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Schillers Konzept der Anmut in Bezug auf die ästhetische Erziehung des Menschen

©2019 Hausarbeit 17 Seiten

Zusammenfassung

Das Konzept der Anmut soll in dieser Arbeit zweifach dargestellt werden: Seine Beschaffenheit bzw. wie diese uns in der Abhandlung „Über Anmut und Würde“ präsentiert wird und welche Rolle dieses Konzept in der ästhetischen Erziehung spielt.
Um diese Aufgabe zu bewältigen, wird diese Arbeit sich nur auf die für dieses Ziel relevantesten Textstellen aus beiden Schriften beziehen. Hierbei müssen Themen, wie zum Beispiel die Übertragung des ästhetischen Charakters auf den Staat, die genaue Darstellung von Bestimmung und Bestimmbarkeit im Menschen oder die drei Stufen der Entwicklung ausbleiben. Dies ist der Fall, da diese Themen indessen wichtige Bestandteile der Schriften darstellen, allerdings nicht nötig sind, um das Konzept der Anmut und dessen Relation zur ästhetischen Erziehung zu verstehen. Um die Verständlichkeit und Übersichtlichkeit der Arbeit zu gewährleisten, werden diese also außenvorgelassen.
Hierbei wird sich vorwiegend auf die mittleren Briefe (11-16) konzentriert, wobei die weiteren Briefe gleichwohl berücksichtigt und für Ergänzungen genutzt werden.

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Das Konzept der Anmut: „die Schönheit des Spiels“
2.1. Auftreten der Anmut
2.2. Der anmutige Charakter mit „Neigung zu der Pflicht“ (A&W. S. 366)

3. Schillers Anthropologie und Bildungstheorie in den Briefen „Über die ästhetische Erziehung des Menschen“
3.1. Schillers Menschenbild
3.1.1. Person und Zustand
3.1.2. Die „Grundbegriffe“ Schillers Anthropologie: Sach- und Formtrieb
3.1.2.1. Sachtrieb
3.1.2.2. Formtrieb
3.2. Bildungstheorie: Erziehung zum anmutigen Charakter
3.2.1. Das verbindende Prinzip: Der Spieltrieb
3.2.2. Die ästhetische Erziehung

4. Fazit

5. Literaturverzeichnis

1. Einleitung

Die Abhandlung „Über die ästhetische Erziehung des Menschen in einer Reihe von Briefen“ ist die längste und nach Schiller auch „seine bedeutendste theoretische Schrift“.1 Die Briefe über die ästhetische Erziehung riefen viele verschiedene Reaktionen hervor, darunter auch viel Kritik.2 Hierzu rät Rittelmeyer, die positiven Aspekte in z.B. Schillers „inkonsequenter Begriffsverwendung“3 zu sehen und nicht seine gesamte Schrift „rigide auf den philosophischen Prüfstand“4 zu stellen, da eine solche Betrachtung, den Briefen nicht gerecht würde.5

In dieser Arbeit geht es jedoch nicht lediglich um die ästhetischen Briefe, sondern auch um Schillers Schrift „Über Anmut und Würde“. In ihr erklärt Schiller die beiden, im Titel genannten Begriffe und erstellt damit einen wesentlichen Bestandteil seiner später veröffentlichten ästhetischen Erziehung. Das Konzept der Anmut soll in dieser Arbeit zweifach dargestellt werden: Seine Beschaffenheit bzw. wie diese uns in der Abhandlung „Über Anmut und Würde“ präsentiert wird und welche Rolle dieses Konzept in der ästhetischen Erziehung spielt.

Um diese Aufgabe zu bewältigen wird diese Arbeit sich nur auf die für dieses Ziel relevantesten Textstellen aus beiden Schriften beziehen. Hierbei müssen Themen, wie z.B. die Übertragung des ästhetischen Charakters auf den Staat, die genaue Darstellung von Bestimmung und Bestimmbarkeit im Menschen oder die drei Stufen der Entwicklung ausbleiben. Dies ist der Fall, da diese Themen indessen wichtige Bestandteile der Schriften darstellen, allerdings nicht nötig sind, um das Konzept der Anmut und dessen Relation zur ästhetischen Erziehung zu verstehen. Um die Verständlichkeit und Übersichtlichkeit der Arbeit zu gewährleisten, werden diese also außenvorgelassen.

Hierbei wird sich vorwiegend auf die mittleren Briefe (11-16) konzentriert, wobei die weiteren Briefe gleichwohl berücksichtigt und für Ergänzungen genutzt werden. Solche Einteilungen der Briefe sind (in dieser Arbeit) nicht als klare und eindeutige Grenzen zu verstehen. Dies zeigen auch die verschiedenen Einteilungen und Benennungen der verschiedenen Interpreten (Autoren der Sekundärliteratur). Die Einteilungen sollen hier vor allem den Aspekt der Übersicht unterstützen, womit auch ein wichtiger Teil der Aufgabe dieser Arbeit genannt ist: die Idee der Abhandlungen in eine Ordnung zu bringen und somit die Verständlichkeit zu fördern.

2. Das Konzept der Anmut: „die Schönheit des Spiels“

Seine Schrift „Über Anmut und Würde“ beginnt Schiller mit einer „griechischen Fabel“ (A&W. S.330), die die Gürtel-Allegorie der Anmut enthält. Hierbei werden Anmut und Grazie bereits vom Begriff der Schönheit unterschieden:

Die Begriffe „Grazie“ und „Anmut“ werden im Verlaufe der Schrift oft synonym verwendet.6 (vgl. A&W. z.B. auf S. 348, 350, 362 & 371) Konkretisiert wird erst später, dass Anmut eine Form der Grazie ist, nämlich die, „beruhigende Grazie“. (vgl. A&W. S. 391)

Zur Erklärung der Relation von Anmut und Schönheit wird weiterhin die Allegorie des Gürtels verwendet: Anmut ist in jedem Fall schön, allerdings ist nicht alles Schöne auch Anmut, (vgl. A&W. S. 330) denn diese ist eine „bewegliche Schönheit“ (A&W. S.331). Sie kann zufällig an einem Objekt, auch an nicht schönen, entstehen und auch wieder vergehen. (vgl. A&W. S.330-331) Dies unterscheidet sie von der „fixen Schönheit“ (A&W. S.331), welche beständig ist und „mit dem Subjekte selbst notwendig gegeben ist.“ (vgl. A&W. S.331) Schiller verdeutlicht ebenfalls, dass die Anmut „objektiv“ (A&W. S.332) ist, also am Objekt selbst und nicht bloß in der Art unserer Wahrnehmung entsteht. (vgl. A&W. S.332)

2.1. Auftreten der Anmut

Diese „bewegliche Schönheit“ entsteht, wie bereits erwähnt, zufällig an ihrem Subjekt und somit ist diese Eigenschaft (Anmut) allein den zufälligen Bewegungen vorbehalten. (vgl. A&W. S. 333) Des Weiteren kann Anmut allein den Menschen zugesprochen werden. Diese Einschränkung verkleinert zusätzlich den Bereich der Bewegungen, denen Anmut zukommen kann: An Bewegungen, die bloß durch Natur geleitet werden, bloß sinnlich sind, kann keine „bewegliche Schönheit“ vorkommen. (vgl. A&W. S.333) „Willkürlichen Bewegungen allein kann also Anmut zukommen, aber auch unter diesen nur denjenigen, die ein Ausdruck moralischer Empfindungen sind.“ (A&W. S.333 & vgl. S.345) Somit wird Anmut vom moralischen Subjekt selbst erzeugt bzw. bestimmt. (vgl. A&W. S.334) Sie ist „ein persönlicher Verdienst“, da die „Schönheit“, durch die Freiheit ermöglicht, von der Seele beeinflusst wird. (vgl. A&W. S.344)

Die Bewegungen, die Anmut zeigen können sind, wie oben angeführt, einerseits zufällig (vgl. A&W. S.333) und gleichzeitig willkürlich (vgl. A&W. S.333 & 344). Hierbei verweist Schiller auf die „sympathetischen Bewegungen“ (A&W. S.347). Diese sind nicht willkürliche Handlungen, die aus Empfindungen heraus entstehen. Diese Art der Bewegung unterscheidet er von zwei anderen Arten von „Handlungen“, den willkürlichen und den naturgetriebenen (eigentlich keine Handlungen, da sie nicht aus der Freiheit der Person hervorgehen). (vgl. A&W. S.347) In den sympathetischen Bewegungen bzw. dem sympathetischen Anteil einer willkürlichen Handlung, also dem Unwillkürlichen, kommt die Willkür der moralischen Person, seine moralische Gesinnung, zum Vorschein. (vgl. A&W. S.347-348) Anmut ist somit „jederzeit Natur, d.i. unwillkürlich […], und das Subjekt selbst darf nie so aussehen, als wenn es um seine Anmut wüßte.“ (A&W. S. 350)

„Wenn also die Anmut eine Eigenschaft ist, die wir von willkürlichen Bewegungen fodern, und wenn auf der andern Seite von der Anmut selbst doch alles willkürliche verbannt sein muß, so werden wir sie in demjenigen, was bei absichtlichen Bewegungen unabsichtlich, zugleich aber einer moralischen Ursache im Gemüt entsprechend ist, aufzusuchen haben.“ (A&W. S. 353)

Hier klingt bereits die Vorstellung an, dass Sinnlichkeit, das was im Menschen natürlich ist, und die Sittlichkeit, die moralische Gesinnung, irgendwie zusammenarbeiten bzw. in Harmonie gesetzt sein sollen.

2.2. Der anmutige Charakter mit „Neigung zu der Pflicht“ (A&W. S. 366)

Der Mensch, wie bereits angedeutet, ist eine Person, dadurch, dass er selbst „in den Ring der Notwendigkeit“ (A&W. S. 354) eingreifen bzw. selbst handeln kann. (vgl. A&W. S.354) Inwieweit der Mensch diese Freiheit nutzt, seine Bestimmung erfüllt und damit „Charakter zeigt“ (A&W. S.355) bzw. ausbildet, hängt von dem jeweiligen Menschen selbst ab. (vgl. A&W. S.354-355)

Das Ideal Schillers, der anmutige Charakter, die „schöne Seele“ (A&W. S. 370), besteht nicht darin, völlig die Gewalt über die naturgegebenen Eigenschaften zu erlangen (noch in der Herrschaft der Natur bzw. Triebe über die Vernunft)7, (vgl. A&W. S. 361f.) denn diese Bildung ist nach Schiller „stumm“, wenn auch „charakteristisch“ (A&W. S.358), da der „Geist nehmlich […] tätig sein und […] moralisch empfinden; […]“ soll. (vgl. A&W. S. 356-358))

„Eine sprechende Bildung wird also von dem Menschen gefodert, sobald man sich seiner sittlichen Bestimmung bewußt wird; aber es muß zugleich eine Bildung sein, die zu seinem Vorteile spricht, d. i. die eine, seiner Bestimmung gemäße Empfindungsart, eine moralische Fertigkeit, ausdrückt. Diese Anfoderung macht die Vernunft an die Menschenbildung.“ (A&W. S. 359)

Hiernach fordert die Vernunft von den Menschen und ihrer Bildung, dass sie moralische Empfindungen erst einmal zulassen, „begleiten“ und ihnen „zum Ausdruck dienen“. (vgl. A&W. S. 353) Hierbei soll die Ästhetik aber nicht vernachlässigt, sondern gleichermaßen berücksichtigt werden, was durch Anmut gestattet werden soll. (vgl. A&W. S. 359-360) Anmut erschafft, durch den Geist, die Möglichkeit zum Schönen und überlässt der Natur die Ausführung einer solchen. (vgl. A&W. S. 360-361)

Dies führt zum „Hauptcharakter der Grazie“ (A&W. S. 362), die bereits am Anfang dieses Kapitels (2.2) angeklungen ist: „die Leichtigkeit“ (A&W. S. 362). Diese Leichtigkeit entsteht bloß in einem der drei Verhältnisse, die Schiller anbringt und in diesem findet man Schillers Ideal. Diese drei Verhältnisse entstehen aus der „sinnlich-vernünftige[n] Doppelnatur des Menschen“8: Beim ersten Verhältnis unterdrückt der Mensch seine Sinnlichkeit, beim zweiten unterdrückt er seine Vernunft und beim dritten, setzt er beide Seiten (sinnliche und vernünftige Natur) in Harmonie. Laut Schiller wird der Mensch bloß im dritten Verhältnis „einig mit sich selbst“ (A&W. S. 363). (vgl. A&W. S. 362-363) Dies steht für Schiller im Gegensatz zu Kant, der folgendes festlegt: „[…] gerade da hebt der Wert des Charakters an, der moralisch und ohne alle Vergleichung der höchste ist, nämlich daß er wohltue, nicht aus Neigung, sondern aus Pflicht“9. Diesen moralischen Rigorismus10 möchte Schiller mit dem Konzept der Anmut, „der Schönheit des Spiels“ (A&W. S. 365), umgehen und die „Härte“ (A&W. S. 367), wie er sie bei Kant vorfindet, vermeiden.11 Schillers „Siegel der vollendeten Menschheit“ (A&W. S. 370), die „schöne Seele“ (A&W. S. 370), besteht in dem Menschen, bei dem Neigung (Sinnlichkeit) und Pflicht (Vernunft) im Einklang sind. (vgl. A&W. S. 365)

Für Schiller beinhaltet der „Dualismus von Vernunft und Natur“12 einen „Krieg“ (A&W. S. 365) der beiden Naturen und weist darauf hin, „daß es für die erste [Gesetzmäßigkeit] gewöhnlich vorteilhafter sei, wenn sich die Neigung auf Seiten der Pflicht befindet.“ (A&W. S. 365-366). Ergänzend unterstreicht er, dass die Bestimmung des Menschen darin besteht „[…] ein sittliches Wesen zu sein“ und nicht „[…] einzelne sittliche Handlungen zu verrichten […]“. (vgl. A&W. S. 366) Die „Tugend“ (A&W. S. 366), also die „Neigung zu der Pflicht“, (A&W. S. 366) ist die „Vorschrift des Menschen“ (A&W. S. 366):

„Erst als dann, wenn sie aus seiner gesamten Menschheit als die vereinigte Wirkung beider Prinzipien, hervorquilt, wenn sie ihm zur Natur geworden ist, ist seine sittliche Denkart geborgen, denn so lange der sittliche Geist noch Gewalt anwendet, so muß der Naturtrieb ihm noch Macht entgegenzusetzen haben. Der bloß niedergeworfene Feind kann wieder aufstehen, aber der versöhnte ist wahrhaft überwunden.“ (A&W. S. 367)

Des Weiteren ergänzt Schiller, dass es eher ein negatives Zeichen ist, wenn ein Mensch seinem Trieb nicht trauen kann und somit besser aufgestellt ist, wenn er sich bei jeder Handlung zum kategorischen Imperativ („Handle nur nach derjenigen Maxime, durch die du zugleich wollen kannst, daß sie ein allgemeines Gesetz werde.“13 ) befragt. Ein Mensch verdient somit vielmehr Hochachtung, wenn er diese Absicherung nicht braucht, weil Neigung und Pflicht eins sind und somit keine „Gefahr“ besteht, durch den Trieb „mißgeleitet zu werden“. (vgl. A&W. S. 370) Hier könnte man leicht dazu verleitet werden, folgende Aussage Kants als Gegensatz vorzustellen:

„[…] der Neigung nach Ehre, die, wenn sie glücklicherweise auf das trifft, was in der Tat gemeinnützig und pflichtmäßig, mithin ehrenwert ist, Lob und Aufmunterung, aber nicht Hochschätzung verdient; denn der Maxime fehlt der sittliche Gehalt, nämlich solche Handlungen nicht aus Neigung sondern aus Pflicht zu tun.“14

Handlungen, die gleichzeitig aus Neigung entstehen, spricht er den moralischen Wert ab, jedoch beansprucht Schiller dies auch nicht unbedingt für diese Handlungen: „Daher sind bei einer schönen Seele die einzelnen Handlungen eigentlich nicht sittlich, sondern der ganze Charakter ist es.“15 Schiller unterscheidet vielmehr zwischen moralischem Wert im kantischen Sinne, diesen nennt er „moralisch groß“ (A&W. S. 378) und dem Anteil des moralischen, anmutigen Charakters an einzelnen, nach Kant, nicht moralischen Handlungen, die er als „moralisch schön“ bezeichnet. (A&W. S. 378) Bei Letzteren spricht er vielmehr von der „Schönheit der Handlung“ (A&W. S. 378), während bei den Ersteren eher von der Moralität der Handlung die Rede ist. Anmut ist also der „Ausdruck in der Erscheinung“ dieses sittlichen Charakters „in einer schönen Seele“, der „moralisch schöne“ Handlungen vollzieht. (A&W. S. 370-371)

Dieses Ideal soll jedenfalls angestrebt werden, kann aber leider aufgrund der „unveränderlichen Einrichtung seiner [des Menschen] Natur, […] [der] physischen Bedingungen seines Daseins […]“ niemals erreicht werden. (vgl. A&W. S. 373) Diese Natur des Menschen beinhaltet nämlich einen „Naturtrieb“, der eine „Naturnotwendigkeit“ darstellt, der „nichts abzudingen ist“. (vgl. A&W. S. 373-374) Diesem Reiz-Reaktionsschema der Natur (auch bei Tieren) setzt Schiller das zweite Konzept, nämlich das der Würde, entgegen (Unterschied zu den Tieren). (vgl. A&W. S. 374) Dieses Konzept soll eingreifen, wenn die Anmut nicht erreicht werden kann. (vgl. A&W. S. 377-378) Bei Handlungen aus Würde, wird die Pflicht durch den Willen über die (negativen) Neigungen gestellt (vgl. A&W. z.B. S. 377 & 378) und diese wären, auch nach Kant, moralische Handlungen (Handlungen „aus Pflicht“16, „Tätigkeit eines Willens“17 ).

Beide Konzepte können nebeneinander bestehen, „[…] so schließen sie einander in derselben Person, ja in demselben Zustand einer Person nicht aus; […]“. (A&W. S. 385) Der anmutige Charakter bleibt dennoch das Ideal, da hier „der ganze Charakter“ moralisch ist und es ist Anmut, die wir anzustreben haben: (vgl. A&W. S. 373 & 382) „Die Anmut nehmlich zeugt von einem ruhigen, in sich harmonischen Gemüt, und von einem empfindenden Herzen.“ (A&W. S. 385)

3. Schillers Anthropologie und Bildungstheorie in den Briefen „Über die ästhetische Erziehung des Menschen“

In Schillers „Über die ästhetische Erziehung des Menschen in einer Reihe von Briefen“ spielt dieses Konzept der Anmut (weniger das Konzept der Würde) eine konstante und bedeutende Rolle.

Die ersten Briefe sind eine Art Einleitung, die, nach Vetter, „medizinischen Charakter“ (Dreiteilung: Anamnese, Diagnose und Therapie) besitzt.18 Die Einleitung (hier kann man auf die ersten neun bis zehn Briefe verweisen) besteht dabei wesentlich aus Vorgeschichte und Bestimmung der Krankheit, die Therapie bzw. Schillers ganzer Plan19 wird ebenfalls teilweise angedeutet und ab dem elften Brief erweitert.

Die ersten Briefe verweisen auf die Nähe zu den „kantische[n] Grundsätze[n]“20 und es klingen wichtige Thesen, Fragen und Probleme an, die in den folgenden Briefen, vertieft und erklärt werden21. Des Weiteren beginnt bereits hier, am Anfang der Reihe, die Aufstellung verschiedener Antagonismen, wie z.B. Natur und Vernunft (sowie Natur- und Vernunftstaat), natürlicher und sittlicher Charakter, Pflicht und Neigung oder Gefühle und Grundsätze.22 (vgl. ä. E., 3.-4. S. 560-567) Diese „antagonistische Betrachtungsweise“23 zieht sich durch die Gesamtheit der Briefe24 und erinnert immer wieder an die Anmut und was es durch sie zu überwinden gilt. Außerdem könnte man diese Struktur als Vorausdeutung auf die Aufgabe der ästhetischen Erziehung und was sie zu leisten hat, interpretieren.

[...]


1 (Vgl.) Janz, Rolf-Peter (Hrsg.): Kommentar. In: Friedrich Schiller. Theoretische Schriften. Hrsg. von Rolf-Peter Janz. Frankfurt am Main, 2008. (Deutscher Klassiker Verlag im Taschenbuch – Band 32) S.1386

2 Vgl. Janz: Kommentar, a.a.O. S. 1405f.

3 Rittelmeyer, Christian: „Über die ästhetische Erziehung des Menschen“. Eine Einführung in Friedrich Schillers pädagogische Anthropologie. München, 2005. S. 35

4 Ebd. S. 70

5 Vgl. Ebd. S. 35 & 70

6 Schiller, Friedrich: Über Anmut und Würde. In: Friedrich Schiller. Theoretische Schriften. Hrsg. von Rolf-Peter Janz. Frankfurt am Main, 2008. (Deutscher Klassiker Verlag im Taschenbuch – Band 32) S. 344 - Zur Entlastung der Fußnoten werden die Zitate des oben genannten Primärtextes, in Klammern, mit der Abkürzung A&W. und Seitenzahl, direkt im Text belegt.

7 Vgl. Janz: Kommentar, a.a.O. S.1336 (361,7-365,3)

8 Janz: Kommentar, a.a.O. S.1336 (361,7-365,3)

9 Kant, Immanuel: Grundlegung zur Metaphysik der Sitten. Hrsg. von Theodor Valentiner. Stuttgart, 2017. S. 23

10 Vgl. Janz: Kommentar, a.a.O. S.1339 (366,12ff.)

11 Vgl. Ebd . S.1337 (366,12ff.)

12 Ebd. S.1337 (366,12ff.)

13 Kant: Grundlegung zur Metaphysik der Sitten, a.a.O. S. 53

14 Ebd. S. 22

15 Zusätlich hierzu, A&W. S. 366: „Der sinnliche Ausdruck dieses Beifalls in der Grazie, wird also für die Sittlichkeit der Handlung, bei der er angetroffen wird, nie ein hinreichendes und gültiges Zeugnis ablegen, und aus dem schönen Vortrag einer Gesinnung oder Handlung wird man nie ihren moralischen Wert erfahren. […] daß der Anteil der Neigung an einer freien Handlung für die reine Pflichtmäßigkeit dieser Handlung nichts beweist, […]“, er spricht von einem „Anteil seiner Neigung an seinem moralischen Handeln“, und nicht davon, dass die Handlung mit Neigung an sich moralisch ist.

16 Kant: Grundlegung zur Metaphysik der Sitten, a.a.O. S. 21ff.

17 Ebd. S. 25

18 (Vgl.) Vetter, Patrick: Das Wesen der Schönheit. Zur Transzendentalität von Bildung und Freiheit in Friedrich Schillers ästhetischer Erziehung. Hrsg. von Stefanie Voigt, Rudolf Lüthe und Eduard Zwierlein. Berlin, 2018. (Philosophie und Lebenskunst – Band 9) S. 41-42

19 Vgl. Janz: Kommentar, a.a.O . S.1397 (592, I)

20 Schiller, Friedrich: Über die ästhetische Erziehung des Menschen in einer Reihe von Briefen. In: Friedrich Schiller. Theoretische Schriften. Hrsg. von Rolf-Peter Janz. Frankfurt am Main, 2008. (Deutscher Klassiker Verlag im Taschenbuch – Band 32) S. 557 - Zur Entlastung der Fußnoten werden die Zitate des oben genannten Primärtextes, in Klammern, mit der Abkürzung ä. E. für ästhetische Erziehung, Briefnummer und Seitenzahl, direkt im Text belegt.

21 Vgl. Vetter: Das Wesen der Schönheit, a.a.O. S. 55 (Fußnote 203)

22 Vgl. Rittelmeyer: „Über die ästhetische Erziehung des Menschen“, a.a.O. S. 34 & Vetter: Das Wesen der Schönheit, a.a.O. S. 46

23 Rittelmeyer: „Über die ästhetische Erziehung des Menschen“, a.a.O. S. 34

24 Vgl. Ebd. S. 34

Details

Seiten
17
Jahr
2019
ISBN (PDF)
9783346626097
ISBN (Buch)
9783346626103
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Universität Trier
Erscheinungsdatum
2022 (April)
Note
1,0
Schlagworte
schillers konzept anmut bezug erziehung menschen würde schiller ästhetische
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Titel: Schillers Konzept der Anmut in Bezug auf die ästhetische Erziehung des Menschen