Die vorliegende Arbeit beschäftigt sich mit der Problematik der kulturellen Unterschiede der bilateralen Kooperation zwischen Deutschland und Norwegen. Neben den Sprachbarrieren können auch andere Stolpersteine zu Missverständnissen in der internationalen Zusammenarbeit führen. Deutsche und Norweger haben aufgrund ihrer spezifischen kulturellen Standards oder ihrer jeweiligen kulturellen Programmierung unterschiedliche Lösungen für identische Probleme entwickelt. Diese Merkmale sind oft durch religiöse, philosophische und soziale Traditionen über einen langen Zeitraum gewachsen und werden erst im Kontakt mit anderen Kulturen sichtbar. Solides Wissen über die eigene oder die fremde Kultur und deren Unterschiede ist zunehmend entscheidend für das Wachsen von Empathie und Verständnis füreinander, damit Unternehmen international erfolgreich sind.
Um die Unterschiede zwischen der deutschen und der norwegischen Kultur zu definieren und wie diese durch Hofstedes Kulturmodell erörtert werden können, wird zunächst der Kulturbegriff, die Unternehmenskultur und die kulturellen Dimensionen in Kapitel zwei erläutert. Darauf aufbauend werden in Kapitel drei die Unterschiede zwischen der deutschen und der norwegischen Kultur in Bezug auf die Geschäftswelt anhand von Hofstedes sechs Kulturdimensionen aufgezeigt. Aufbauend auf einem Grundverständnis von Hofstedes Arbeit werden kritische Punkte seiner Untersuchung in Kapitel vier skizziert. Die vorliegende Arbeit wird mit einer Zusammenfassung unterteilt in einer kritischen Bewertung sowie Fazit und Ausblick abgeschlossen.
Inhaltsverzeichnis
Inhaltsverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
1. Einleitung
2. Theoretischer Hintergrund
2.1 Definition von Kultur und Unternehmenskultur
2.2 Kulturelle Dimensionen
3. Kulturelle Unterschiede zwischen Deutschland und Norwegen
3.1 Herangehensweise und Untersuchung
3.2 Machtdistanz
3.3 Unsicherheitsvermeidung
3.4 Maskulinitat versus Feminitat
3.5 Individualismus versus Kollektivismus
3.6 Langfristige versus kurzfristige Orientierung
3.7 Nachgiebigkeit versus Beherrschung
4. Schlussbetrachtungen
4.1 Kritische Bewertung
4.2 Fazit und Ausblick
Literaturverzeichnis 1IV
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1: Kultur als Eisbergmodell
Abbildung 2: Auspragung der sechs Kulturdimensionen fur Deutschland und Norwegen
1. Einleitung
Die Globalisierung wird oft mit der Vorstellung assoziiert, dass sich die Weltkulturen homo- genisieren, aber die Realitat ist das Gegenteil aus zwei Hauptgrunden. Zum einen hat eine multipolare Weltwirtschaft die westliche Wirtschaftshegemonie abgelost und die neuen Volkswirtschaften sind zum Teil dadurch erfolgreich, dass sie ihre besonderen kulturellen Eigenheiten nutzen. Dadurch entfallt jeglicher Anreiz zur Verwestlichung und die kulturellen Unterschiede, die den Erfolg fordern, werden verstarkt. Ein zweiter Grund ist, dass die mo- derne Kommunikationstechnologie die Welt nicht homogenisiert, sondern die kulturellen Unterschiede noch verstarkt (Sengass, 2002; Wagner, 2002). International erfolgreiche Un- ternehmen, die ihre Produkte und Dienstleistungen im Ausland verkaufen wollen, mussen sich auf ihre Geschaftspartner1 und Kunden einstellen (Morschett, 2010). Norwegens zweit- wichtiger Handelspartner ist Deutschland. Die bilaterale Zusammenarbeit wird seit Jahr- zehnten zielgerecht im Rahmen der Deutschlandstrategie gestarkt. Projekte werden bei- spielsweise in den Bereichen Ocean Technology, Energie, Nachhaltigkeit, Industrie 4.0 und Digitalisierung sowie Infrastruktur gefordert (Oslo, 2020).
Die vorliegende Arbeit beschaftigt sich mit der Problematik der kulturellen Unterschiede der bilateralen Kooperation zwischen Deutschland und Norwegen. Neben den Sprachbarrieren konnen auch andere Stolpersteine zu Missverstandnissen in der internationalen Zusam- menarbeit fuhren. Deutsche und Norweger haben aufgrund ihrer spezifischen kulturellen Standards oder ihrer jeweiligen kulturellen Programmierung unterschiedliche Losungen fur identische Probleme entwickelt. Diese Merkmale sind oft durch religiose, philosophische und soziale Traditionen uber einen langen Zeitraum gewachsen und werden erst im Kontakt mit anderen Kulturen sichtbar. Solides Wissen uber die eigene oder die fremde Kultur und deren Unterschiede ist zunehmend entscheidend fur das Wachsen von Empathie und Ver- standnis fureinander, damit Unternehmen international erfolgreich sind.
Um die Unterschiede zwischen der deutschen und der norwegischen Kultur zu definieren und wie diese durch Hofstedes Kulturmodell erortert werden konnen, wird zunachst der Kulturbegriff, die Unternehmenskultur und die kulturellen Dimensionen in Kapitel zwei er- lautert. Darauf aufbauend werden in Kapitel drei die Unterschiede zwischen der deutschen und der norwegischen Kultur in Bezug auf die Geschaftswelt anhand von Hofstedes sechs Kulturdimensionen aufgezeigt. Aufbauend auf einem Grundverstandnis von Hofstedes Arbeit werden kritische Punkte seiner Untersuchung in Kapitel vier skizziert. Die vorliegende Arbeit wird mit einer Zusammenfassung unterteilt in einer kritischen Bewertung sowie Fazit und Ausblick abgeschlossen.
2. Theoretischer Hintergrund
Der theoretische Hintergrund wird beleuchtet, um dem Lesenden ein Grundverstandnis fur die Kultur, Unternehmenskultur und Kulturdimensionen zu ermoglichen. Hierzu werden die einzelnen Begriffe im folgenden Kapitel jeweils erlautert.
2.1 Definition von Kultur und Unternehmenskultur
Es gibt unzahlige Definitionen fur den Begriff Kultur. Bereits in den 1950er-Jahren fanden Wissenschaftler mehr als 150 Definitionen, wobei es keine eindeutige Begriffsbestimmung gibt. Kultur ist ein wichtiges Element, um menschliches Verhalten zu verstehen, das je nach kulturellem Umfeld, in dem Menschen geboren und aufgewachsen sind, variiert (Vinken et al., 2004). Nach Hofstede kann Kultur als „die kollektive Programmierung des Geistes, die Mitglieder einer Gruppe oder Kategorie von Menschen von einer anderen unterscheidet“ verstanden werden (G. J. Hofstede & Minkov, 2017). Weil es zumindest teilweise mit Men- schen geteilt wird, die im gleichen sozialen Umfeld leben oder gelebt haben, in dem sie gelernt wurde, ist die Kultur ein kollektives Phanomen. Die Programmierung wird im Rah- men des Sozialisierungsprozesses erlernt. Es handelt sich also um einen kollektiven Pro- zess des Denkens, Fuhlens oder Handelns auf der Grundlage des gemeinsamen Wissens und der Erfahrungen, die durch das Leben in einem ahnlichen sozialen Umfeld gesammelt wurden. Ein solches gemeinsames Verstandnis oder eine solche mentale Programmierung beginnt in der Familie in einem sehr fruhen Stadium des Lebens und setzt sich wahrend des gesamten Lebenszyklus in verschiedenen Phasen fort. Da die Kultur ein gemeinsames Merkmal von Individuen ist, stellt sie ein gemeinsames Muster des sozialen Verhaltens dar, welches als nationale Kultur bezeichnet werden kann. Die nationale Kultur hangt von kon- textspezifischen Elementen wie Sprache, Ethnizitat, Politik, Bildung, Religion, Ritualen und Praktiken ab. Dadurch unterscheiden sich verschiedene Lander in kultureller Hinsicht und die Landesgrenze kann nach Hofstede als Grenze fur eine bestimmte nationale Kultur be- trachtet werden. Daruber hinaus kann sich die Kultur auch innerhalb eines Landes unter- scheiden, d. h. von einer Region zur anderen, von einem Unternehmen zur anderen oder von einer Gemeinschaft zur anderen. Die nationale Kultur zeigt jedoch die kulturellen Ge- meinsamkeiten zwischen der Bevolkerung eines bestimmten Nationalstaates (Malinowski, 1991), Die Programmierung zeigt sich in gemeinsamen Grundannahmen, befurworteten Werten, Normen und bestimmten Uberzeugungen, die in verschiedenen Handlungsweisen und Ar- tefakten zum Ausdruck kommen. Artefakte sind Aspekte, die Menschen sehen, horen oder fuhlen, wenn sie in einem Unternehmen interagieren. Im Allgemeinen sind die Artefakte einem Unternehmen leicht zu beobachten, aber fur einen Auftenstehenden kann es schwierig sein zu entschlusseln, was diese wirklich bedeuten. Die Werte sind die wichtigs- ten Effekte, Moralvorstellungen oder Uberzeugungen, die von Fuhrungskraften innerhalb des Unternehmens als besonders wichtig erachtet werden. Alle tieferen Ebenen der Unter- nehmenskultur beginnen als gemeinsamer Wert und werden mit der Zeit und nach Wieder- holungen schlieftlich zu einer gemeinsamen Grundannahme. So spielen beispielsweise Werte wie Vertrauen, Ehrlichkeit und Integritat eine entscheidende Rolle in der moralischen Struktur vieler Unternehmen. Ein gutes Beispiel fur gemeinsame Annahmen innerhalb einer Gruppe ist die Verfassung oder Satzung, nach der die Gruppe gefuhrt wird. In diesem Zu- sammenhang kann Kultur als ein Orientierungssystem gesehen werden, das aus individu- ellen Symbolen entsteht und in der Gesellschaft weitergegeben wird. Aufterdem muss be- dacht werden, dass Kultur immer ein kollektives Phanomen und nicht immer eine Allge- meingultigkeit aufweist, da Individuen sich anders verhalten konnen, als ihre nationale Kul- tur absieht (Thomas & Utler, 2012). Kultur wird oftmals zur Illustration dieses Modells mit einem Eisberg verglichen, welcher in zwei Ebenen unterteilt werden kann: eine Concepta- Ebene sowie eine Percepta-Ebene wie in Abbildung 1 zu sehen:
Abbildung 1: Kultur als Eisbergmodell
Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an Schein
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Die Percepta-Ebene umfasst den sichtbaren Teil einer Kultur einschlieftlich Verhaltenswei- sen und Artefakte. Im Gegensatz dazu enthalt die Concepta-Ebene samtliche unsichtbaren Teile. Sie zielt vor allem auf Normen, Werte, Einstellungen und Grundannahmen ab. Die wahrnehmbare Ebene macht 90 % von einer Kultur aus, was zeigt, wie essenziell es ist, das Unsichtbare in einem interkulturellen Erlebnis zu vermeiden (Erll & Gymnich, 2007).
Kulturelle Standards werden als charakteristische Managementstrategien einer Kultur be- zeichnet. Dabei handelt es sich um gangige Wahrnehmungs-, Denk- und Handlungswei- sen, die die Kultur als normal und selbstverstandlich fur das eigene Verhalten und das der anderen ansieht. Verhaltensweisen, die aufterhalb eines bestimmten Rahmens liegen, werden von dem sozialen Gefuge als abnormal und fremd angesehen. Kulturelle Normen sind im Verhalten des Einzelnen verinnerlicht und daher schwer zu fassen (Morschett, 2010). Kulturstandards konnen Einblicke in die typischen Verhaltensmuster von Landermit- gliedern geben und ein Orientierungssystem bieten. Auf der anderen Seite ist es unmoglich, Kulturen relativ zueinander in Beziehung zu setzen, zumal Kulturstandards individuell sind. Man mochte jedoch Kulturen anhand bestimmter wesentlicher Elemente beschreiben und vergleichen. In diesem Fall wird ein anderes Konzept benotigt: das Konzept der Kulturdi- mensionen, die die Betrachtung von individuellen auf universelle Kategorien verlagert (Hof- stede et al., 2010).
Ausgehend von der obigen Definition kann die Unternehmenskultur als das Muster von Be- ziehungen, Verhalten und Handlungen innerhalb eines Unternehmens verstanden werden. Dieses Muster wird von den Mitarbeitenden geteilt, es bestimmt die Beziehung zwischen Vorgesetzten und Angestellten und wirkt sich auf die Leistung des Unternehmens aus. In Bezug auf die Kultur gibt es viele Unterschiede zwischen offentlichen und privaten Unter- nehmen. Einer der wichtigsten Unterschiede besteht darin, dass offentliche Unternehmen der sozialen und nationalen Kultur folgen oder von ihr stark beeinflusst werden, wahrend private Unternehmen nicht demselben Muster folgen. Dadurch, dass fur die vorliegende Arbeit ein Vergleich zwischen den unternehmerischen Kulturdimensionen von Deutschland und Norwegen gezogen wird, ist es sinnvoll, eine Verbindung zur nationalen Kultur herzu- stellen. Zusammengefasst reflektiert die Unternehmenskultur die Grundwerte des Unter- nehmens und die Grundwerte fur das Verhalten der Mitarbeitenden (Schein, 1992).
2.2 Kulturelle Dimensionen
Kulturelle Dimensionen sind als allgemeine Merkmale einer Kultur zu verstehen. Sie spie- geln sich in verschiedenen Lebensbereichen wider und ermoglichen den Vergleich ver- schiedener Lander. Kulturdimensionen konnen ein Kontinuum sein und zwei entgegenge- setzte Standpunkte haben - eine bedeutende und eine geringe Merkmalsauspragung. Die Werte fur verschiedene Lander befinden sich durchgehend zwischen den beiden Stand- punkten und geben an, wie sich Lander voneinander unterscheiden. Dabei ist zu beachten, dass Bewertungen niemals als Wertungen verstanden werden sollten, sondern lediglich als Beschreibungen und relative Beobachtungen (Kutschker & Schmid, 2011). Kritisch anzu- merken ist, dass Kulturdimensionen lediglich als allgemeine Orientierung verstanden wer- den sollten und das individuelle Verhalten von einzelnen Personen dadurch nicht erklart werden kann. Um nationale Kulturen zu beschreiben, muss man sich auf die gemeinsamen Elemente beziehen und sich nicht auf die Individuen beziehen. Ein weiteres Problem ist, dass Kulturdimensionen zu Landerstereotypen fuhren, die positiv oder negativ auf die Mit- glieder der Kultur eines Landes wirken konnen (Towers & Peppler, 2017).
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1 Aus Grunden der besseren Lesbarkeit wird auf die gleichzeitige Verwendung mannlicher und weiblicher Sprachformen verzichtet. Samtliche Personenbezeichnungen gelten gleichwohl fur beide Geschlechter.