmodell zu unterscheiden. Außerdem sollte mit dem Regenbogen etwas Positives assoziiert werden, da diese meist schillernd und selten sind. Der Psychotherapeut Rauchfleisch (2001) ist der Meinung, dass der Begriff „Regenbogenfamilie“ Identität stifte und das Selbstbewusstsein von lesbischen und schwulen Paaren mit Kindern stärke. Seit den 1970er Jahren gilt der Regenbogen in Form einer Fahne als weltweites Symbol der Schwulen- und Lesbenbewegung.
Konkret versteht man heute in Deutschland unter einer Regenbogenfamilie eine Familie, in der mindestens ein Elternteil lesbisch, schwul, bisexuell oder transgeschlechtlich sind (Familienportal, 2020). Dabei sind die verschiedenen Entstehungszusammenhänge (auf die später eingegangen wird) für diese Definition irrelevant. Der Duden definiert 2009 die Regenbogenfamilie in einem engeren Rahmen als eine Familie mit einem gleichgeschlechtlichem Elternpaar. Da jedoch unter Regenbogenfamilien nicht ausschließlich homosexuelle Eltern fallen, ist diese Definition fragwürdig. Dies lässt sich dadurch begründen, dass auch nur ein Elternteil homosexuell sein kann und die Möglichkeit der Transgeschlechtlichkeit in dieser Definition keine Beachtung findet. Weltweit wird in einem erweiterten Sinn auch die Bezeichnung LGBT (Lesbian, Gay, Bisexuell, Transgender)- Family oder -Parenting (Elternschaft) verwendet.
1.2 Aktuelle Statistiken/ Demographie
Aktuelle und repräsentative Zahlen und Schätzungen zu der Größenordnung von Regenbogenfamilien gehen weit auseinander. Der Mikrozensus 2007 weist rund 68.400 gleichgeschlechtliche Paare aus, bei denen rund 7.300 Kinder aufwachsen. Die Dunkelziffer wird von amtlichen Statistiken sehr hoch (bis zu 60% mehr) eingeschätzt (Irle, 2014). 2016 geht das statistische Bundesamt (2017, S. 140) von ca. 95.000 gleichgeschlechtlichen Paaren und ca. 14.000 Kindern aus. Vergleicht man dies mit den ersten Studien im Jahr 1996 ist die Zahl von 38.000 registrierten Paaren fast auf das Dreifache angestiegen. Die juristischen Schritte haben dabei nachweislich Einfluss auf die Familiengründung.
Bei den folgenden Aussagen beziehe ich mich auf die Bamberger Studie (2009) welche im Auftrag des Bundesjustizministeriums (BMJ) vom Bayrischen Staatsinstitut für Familienforschung an der Universität Bamberg durchgeführt wurde. Demnach haben gleichgeschlechtliche Paare wesentlich seltener Kinder als heterosexuelle. Während jedes dritte nichteheliche Paar und jedes zweite Ehepaar mit minderjährigen Kindern zusammenlebt, trifft dies nur auf rund jedes zehnte gleichgeschlechtliche Paar zu. In den befragten 1059 Familien lebt meist (64 Prozent) nur ein Kind.
2. Historischer Abriss
Im Jahr 1935 erschufen die Nationalsozialisten eine neue Gesetzeslage durch §175 StGB, wodurch nun alle sexuellen Handlungen homosexueller Männer strafbar waren. Viele von ihnen wurden in Konzentrationslager verschleppt oder kastriert, um "erbranken" Nachwuchs zu verhindern (Bergold, Buschner, 2018). Der Begriff der Heteronormativität, also der Privilegierung und Naturalisierung von Heterosexualität, galt als dominierende Norm. Durch Diskriminierungserfahrungen wegen des Makels der Unsittlichkeit und den daraus resultierenden gesellschaftlichen Ausschluss mussten sich viele homosexuelle Menschen in ihrer Sexualität verstecken, wodurch gleichgeschlechtliche Paare, geschweige denn Familien, sehr selten vorzufinden waren.
In den 1980er Jahren entstand die große AIDS-Debatte, wodurch der Bundesgerichtshof die Unsittlichkeit der Homosexualität revidierte und schwule und lesbische Paare nun offen als Paar zusammenleben durften. Erst seit 1994 ist Homosexualität nicht mehr strafbar (Bergold/ Buschner, 2018). 2001 wurde die gleichgeschlechtliche Lebenspartnerschaft eingeführt und 2005 die Stiefkindadoption zugelassen, wodurch die leiblichen Kinder des Partners bzw. der Partnerin adoptiert werden durften und das Unterhaltsrecht angeglichen wurde. Erst seit 2013 gibt es die Möglichkeit einer Sukzessiv- Adoption (die Adoptivkinder des gleichgeschlechtlichen Partners können adoptiert werden, nicht nur die leiblichen), jedoch ohne gemeinsames Adoptionsrecht (Rupp, 2009). Außerdem wurde im gleichen Jahr die steuerrechtliche Gleichstellung von homosexuellen Paaren durchgesetzt. Der wahrscheinlich größte Meilenstein besteht darin, dass seit dem 1. Oktober 2017 zwei Personen unabhängig von ihrem Geschlecht in Deutschland eine Ehe miteinander eingehen können und ermöglicht außerdem das gemeinsame Adoptionsrecht
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