Kann durch eine Beimischung von Gold die risikoadjustierte Rendite eines Portfolios langfristig gesteigert werden? Zur Beantwortung dieser Frage wird im Rahmen dieser Arbeit eine empirische Analyse des optimalen Portfolios zwischen Gold und Aktien stattfinden. Es wird sich den grundlegenden Prinzipien der Modern Portfolio Theory (MPT) von Harry Markowitz sowie wesentlichen Erkenntnissen von William Sharpe bedient. Hierbei ist hervorzuheben, dass diese Arbeit bewusst Ethik- und Nachhaltigkeitskriterien bei der Goldallokation ausblendet, obwohl diesen Überlegungen vermehrt Beachtung geschenkt wird.
Inhaltsverzeichnis
1 Einleitung
2 Theoretische Grundlagen
2.1 Modern Portfolio Theory (MPT)
2.2 Die Rolle von Gold an den Finanzmärkten
2.3 Gold als Hedge und Safe Haven
2.4 Gold als Diversifikationsinstrument
3 Empirische Daten und Vorgehensweise
3.1 Grundlegende Überlegungen
3.2 Strategische Haltedauer und Betrachtungszeitraum
3.3 Empirische Daten
3.4 Berechnung der ökonometrischen Kennzahlen
4 Empirische Ergebnisse
4.1 Betrachtungszeitraum I (03.01.1974 - 04.11.2021)
4.2 Betrachtungszeitraum II (05.11.2019 - 05.11.2021)
5 Fazit
6 Literaturverzeichnis
1 Einleitung
Gold als strategischer Vermögenswert kann eine lange Historie aufweisen. Ersichtlich wird die immense Bedeutung von Gold durch die unterschiedlichen Rollen innerhalb des Finanzsystems, die Gold bereits einnahm. Sei es als Warengeld in Form von Goldmünzen oder zur Zeit des Goldstandards, als jede Banknote einen Anspruch auf den entsprechenden Gegenwert in Gold repräsentierte. Doch wie sieht heutzutage die Rolle des Edelmetalls aus? Wie viel Gold sollte ein rationaler Investor in seinem Portfolio allokieren? Warren Buffet, Vorstandsvorsitzender der Investmentgesellschaft Berkshire Hathaway, zeigt sich bekannterweise äußerst skeptisch Gold gegenüber, weist jedoch gleichzeitig 2011 in seinem Brief an die Aktionäre von Berkshire Hathaway darauf hin, dass bei großer Angst der Investoren eine erhöhte Nachfrage nach Gold existiert. Daher ist besonders die Eigenschaft als mögliche Absicherung (Hedge) oder als sicherer Hafen (Safe Haven) interessant. Insbesondere während Wirtschaftskrisen und somit großer Unsicherheiten an den Finanzmärkten sind Investoren bemüht, das Risiko innerhalb ihres Portfolios zu reduzieren. Doch auch insbesondere im Umfeld steigender Inflation wird Gold häufig als Absicherung genutzt (Baur & Lucey, 2010, S. 218). Kann durch eine Beimischung von Gold die risikoadjustierte Rendite eines Portfolios langfristig gesteigert werden? Zur Beantwortung dieser Frage wird daher im Rahmen dieser Arbeit eine empirische Analyse des optimalen Portfolios zwischen Gold und Aktien stattfinden. Es wird sich den grundlegenden Prinzipien der Modern Portfolio Theory (MPT) von Harry Markowitz, sowie wesentlichen Erkenntnissen von William Sharpe bedient. Hierbei ist hervorzuheben, dass diese Arbeit bewusst Ethik- und Nachhaltigkeitskriterien bei der Goldallokation ausblendet, obwohl diesen Überlegungen vermehrt Beachtung geschenkt wird.
2 Theoretische Grundlagen
2.1 Modern Portfolio Theory (MPT)
Der Nobelpreisträger Harry M. Markowitz stellte in seinem Zeitschriftenaufsatz von 1952 mit dem Titel „Portfolio Selection“ seine Theorie zum optimalen Portfolio vor und entwickelte im Kontext der Auswahl eines Aktienportfolios eine Mittelwert-Varianz Analyse. In seiner Theorie zeigt Markowitz auf, wie durch das Halten mehrerer Vermögenswerte die Rendite bei gegebener Risikoeinheit verbessert werden kann. Grundsätzlich existiert zwischen Risiko und Ertrag ein Trade-Off, sodass ein höherer durchschnittlicher Ertrag auch mit einem höheren Risiko oder ein niedrigerer durchschnittlicher Ertrag mit einem niedrigeren Risiko einher geht (Amit & Livnat, 1988, S. 159; Capinski & Kopp, 2014, S. 1) Durch Diversifikation, also die gezielte strategische Investition in mehrere Vermögenstitel, lässt sich der Zielkonflikt zwischen Rendite und Risiko innerhalb eines Portfolios lösen und ein effizientes Portfolio konstruieren (Markowitz, 1952, S. 89). Ein effizientes Portfolio ist hierbei ein Portfolio, bei welchem keine höhere erwartete Rendite ohne gleichzeitig eine höhere Standardabweichung erreicht werden kann. Hierbei ist vor allem entscheidend, dass die Korrelation der Assets möglichst gering, im Optimalfall sogar Null beträgt. Falls es kein effizientes Portfolio ist, so wird das Portfolio durch ein anderes Portfolio dominiert, da man sich in jedem Fall besser stellt als im Ausgangsportfolio (Capinski & Kopp, 2014, S. 11). Ziel einer Portfolioanalyse nach Markowitz sollte es also sein, festzustellen, ob das zu untersuchende Portfolio effizient ist. Bei mehreren effizienten Portfolios kann sich ein rationaler Investor anschließend für das Portfolio entscheiden, welches seiner persönlichen Risikopräferenz entspricht (Kremer, 2018, S. 30).
Zur Berechnung eines optimalen Portfolios werden die erwarteten Renditen, die Standardabweichung, sowie auch eine Kovarianzmatrix aller Assets benötigt. Zur Berechnung der Kovarianzmatrix ist eine Bestimmung der Kovarianz eines Assets mit jedem anderen Asset nötig, wodurch die Anzahl der Parameter und somit auch die Fehleranfälligkeit exponentiell steigt. Daher erscheint es sinnvoll, eine Annäherung mithilfe eines stellvertretenden Wertes, also eines Proxys, vorzunehmen (Elton et al., 2007, S. 130). Mithilfe eines Marktportfolios, das ein Proxy für den Gesamtmarkt ist, lässt sich die Kovarianz leicht kalkulieren und somit die Anwendbarkeit der Theorie in der Praxis erhöhen. Die Nutzung eines Proxys entspricht in diesem Fall einem Ein-Index-Modell.
Das Ein-Index-Modell oder auch Single-Index-Modell wurde erstmals durch William Sharpe 1963 in seinem Aufsatz „A Simplified Model for Portfolio Analysis“ beschrieben. In diesem nimmt er Bezug auf die Markowitz Methode und zeigt auf, dass die nötige Rechenleistung zur Bestimmung eines effizienten Portfolios im Wesentlichen durch die Kovarianzmatrix der Aktien bestimmt wird (Sharpe, 1963, S. 281). Trotz der bis heute deutlich gestiegenen Rechenleistung stellt das Single-Index-Modell auch weiterhin eine äußert praktische Annäherung dar. Das Modell ignoriert die Einzelrisiken der Aktien innerhalb eines Portfolios, indem ein gemeinsamer Faktor für die Kursentwicklung angenommen wird. Somit wird das Risiko der Aktien auf lediglich das systematische Risiko reduziert. (Bodie et al., 2018, S. 208) Das Ein-Index-Modell ist besonders im Vergleich verschiedener Assetklassen sinnvoll, da im Rahmen dieser Arbeit eine Analyse gemäß des Markowitz Modells zwischen der Assetklasse Gold und der Assetklasse Aktien durchgeführt wird und somit die Kovarianzen einzelner Aktien im Gesamtkontext eine untergeordnete Rolle spielen. Außerdem entsteht der größte Diversifikationseffekt im Portfolio durch die Kombination verschiedener Assetklassen, da diese häufig kaum oder negativ korreliert sind, sodass auch geringere Renditen bei einem Asset trotzdem attraktiv erscheinen. (Bodie et al., 2018, S. 217).
2.2 Die Rolle von Gold an den Finanzmärkten
Der Anwendungsbereich von Gold in der Realwirtschaft ist weit. So wird Gold beispielsweise in elektronischen Geräten wie Smartphones benutzt, aber auch das kürzlich gestartete James-Webb-Weltraumteleskop nutzt eine nanometerdicke Goldschicht zur Reflektion von Infrarotstrahlung (Mirrors Webb/NASA, 2022). Insgesamt existieren unzählige Anwendungsbeispiele für Gold in unterschiedlichen Sektoren, sodass zu jeder Zeit eine gewisse Nachfrage nach Gold durch die Realwirtschaft gegeben ist. Gleichzeitig ist das Angebot relativ fix, da rund 75% des Goldangebots durch Minenproduktion bereitgestellt wird und somit nicht flexibel erweiterbar sind. Die restlichen 25% des Angebots werden durch Recycling erzeugt (World Gold Council, 2021). Neben der Nachfrage in der Realwirtschaft steht die Goldnachfrage an den Finanzmärkten. Hier existieren zahlreiche Anlagemöglichkeiten wie Goldmünzen, Goldbarren, Terminkontrakte oder neuere Produkte wie Exchange Traded Funds (ETFs). Durch das Aufkommen neuerer Investmentvehikel wie ETFs oder Exchange Traded Commodities (ETCs) erleichtert sich auch der Zugang zu dem Edelmetall. Hierbei spielt Gold nicht nur für Privatanleger oder institutionelle Anleger eine Rolle, auch Zentralbanken halten signifikante Goldreserven (Öztung & Orhan, 2021, S. 2697). Durch die unzähligen Anlagemöglichkeiten gepaart mit der konstanten Nachfrage und den vielen Marktteilnehmern ist der Goldmarkt hoch liquide.
Nachdem nun die Nachfrage und das Angebot von Gold, sowie die Rolle an den Finanzmärkten illustriert wurde, stellt sich die Frage, welche Funktion nun Gold in einem Portfolio eines individuellen Investors einnehmen kann.
2.3 Gold als Hedge und Safe Haven
Ein Hedge wird von Baur und Lucey definiert als Asset, welches durchschnittlich unkorreliert oder negativ mit einem anderen Asset korreliert ist (Baur & Lucey, 2010, S. 219). Wichtig ist hierbei, dass bei der Hedge-Eigenschaft nur eine negative oder keine Korrelation im Durchschnitt existieren muss. Das bedeutet, dass bei einem Crash an den Finanzmärkten ein Hedge durchaus eine positive Korrelation aufweisen kann, wenn die Korrelation sonst negativ oder gleich Null ist. Ein Hedge kann mithilfe unterschiedlichster finanzieller Instrumente konstruiert werden. Beispiele für Instrumente, die sich für ein Hedging eignen, sind Optionsgeschäfte, inverse ETFs, Terminkontrakte oder auch Derivate. Mithilfe dieser Instrumente lassen sich perfekt negative Korrelationen herstellen, sodass Kursbewegungen in eine Richtung komplett abgesichert werden können. So lässt sich beispielsweise durch einen inversen ETF auf den deutschen Aktienindex (DAX) eine Abwärtsbewegung des DAX komplett absichern, da in diesem Fall der inverse ETF in gleicher Höhe an Wert gewinnen würde. Allerdings kann auch Gold als Hedge dienen. Gold kann als Hedge für den Aktienmarkt in den USA und dem Vereinten Königreich agieren, jedoch nicht für den deutschen Aktienmarkt. Gleichzeitig ist Gold ein Hedge für deutsche Staatsanleihen, nicht jedoch für amerikanische oder britische Staatsanleihen (Baur & Lucey, 2010, S. 224). Auch das Thema der aufkommenden Inflation sowohl in den Vereinigten Staaten als auch im internationalen Kontext lässt sich mithilfe eines Hedges absichern. So kann Gold sowohl ein Hedge für Inflation gemessen am Verbraucherpreisindex (CPI) als auch für Währungsrisiken in Schwellenländer wie beispielsweise der Türkei oder Peru (Lucey et al., 2017, S. 100; Sui et al., 2021, S. 96).
Ein Safe Haven ist ein Asset, welches mit einem anderen Asset nicht beziehungsweise negativ korreliert ist, auch während eines Crashes oder hoher Unsicherheiten an den Märkten (Baur & Lucey, 2010, S. 219). Der Unterschied liegt nun also darin, dass ein Safe Haven im Durchschnitt sowohl positiv als auch negativ korreliert sein kann, jedoch im spezifischen Zeitpunkt eines negativen Schocks nicht oder negativ korreliert ist. Durch den Ausschluss einer positiven Korrelation bei einer unruhigen Marktphase erhält das Safe Haven Asset den Wert oder steigert sogar den Wert bei negativer Korrelation. Gold kann zwar als Safe Haven für den Aktienmarkt fungieren, jedoch ist die Safe Haven Eigenschaft zeitlich stark limitiert, sodass nach kurzer Zeit auch Gold Wertverluste verzeichnen muss (Baur & Lucey, 2010, S. 228). Während Phasen hoher Inflation kann auch Gold hohe Wertsteigerungen vorweisen, was es zu einem Safe Haven für die Vereinigten Staaten und bis zu einem gewissen Grad auch für die Türkei macht (Sui et al., 2021, S. 96). Insgesamt weist Gold also die Eigenschaften eines Safe Havens auf, wenn jedoch auch zeitlich limitiert und nicht in jeder Währung.
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