In der vorliegenden Arbeit soll geklärt werden, ob Rassismus die Kriterien für einen Konflikt in einer Organisation erfüllt und welche Arten des Konflikts dieser widerspiegelt. Betrachtet werden Organisationen allgemein und im speziellen die Polizei.
Um zu analysieren ob Rassismus ein Konflikt ist und wenn ja welcher Art, wird zunächst der Begriff Rassismus definiert und im organisationalen Kontext, wie der Polizei, beleuchtet. Im Anschluss werden Konflikttheorien dargestellt, um dann beides miteinander zu verknüpfen.
Inhaltsverzeichnis
Abkurzungsverzeichnis
1 Ei nle itu n g
2 Konflikttheorien und Rassismus
2.1 Rassismus
2.2 Konflikttheorien
2.2.1 HeiBe und kalte Konflikte
2.2.2 Soziale Konflikte
2.2.3 Eskalationsstufen
2.3 Rassismus als Konflikt
2.3.1 Konfliktarten und Rassismus
2.3.2 Konfliktstufen und Rassismus
3 Fazit
Literaturverzeichnis
Abkurzungsverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
1 Einleitung
Die europaische Kommission gegen Rassismus und Intoleranz definiert Rassismus als Konstrukt, welches eine Missachtung oder ungleiche Behandlung auf Merkmale wie Rasse, Hautfarbe, Sprache, Religion, Staatsangehorigkeit oder nationale oder ethnische Herkunft stutzt, ohne sachliche und vernunftige Grunde (Baier und Pfeiffer, 2021, S. 4). Er hat viele Gesichter, z.B. offene korperliche Gewalt, Beschimpfungen, alltagliche rassistische Mikroaggressionen oder Beleidigungen. Rassismus kann aber auch verdeckt stattfinden, durch Ausschluss oder Benachteiligung, welche hinter Normen und Sachgrunden versteckt werden. Institutionalisiert ist dieser in der Organisationskultur, der Struktur und den Praktiken der Institutionen verankert (Patel, 2021, S. 3). In Befragungen gaben ca. 60% mit ethnischer Minderheit an, am Arbeitsplatz mit offenem oder verstecktem Rassismus konfrontiert worden zu sein (Rimmer, 2021, S. 181). Eine Umfrage bei Beschaftigten der hessischen Polizei ergab, dass 30% der Befragten mit Migrationshintergrund bereits Opfer einer rassistischen AuBerung von Kolleg*innen geworden sind (Hessisches Informations- und Kompetenzzentrum gegen Extremismus (HKE) & Hessisches Ministerium des Innern und fur Sport (HMdIS), 2020, S. 7). Rassismus am Arbeitsplatz wird als isoliertes, individuelles Problem wahrgenommen und behandelt. In rechtlicher Hinsicht wird er auf eine Konfrontation zwischen zwei Personen, dem Opfer und dem Beschuldigten, reduziert (Ouali, 2007, S. 409). Auch Konflikte, zum Beispiel in Organisationen, erzeugen dieses Bild von zwei Parteien in einer Konfrontation. Der Konflikt entsteht, wenn mindestens eine Partei das, was die andere Partei macht oder unterlasst, als nicht vereinbar mit den eigenen Zielen und Vorstellungen sieht (Michalke, 2021, S. 259; Polzin & Weigl, 2021, S. 208). Teile des Konflikts sind einerseits die beteiligten Parteien (Einzelpersonen oder Gruppen), das gezeigte Verhalten wie Abwertung, Konkurrenzverhalten etc. und die Konfliktursache (Polzin & Weigl, 2021, S. 208). Daraus kann gegebenenfalls geschlossen werden, dass Rassismus ebenfalls eine Art Konflikt darstellt.
Auch innerhalb der Organisation Polizei stellt Rassismus, wie in der Gesamtgesellschaft, ein Problem dar (Singelnstein & Ruch, 2021, S. 388). Vor diesem Hintergrund lasst sich die Annahme erweitern, dass auch dort Rassismus als eine Art Konflikt auftritt. In der vorliegenden Arbeit soll geklart werden, ob Rassismus die Kriterien fur einen Konflikt in einer Organisation erfullt und welche Arten des Konflikts dieser widerspiegelt. Betrachtet werden Organisationen allgemein und im speziellen die Polizei.
2 Konflikttheorien und Rassismus
Um zu analysieren ob Rassismus ein Konflikt ist und wenn ja welcher Art, wird im nachsten Abschnitt zunachst der Begriff Rassismus definiert und im organisationalen Kontext, wie der Polizei, beleuchtet. Im Anschluss werden Konflikttheorien dargestellt, um dann beides miteinander zu verknupfen.
2.1 Rassismus
Bauer und Schmidinger definieren Rassismus als: „geschlossene Ideologie, die von der wissenschaftlich nicht begrundbaren Existenz von menschlichen „Rassen“ ausgeht und diese meistens unterschiedlich bewertet.“ (Bauer & Schmidinger, 2005, S. 3). Rasse lasst sich am besten als soziales Konstrukt verstehen, das in den Uberschneidungen mehrerer Identitatsaspekte existiert. Jeder Aspekt tragt zur Erfahrung von Privilegierung und Marginalisierung einer Person bei und wirkt sich darauf aus, wie sie oder er Rassismus oder Rassenprivilegien erlebt (Blitz &Kohl, 2012, S. 481). Alltagsrassismus als Unterform des Rassismus begegnet Menschen, die als Anders empfunden werden, unabhangig deren Nationalitat (Bauer & Schmidinger, 2005, S. 3). Zu rassistischem Handeln gehoren Beleidigungen, Belastigungen, Einschuchterungen bis hin zu Tatlichkeiten. Diskriminierend sind dabei alle Handlungen, die der Verletzung der Wurde einer Person dienen (Bauer & Schmidinger, 2005, S. 41). Rassismus kann offen, durch rassistisch begrundete Vorurteile stattfinden, genauso haufig auch versteckt. Er fuhrt zu einem Ausschluss der als anders deklarierten Gruppe (Rausch, 2021, S. 4).
Rassismus birgt auch im organisationalen Kontext Konfliktpotenzial (WeiB, 2013, S. 239). Innerhalb von Organisationen konnen sogar Werte und Annahmen verankert sein, die diesen fordern (Patel, 2021, S. 5). Organisationen sind oft bewusst oder unbewusst bestrebt, ein homogenes Arbeitsumfeld zu schaffen (Madubuko, 2011, S. 61). Ein elitares Berufsbild, wie bei der Polizei, verhindert zum Beispiel einen Prozess, der dem entgegenwirkt (Hunold, 2010, S. 26). Zwischenmenschlich zeigt sich Rassismus anhand von Verweigerung der Zusammenarbeit oder auch Beleidigungen (Kersten & Coker, 2006, S. 66). Die Parteien sind dabei eine gefuhlt uberlegene und eine dementsprechend unterlegene Gruppe (WeiB, 2013, S. 24). „Es beginnt bei rassistischen „Witzen“, geht uber zu subtiler Benachteiligung und endet in offenem Rassismus und Diskriminierung gegenuber dem stigmatisierten Arbeitnehmer“ (Madubuko, 2011, S. 146). Diese dynamische Beschreibung von Madubuko lasst bereits Ahnlichkeiten zu Konflikttheorien erahnen.
2.2 Konflikttheorien
Eine einheitliche Definition von Konflikten findet man aktuell noch nicht (Wagner, 2019, S. 19). Nach der Definition vonMaier, Bartscher & Nissen (2018),beruht ein Konflikt auf unterschiedlichen Interessen von Einzelnen oder sozialen Gruppen und ist ein Prozess der Auseinandersetzung. Dieser wird auf verschiedene Weise institutionalisiert und bearbeitet (Maier, Bartscher & Nissen, 2018, o. S.). Er spielt sich sowohl auf kognitiver, wie auch auf emotionaler Ebene ab und auBert sich in verschiedenen Handlungen. Letztendlich macht mindestens eine Seite die Gegenseite fur die Nichtverwirklichung ihrer Bedurfnisse verantwortlich (Wenzel 2008, S. 24).
2.2.1 HeiBe und kalte Konflikte
Eine grundsatzliche Unterscheidung ist der Zustand des Konfliktes. Auf der einen Seite zeigen sich diese bewusst bzw. manifest, was auch als heiB beschrieben wird. Hier wird offen agiert und triumphiert, wenn das Gegenuber verliert (Glasl, 2019, S. 157; Maieret al., 2018, o. S.). Im Gegensatz dazu steht der kalte Konflikt, welcher zumindest noch nicht bewusst ist. Dabei ist der Ausbruch aber sehr wahrscheinlich und die Differenzen sind bekannt, werden aber nicht ausgespielt (Maieret al., 2018, o. S.). Im kalten Konflikt nutzen die Beteiligten gerne Strukturen oder Kultur, um die eigenen Motive zu verschleiern. Es wird so getan als standen die eigenen Interessen hintenan (Glasl, 2019, S. 157).
2.2.2 Soziale Konflikte
Charakteristisch fur einen Konflikt ist die Interaktion zwischen den Parteien, bei gleichzeitiger Unvereinbarkeit der Bedurfnisse von mindestens einer Seite (Wenzel 2008, S. 24). Dabei ist das subjektive Empfinden von auBen nicht immer nachvollziehbar (Michalke, 2021, S. 259; Polzin & Weigl, 2021, S. 208). Im betrieblichen Kontext sind es vor allem soziale Konflikte, in verschiedenen Auspragungen, die eine Rolle spielen (Wagner, 2019, S. 19). Diese definieren sich durch „Unvereinbarkeiten im Denken, Fuhlen und Verhalten“ einer Partei mit einer anderen (Maier et al., 2018, o. S.). Zu den Arten des sozialen Konflikts gehoren: Zielkonflikte, Bewertungskonflikte, Verteilungskonflikte, Personliche Konflikte, Beziehungskonflikte und Rollenkonflikte(Maier et al., 2018, o. S.). Weitere konnen sein Wertekonflikte (Proksch, 2014, S 5f), sowie Machtkonflikte oder veranderungsbedingte Konflikte (Polzin & Weigl, 2021, S. 210ff).
2.2.3 Eskalationsstufen
Entsteht ein Konflikt folgt dessen Verlauf verschiedenen Eskalationsstufen, die Glasl beschreibt:
1. Stufe: „Verhartung“:
Gelegentliche Verstandigungsschwierigkeiten fuhren zu Anspannungen.
Einflussformen: Dialoge stehen noch im Vordergrund, nur gelegentlich wird versucht Einflussnahme zu uben.
2. Stufe: „Debatte, Polemik“:
Meinungsverschiedenheiten werden haufiger. Es beginnt Polarisierungen im kognitiven und emotionalen Bereich. Man verlasst langsam die Sachebene. Einflussformen: Es geht mehr um das Ziel, das Gegenuber verbal zu dominieren, als um Inhalte. Auf Fehler in der Argumentation des Anderen wird mit Demutigung reagiert.
3. Stufe: „Taten statt Worte“
Der Druck steigt, eine Einigung in Gesprachen wird seltener. Es werden mehr und mehr schlechte Absichten unterstellt und versucht die zu beweisen. Bundnisse werden gesucht, um die eigene Position zu starken.
Einflussformen: Der Tonfall wird harter, es kommt zu Drohungen und Einschuchterung.
4. Stufe: „Sorge um Image und Koalition“
Das eigene Selbstbild steht im Fokus, dass des Anderen wird abgewertet. Gewinn und Verlust stehen im Fokus und es wird um Allianzen geworben.
Einflussformen: Es werden Geruchte gestreut, auch um Verbundete zu gewinnen. Das eigene Selbstbild steht im Fokus, dass des Anderen wird offentlich abgewertet.
5.Stufe: „Gesichtsangriff und Gesichtsverlust“
Deklaration des Gegenubers als Feind. Volliger Vertrauensbruch durch ruckhaltlose Unterstellung (moralisch, kriminell, unehrenhaft).
Rachephantasien und der Wunsch nach darauffolgender Rehabilitation entstehen. Einflussformen: Manipulation und Rufschadigung sollen Bundnisse angreifen. Es wird offen beleidigt und verleumdet.
6.Stufe: „Drohstrategien und Erpressung“
Ultimative Forderungen inklusive Sanktionen werden offentlich vorgetragen, ohne Rucksicht auf ethische Aspekte.
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