Was macht die digitale Partnersuche so attraktiv und inwiefern unterscheidet sie sich von der traditionellen Methode der Partnerwahl?
Im Zusammenhang dieser Fragestellung ist es das Ziel dieser Arbeit, auf eine vergleichende Herangehensweise der digitalen Partnersuche mit der traditionellen, Erstere in ihren Besonderheiten hervorzuheben und näher zu beleuchten. Inhaltlich wird der Fokus auf die Bildung von Liebesbeziehungen beziehungsweise Partnerbeziehungen gelegt, statt auf Beziehungen mit Flüchtigkeitscharakter und rein sexueller Motivation, wenngleich jene der Vollständigkeit wegen Erwähnung finden.
Es wird zunächst auf das allgemeingültige Verständnis der Begriffe Partnerbeziehung und Partnerwahl eingegangen, um daraufhin mit den Erläuterungen einer konventionellen Partnerwahl fortzufahren. Daran anschließend findet die digitale Partnerwahl, Bezug nehmend zur konventionellen, in ihren Facetten nähere Betrachtung. Der Stellenwert der Selbstdarstellung wird hierbei als Faktor besonders hervorgehoben. Das Fazit, mit u.a. einer Prognose der Autorin, bildet den Abschluss vorliegender Arbeit.
Inhalt
1. Einleitung
2. Partnerbeziehung und Partnerwahl
2.1 Definition Partnerbeziehung u. Partnerwahl
2.2 Der Partnermarkt
3. Die Datingrahmen
3.1 Definition: Offline-Dating
3.2 Definition: Online-Dating
4. Vergleich nach Kategorien
4.1 Die Partnermärkte
4.2 Die Selbstdarstellung
4.3 Kontaktaufnahme: Der erste Schritt
4.4 Beziehungsaufbau- & vertiefung
4.5 Beziehungserfolg & -stabilität
5. Fazit und Ausblick
Quellen
1. Einleitung
Digitales Soziales Netzwerken hat über die letzten 10 Jahren einen immer höheren Stellenwert in der Gesellschaft bekommen und verzeichnet einen stetig steigenden Trend an Nutzern. Nicht nur lose Bekanntschaften werden über das Internet geknüpft, sondern auch die Suche nach einem festen Partner1. Trotz der Bevorzugung der alltäglichen sozialen Handlungskontexte (Haring & Höllinger, 2009) erfreut sich Online-Dating immer größer werdender Beliebtheit. Der deutsche Markt an Partnerkontaktbörsen verzeichnet 5,8 Mio. monatliche aktive Nutzer, Tendenz steigend laut Statista (2020). In Amerika ist es bei Heterosexuellen nach der traditionellen die zweitbeliebteste Art jemanden kennenzulernen, bei Homosexuellen mit Abstand die beliebteste. Seit 2005 ist sogar knapp ein Drittel der amerikanischen Ehen auf Online-Dating zurückzuführen (Cacioppo et al., 2013). Demnach stellt sich die Frage:
Was macht die digitale Partnersuche so attraktiv und inwiefern unterscheidet sie sich von der traditionellen Methode der Partnerwahl?
Im Zusammenhang dieser Fragestellung ist es das Ziel dieser Arbeit auf eine vergleichende Herangehensweise der digitalen Partnersuche mit der traditionellen, erstere in ihren Besonderheiten hervorzuheben und näher zu beleuchten. Inhaltlich wird der Fokus auf die Bildung von Liebesbeziehungen bzw. Partnerbeziehungen gelegt, statt auf Beziehungen mit Flüchtigkeitscharakter und rein sexueller Motivation, gleichwenn jene der Vollständigkeit wegen Erwähnung finden.
Es wird zunächst auf das allgemeingültige Verständnis der Begriffe Partnerbeziehung und Partnerwahl eingegangen, um daraufhin mit den Erläuterungen einer konventionellen Partnerwahl fortzufahren. Daran anschließend findet die digitale Partnerwahl, Bezug nehmend zur konventionellen, in ihren Facetten nähere Betrachtung. Der Stellenwert der Selbstdarstellung wird hierbei als Faktor besonders hervorgehoben. Das Fazit, mit u.a. einer Prognose der Autorin, bildet den Abschluss vorliegender Arbeit.
2. Partnerbeziehung und Partnerwahl
Folgend wird in diesem Kapitel um das Verständnis der Begrifflichkeiten einer Partnerbeziehung sowie Partnerwahl aufgeklärt, unter denen der sog. Partnermarkt ebenfalls erläutert wird. Diese Charakterisierungsmerkmale, insbesondere jene aus 2.1, sind als Fundament oder Ursprung beider Vorgehensweisen der Partnersuche, der offline und digitalen, anzusehen (Schulz, 2011; Skopek, 2012).
2.1 Definition Partnerbeziehung u. Partnerwahl
Beginnend bei der sozialen Beziehung, hat eine solche Bestand, wenn mehrere Individuen ein wechselseitig orientiertes Handeln oder Verhalten am jeweils anderen aufweisen. Ein Bekanntheitsgrad auf persönlicher Ebene ist hierzu nicht notwendig, da sich auch bereits zwei völlig Fremde in einer sozialen Beziehung befinden, solange sich ihr Handeln auf das Gegenüber (Weber, 1972) in einem sozialen Handlungskontext bezieht (Stauder, 2008). Neben dieser Voraussetzung ist ebenfalls das Existieren einer noch so geringen Chance unerlässlich, dass sich das beschriebene aufeinanderbezogene Handeln kontinuierlich wiederholt. Das Erfüllen dieser Chance ist irrelevant, da das alleinige Bestehen jener ausreicht (Weber, 1972).
Eine romantische Beziehung (oder Partnerbeziehung ) im Konkreten zeichnet sich dadurch aus, dass die soziale Beziehung zwischen den Individuen emotionalisert ist. Häufige und gut bewertete Interaktionen (Häring, Richter & Salisch, 1993) sowie Gefühle von Nähe, Intimität oder Liebe spielen hierbei eine entscheidende Rolle und unterstützen den Prozess der Emotionalisierung weiterhin (Auhagen & Salisch, 1993).
In Anlehnung an die Rational-Choice-Theory, bei der es um eine Kosten-Nutzen-Abwägung mit Hilfe des Wissens um Qualität und Quantität bzgl. eines oder mehreren Gütern geht, wird durch die genannte Abwägung des Nutzens einer Partnerschaft erkannt. Denn durch eine solche Vereinigung werden „Güter“ wie Prestige, Liebe und Kinder erlangt, welche auf eine alternative Weise nicht auf anderen Märkten verfügbar sind (Becker, 1973).
Auf das Zusammenfinden zweier Personen zu einer romantischen Beziehung und somit auf die Partnerwahl wirkt des Weiteren das dynamische Zusammenspiel zweier Rahmenbedingungen, die für beide Personen gleichermaßen gültig sind (Coleman, 1990). Hierzu gehören die Möglichkeitsstrukturen und somit auch die Wahrscheinlichkeiten, bestimmte Personen auf dem (oder einem) „Partnerschaftsmarkt“ anzutreffen (Quantität), ebenso wie die individuellen Vorlieben für bestimmte Attribute des potentiellen Partners (Kalmijn, 1998). Jene Präferenzen werden durch genetische Dispositionen, die spezielle Art und Weise der Sozialisation oder sozio-strukturelle Restriktionen hervorgerufen (Eagly & Wood, 1999). Zu dem gehört eine Kosten-Nutzen-Analyse der potentiellen Partnern, welche sich mit ihren Ressourcen (Qualitäten) auf dem Partnerschaftsmarkt anbieten und die auf jenem gleichsam auch geschätzt werden (Haring & Höllinger, 2009). Solch wichtige bis sehr wichtige Qualitäten (oder Merkmale), in Kategorien zusammengefasst, können der kulturellen und der geistigen Orientierung zugehörig sein, wobei zum Ersten bspw. Musikgeschmack und kulturelles Interesse zugeordnet wird, wie auch zum Zweiten die Intelligenz und Bildung. Verständnis und Treue als Merkmale haben unter der Emotionalen Wertorientierung einen hohen Stellenwert inne, wobei physische Attribute, wie gutes Aussehen und eine gute Figur, ebenfalls eine wichtige bis sehr wichtige Rolle spielen. Darüber hinaus wird sich am gesellschaftlichen Status orientiert, bei dem in erster Linie Beruf, Kleidung, finanzieller Hintergrund und sogar die Körpergröße (sehr) wichtig sind (Haring & Höllinger, 2009). Grundsätzlich gehört scheinbar ebenfalls das Bestehen einer Vertauenswürdigkeit, einer positiven Ausstrahlung (Li, Bailey, Kenrick, & Linsenmeier, 2002) und Verlässlichkeit (Bauer & Ganser, 2007) zu den erwünschten Eigenschaften.
Der vorhandene Humor und die Aktivität einer Person werden zwar ebenfalls als beachtenswerte Eigenschaften angesehen (Haring & Höllinger, 2009; Schmitz, Skopek, Schulz, Klein & Blossfeld, 2009), jedoch können ihre relative Einwirkungen auf die Partnerfestlegung nur schlecht empirisch nachgewiesen werden, wohingegen bisher genannte eine eindeutige Signifikanz aufweisen (Schmitz et al., 2009).
Festzustellen ist in diesem Zusammenhang die Einflussnahme des Geschlechts (männlich, weiblich) auf die Anforderungen an Partnern. Frauen sind sozio-kulturelle Attribute, wie der soziale Status, wichtiger als den Männern (Li, Bailey, Kenrick & Linsenmeier, 2002; Haring & Höllinger, 2009), weshalb sie sich vermutlich eine eher traditionelle Absicherung und gute Repräsentation durch den Mann wünschen (Haring & Höllinger, 2009). Personen des männlichen Geschlechts weisen, im Vergleich, der physischen Attraktivität ihrer potentiellen Partner eine hohe Bedeutsamkeit zu (Li et al., 2002; Haring & Höllinger, 2009). Auch sie möchten dadurch eine für sie akzeptable Repräsentation der Umwelt gegenüber erreichen oder vermutlich ebenfalls durch eine hohe Attraktivität eine hohe Kompatibilität bzgl. der Fortpflanzung gewährleisten (Haring & Höllinger, 2009).
Sofern die bevorzugten Attribute im Vergleich zu den eigenen eine Heterogenität aufweisen, spricht man von einem asymmetrischen Partnerwahlmechanismus, bei dem defizitäre Merkmale durch die Vorteile anderer ausgeglichen werden (Stevens, 1990; Franzen & Hartmann, 2001). Dem Gegenüber steht der symmetrische Mechanismus, der eine starke Neigung zu einer Ähnlichkeitspaarbildung beobachten lässt. Es wird eine möglichst hohe Homogenität zwischen den eigenen Attributen und den des potentiellen Partners bevorzugt (Blau, 1994), wobei dieser Mechanismus, insbesondere beim Bildungsniveau und tendenziell beim Alter, präferiert zu werden scheint (Wirth, 2002; Schulz et al., 2010). Die physische Attraktivität sollte sich ebenfalls auf einem vergleichbaren Niveau befinden (Schulz et al., 2010).
Die Partnerwahl wird ergänzt durch eine Gesamtvorstellung der Partnerschaftgestaltung. So werden an dieser Stelle dem individuellen Freiraum und einer finanziellen Unanbhängigkeit eine sehr starke Gewichtung beigemessen (Haring & Höllinger, 2009). Eine Paarbeziehung bildet sich nach beidseitiger, konsensueller Entscheidung für eine solche (Schulz et. al., 2010).
Bei den Ausführungen bzgl. der Rational-Choice-Theorie ist zu beachten, dass von einem rationalen (und somit realitätsfernen) Menschenbild ausgegangen wird, der die Partnerwahl als eine reine Kosten-Nutzen-Abwägung sieht, bei der er das Optimum erreichen möchte (Blossfeld & Timm, 1997; Burkart, 2014). Entgegen dieser Annahme muss der Partner lediglich variablen Mindestanforderungen entsprechen, die sich in Abhängigkeit eines individuellen minimalen Akzeptanzniveaus bilden und das Ziel der Zufriedenstellung und nicht der Optimierung verfolgt (Simon, 1990 in: Skopek, 2012, S.71; Wirth, 2000). Dieses Niveau bildet sich aus der Bewertung der eigenen Attribute und aus der Sicht auf den eigenen Marktwert (Todd & Miller, 1999).
Zudem wird eine starke Emotion wie die der Liebe nach der R.-C.-T. auf rationale Weise als Gut angesehen und mit diesem demnach auch auf solche Weise umgegangen (Becker, 1973). Jedoch findet nicht nur ein Austauschverhältnis auf rein rationaler Weise zwischen zwei Partnern statt (Burkart, 2014), sondern unterliegt die momentane Partnerwahl und darauf aufbauend die Partnerbeziehung zudem einem großen Prozess der Emotionalisierung und Intimität (Auhagen & Salisch, 1993). Über die vergangenen drei Jhrdt. hat sich die Liebesehe/-beziehung gegenüber der Sachehe welche aus wirtschaftlichen und politischen Gründen entstand, durchgesetzt und wurde zur Norm in den europäischen Ländern (Burkart, 2014). Das rationale Menschenbild der Rational-Choice-Theory müsste somit zusätzlich emotionalisiert werden.
Denn die Liebesbeziehung kann zwar als eine Austauschbeziehung angesehen werden, jedoch nicht vollkommen durch klassische Tauschtheorie abgedeckt und somit nicht als reinen Austausch instrumentellen Interessens angesehen werden (Huinink & Röhler, 2005), wenngleich sie auf diese Weise wesentlich einfacher empirisch zu erforschen ist (Burkart, 2014). Schließlich spielt die Liebe für die Stabilität jenen Tausches mit explizit diesem Partner eine überaus wichtige Rolle (Huinink & Röhler, 2005), während die Regeln der Solidarität, Liebe, Fürsorge und Hingabe ebenfalls auf die Beziehung wirken (Burkart, 2014). Vielmehr entspricht die Liebes/- Paarbeziehung „einer Ökonomie des Schenkens“ (Burkart, 2014, S.80) und hat zum Ziel ein gemeinsames Band zu erschaffen und nicht zwangsweise eine ständig wechselseitige gleichwertige Gegenleistung zu erhalten (Koppetsch, 1998). Jenes Band kann nicht über den Tausch von objekthaften Gütern/Waren erlangt werden, sondern vielmehr durch den Austausch von Gaben. An ihnen haftet ein Teil der Persönlichkeit des/r Schenkenden, welche diese/r der anderen Person nahebringen möchte, um letztendlich die Beziehung zu vertiefen und ihr „Ausdruck zu verleihen“ (Koppetsch, 1998, S.115). Im Vordergrund steht nicht ein Äquivalententausch dieser Gaben, sondern der Umstand „dem anderen zu ermöglichen, etwas zu geben dadurch, dass er so ist wie er ist“ (Luhmann, 1982, S.30). Es wird sich auf die Individualität des jeweils anderen fokussiert, welche sich hier in einem höchsten Ausmaß wiederfindet (Simmel, 1908).
Die subjektiven Präferenzen von Eigenschaften spielen auch weiterhin eine wichtige Rolle bei der Restriktion der Partnerwahl, ebenso wie die strukturellen Möglichkeiten, die ein sozialer Handlungskontext bietet (Häring, Richter & Stoye, 2014), da sie eine Interaktion und somit eine Emotionalisierung der Beziehung überhaupt erst ermöglichen (Blau et al., 1984; Stauder, 2008).
2.2 Der Partnermarkt
Vorab ist zu konstatieren, dass nicht nur ein alleinstehender sozialer Handlungskontext der Partnerfindung existiert und somit ebenfalls kein alleinig existierender Partnermarkt. Denn jener bildet sich durch die subjektive Einschätzung einer Person in einem bestimmten sozialen Handlungskontext einen potentiellen Partner finden zu können, wenngleich bei diesen Einschätzungen übergreifend gemeinsame Tendenzen festzustellen sind. So wird bspw. Ausbildungseinrichtungen, Schulen und Universitäten, eine hohe Partnermarktgelegenheiten zugeschrieben, dem Berufsumfeld oder Vereinsaktivitäten hingegen niedrigere (Häring, Richter & Stoye, 2014).
Nicht jeder einzelne soziale Handlungskontext einer Person bietet eine gleich günstige Struktur für den Kontakt zu potentiellen Partner, da hierauf unterschiedliche Faktoren wirken. Einfluss nimmt die Quantität an Personen, welche der sexuellen Orientierung entsprechen und bei denen man mit einer regelmäßigen Wiederkehr der Interaktion rechnen kann. Durch die reine Vielzahl an potentiellen Partnern steigen zudem stetig die Begegnungsmöglichkeiten (Häring et al., 2014). In Abhängigkeit des Kontextausmaßes könnten ggf. ebenso die Suchkosten ansteigen (Stauder, 2008), was sich durch die Studie von Häring et al. (2014) jedoch nicht bestätigen lässt. Auch das quantitative Verhältnis der konkurrierenden Personen des gleichen Geschlechts (bzw. der gleichen sexuellen Orientierung) gegenüber den vorhandenen möglichen Partnern kann die subjektiven Chancen der Interaktion schmälern oder erweitern (South & Lloyd, 1992). Zu potentiellen Partnern zählen auf dem Markt auch diejenigen, welche sich bereits in einer Partnerschaft befinden, wobei gleichzeitig eine geringere Wahrscheinlichkeit des Kontakts als bei Single-Personen besteht (Stauder, 2006).
Umstände, wie normative Barrieren gegen eine Partnerschaftsbildung und eine gute oder schlechte Kommunikationsstruktur, haben Auswirkungen auf den Entstehungserfolg der Partnerschaft. Denn bspw. von letzterem ist die Kontaktaufnahme abhängig und inwiefern diese wiederholt werden kann (Häring et al., 2014). Gemeinsame Interessen und somit eine gewisse Homogenität beider Seiten verzeichnet ebenfalls einen hohen Einfluss (Häring et al., 2014; Haring & Höllinger, 2009).
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1 Aufgrund verbesserter Lesbarkeit wird folgend auf die Gendrifizierung *_In, *_Innen verzichtet. Wenn von Partner/n_ die Rede ist, ist die weibliche Form Partnerin/innen_ gedanklich zu inkludieren