Im Jahre 1990 löste sich das Staatengebilde der DDR (Deutsche Demokratische Republik) vollkommen auf. Nicht nur eine über vierzig jährige Geschichte fand in der politischen Wende ihr Ende sondern natürlich auch ihre Geschichtswissenschaft. Im Gegensatz zu vielen Wissenschaftlern anderer Forschungsfelder wie zum Beispiel der Naturwissenschaften war die Arbeit der meisten Historiker an diesem Punkt beendet.
Da die DDR Geschichtswissenschaft wie allgemein bekannt größtenteils dazu diente das vorherrschende Führungsregimes, die SED (Sozialistische Einheitspartei Deutschlands), in ihrem Wirken und Handeln zu legitimieren, war ihr Aufgabenfeld nun plötzlich erloschen und drohte Zusammenzubrechen. Die oberste Maxime, das Handeln nach der marxistisch- leninistischen Geschichtswissenschaft war abgeschafft. Das einzige was blieb waren Fragen. Wie sollte man sich rechtfertigen den westlichen Kommentatoren gegenüber?
Man befürchtete eine vernichtende Analyse der letzten vierzig Jahre Geschichtsschreibung in der ehemaligen DDR. 1
Bereits im Dezember des Jahres 1990 kam es in Berlin zu einer Tagung von Historikern aus den verschiedensten Teilen Deutschlands sowie Europas. 2 Es sollte eine Bilanz der geschichtlichen Forschung in der ehemaligen DDR erarbeitet werden.
Siebzehn Jahre nach diesem Ereignis werde ich erneut versuchen die DDR- Geschichtsforschung zu analysieren und eine kleine Bilanz zu erstellen.
Ziel dieser Arbeit wird sein, ausgewählte Felder der Geschichtswissenschaft der DDR kritisch zu betrachten aber auch zu würdigen. Des Weiteren werde ich einige ihrer Wegbereiter wie zum Beispiel Horst Bartel. Auch bleibt die Frage zu klären wie es mit der marxistisch- leninistischen Geschichtsschreibung während und nach dem Transformationsprozess weitergehen sollte. Der Aspekt des Zusammenbruchs der DDR- Geschichtswissenschaft soll dabei noch einer kleiner Exkurs auf das Wirken der Geschichtswissenschaft nach 1990 dienen. Dabei wird es mir auf Grund des eingeschränkten Rahmens dieser Seminararbeit nicht gelingen alle Fragestellungen und Forschungsfelder mit denen sich die Geschichtsforschung der DDR beschäftigt hat zu beleuchten.
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. Der SED „Geschichtsbeschluss“ von 1955
2.1. Die Bewertung des SED Beschlusses
3. Die Bewertung des deutsch- deutschen Wissensaustauschs
4. „Weiße Flecken“ in der Geschichtswissenschaft der DDR
4.1. Die Geschichte des deutschen Kommunismus 11 als Beispiel für Geschichtsverfälschung in der DDR- Geschichtswissenschaft
5. Der Zusammenbruch der DDR- Geschichtswissenschaft
6. Fazit
7. Quellenverzeichnis
1. Einleitung
Im Jahre 1990 löste sich das Staatengebilde der DDR (Deutsche Demokratische Republik) vollkommen auf. Nicht nur eine über vierzig jährige Geschichte fand in der politischen Wende ihr Ende sondern natürlich auch ihre Geschichtswissenschaft. Im Gegensatz zu vielen Wissenschaftlern anderer Forschungsfelder wie zum Beispiel der Naturwissenschaften war die Arbeit der meisten Historiker an diesem Punkt beendet.
Da die DDR Geschichtswissenschaft wie allgemein bekannt größtenteils dazu diente das vorherrschende Führungsregimes, die SED (Sozialistische Einheitspartei Deutschlands), in ihrem Wirken und Handeln zu legitimieren, war ihr Aufgabenfeld nun plötzlich erloschen und drohte Zusammenzubrechen. Die oberste Maxime, das Handeln nach der marxistisch- leninistischen Geschichtswissenschaft war abgeschafft. Das einzige was blieb waren Fragen. Wie sollte man sich rechtfertigen den westlichen Kommentatoren gegenüber?
Man befürchtete eine vernichtende Analyse der letzten vierzig Jahre Geschichtsschreibung in der ehemaligen DDR.[1]
Bereits im Dezember des Jahres 1990 kam es in Berlin zu einer Tagung von Historikern aus den verschiedensten Teilen Deutschlands sowie Europas.[2] Es sollte eine Bilanz der geschichtlichen Forschung in der ehemaligen DDR erarbeitet werden.
Siebzehn Jahre nach diesem Ereignis werde ich erneut versuchen die DDR- Geschichtsforschung zu analysieren und eine kleine Bilanz zu erstellen.
Ziel dieser Arbeit wird sein, ausgewählte Felder der Geschichtswissenschaft der DDR kritisch zu betrachten aber auch zu würdigen. Des Weiteren werde ich einige ihrer Wegbereiter wie zum Beispiel Horst Bartel. Auch bleibt die Frage zu klären wie es mit der marxistisch- leninistischen Geschichtsschreibung während und nach dem Transformationsprozess weitergehen sollte. Der Aspekt des Zusammenbruchs der DDR- Geschichtswissenschaft soll dabei noch einer kleiner Exkurs auf das Wirken der Geschichtswissenschaft nach 1990 dienen. Dabei wird es mir auf Grund des eingeschränkten Rahmens dieser Seminararbeit nicht gelingen alle Fragestellungen und Forschungsfelder mit denen sich die Geschichtsforschung der DDR beschäftigt hat zu beleuchten.
2. Der SED „Geschichtsbeschluss“ von 1955
Das ZK (Zentralkomitee) der SED verabschiedete am 05. Juli 1955 einen Beschluss, dessen Titel: „Die Verbesserung der Forschung und Lehre in der Geschichtswissenschaft der Deutschen Demokratischen Republik“[3] lautete. In der DDR- Geschichtswissenschaft wurde dieses Ereignis als „Geschichtsbeschluss der SED“[4] bekannt. Dieser Beschluss bildete schon recht Zeitig die Grundlage für das propagandistische Wirken jener historischen Wissenschaft. Jegliche Themen, Interpretationen, Termine, Personalentscheidungen etc. wurden durch diesen Beschluss vorgegeben. Bei keiner anderen Wissenschaftsdisziplin war dies in diesem Umfang und Ausmaß der Fall. An diesem Beispiel kann man erkennen, mit welcher Konsequenz die totalitäre Herrschaft der SED innerhalb der Gesellschaft durchgesetzt werden sollte. Das Handeln nach der marxistisch- leninistischen Ideologie war dabei stets oberstes Gebot.
Des Weiteren sollte nicht nur die Geschichtswissenschaft allgemein ideologisch wirken sondern natürlich auch ihre Historiker. Schon im Jahre 1954 wurde von der Abteilung Wissenschaft und Propaganda des ZK der Beschluss zur „Ausbildung hochqualifizierter, fest mit der Partei und Regierung der Republik verbundener Kader von Historikern“[5] herausgegeben. Es wurden genaue Vorgaben für die zukünftigen Historiker getroffen, so sollten sie zum Beispiel vom Hass gegen den Imperialismus erfüllt sein, auch dem Militarismus feindlich gesinnt sein, außerdem sollten sie über ein enormes marxistisches Wissen verfügen und natürlich dem Staat der DDR treu ergeben sein.
Ein weiterer Punkt dieses Beschlusses war die Verstaatlichung des Archivwesens. Denn man stellte fest, dass dies noch von bürgerlichen Fachleuten betreut werde und man es so nicht kontrollieren könnte.
Allgemein wurden erhebliche Defizite bei der momentanen Lage der DDR- Geschichtswissenschaft festegestellt. Die Institutionen würden die Vorgaben einer neuen Richtung der historischen Wissenschaft nicht schnell genug umsetzen und auch die Historiker selbst würden das Vorankommen hindern. So zum Beispiel sollte schon 1953 ein grundlegendes mehrbändiges Geschichtsbuch für den Schulunterricht nach der Maxime des marxistisch- leninistischen Geschichtsbildes erarbeitet werden. Diese Vorgaben konnten aufgrund der utopischen terminlichen Vorstellungen nicht eingehalten werden.[6] Die SED- Führung sah auf Grund dieser gesamten Mängel das Formen der Gesellschaft in ernsthafter Gefahr. Man hielt sich immer wieder vor Augen, dass dieses Formen nur mit einer propagandistischen Vermittlung eines ideologischen marxistische- leninistischen Geschichtsbildes gelingen konnte. Die Grundlage dabei sollte natürlich der historische Materialismus bilden. Schon auf der 7. Tagung des Zentral Komitees der SED im Jahre 1951 propagierte man eine so genante ideologische Offensive, um die Idee des Marxismus- Leninismus zur führenden Ideologie zu erkoren.[7]
Diese ideologische Offensive verlief jedoch in den Augen der SED- Führung zu langsam und ein rasches Handeln war gefragt. Dies waren die Hauptgründe des SED Geschichtsbeschlusses von 1955.
Vordergründiges Problem sah man in der Spaltung der Historiker. Zum einen gab es die so genannten bürgerlichen Historiker, welche ihren Beruf schon seit einigen Jahren ausübten und ihrer bisherigen Arbeiten und Positionen wie zum Beispiel in städtischen Museen, Archiven oder Lehrstühlen treu blieben und sich auch weiter, ungeachtet einer marxistisch- leninistischen, gesamtdeutsche Geschichtsthemen widmeten.
Auf der anderen Seite gab es die, zahlenmäßig unterlegenen, marxistischen und regimetreuen Historiker, welche schon früh in die KPD sowie in die spätere SED eingetreten waren und meist überzeugte Kommunisten waren.[8]
Die Wunschvorstellung der SED, eine Zusammenführung dieser zwei Parteien von Historikern und eine Zusammenarbeit unter der Führung der Partei endete meist in großen zum Teil auch persönlichen Konflikten unter den Geschichtswissenschaftlern.[9] In der Abteilung Wissenschaft des ZK wurde diese Zusammenarbeit meist jedoch völlig harmonisch dargestellt um den Schein eines gemeinsamen Aufbaus einer marxistisch geprägten Gesellschaft zu wahren.
„Die führenden Genossen Historiker gehören in ihrer Mehrheit der älteren Generation an... und sind im Kampf der Partei gewachsen. Sie haben als Funktionäre der Partei im antifaschistischen Kampf, in der Emigration und beim demokratischen und sozialistischen Aufbau bedeutende Leistungen vollbracht. Sie haben bedeutenden Anteil an der Durchsetzung des Marxismus- Leninismus in der Geschichtswissenschaft und haben selbst in den letzten Jahren wichtige Forschungsergebnisse vorgelegt. Ihre Tätigkeit hat das Ansehen der DDR im nationalen und internationalen Maßstab gestärkt.“[10]
Diese Aussage des ZK soll eindeutig die Probleme in der Personalfrage verleugnen.
Die Hoffnungen des SED Regimes ruhten nun auf die Entwicklung der Nachwuchskader an Historikern. Schon in der Hochschulreform von 1951 wurden sämtliche dafür benötigte Schritte eingeleitet und durchgesetzt. Auch wurden die Junghistoriker von den regimetreuen Altkommunisten betreut und geleitet in ihren Bestrebungen.
[...]
[1] vgl. Alexander Fischer & Günther Heydemann, Geschichtswissenschaft in der DDR- Band I Historische Entwicklung, Theoriediskussion und Geschichtsdidaktik, Berlin 1988, S. 16 ff.
[2] vgl. Konrad H. Jarausch, Zwischen Parteilichkeit und Professionalität, Berlin 1991, S. 7
[3] vgl. Zeitschrift für Geschichtswissenschaft 4, 1956, S. 132- 141
[4] vgl. Horst Haun, Der Geschichtsbeschluss der SED 1955, Dresden 1996, S. 5
[5] ebd., S. 9
[6] vgl. Horst Haun, Der Geschichtsbeschluss der SED 1955, Dresden 1996, S. 10 f.
[7] vgl. Werner Conze, Die Deutsche Geschichtswissenschaft seit 1945. Bedingungen und Ergebnisse. In: Historische Zeitschrift Band 225, 1977, S. 2 ff.