Es soll herausgestellt werden, ob und welche Rolle der Konsum in der Liste Nussbaums spielt und in welcher Weise dieser in Verbindung zu einem würdevollen und schließlich auch guten Leben steht.
Zunächst soll der Begriff Konsum an sich definiert und erklärt werden, welche Stellung dieser in der heutigen Gesellschaft hat. Anschließend werden die gängigsten Theorien zur Beschaffenheit eines guten Lebens – die Wunschtheorie, die hedonistische und die objektive Theorie – kurz vorgestellt. Diese Beschreibung schließt mit den objektiven Theorien, unter die auch Nussbaums Ansatz fällt. Im darauffolgenden Kapitel wird die Liste Nussbaums detaillierter ausgeführt und in Relation zur Thematik des Konsums gestellt. Es wird analysiert, welche Rolle Konsum in den verschiedenen Punkten spielt und versucht, jeweils Beispiele zu nennen. Abschließend wird der Beitrag des Konsums zum guten Leben näher betrachtet und beide Seiten der Gutheit – Konsum als prudentiell gut und moralisch gut – beleuchtet.
Inhalt
1. Einleitung
2. Konsum
3. Das gute Leben
3.1. Präferenztheoretischer Ansatz
3.2. Hedonistischer Ansatz
3.3. Objektiver Ansatz
4. Konsum in der objektiven Theorie des guten Lebens
4.1. Rolle des Konsums in Nussbaums Liste
4.1.1. Die grundlegenden Eigenschaften und Fähigkeiten
4.1.2. In der Gesellschaft
4.1.3. Als Individuum
4.1.4. Beitrag zum guten Leben
4.2. Frage der Moral
5. Fazit
6. Literaturverzeichnis
1. Einleitung
Der objektive Ansatz von Martha C. Nussbaum basiert auf Aristoteles und rekurriert teilweise auf Kant. In ihrem Aufsatz Menschliches Tun und soziale Gerechtigkeit. Zur Verteidigung des aristotelischen Essentialismus. präsentiert sie ihre Theorie, in der sie, über die gerade genannten Ansätze hinausgehend, vor allem auch den Emotionen eine gewisse Bedeutung zurechnet. Sie erstellt eine Liste, die eine Minimalkonzeption der Eigenschaften und Fähigkeiten des Menschen darstellt, „die ein würdevolles Leben ausmachen und für die eine ˂anständige politische Ordnung˃ die Bedingungen bereitstellen muss.“1
Diese Liste und der Ansatz Martha Nussbaums sollen in folgender Arbeit im Zentrum stehen und in Bezug auf die Thematik des Konsums untersucht werden. Es soll herausgestellt werden, ob und welche Rolle der Konsum in der Liste Nussbaums spielt und in welcher Weise dieser in Verbindung zu einem würdevollen und schließlich auch guten Leben steht.
Zunächst soll der Begriff Konsum an sich definiert und erklärt werden, welche Stellung dieser in der heutigen Gesellschaft hat. Anschließend werden die gängigsten Theorien zur Beschaffenheit eines guten Lebens – die Wunschtheorie, die hedonistische und die objektive Theorie – kurz vorgestellt. Diese Beschreibung schließt mit den objektiven Theorien, unter die auch Nussbaums Ansatz fällt. Im darauffolgenden Kapitel wird die Liste Nussbaums detaillierter ausgeführt und in Relation zur Thematik des Konsums gestellt. Es wird analysiert, welche Rolle Konsum in den verschiedenen Punkten spielt und versucht, jeweils Beispiele zu nennen. Abschließend wird der Beitrag des Konsums zum guten Leben näher betrachtet und beide Seiten der Gutheit – Konsum als prudentiell gut und moralisch gut – beleuchtet.
2. Konsum
Im Duden wird der Begriff Konsum im bildungssprachlichen Sinne als „Verbrauch (besonders von Nahrungs-, Genussmitteln); Verzehr, Genuss“2 definiert. In Bezug auf die Wirtschaft wird zusätzlich der „Verbrauch von Wirtschaftsgütern“3 genannt.
Konsum besteht demnach im Verbrauch von Gütern verschiedenster Bereiche. Zentral beim Konsum ist die Idee, „sich anderweitig geleistete Arbeit zunutze zu machen. Anderweitig bedeutet, dass entweder der Konsument die Arbeit zu einem früheren Zeitpunkt geleistet hat oder dass andere Agenten die Arbeit geleistet haben: […]“4 In Relation mit diesem privaten Verbrauch stehen direkt oder indirekt „[e]in Großteil unserer Wünsche, Interessen und Handlungen“5.
Als Motivation des Konsums nennt Schulze die Befriedigung von Bedürfnissen, ohne gleichzeitig zusätzliche Arbeit verrichten zu müssen.6 Die Bedürfnisse, die als Grund des Konsumierens dienen, können variieren. So können z. B. biologische (wie z. B. Hunger und Durst) oder auch psychologische Bedürfnisse (z. B. Wunsch nach Zugehörigkeit) eine Rolle spielen.7 Ob Bedürfniserfüllung der einzige Zweck von Konsum ist, wird ebenfalls in Frage gestellt.8
Konsum beinhaltet zusätzlich die „Idee der Steigerung“9 : die Steigerung der Arbeit, die geleistet werden muss, um das Konsumieren möglich zu machen und die Steigerung der Bedürfnisse des Konsumenten. So muss versucht werden, der scheinbar ständig steigenden Nachfrage durch die vorausgehende Arbeit gerecht zu werden. Das unbegrenzte Wollen zum Konsum wird zusätzlich durch das ständige Angebot der „ungeheuren Masse der Konsumgüter“10 gefördert.11
Der private Konsum macht „in den meisten westlichen Industrieländern über die Hälfte des Bruttosozialprodukts“12 aus und hat sich „weitgehend von einer restriktiven, d.h. existenzsichernden Funktion losgelöst und zu einer sozialpsychologisch komplexen Komponente moderner Industriegesellschaften entwickelt.“13
„Im Vordergrund von Kaufentscheidungsprozessen stehen heute Faktoren wie Prestige, Individualität, Erlebnisintensität und Kompensation innerer Defizite. Der Gebrauchsnutzen von Gütern rückt damit in den Hintergrund, die Befriedigung existenzieller Grundbedürfnisse wird zur unbedeutenden Selbstverständlichkeit, die zum Absatz der Produktion einer Volkswirtschaft nur einen verhältnismäßig kleinen Teil beiträgt. Angesichts der durch eine rasante technologische Entwicklung ermöglichten Güter- und Dienstleistungsflut entstand ein „neuer Konsument“, der immer mehr Lebensinhalte auf den Verbrauch dieses erhöhten Angebotes richtet und dem Reiz des Neuen dauerhaft erliegt.“14
3. Das gute Leben
Die Frage nach den verschiedenen Lebensmöglichkeiten und -einrichtungen bzw. welche Möglichkeiten man hat, welches Leben man leben will und wie man dieses gestalten soll, stellt sich dem Menschen allein dadurch, dass er die Begabung des Denkens hat.15 Stemmer schlägt zunächst eine Trivialantwort vor, die zeigt, dass mit diesen Überlegungen nach der Gestaltung des eigenen Lebens automatisch eine Beurteilung von Lebensformen einhergeht. Die Frage nach einem besseren bzw. guten Leben im Gegensatz zu einem schlecht(er)en Leben kommt auf.16 Die Frage nach dem guten Leben und wie dieses beschaffen ist, lässt sich auf unterschiedliche Weise und aufgrund verschiedener Ansätze beantworten. Derek Parfit unterscheidet zwischen Präferenz- oder auch Wunschtheorien, hedonistischen und objektiven Theorien.17
3.1. Präferenztheoretischer Ansatz
Im Zentrum der Präferenz- oder auch Wunschtheorie stehen die individuellen Wünsche bzw. Präferenzen des Subjekts. Etwas kann demnach als gut für den Menschen bezeichnet werden bzw. trägt „zum Wohl einer Person [bei], wenn es deren aktuelle oder informierte Wünsche befriedigt“18. Stemmer, der einen präferenztheoretischen Ansatz vorschlägt, betont vor allem den Aspekt der Aufgeklärtheit (über den Inhalt und das Zustandekommen informiertes bzw. aufgeklärtes Wollen) und des Glücks:19
„Ein Leben ist gut, wenn es uns gibt, was wir von einem Leben in möglichst aufgeklärter Weise wollen, was immer es sei, und wenn wir das Glück haben, daß sich das so weit wie möglich aufgeklärte Wollen mit dem Wollen deckt, das wir hätten, wenn wir alle nötigen Informationen hätten.“20
In Bezug auf diese Arbeit wäre die Wunschtheorie daraufhin zu untersuchen, inwieweit Konsum Teil eines aufgeklärten Wollens sein kann und das Leben zu einem individuell guten Leben macht. Nach Stemmers These gibt es keine objektiv und in sich wollenswerte Anforderungen. Diese werden stets vom Individuum gestellt und können somit verschiedenartige gute Leben hervorbringen. Die Untersuchung des Konsums unter dem Standpunkt einer Präferenztheorie wäre also eher psychologisch und wäre z. B. durch eine empirische Studie durchzuführen. In dieser Arbeit soll allerdings ein anderer Ansatz, nämlich der objektive (vgl. Kapitel 3.3.) im Mittelpunkt stehen.
[...]
1 BRENNER (2018): WirtschaftsEthik. S. 133
2 DUDEN: Konsum
3 DUDEN: Konsumtion
4 SCHULZE (2003): Die beste aller Welten. S. 50
5 STIHLER (1998): Die Entstehung des modernen Konsums. S. 11
6 Vgl. SCHULZE (2003): Die beste aller Welten. S. 50
7 Vgl. SCITOVSKY (1977): Psychologie des Wohlstands. S. 22
8 Vgl. STIHLER (1998): Die Entstehung des modernen Konsums. S. 5/ SCITOVSKY (1977): Psychologie des Wohlstands. S. 22
9 SCHULZE (2003): Die beste aller Welten. S. 51
10 Ebd. S. 50
11 Vgl. Ebd. S. 50-52
12 STIHLER (1998): Die Entstehung des modernen Konsums. S. 11
- In Bezug auf das Bruttosozialprodukt oder auch Bruttoinlandsprodukt vermerkt Brenner, dass dieses oft als „Ausweis des Wohlstands“ (BRENNER (2018): WirtschaftsEthik. S. 131) falsch interpretiert wird, da dieses bloß die „Größe einer Volkswirtschaft angibt, ohne eine Aussage über die Verteilung des Wohlstands zu machen.“ (BRENNER (2018): WirtschaftsEthik. S. 131)
13 STIHLER (1998): Die Entstehung des modernen Konsums. S. 11
14 Ebd. S. 11
15 Vgl. STEMMER (1998): Was es heißt, ein gutes Leben zu leben. S. 47
16 Vgl. Ebd. S. 47
17 Vgl. WOLF (1998): Glück und Sinn: Zwei Aspekte des guten Lebens. S. 168
18 SCHABER (1998): Gründe für eine objektive Theorie des menschlichen Wohls. S. 149
19 Vgl. STEMMER (1998): Was es heißt, ein gutes Leben zu leben. S. 61-69
20 Ebd. S. 69