Nachdem im Jahr 2004 die Beitrittsverhandlungen mit Rumänien und Bulgarien erfolgreich nach Maßgabe der Kopenhagener Kriterien abgeschlossen waren, wurde im April 2005 der Beitrittsvertrag unterzeichnet. Somit wächst die EU nach der Osterweiterung auf ca. 490 Millionen Einwohner mit ca. 4,3 Millionen qm2 Fläche an. Die Ziele der Erweiterung, wie politische Stabilität, die wirtschaftliche
Stärkung der EU sowie ein verbesserter Lebensstandard der Bürger in Europa rücken damit näher. Die notwendigen Anpassungen im politischen und im wirtschaftlichen Bereich beinhalten vor allem die zukünftige gemeinsame
Agrarpolitik (GAP). Dieser wichtige politische Aspekt mit seinen möglichen Veränderungen soll im Kontext der Osterweiterung in dieser Arbeit analysiert werden. Dabei soll zunächst die momentane Agrarpolitik mit ihren Strukturen, Instrumenten und Zielen beschrieben werden. Anschließend werden, nach einer agrarökonomischen Analyse der Beitrittsländer, die allgemeinen und finanziellen Auswirkungen auf das EU-Budget im Rahmen der finanziellen Vorausschau 2007 – 2013 untersucht. Am Ende erfolgt ein Ausblick auf mögliche und nötige Reformen.
Inhaltsübersicht
Abbildungsverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
1. Einleitung
2. Die gegenwärtige Agrarpolitik
2.1 Ziele und Ursachen der gemeinsamen Agrarpolitik
2.2 Instrumente und Struktur - die konkrete Ausgestaltung der Agrarpolitik
3. Agrarökonomische Analyse der Beitrittsländer
3.1 Bulgarien
3.2 Rumänien
4. Ausw irkungen der EU-Osterweiterung auf die Agrarpolitik
4.1 Allgemeine Implikationen
4.2 Auswirkungen auf das Budget
5. Fazit — Reformbedarf und zukünftige Gestaltung
Literaturverzeichnis
Anhang
Abbildungsverzeichnis
Abbildung A - Entwicklung der Ausgabenstruktur der 1. Säule der GAG
Abbildung В - Neugestaltung der 2. Säule
Abbildung C - S AP ARD - Übertragung der Verwaltung und Finanzhilfe
Abbildung D - Agrarverteilung der Beitrittsländer
Abbildung E - Ausfuhrvereinbarungen der Beitrittsländer
Abbildung F - Übersicht über die verschiedenen Simulationsmodelle
Abbildung G - Simulationsszenarien der EU Budgetausgaben und Finanzierung
Abbildung H - Finanzielle Vorausschau: 2007 - 2013
Abbildung I - Agrarbudgetentwicklung 2007 - 2013
Abbildung J - Ausgabenübersicht für Rumänien und Bulgarien: 2007 - 2009
Abbildung К - Agraranteil am Gesamtbudget
Abkürzungsverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
1. Einleitung
Nachdem im Jahr 2004 die Beitrittsverhandlungen mit Rumänien und Bulgarien erfolgreich nach Maßgabe der Kopenhagener Kriterien (vgl. Görlach et al. 2002, S.15) abgeschlossen waren, wurde im April 2005 der Beitrittsvertrag unterzeichnet. Somit wächst die EU nach der Osterweiterung auf ca. 490 Millionen Einwohner mit ca. 4,3 Millionen qm Fläche an. Die Ziele der Erweiterung, wie politische Stabilität, die wirtschaftliche Stärkung der EU sowie ein verbesserter Lebensstandard der Bürger in Europa (vgl. Combette 2004, S.20) rücken damit näher. Die notwendigen .Anpassungen im politischen und im wirtschaftlichen Bereich beinhalten vor allem die zukünftige gemeinsame Agrarpolitik (GAP). Dieser wichtige politische Aspekt mit seinen möglichen Veränderungen soll im Kontext der Osterweiterung in dieser .Arbeit analysiert werden. Dabei soll zunächst die momentane Agrarpolitik mit ihren Strukturen, Instrumenten und Zielen beschrieben werden. .Anschließend werden, nach einer agrarökonomischen .Analyse der Beitrittsländer, die allgemeinen und finanziellen Auswirkungen auf das EU-Budget im Rahmen der finanziellen Vorausschau 2007 - 2013 untersucht. .Am Ende erfolgt ein Ausblick auf mögliche und nötige Reformen.
2. Die gegenwärtige Agrarpolitik
Die gegenwärtige Agrarpolitik befindet sich im Wandel und ist von einer großen Bandbreite verschiedener Instrumente geprägt. Die Mehrzahl der verfolgten Ziele wurde durch die bisherige Politik erreicht.
2.1 Ziele und Ursachen der gemeinsamen Agrarpolitik
Eines der wichtigsten Ziele der europäischen Agrarpolitik ist die Sicherstellung eines angemessenen Lebensstandards der Landwirte. Außerdem sollte die Beschäftigungssituation in den ländlichen Gebieten auf einem bestimmten Niveau gehalten werden (vgl. Adorili 2000, S.20ff). Ein weiteres Ziel der Agrarpolitik stellt „die weitgehende Eigenversorgung mit Agrarprodukten und Lebensmitteln“ dar (Watzek 2002, S.50). Die Ziele der Agrarpolitik werden in .Artikel 33 des EG-Vertrages präzisiert: „to increase agricultural productivity [...], [...] to ensure fair standard of living for the agricultural community [...], to stabilise markets, to assure the availability of supplies, to ensure that supplies reach consumers at reasonable prices“ (Cardwell 2003, S.132). Gründe der Agrarpolitik sind politische, soziale und ökonomische Faktoren. Politisch gesehen spielten Nahrungsengpässe, die nach Beendigung des 2. Weltkrieges entstanden waren, sowie die Integration der verschiedenen Länder eine entscheidende Rolle. Aus sozialer Sicht war ein Viertel der Bevölkerung zu Beginn der Implementierung in der Landwirtschaft tätig. Ökonomisch ist die Agrarpolitik durch Schwankungen der Nahrungsmittel Versorgung und durch eine sinkende Nachfrage nach landwirtschaftlichen Produkten begründet (vgl. Andréosso-O’Callaghan 2003, S.90). Außerdem sind eine geringe Preis- und Einkommenselastizität der Nachfrage (vgl. Andréosso- O’Callaghan 2003, S.44ff), kurzfristige Preisfluktuationen entsprechend des Cobweb- Theorems sowie langfristige Preisfluktuationen zu beobachten (vgl. Andréosso- O’Callaghan 2003, S.55ff). Alle diese Phänomene hatten einen starken Einfluss auf die konkrete Ausgestaltung der Agrarpolitik.
2.2 Instrumente und Struktur - die konkrete Ausgestaltung der Agrarpolitik
Die Instrumente und Strukturen haben sich im Zuge einiger Reformen sehr verändert. Grundsätzlich gilt, dass die Mitgliedsstaaten ihre geltenden Bestimmungen in einen „aquis communautaire“ überführen müssen (vgl. Friedrich-Ebert-Stiftung 2002, S.2). Dies bedeutet, dass ein festgelegter Mechanismus, der zentral von der EU gesteuert wird, für alle Mitgliedstaaten verbindlich ist. Eine wichtige Größe im Zusammenhang des hohen Preisniveaus ist der Zielpreis, der von Andréosso-O’Callaghan (2003, S.93) wie folgt definiert wird: „the optimum price that is expected to be achieved given the CAP objectives“. Dieser Zielpreis diente als Leitlinie für den Interventionspreis, der in der Regel 5 - 10 % unter dem Zielpreis lag. Sobald der reale Preis in dieser Bandbreite nach unten abwich, wurden die Produkte von der EU zum Interventionspreis erworben (vgl. Klohn und Windhorst 2004, S.9). Der Interventionspreis galt somit als garantierter Minimumpreis. Als Konsequenz ergab sich ein Preisniveau, welches weit über dem Weltmarktniveau lag. Um die europäischen Produzenten vor billigeren ausländischen Produkten zu schützen, wurde ein Zollsystem eingeführt, welches den Preis ausländischer Güter stets über den Zielpreis steigen ließ. Außerdem sind Zollschutzklauseln gegen Dumpingpreise installiert worden (vgl. Görlach et al. 2001, S. 15).
Um die hohen Lagerbestände, die sich im Zuge der Überproduktion gebildet hatten, abzubauen waren Exporte nötig. Da das europäische Preisniveau über dem Weltmarktniveau lag, wurden dazu Exportsubventionen als .Anreiz eingesetzt (vgl. Baldwin und Wyploz 2004, S.222). Hohe Budgetbelastungen, ein geringer Erfolg der bisherigen .Ansätze, Auseinandersetzungen in der WTO-Runde, Vorwürfe hinsichtlich Wettbewerbsverzerrungen und vergebliche Versuche, die Überproduktion mit Mengenbeschränkungen abzubauen, haben die EU zu Veränderungen der Agrarpolitik veranlasst. So wurde die Preisstützung teilweise durch produktionsgekoppelte Direktzahlungen (sog. 1. Säule1 ) an die Landwirte ersetzt. Es wurden zusätzlich neue Entlohnungsformen in Form der sog. 2. Säule implementiert, welche sich z.B. am Umweltschutz orientieren (vgl. Isermeyer 2005, S.12). Im Zuge der GAP-Reform 2003 wurden die produktionsgekoppelten Direktzahlungen in eine einmalig jährlich gezahlte Betriebsprämie modifiziert, welche noch heute den größten .Anteil der Agrari ei stungen ausmacht. Gründe hierfür sind die Möglichkeit einer ausgeprägten Marktorientierung durch weniger Regulierungen, eine gleichzeitig ökologische und ökonomische Landwirtschaft, Erleichterung bei der Umsetzung der GAP und Stärkung der Position in den WTO-Verhandlungen. Zahlungsansprüche für die Landwirte ergeben sich aus den „Cross-Compliance“- Anforderungen. Diese beinhalten sowohl einen guten agronomischen und ökologischen Zustand3 als auch bestimmte Anforderungen an die Betriebsführung4 (vgl. .Amt für Ver- öffentlichung der EU 2005, S.lf). Das Cross-Compliance-Konzept wir als das Hauptinstrument der 1. Säule der GAP angesehen. Daneben soll allerdings die 2. Säule der GAP, die Förderung der ländlichen Gebiete bzw. Regionalpolitik, in Zukunft stärker ausgebaut werden. Frei werdende Mittel im Rahmen des Europäischen Ausgleichs- und Garantiefonds für die Landwirtschaft (EAGFL), die sich aus einem verminderten Auszahlungsumfang der 1. Säule ergeben, sollen gemäß der GAP Reform 2003 auf die 2. Säule transferiert werden. Dieser Prozess wird vom europäischen Rat als obligatorische Modulation bezeichnet. Die entstehende Lücke muss durch Nationale Kofinanzierung der Mitgliedstaaten substituiert werden. Neben dieser obligatorischen Modulation ist es den Mitgliedstaaten gestattet eine freiwillige Modulation von 20% anzuwenden, die eine Berücksichtigung von spezifischen regionalen Besonderheiten erlaubt (vgl. .Amt für Veröffentlichung der EU 2005, S.lf). Der EAGFL gliedert sich in die Abteilungen Garantie und Ausrichtung auf Die Abteilung Garantie ist für beide Säulen verantwortlich, die Abteilung Ausrichtung nur für die 2. Säule. Ferner ist „nach der Verordnung 1782/2003 eine Kürzung der Direktzahlungen beschlossen [worden], die durch die Schwelle Jährliche Obergrenze abzüglich 300 Millionen’ ausgelöst wird“ (Deutsche Bank Research 2006, S. 13)5. Zusätzlich zu diesen Hauptinstrumenten existieren neben einem Kooperationsprogramm (sog. Twinning) Vorbereitungsprogramme für die Unterstützung der Vorbereitung auf die Implementierung der GAP. Eines dieser Programme ist das Special Programme for Agriculture and Rural Developement (SAPARD), bei dem es um „die Hilfe für die Entwicklung des ländlichen Raumes gemäß .Artikel 2 der VO (EG) Nr. 1268/99“ (Görlach et al. 2002, S.21) geht. Ein weiteres Programm ist das PHARE-Programm, welches zum Wiederaufbau implementiert wurde und ebenfalls die Umstrukturierung der Landwirtschaft zum Inhalt hat. Ein anderes Förderprogramm, welches auf die Mitgliedschaft vorbereiten soll, ist das ISPA-Programm (vgl. Görlach et al. 2002, S.27).
3. Agrarökonomische Analyse der Beitrittsländer
Die neuen Mitglieder weisen gegenüber den bisherigen EU-Staaten Vor- und Nachteile auf. Niedrigere Entlohnung und günstigere klimatische Verhältnisse stehen z.B. der veralterten Technik, der schlechteren Infrastruktur und dem geringerem Kapital gegenüber.
3.1 Bulgarien
Bulgarien ist in seiner Wirtschaftsstruktur sehr landwirtschaftlich geprägt. Seit dem Jahr 2000 ist die Farmgrößenstruktur ausgeglichen (vgl. Europäische Kommission 2002a, S.6). Der bulgarischen Landwirtschaft wurden im Zuge des SAPARD-Förder- programms von 2000 bis 2006 ca. 55 Millionen Euro jährlich und bis 2008 weitere 82,6 Millionen zugesprochen6 (vgl. Görlach et al. 2002, S.23). Mit einem .Anteil von 26,2 % der Bevölkerung hegt die Beschäftigung in der Landwirtschaft weit über dem EU-15 Durchschnitt von 4,3 %. Die .Anbaufläche beträgt ca. 50 % der Gesamtfläche (vgl. Europäische Kommission 2002a, S.6). Der .Anteil der Landwirtschaft am Gesamt BIP betrug im Jahr 2004 10,9 % (vgl. Europäische Kommission 2005, S.12). Die Erzeugnisstruktur Bulgariens ist auf Weizen, Obst/Gemüse, Milch und Schweinefleisch fokussiert7. Das bilaterale Handelsvolumen betrug im Jahr 2000 239 Millionen Euro an EU-Importen und 242 Millionen Euro an EU-Exporten (vgl. Europäische Kommission 2002b, S.2). Die entsprechende Ausfuhrverpflichtung Bulgariens in die EU bezieht sich hauptsächlich auf Getreide, Olsaaten und Geflügelfleisch8. Die bulgarische Agrarpolitik wird sich in den kommenden Jahren an folgenden Leitlinien orientieren: „Diversification and structural Adjustment [...], Improvement of core infrastructure [...], Preservation of age-old rural community values [...], rational, prudent and sustainable use of natural resources [...]” (Mihaylowa 2004, S.77).
3.2 Rumänien
Die Landwirtschaft in Rumänien ist stark durch kleine Höfe geprägt. Ebenso wie Bulgarien wurden auch Rumänien Mittel im Rahmen des SAPARD-Programms zugesprochen9. Im Zeitraum von 2000 bis 2006 erhielt Rumänien ca. 160 Millionen Euro (vgl. Görlach et al. 2002, S.23). Weitere Hilfe für die Zeit nach 2006 ist für Rumänien im Rahmen des SAPARD-Programms nicht vorgesehen. In der Landwirtschaft sind ca. 42 % der Erwerbsbevölkerung tätig, 62 % der Gesamtfläche werden ladwirtschaftlich genutzt (vgl. Europäische Kommission 2002c, S.6). Im Jahr 2004 wurden 14,6 % des BIPs durch die Landwirtschaft erwirtschaftet (vgl. Europäische Kommission 2005, S.20). .Ähnlich wie Bulgarien konzentriert sich auch Rumänien in der landwirtschaftlichen Produktion auf Mais, Obst/Gemüse, Schweinefleisch und Milch7 Bei einer ähnlichen Größe der EU-Importe von ca. 200 Millionen Euro weist Rumänen allerdings im Vergleich zu Bulgarien einen ungemein höheren Export von 330 Millionen Euro jährlich auf (vgl. Europäische Kommission 2002d, S.6). Die mit den Exporten verbundenen Ausfuhrverpflichtungen bestehen hauptsächlich aus Getreide, Zucker, Butter, Käse, Rind-, Schweine- und Geflügelfleisch . Die zukünftige Agrarpolitik Rumäniens richtet sich auf nachfolgende Gesichtspunkte: „solve the unfavourable farm structure and land fragmentation [...], offer a framework for Farm modernization [...], strengthen rural infrastructure and services [...], take care of agro-environment aspects [...], support consultancy and agricultural management systems [...], provide market support forms compatible with Cap“ (Craciunescu 2004, S.90).
4. Auswirkungen der EU-Osterweiterung auf die Agrarpolitik
Die Osterweiterung wirkt sich hauptsächlich durch steigende Kosten und durch veränderte Agrargüterströme aus. Daher ist eine Fokussierung auf die Konsequenzen hinsichtlich des Budgets sinnvoll.
4.1 Allgemeine Implikationen
Wegen der starken Förderung, der starken landwirtschaftlichen Ausprägung Rumäniens und Bulgariens und der höheren Preise, welche in dem EU-25-Gebiet über dem Niveau der beiden Beitrittsländer liegen, wächst der Agrar-Output in den beiden Ländern. Dies bedeutet, dass quantitativ mehr Produkte mit dem Interventionspreis gestützt werden, mehr Direktzahlungen geleistet werden und deswegen bulgarische und rumänische Exporte in die EU bei nicht veredelten Agrargütem strikt quotiert werden müssen (vgl. Brockmeier 2003, S.17). Die Produktivität steigt allerdings nicht im selben Verhältnis wie der Output. Dies bedeutet, dass mittelfristig weiterhin ein hoher Bevölkerungsanteil einen relativ großen Flächenanteil der Länder bewirtschaften wird. Die Nachfrage in den Ländern wird allerdings nur unwesentlich steigen, da keine adäquaten Einkommenssteigerungen zu erwarten sind (vgl. Weise et al. 2002, S.44). Daraus lässt sich schließen, dass in gesättigten Märkten der alten EU- Länder neue Ströme landwirtschaftlicher Produkte hinzukommen werden, obwohl gegenwärtig noch mehr Güter in die beiden Länder exportiert als importiert werden (vgl. Deutscher Bauernverband 2001, S.100). Als Konsequenz daraus ergibt sich eine weitere Absenkung der erzielbaren Marktpreise, und damit Einkommenseinbußen bei den Anbietern im gesamten EU- Gebiet. Die Nachfrage- und Angebotsverschiebungen lassen sich aber im Zuge der gegenwärtig möglichen Instrumente auffangen. Seegers (2002, S.35) zieht daher das Fazit: „Die Erweiterung hat mittelfristig nur begrenzten Einfluss auf die EU-Agrarmärkte“. Allerdings ist die Gefahr einer ökonomischen und innerpolitischen Verzerrung in den Beitritts ländern gegeben. Ruano (2003, S.8f) fügt in diesem Zusammenhang hinzu: „A further consideration about giving farmers a big income boost is that they are a minority even in rural areas and there could be equity issues and tensions Problematisch sind, neben den finanziellen Aspekten, auch die Umsetzung der administrativen EU- Vorgaben, die Einhaltung der WTO-Vorgaben, die verbindlichen Hygienestandards und der mangelnde Wettbewerb in der verarbeitenden Agrarwirtschaft (vgl. Institut für Agrarentwicklung für Mittel- und Osteuropa 2001, S.120). Aufgrund der negativen Effekte der Instrumente aus der 1. Säule ist eine Gewichtung zugunsten der 2. Säule sinnvoll. Dies wurde dadurch berücksichtigt, dass die maximale Steigerung der 1. Säule auf 1 % p.a. festgelegt wurde, während die Strukturförderungen jedoch in voller Höhe geleistet werden. Dies hat einen höheren .Anteil der 2. Säule bei den Agrarausgaben zur Folge (vgl. Deutsche Bank Research 2006, S.13).
4.2 Auswirkungen auf das Budget
Da der Agrarposten mit 45,5 % den größten .Anteil des Haushalts von 112,7 Mrd. Euro im Jahr 2006 darstellt, hat dessen Gestaltung gleichzeitig große Auswirkungen auf die finanzielle Lage im Haushalt der EU (vgl. Bundesministerium für Finanzen 2006, S.3). In der Vergangenheit traten vermehrt finanzielle Engpässe auf Daher ist es unbedingt notwendig, die finanziellen Auswirkungen der Erweiterung zu untersuchen. Da die Subventionsquote des Agrarbereichs in den Beitritts ländern bisher nur halb so hoch ist wie in der EU, wird die Erweiterung den Haushalt der Europäischen Union sehr belasten (vgl. Kirschke 2003, S.8). Dennoch wurden die Obergrenzen der landwirtschaftlichen Förderung bereits 2002 festgelegt (vgl. Weise 2004, S. 179). Im Zentrum des Blickfeldes steht der große Posten der Direktzahlungen, welcher ca. 80 % der Agrarausgaben ausmacht. Eine Gleichbehandlung der neuen Länder würde das Agrarbudget über das festgelegte Maximum von 1,24 % des EU-BIPs belasten. Die Direktzahlungen sollen daher stufenweise von 40 % des Niveaus im Jahr 2007 auf 100% im Jahr 2013 angehoben werden (vgl. Wirtschaftskammer Österreich 2005, S.4). Als weitere Gründe für eine stufenweise .Anpassung lässt sich anführen, dass die Wettbewerbsfähigkeit der Agrarproduzenten in den beiden Staaten leiden, dass es zu einem drastischen Preisanstieg für die Konsumenten kommen, und daraufhin ein Rückgang der Nachfrage eintre- ten würde (vgl. Baltas 2006 S.51). Es existieren für die Budgetprognosen einige Modelle, wie z.B. das GTAP-, das ESIM- oder das CEASIM-Modell (vgl. Brockmeier et al. 2002, S.86ff)10.
Das ESIM-Modell weist für die gestellten Fragen der Agrarpolitik die beste Beschreibung der relevanten Faktoren für die Osterweiterung auf Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung hat auf Basis dieses Modells (vgl. Banse 2003, S.2ff) eine Szenarioanalyse entwickelt, welche die Budgetentwicklungen bis 2013 unter verschiedenen Reformansätzen der Direktzahlungen untersucht11. Aus diesem Grund wurde dieses Modell gewählt. Das erste Szenario beschreibt eine übergangslose Weiterführung der bisherigen Direktzahlungspolitik. Im zweiten Szenario wird die Integration einer nationalen Kofinanzierung von 25 % - 50 % des .Anteils aufgeführt. Das dritte Szenario beschreibt eine Agrarpolitik mit einer schrittweisen Reduzierung der Direktzahlungen zugunsten der 2. Säule (vgl. Weise 2002a, S.9) bis 2011. Bis zum Jahre 2017 sollen diese dann vollkommen abgeschafft werden. Neben den Agrarposten ist in diesem Modell auch die Strukturpolitik enthalten. Die Szenarien basieren auf den gegenwärtigen agrarpolitischen Verteilungsmechanismen. Rumänien und Bulgarien befinden sich unter EU-27. Alle Szenarien bewegen sich zwischen 0,57 % und 0,92 % des BIPs. Sie sind daher alle implementierbar (vgl. Weise 2001, S.308ff). Wegen der unzulänglichen Da- tenqualität und einigen .Annahmen sind die Szenarien allerdings nur als Indikatoren und Trendanalysen zu verstehen. In den drei Szenarien wird auch deutlich, dass alle EU- Mitgliedsländer - besonders die EU-15 - weniger Direktzahlungen erhalten. Darüber hinaus wird ersichtlich, dass das Zahlungsvolumen der großen Nettozahler sinkt, je stärker die Reformen zu Lasten der Direktzahlungen laufen. Daraus ergibt sich, dass, selbst wenn keine Reformen durchgeführt werden, die Direktzahlungen sinken (vgl. Weise 2002c, S.162 ff). Länder, die heute noch im Nettoeifekt zwischen gezahlten und empfangen Leistungen von der Agrarpolitik profitieren (wie z.B. Frankreich) befinden sich nach der Erweiterung in der Position als Nettozahler, Die anderen vier großen Länder der EU (Deutschland, Spanien, Italien, Vereinigtes Königreich) würden davon profitieren.
[...]
1 Details: siehe Anhang A
2 Details: siehe Anhang В
3 Details: siehe EG Verordnung Nr. 1782/ 2003 Anhang 4
4 Details: siehe EG Verordnung Nr. 1782/ 2003 Anhang 3
5 Details: siehe EUAVrordnung 1782/2003
6 Details: siehe Anhang C
7 Details: siehe Anhang D
8 Details: siehe Anhang E
9 Details: siehe Anhang C
10 Übersicht: siehe Anhang F
11 Datentabellen: siehe Anhang G