Die vorliegende Studienarbeit befasst sich mit den interkulturellen Kompetenzen von Therapeuten in der Psychotherapie und der interkulturellen Gesprächsführung in professionellen Bereichen. Zunächst wird nach einer Einleitung im ersten Kapitel die kultursensitive Psychotherapie im zweiten Kapitel näher erläutert, bevor im dritten Kapitel die interkulturellen Kompetenzen thematisiert werden.
Anschließend werden im vierten Kapitel die Schwierigkeiten und Besonderheiten in der kultursensitiven Psychotherapie dargelegt, woraufhin im fünften Kapitel das TOPOI-Modell zur professionellen Gesprächsführung vorgestellt wird. Darauf aufbauend wird in Kapitel sechs ein Praxisbeispiel aus der Literatur abgebildet, bevor abschließend in Kapitel sieben eine zusammenfassende Diskussion erfolgt.
Inhaltsverzeichnis
Abstract
1 Einleitung
2 Kultursensitive Psychotherapie
3 Interkulturelle Kompetenzen
3.1 Das Saulenmodell
4 Besonderheiten und Schwierigkeiten kultursensitiver Psychotherapie
5 Das TOPOI-Modell
6 Fallbeispiel zum TOPOI-Modell (Hoffman, 2015)
6.1 TOPOI-Bereich: Sprache
6.2 TOPOI-Bereich: Sichtweise
6.3 TOPOI-Bereich: Personen
6.4 TOPOI-Bereich: Organisation
6.5 TOPOI-Bereich: Wollen
7 Diskussion
Literaturverzeichnis I
Abstract
Die vorliegende Studienarbeit befasst sich mit den interkulturellen Kompetenzen von Therapeuten1 in der Psychotherapie und der interkulturellen Gesprachsfuh- rung in professionellen Bereichen. Zunachst wird nach einer Einleitung im ersten Kapitel, die kultursensitive Psychotherapie im zweiten Kapitel naher erlautert, be- vor im dritten Kapitel die interkulturellen Kompetenzen thematisiert werden. An- schlieftend werden im vierten Kapitel die Schwierigkeiten und Besonderheiten in der kultursensitiven Psychotherapie dargelegt, woraufhin im funften Kapitel das TOPOI-Modell zur professionellen Gesprachsfuhrung vorgestellt wird. Darauf auf- bauend wird in Kapitel sechs ein Praxisbeispiel aus der Literatur (Hoffman, 2015) abgebildet, bevor abschlieftend in Kapitel sieben eine zusammenfassende Dis- kussion erfolgt.
1 Einleitung
Kommunikation ist ein sehr komplexer Prozess, welcher einen groften Bestandteil des menschlichen Lebens darstellt. Wir kommunizieren jeden Tag, sowohl be- wusst als auch unbewusst mit unseren Mitmenschen, um uns beispielsweise mit- zuteilen oder Kontakte zu pflegen. Obwohl Kommunikation ein universelles Element fur den Menschen ist, ist es nicht einfach diesen Begriff zu definieren. Nach Bierhoff (2019) ist Kommunikation als ein Informationsaustausch zu verstehen, bei welchem eine Person oder eine Gruppe Informationen uber Ideen, Gefuhle und Absichten an eine andere Person bzw. eine Gruppe ubermittelt. Dieser Prozess ist dabei nicht nur auf die Ubermittlung von Informationen begrenzt, so spielen auch motivationale, emotionale und soziale Aspekte eine grofte Rolle (Rohner & Schutz, 2020). Kommunikation ubernimmt verschiedene Funktionen, so dient sie beispielsweise dazu, Informationen zu vermitteln, Entscheidungen vorzubereiten oder um Motivation zu erzeugen. Oftmals sind jedoch Missverstandnisse in der Kommunikation vielmehr die Regel als eine Ausnahme und insbesondere, wenn Menschen mit unterschiedlichen ethischen oder nationalen Hintergrunden mitei- nander kommunizieren, kann es zu Komplikationen kommen, welche zu Konflikten fuhren konnen. So ist es vor allem im Feld der Psychotherapie, wo Kommunikation ein zentrales Element darstellt, wichtig, eine offene Haltung bezuglich des Gegen- ubers einzunehmen und auf mogliche Missverstandnisse und Unterschiede vorbe- reitet zu sein, denn oftmals werden diese nicht bewusst wahrgenommen und es kommt zu gegenseitigen Schuldzuweisungen (Hoffman, 2015).
Ein weiteres Konstrukt, welches ebenso komplex wie Kommunikation ist, ist die Kultur. Durch die zunehmende Globalisierung gewinnt die kulturelle Vielfalt immer mehr an Bedeutung und so auch im Bereich der Psychotherapie. Durch neue Kul- turen, Sprachen, oder Religionen, welche die europaische Gesellschaft mittlerwei- le pragen, werden neue Anforderungen an psychotherapeutische Methoden und Modelle gestellt (Gun, 2017). So ist es fur Therapeuten von Relevanz, spezifische Kompetenzen zu erlernen, welche dazu verhelfen, eine kultursensitive Psychothe- rapie durchfuhren zu konnen. Deshalb werden in den folgenden Kapiteln die Kom- petenzen thematisiert, welche bei kultursensitiver Behandlung von Bedeutung sind und es wird anhand eines Modells aufgezeigt, wie Schwierigkeiten bei der interkul- turellen Kommunikation analysiert und bearbeitet werden konnen.
2 Kultursensitive Psychotherapie
Durch die zunehmende Globalisierung und Migration ist der Umgang mit Men- schen aus anderen Kulturen heutzutage allgegenwartig und gehort fur die meisten Menschen zu ihrem Alltag. Ob Psychiater, Psychologen oder Psychotherapeuten, sie alle sehen sich mit dem Umgang mit Patienten mit unterschiedlichen kulturel- len Hintergrunden konfrontiert. Dies fuhrt einerseits zu Gefuhlen der Neugierde und Begeisterung, andererseits sind mit dieser Herausforderung auch Verunsiche- rung und Zuruckhaltung aufgrund der Fremdartigkeit verbunden (Machleidt, Kluge, Sieberer & Heinz, 2018).
Dabei stellt sich zunachst die Frage, was der Begriff Kultur uberhaupt bedeutet. In der Wissenschaft besteht grower Dissens hinsichtlich der Definition dieses Kon- struktes und je nach Forschungsgebiet werden unterschiedliche Schwerpunkte bei der Begriffsbestimmung gesetzt. In Bezug auf die Psychotherapie eignet sich vor allem die moderne Auffassung des Kulturbegriffs. Dabei wird der Fokus auf uber- geordnete Eigenschaften der Kultur gelegt. Hiernach „stellt Kultur intersubjektive, vielschichtige Symbolsysteme dar, die die Wirklichkeit und Lebensprozesse von Gemeinschaften strukturieren. Sie werden im Sozialisationsprozess erlernt, spater jedoch von den Angehorigen der Kultur habituell angewandt“ (von Lersner & Kizil- han, 2017, S.18). Genauer gesagt wird die Kultur als ein Prozess gesehen, bei welchem es um die Schaffung von Bedeutungsraumen geht, welche als Orte, Sprachen oder Erlebnisse zu verstehen sind, die Menschen gemeinsam haben. Diese Bedeutungsraume unterliegen einem standigen Wandel und konnen sich uberschneiden, sodass sich Kulturen nicht mehr klar abgrenzen lassen.
Diese Definition zeigt sich als passend fur die Psychotherapie, da die Lebenswirk- lichkeiten von Menschen zeitgemaft abgebildet werden. Dabei ist nicht nur die regionale Herkunft einer Person relevant, auch der religiose Hintergrund, das soziale Milieu und der Lebensraum eines Menschen stellen wichtige Aspekte bei d Definition von Kultur dar (von Lersner & Kizilhan, 2017).
Genau wie bei der konventionellen Psychotherapie ist es bei der kultursensitiven Psychotherapie das zentrale Ziel, eine gute und stabile therapeutische Beziehung aufzubauen, wodurch Behandlungsverlaufe und Therapieerfolge optimiert werden konnen (Hartung & Kosfelder, 2019). So stehen vor allem die Bedurfnisse des Pa- tienten im Vordergrund, an welchen sich der therapeutische Prozess orientiert.
3 Interkulturelle Kompetenzen
Um kultursensitive Therapien durchfuhren zu konnen, sind insbesondere soge- nannte interkulturelle Kompetenzen notwendig. Nach von Lersner & Kizilhan (2017) sind diese als die Fahigkeit zu verstehen, effektiv mit Personen umzugehen und zusammenzuarbeiten, welche unterschiedliche kulturelle Hintergrunde besit- zen. Wichtig dabei ist, dass alle Beteiligten dabei die interkulturelle Kommunikati- on als erfolgreich wahrnehmen. Die Schulung von interkulturellen Kompetenzen fokussiert sich jedoch nicht darauf, ein umfassendes Wissen uber alle Kulturen und den jeweiligen Unterschieden zu erlangen, vielmehr sollen die Fahigkeiten zur kultursensitiven Anwendung psychotherapeutischer Methoden geschult werden. So geht es hier beispielsweise um das Erlernen einer erhohten Reflexionsbereit- schaft, um die kritische Auseinandersetzung mit der eigenen Arbeit sowie um eine offene und unvoreingenommene Haltung gegenuber den Problemen des Patien- ten (von Lersner & Kizilhan, 2017). Der Therapeut sollte dabei seine personlichen Erlebnisse, Uberzeugungen und Vorurteile in den Hintergrund stellen.
3.1 Das Saulenmodell
Das Saulenmodell interkultureller Kompetenzen (Sue & Sue, 2013) besteht aus den drei tragenden Saulen Wissen, Einstellungen und Fertigkeiten (Abbildung 1) und fasst die verschiedenen, essentiellen interkulturellen Kompetenzen, welche fur die psychotherapeutische Behandlung notwendig sind, zusammen.
Die erste Saule des Modells stellt das Wissen als kognitiven Bestandteil interkultu- reller Kompetenzen dar. Hierzu zahlen beispielsweise Kenntnisse uber zentrale Grundbegriffe, Migrationskonzepte, Kommunikation in der Psychotherapie und den damit verbundenen Problemen aber auch uber die Herkunftskultur des Patien- ten (von Lersner & Kizilhan, 2017). Daruber hinaus ist das Wissen von Konzepten uber Rassismus, Vorurteilsbildung und Diskriminierung von Relevanz und der Therapeut sollte sich seiner eigenen kulturellen Normen bewusst sein. (Hartung & Kosfelder, 2019). Die Problematik dieser Saule besteht jedoch darin, dass der Therapeut, um dieser Saule gerecht zu werden, eine aufterordentliche Menge an Wissen erwerben musste, welche in Anbetracht der kulturellen Vielfalt unuber- schaubar ist und somit nicht umsetzbar (von Lersner & Kizilhan, 2017). Zudem stellt sich die Frage, ob zu viel Wissen zu einer Bildung von Stereotypen fuhrt, welche dann auf den Patienten ubertragen werden. Deshalb ware es fur den Therapeuten ratsam, sich Wissen zu ubergeordneten Konzepten wie zum Beispiel zu verschiedenen Formen von Familienstrukturen anzueignen, um ein Verstandnis uber die Bandbreite an Moglichkeiten zu erlangen.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 1. Das Saulenmodell der interkulturellen Kompetenz (Sue & Sue, 2013)
Die zweite, affektive Saule, bildet die Einstellungen und das eigene kulturelle Be- wusstsein ab. Hierunter fallen die Bereitschaft zur Selbst- und Fremdreflexion und zum Perspektivwechsel sowie sich empathisch, offen und vorurteilsbewusst ge- genuber Denkweisen aus anderen Kulturen zu verhalten (Hartung & Kosfelder, 2019). Wichtig ist zudem, dass der Therapeut seine eigenen Werte, Normen, Vor- urteile und Grenzen identifiziert und reflektiert. So konnen auftretende Unsicher- heiten wahrend der Behandlung aufgezeigt werden und es wird ersichtlich, inwie- weit auftretende Spannungen wahrend der Behandlung durch personliche kulturel- le Normen erklarbar sind (von Lersner & Kizilhan, 2017).
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1 Genderhinweis: Personenbezogene Bezeichnungen sind genderneutral zu verstehen.