In dieser Arbeit soll bestimmt werden, inwieweit sich Kriegsfilme über den Zweiten Weltkrieg für den Einsatz im Geschichtsunterricht eignen. Dies soll exemplarisch an zwei unterschiedlichen (Anti-)Kriegsfilmen, „Der Soldat James Ryan“ (1998) und „Die Brücke“ (1959), erfolgen. Die beiden Filme zeichnen sich dabei durch eine hohe Bekanntheit und geschichtskulturelle Relevanz aus, gehen das Themenfeld „Zweiter Weltkrieg“ jedoch aus völlig unterschiedlichen Perspektiven an. Somit eignen sie sich, die beiden Pole des Kriegsfilms über den Zweiten Weltkrieg aufzuzeigen.
In der geschichtsdidaktischen Forschung besteht kein Mangel an Literatur über die Behandlung von Spielfilmen im Geschichtsunterricht. Dabei liegt der Fokus jedoch hauptsächlich in der Analyse von Historiendramen. Eine Beschäftigung mit den Chancen und Problemen der Verwendung von Kriegsfilmen im Geschichtsunterricht bietet deswegen die Möglichkeit, dieses beliebte, aber von der geschichtsdidaktischen Forschung wenig beachtete, Themenfeld näher zu erschließen.
Dazu wird zuerst ein Überblick über den Sinn und die Gefahren einer Verwendung von Spielfilmen im Geschichtsunterricht gegeben, um daraufhin auf die beiden hier behandelten Kriegsfilme näher einzugehen. Beide Filme werden kurz zusammengefasst und die Kernthemen aus geschichtsdidaktischer Perspektive analysiert. Zuletzt werden dann noch Vorschläge für mögliche Anwendungen im Unterricht, im Hinblick auf den Kompetenzerwerb und die Zielperspektiven, exemplarisch aufgezeigt sowie am Schluss ein Fazit gezogen.
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. Spielfilme im Geschichtsunterricht
3. Der Soldat James Ryan (1998)
3.1 Zusammenfassung
3.2 Filmanalyse
3.3 Anwendungsmöglichkeiten
4. Die Brücke (1959)
4.1 Zusammenfassung
4.2 Filmanalyse
4.3 Anwendungsmöglichkeiten
5. Fazit
Film- und Literaturverzeichnis
Filme
Literatur
1. Einleitung
Spielfilme mit einer historischen Handlung oder einem geschichtlichen Hintergrund erfreuen sich einer großen Beliebtheit: Etwa jeder dritte neu erscheinende Spielfilm behandelt direkt oder indirekt geschichtliche Themen.1 Dabei stoßen Kriegsfilme, also Spielfilme, die den Krieg als zentralen Aspekt der Handlung thematisieren und dabei vorrangig den Fokus auf Gefechte legen, auf eine hohe Zuschauerresonanz. Insbesondere der Zweite Weltkrieg ist und bleibt ein beliebtes Motiv für eine filmische Behandlung.2
In dieser Arbeit soll bestimmt werden, inwieweit sich Kriegsfilme über den Zweiten Weltkrieg für den Einsatz im Geschichtsunterricht eignen. Dies soll exemplarisch an zwei unterschiedlichen (Anti-)Kriegsfilmen, Der Soldat James Ryan (1998) und Die Brücke (1959), erfolgen. Die beiden Filme zeichnen sich dabei durch eine hohe Bekanntheit und geschichtskulturelle Relevanz aus,3 gehen das Themenfeld „Zweiter Weltkrieg“ jedoch aus völlig unterschiedlichen Perspektiven an. Somit eignen sie sich, die beiden Pole des Kriegsfilms über den Zweiten Weltkrieg aufzuzeigen.
In der geschichtsdidaktischen Forschung besteht kein Mangel an Literatur über die Behandlung von Spielfilmen im Geschichtsunterricht. Dabei liegt der Fokus jedoch hauptsächlich in der Analyse von Historiendramen. Eine Beschäftigung mit den Chancen und Problemen der Verwendung von Kriegsfilmen im Geschichtsunterricht bietet deswegen die Möglichkeit, dieses beliebte, aber von der geschichtsdidaktischen Forschung wenig beachtete, Themenfeld näher zu erschließen.
Dazu wird zuerst ein Überblick über den Sinn und die Gefahren einer Verwendung von Spielfilmen im Geschichtsunterricht gegeben, um daraufhin auf die beiden hier behandelten Kriegsfilme näher einzugehen. Beide Filme werden kurz zusammengefasst und die Kernthemen aus geschichtsdidaktischer Perspektive analysiert. Zuletzt werden dann noch Vorschläge für mögliche Anwendungen im Unterricht, im Hinblick auf den Kompetenzerwerb und die Zielperspektiven, exemplarisch aufgezeigt, sowie am Schluss ein Fazit gezogen.
2. Spielfilme im Geschichtsunterricht
Der Einfluss von Spielfilmen auf die Geschichtskultur ist so enorm wie kaum ein anderes Medium. Gesellschaftliche Vorstellungen der Vergangenheit werden überwiegend über das Kino oder Fernsehen vermittelt. Der Geschichtswissenschaft hingegen gelingt es nur selten mit ihren Publikationen eine auch nur annähernd so große Reichweite über alle gesellschaftlichen Schichten hinweg zu erreichen wie Geschichtsfilme.4 Daraus ergibt sich auch die hohe Relevanz der Behandlung von Spielfilmen im Geschichtsunterricht: Nur die allerwenigsten Jugendlichen werden sich im Verlauf ihres Lebens weiter wissenschaftlich mit Geschichte beschäftigen. Während Schüler und Schülerinnen nach Verlassen der Schule wahrscheinlich weder historische Standardwerke noch Originalquellen lesen werden, schauen sie mit großer Sicherheit weiter Spielfilme. Die Filmlesekompetenz der Schüler und Schülerinnen zu schulen, ist also in Hinblick auf den Mehrwert für ihr späteres Leben zu begrüßen. Die Motivation der Schüler und Schülerinnen, sich analytisch mit dem Thema Spielfilm zu beschäftigen, kann ebenfalls als hoch eingeschätzt werden.5
Aus diesem Grund bietet es sich besonders an, die kritische Auseinandersetzung mit Geschichtsfilmen im Geschichtsunterricht zu behandeln. In Hinblick auf die Ausbildung eines reflektierten und (selbst-)reflexiven Geschichtsbewusstseins, kann die Arbeit mit Filmen dazu dienen, Geschichtsdeutungen zu dekonstruieren. Geschichtsfilme stellen dabei stets historische Narrationen dar, die kritisch hinterfragt werden können, um daran das Prinzip von Geschichte als Konstrukt der Gegenwart aufzuzeigen. Da in Spielfilmen oft die dargestellte Vergangenheit nur als Spiegel dient, der der Gegenwart vorgehalten wird, können historische Geschichtsfilme selbst als Quellen dienen, die Aufschlüsse über die Entstehungszeit geben.6
Ebenso werden dabei die narrativen Fähigkeiten der Schüler und Schülerinnen gefördert: Durch die Auseinandersetzung mit filmischen Erzählungen erlangen die Lernenden Einblicke in unterschiedliche Narrationsformen, um daraus die Unterschiede zwischen wissenschaftlichen Geschichtskonstruktionen und unterhaltenden Spielfilmerzählungen zu erkennen und diese nach ihrer Triftigkeit zu bewerten.7
Dabei soll vor allem deutlich werden, dass es sich bei Spielfilmen – im Gegensatz zu geschichtswissenschaftlichen Werken – um Produkte künstlerischen Schaffens handelt, die stark auf die Emotionalität der sehr heterogenen Zuschauerschaft abzielen.8 Filmproduzenten wollen ein weit größeres Publikum als Historiker erreichen und dieses primär unterhalten, nicht bilden. Filme sind aus diesem Grund „rezipientenorientiert“9 und nicht an wissenschaftliche Standards gebunden. Während die Geschichtswissenschaft die kognitive Dimension der Geschichtskultur nach Rüsen realisiert, bewegen sich Spielfilme hauptsächlich in der ästhetischen Dimension.10 Die Ansprüche und Methoden dieser beiden Arten des Zugangs zu Geschichte unterscheiden sich also enorm.
Für den Einsatz von Spielfilmen im Geschichtsunterricht spricht sich auch eindeutig die Lernpsychologie aus: Durch audiovisuelles Lernen lässt sich etwas viel einfacher einprägen und behalten, als wie wenn es nur gelesen wird.11 Erhebungen haben ergeben, dass sich der Lernzuwachs bei Einbeziehung von Filmen im Geschichtsunterricht um 20% gegenüber rein verbalem Unterricht erhöhte.12 Durch eine hohe Anschaulichkeit, Erlebnisnähe sowie die Verknüpfung von Bild und Ton, bieten Spielfilme das Potential, sich komplex und intensiv vergangenen Lebenswelten anzunähern.13
Allerdings ergeben sich auch einige Gefahren aus einer unreflektierten Nutzung von Spielfilmen: Meist dient die Vergangenheit in Geschichtsfilmen nur als historische Kulisse, vor der die Handlung spielt. Dargestellt werden dabei hauptsächlich dramatische Einzelschicksale, die auf kultur- und zeitübergreifenden Basismotive (wie Liebe, Verrat, Rache…) zurückgreifen. Durch die Konzentration auf diese meist fiktiven Einzelschicksale bleiben jedoch historische Strukturen im Hintergrund.14
Dieser eher „unscharf bleibende Hintergrund“15 kann jedoch unbewusst zur Adaptation bestimmter Geschichtsbilder führen, da der Hintergrund der Handlung weniger explizit wahrgenommen und reflektiert wird.16 Generell ist es nicht die Sachlichkeit, die den Film für den Zuschauer glaubhaft macht, sondern die ästhetische Inszenierung.
[...]
1 Vgl. Demleitner, Elisabeth/Beck-Zangenberg, Christel: Filme im Geschichtsunterricht. Unterrichtsideen für die Sekundarstufe I und II, Hannover 2020, S. 8.
2 Siehe die zuletzt zahlreich erschienenen Kriegsfilme über den Zweiten Weltkrieg, wie z.B. Midway (2019), Dunkirk (2017), Die Auserwählten (2016) oder Hacksaw Ridge (2016).
3 Vgl. dazu Kapitel 3.2 und 4.2 dieser Arbeit.
4 Vgl. Mettele, Gisela: Geschichte in bewegten Bildern. Historisches Arbeiten mit Dokumentar- und Spielfilmen, in: Dieter Hein/Klaus Hildebrand/Andreas Schulz (Hgg.): Historie und Leben. Der Historiker als Wissenschaftler und Zeitgenosse, München 2006, S. 287–299, hier S. 287.
5 Vgl. Demleitner/Beck-Zangenberg: Filme, S. 10.
6 Vgl. Schneider, Gerhard: Filme, in: Hans-Jürgen Pandel/Gerhard Schneider (Hgg.): Handbuch Medien im Geschichtsunterricht, Schwalbach/Ts. 72017, S. 375–396, hier S. 386.
7 Vgl. Näpel, Oliver: Film und Geschichte. „Histotainment“ im Geschichtsunterricht, in: Michelle Baricelli/Martin Lücke (Hgg.): Handbuch Praxis des Geschichtsunterrichts Bd. 2, Schwalbach/Ts. 22017, S. 146–171, hier S. 154f.
8 Gronau, Martin: Der Film als Ort der Geschichts(de)konstruktion. Reflexionen zu einer geschichtswissenschaftlichen Filmanalyse, in: AEON – Forum für junge Geschichtswissenschaft 1, 2009, S. 18–39, hier S. 22.
9 Ebd.
10 Vgl. Rüsen, Jörn: Historische Orientierung. Über die Arbeit des Geschichtsbewußtseins, sich in der Zeit zurechtzufinden. Schwalbach/Ts. 22008, S. 242-248.
11 Vgl. Demleitner/Beck-Zangenberg: Filme, S. 10.
12 Vgl. Schneider: Filme, S. 376.
13 Vgl. Mettele: Geschichte, S. 294.
14 Vgl. Demleitner/Beck-Zangenberg: Filme, S. 46.
15 Gronau: Film, S. 20.
16 So wird z.B. die kollektive Vorstellung vom Mittelalter maßgeblich durch eine düstere Beleuchtung, alltägliche Gewalt und schmutzige Menschen im Spielfilm bestimmt, vgl. ebd. S. 20f.