Das Ziel der Arbeit ist es zu zeigen, inwieweit die als "Friedensfest" deklarierten Olympischen Spiele von 1936 unter dem Einfluss der NS-Propaganda standen und inwiefern sie so die eigentlichen Absichten des NS-Regimes verschleiern konnten. Das Thema Olympia 1936 hatte dabei in der nahen Vergangenheit gewisse Relevanz, da u. a. die Spiele von Peking 2008 mit diesen verglichen wurden. Darüber hinaus sind im Rahmen der gescheiterten Bewerbung Berlins für die Spiele 2000 eine Ausstellung sowie ein Begleitband erschienen. Der Begleitband von Reinhard Rürup "1936. Die Olympischen Spiele und der Nationalsozialismus. Eine Dokumentation" basiert dabei auf deutscher und nationaler Forschung und Quellenlage und bietet einen äußerst umfangreichen und detaillierten Einblick in die Ereignisse von 1936. Auch das Buch "Olympia 1936. Eine Nationale Aufgabe" von Gerhard Krause und Erich Mindt von 1935, welches als Quelle einzustufen ist, liefert ausgiebige Informationen und Erkenntnisse.
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. Hauptteil
2.1 Die Olympischen Spiele vor 1936
2.2 Die Entwicklung des Sports in Deutschland
2.3 Die Bedeutung des Sports innerhalb der NS-Ideologie
2.4 Die Olympischen Spiele 1936
2.4.1 Die Einstellung der Nationalsozialisten zu den Spielen
2.4.2 Boykott- und Protestbewegung
2.4.3 Die Winterspiele in Garmisch-Partenkirchen und die Sommerspiele in Berlin
2.5 Werbung und Propaganda
2.5.1 Presse, Rundfunk und Fernsehen
2.5.2 Filme zu Olympia 1936
2.6 Die Bewertung der Spiele 1936
3. Fazit
4. Quellen- und Literaturverzeichnis
1. Einleitung
,Man hat Deutschland in den vergangenen Monaten vielfach den Vorwurf gemacht, dass es die Absicht habe, mit den Olympischen Spielen Propaganda für seinen Staat zu betreiben. Ich kann Ihnen versichern, meine Herren, dass das nicht der Fall ist. Denn wenn es der Fall wäre, würde ich es vermutlich wissen (Gelächter im Publikum, Beifall). Ich weiß nichts von dieser Absicht, weiß allerdings von der Absicht, dass Deutschland gewillt ist, sich seinen Gästen selbstverständlich von der besten Seite zu zeigen. Das gebietet schon die Höflichkeit unseren Gästen gegenüber. Das hat überhaupt nichts mit politischer Propaganda zu tun. Sondern wir möchten, dass die Deutschland sehen, so, wie es ist.‘ 1
Mit diesen Worten trat der Reichspropagandaminister Joseph Goebbels am 30. Juli 1936, zwei Tage vor der Eröffnung der Olympischen Sommerspiele, gut 1.200 internationalen Vertretern von Presse, Funk und Film gegenüber.2 Doch konnte man den Worten des Propagandaministers tatsächlich Glauben schenken? Gab es im Rahmen der Olympischen Spiele von 1936 wirklich keinen Einsatz von Propagandamitteln?
Das Ziel der Arbeit ist es zu zeigen, inwieweit die als „Friedensfest“ deklarierten Olympischen Spiele von 1936 unter dem Einfluss der NS-Propaganda standen und inwiefern sie so die eigentlichen Absichten des NS-Regimes verschleiern konnten.
Das Thema Olympia 1936 hatte dabei in der nahen Vergangenheit gewisse Relevanz, da u.a. die Spiele von Peking 2008 mit diesen verglichen wurden. Darüber hinaus sind im Rahmen der gescheiterten Bewerbung Berlins für die Spiele 2000 eine Ausstellung, sowie ein Begleitband erschienen. Der Begleitband von Reinhard Rürup „1936. Die Olympischen Spiele und der Nationalsozialismus. Eine Dokumentation“ basiert dabei auf deutscher und nationaler Forschung und Quellenlage und bietet einen äußerst umfangreichen und detaillierten Einblick in die Ereignisse von 1936. Auch das Buch „Olympia 1936. Eine Nationale Aufgabe“ von Gerhard Krause und Erich Mindt von 1935, welches als Quelle einzustufen ist, liefert ausgiebige Informationen und Erkenntnisse.
Im ersten Schritt wird ein kurzer Blick auf die Geschichte der Olympischen Spiele vor 1936 geworfen. Es folgt die Betrachtung von Entwicklung und Bedeutung des Sports innerhalb des nationalsozialistischen Deutschlands. Anschließend wird das Ereignis „Olympia 1936“ auf Aspekte wie Boykott- und Protestbewegung oder die Einstellung der Nationalsozialisten zu den Spielen analysiert. In einem weiteren Schritt werden die Spiele auf die Bedeutung von Werbung und Propaganda untersucht, wobei ein Blick auf Presse, Rundfunk und Fernsehen, sowie die Filme zu Olympia geworfen wird. Abschließend soll die Propaganda der Spiele bewertet werden.
2. Hauptteil
2.1 Die Olympischen Spiele vor 1936
Seit 1896 gibt es die Olympischen Spiele der Neuzeit und von Anfang an nahmen deutsche Sportler an den Wettkämpfen teil. Der Olympische Gedanke von unpolitischen und friedlichen Wettkämpfen verbreitete sich international sehr rapide, sodass bei den Spielen von London 1908 bereits 22 Nationen vertreten waren.3 Für das Jahr 1916 sollten die Spiele an Berlin vergeben werden und Deutschland der Welt ‘in seiner Schönheit, in seiner industriellen, wirtschaftlichen und militärischen Macht' präsentieren.4 Aufgrund des Ersten Weltkriegs wurden die Spiele jedoch verhindert und Deutschland als Verlierer wurde von den Spielen 1920 und 1924 ausgeschlossen. Erst bei den Spielen von Amsterdam 1928 durften deutsche Sportler und Sportlerinnen wieder teilnehmen und waren dabei durchaus erfolgreich.5 Mit den Spielen von Los Angeles 1932, als internationale Massenveranstaltung, wurde zum ersten Mal eine öffentliche Plattform für den Olympischen Gedanken geschaffen.6
Im Jahre 1931 wurde bereits entschieden, dass die Spiele der XI. Olympiade in Berlin stattfinden sollten und schon 1933 wurde das Organisationskomitee gegründet, welches für die Durchführung der Spiele verantwortlich war. Wichtige Vertreter waren dabei u.a. Theodor Lewald, Carl Diem und der Reichssportführer Hans von Tschammer und Osten.7
2.2 Die Entwicklung des Sports in Deutschland
Die organisierte deutsche Sportbewegung mobilisierte sich in den 1890er Jahren und erlebte nach dem Ersten Weltkrieg einen vehementen Aufschwung. Es bildeten sich mehrere öffentliche Sportverbände mit dem Deutschen Reichsausschuss für Leibesübungen als Dachverband. Dieser entstand 1917 und besaß 1932 bereits über 7 Millionen Mitglieder. Der Sport an sich war durch das Streben nach Leistung und den Leistungsvergleich geprägt. Eine Sonderposition wurde dem Militär- und Wehrsport, wie z.B. Reiten oder Fechten, zugeschrieben. Mit der Aufhebung der Wehrpflicht mit dem Versailler Vertrag 1919 kam es zu einer paramilitärischen Sportausbildung in den Schulen. Neben den öffentlichen Sportverbänden gab es außerdem eine Arbeitersportbewegung, in der der Sport als wichtigste Freizeitbeschäftigung angesehen wurde. Die sogenannten „Arbeiter-Olympiaden“, die seit ca. 1925 durchgeführt wurden, galten als Demonstration von sozialistischer Politik. Außerdem bildete sich aufgrund von antisemitischer Haltung und einem neuen jüdischen Selbstbewusstsein eine eigenständige jüdische Sportbewegung heraus.8
Mit dem Gleichschaltungsgesetz von 1933 zwangen die Nationalsozialisten die Sportverbände zur Selbstauflösung und begannen die Sportbewegung im Sinne ihrer NS-Ideologie zu vereinheitlichen und zu indoktrinieren. Jüdische Sportler und Sportlerinnen wurden dabei aus den Fachverbänden ausgeschlossen.9
Unter dem Reichssportführer Hans von Tschammer und Osten entstand am 30. Januar 1934 der Deutsche Reichsbund für Leibesübungen, welcher nach dem Führerprinzip geleitet wurde. Aufgrund von Kompetenzstreitigkeiten gelang es jedoch nicht, eine zentralistische Neuordnung einzuführen. Sportverbände, die nicht dem Sinne der NS-Ideologie entsprachen, wie z.B. jüdische, konfessionelle oder proletarische Sportverbände, sowie Arbeitersportbewegungen, wurden entweder verboten oder sogar politisch verfolgt.10
2.3 Die Bedeutung des Sports in der NS-Ideologie
Kampfgeist, ungebrochener Siegeswille und rücksichtsloser Einsatz der eigenen Person sind drei der wertvollsten Faktoren des Kämpfers für die Idee unseres Führers Adolf Hitler. Und diese wertvollen Eigenschaften sollen und müssen auch Gemeingut des deutsche Turners und Sportlers werden und sein.‘11
Nach den sportlichen Erfolgen bei den Olympischen Spielen in Amsterdam 1928 erkannte man, dass man diese auch im Sinne der Propaganda nutzen konnte. Sportliche Erfolge im internationalen Vergleich dienten dazu, das Nationalbewusstsein innerhalb der deutschen Bevölkerung positiv zu beeinflussen. Sie strebten aber auch an, die „Überlegenheit der ,arischen Herrenrasse‘ unter Beweis zu stellen“ und ein Körperideal zu inszenieren.12
Wichtige Bestandteile des inszenierten Körperideals seien dabei Wille und Gesundheit gewesen. Ein gesunder Körper des Einzelnen sei Voraussetzung für einen gesunden „Volkskörper“. Sport wird somit zur ,Pflicht gegenüber der Volksgemeinschaft.13 Durch Sport soll die eigene Bevölkerung das Bewusstsein für Gesundheit und Überlegenheit des ,arischen Körpers' indoktriniert bekommen, da die Ideologie des Nationalsozialismus den ,gesunden Volkskörper‘ als Bedingung versteht, um im ,Kampf‘ bestehen zu können.14 Der Sport wurde somit als eines der wichtigsten Kulturgüter und Grundlage für die Kraft des Volkes im nationalsozialistischen Staat verstanden.15
Um diese Absichten der Reichssportführung umzusetzen, wurde ein enormes finanzielles Budget von jährlich 500.000 Reichsmark in die sportlichen Vorbereitungen investiert. Indoktrinierungsbemühungen fanden u.a. bei Vorbereitungslehrgängen für Olympia statt. Ebenfalls kann ein öffentliches Gelöbnis von ausgewählten Sportlern am 16. Dezember 1934 als Sinnbild für die Indoktrinierung verstanden werden.16
2.4 Die Olympischen Spiele 1936
„Der hohe Wert der Olympischen Spiele liegt, wie bereits ausgeführt, darin, daß sie Menschen verschiedener Nationen in persönliche Berührung bringen, und zwar im kameradschaftlichen Verkehr, auf dem Fuße völliger Gleichberechtigung. “17
Die Olympischen Spiele 1936 waren für die NS-Regierung eine beachtliche Herausforderung, da man mehrere Ziele zugleich erfüllen wollte. Zum einen wollte das NS-Regime die Sportbegeisterung innerhalb der Bevölkerung noch weiter ankurbeln und machte daher die Spiele zu einer „nationalen Aufgabe“. Das ganze Volk wurde somit aufgerufen, sich der Sache „Olympia“ zu verschreiben.18
[...]
1 Eckhardt, Frank: Olympia im Zeichen der Propaganda. S. 245.
2 Vgl. Dan, Andreas / Hübner, Emanuel: Der Empfang der internationalen Presse durch den Reichspropagandaminister Joseph Goebbels am 30. Juli 1936.
3 Vgl. Krause, Gerhard / Mindt, Erich: Olympia 1936. S. 57—60.
4 Vgl. Rürup, Reinhard: 1936. Die Olympischen Spiele und der Nationalsozialismus. S. 43.
5 Vgl. Krause, Gerhard / Mindt, Erich: Olympia 1936. S. 60f.
Dazu: Vgl. Rürup, Reinhard: 1936. Die Olympischen Spiele und der Nationalsozialismus. S. 43.
6 Vgl. Krause, Gerhard / Mindt, Erich: Olympia 1936. S. 61f.
Dazu: Vgl. Rürup, Reinhard: 1936. Die Olympischen Spiele und der Nationalsozialismus. S. 13.
7 Vgl. Krause, Gerhard / Mindt, Erich: Olympia 1936. S. 71f.
8 Vgl. Rürup, Reinhard: 1936. Die Olympischen Spiele und der Nationalsozialismus. S. 21f.
9 Vgl. Ebenda. S. 30f.
10 Vgl. Ebenda. S. 35f.
11 Bahro, Benno: Der SS-Sport. S. 129.
12 Vgl. Bahro, Benno: Der SS-Sport. S. 127—129.
13 Vgl. Wildmann, Daniel: Begehrte Körper. S.67—71.
14 Vgl. Ebenda. S.18f.
15 Vgl. Rürup, Reinhard: 1936. Die Olympischen Spiele und der Nationalsozialismus. S. 73.
16 Vgl. Bahro, Benno: Der SS-Sport. S. 129.
Dazu:rause, Gerhard / Mindt, Erich: Olympia 1936. S. 73.
17 Krause, Gerhard / Mindt, Erich: Olympia 1936. S. 105.
18 Vgl. Ebenda. S. 76f.
Dazu: Ebenda S. 14.
Dazu Ebenda. S.118.
Dazu: Vgl. Eckhardt, Frank: Olympia im Zeichen der Propaganda. S. 235.